*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 74920 *** Anmerkungen des Bearbeiters: Das Original ist in Fraktur gesetzt; Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler sind korrigiert worden. Eine Liste der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes. [Illustration] Alle Rechte vorbehalten. Die Eroberung von Peru. Historische Originalnovelle von Don Pablo de Avecilla General-Kriegsauditeur. Aus dem Spanischen übersetzt von Adolf Knabenhans. [Illustration] Erfurt, Zürich, Leipzig. Verlag von Eduard Moos. 1894. Druck von Eduard Moos in Erfurt. Einleitung. Wenn wir im sechszehnten Jahrhundert auf alle europäischen Festländer, auf die ganze alte Welt einen philosophischen Blick werfen, zieht sich die Seele eines jeden gefühlvollen Menschen schwermüthig zusammen und sein Herz pocht bewegt. Denn nicht nur in Spanien war es, wo man unter dem Geklirre sarazenischer Waffen mit Entsetzen das harte Joch der Feudalherrschaft und hernach die Tyrannei der Könige verspürte; nicht nur die spanischen Grenzgebiete schauderten bei der Betrachtung der gräßlichen Auftritte, womit der düstere Fanatismus die reine und süße Religion Perus mit Blut befleckte; in dichte Nebel der Unwissenheit gehüllt, bot die alte Welt, wo man hinsah, den trostlosesten Anblick dar, und das Betragen der in jenem traurigen Zeitabschnitt der Oeffentlichkeit angehörenden Männer, nach der Moralität und Philosophie unseres Jahrhunderts zu bemessen, hieße in sehr schwere Irrthümer gerathen. Der allergrößte Held des sechszehnten Jahrhunderts wäre der, der vereinigt mit der wilden, persönlichen Verwegenheit in den Kämpfen, in heldenmüthigerem Grade den religiösen Fanatismus seiner Zeit besäße. In so düstern Augenblicken war es, als die Kühnheit der Europäer sie bis nach dem Festlande der neuen Welt führte. Jene entlegenen Gestade, voller Unschuld und Arglosigkeit, bildeten den schrecklichsten Gegensatz zu den verfinsterten Herzen ihrer Entdecker. Aber nein; ferne von uns der Gedanke, die schändlichen Auftritte zu beschreiben, die der gefühlvolle Philosoph Raynal in seiner Geschichte der europäischen Niederlassungen beider Indien geschildert hat; ferne von uns, den Fußstapfen Robertsons in seiner Geschichte von Amerika zu folgen, weit entfernt endlich, mit feuriger Begeisterung den Greuel kläglicher Zeitabschnitte überladen zu wollen. Wenn die Pflicht jedoch geschichtlicher Novellenschreiber uns Thatsachen berühren hieße, mag es mit möglichster Leichtigkeit geschehen, und ohne deren düstere Farben zu überladen. Alle Nationen Europas gründeten mehr oder weniger wichtige Niederlassungen in der neuen Welt, und alle Europäer verheerten deren Grenzgebiete; aber nur die Spanier beherrschten in ihr ausgedehnte Reiche und ungeheure Länderstriche, und die Kampfplätze der neuen Gestade werden kaum genügen, die Thaten der Tapferkeit und die Heldenthaten der spanischen Heroen aufzuzählen. Vertraut mit dem Kriege in achthundert Jahren der Kämpfe mit den Sarazenen; an die Verfolgung und Ausrottung der Gläubigen Mahomets gewohnt, mußten sie in den neuen Gebieten mit den Anbetern anderer Götter jenen selben Charakter des Schreckens und der Rohheit entfalten, der ihnen im Verlaufe so vieler Jahrhunderte bereits eigen und angeboren war. Die berühmten Ritter, in denen die wenigen Tugenden jenes Zeitabschnittes glänzen konnten, überließen, noch an die glänzenden Kreuzzüge gewohnt, die Gefahren der Wellen habsüchtigen Abenteurern, die sich mehr nach Gold und Reichthümern, als nach den frühern Lorbeeren der Kampfplätze von Palästina sehnten. Wohl hausten die Spanier mit den wilden Naturtrieben jener Jahrhunderte entsetzlich auf dem neuen Festlande; ihre Verbrechen aber wären immer Verbrechen des sechszehnten Jahrhunderts, Verbrechen, die allen Europäern gemein waren, welche die neue Welt überflutheten; eigentliche Verbrechen des Fanatismus jener Zeiten der Unwissenheit und des Irrthums; kurz, Verbrechen von Abenteurern, die wie alle europäischen Abenteurer, den Tod oder ihren Ehrgeiz an den Schätzen des jungfräulichen Amerikas zu sättigen suchten; wenn uns aber die ersten Blätter der Geschichte der neuen Welt beschwerlich fallen könnten, verdankten doch am Ende jene Regionen den Spaniern die Liebe zur Freiheit, und das wahre Christenthum, die sie zur Civilisation und Unabhängigkeit geführt haben. Und heute können wir zufrieden ganz Europa sagen: *Sie nennen uns unsere Brüder!* [Illustration] Inhalts-Verzeichniß. Einleitung. Seite Kap. 1. Die katholischen Könige 1 2. Columbus 7 3. Mexiko 14 4. Pizarro, Luque und Almagro 27 5. Peru 39 6. Tumbez 51 7. Huldigung 61 8. Fromme Bräuche 70 9. Waffenstillstand 80 10. Leichenbegängniß 89 11. Taufe 98 12. Feindseligkeiten 109 13. Atahulpa 122 14. Cajamalca 134 15. Knechtschaft 145 16. Verstärkung 156 17. Cuzco 163 18. Botschaft 172 19. Sieg 188 20. Duell 198 21. Staatsklugheit 210 22. Verurtheilung 223 23. Die Anden 238 24. Rache 254 25. Schluß 269 [Illustration] [Illustration] Kapitel 1. Die katholischen Könige. Es ließe sich unsern Lesern die vollkommene Uebereinstimmung der peruanischen Handschriften und Texte, welche uns bei Abfassung dieses Werkes gedient haben, schlecht vor Augen führen, wenn wir den politischen Stand der alten Welt im sechszehnten Jahrhundert nicht mit kurzen, leichten Strichen zu schildern und den Hof der katholischen Könige und dessen innere wie äußere Lage nicht etwas zu ergründen suchten. Spanien, dieser von der schönsten Sonne Europa’s beschienene Boden, ist zu allen Zeiten der Tummelplatz gewesen, worauf mit Waffengewalt die Schicksale der alten Welt entschieden worden sind. Nachdem sich die kriegerische Republik Karthago auf den keltiberischen Schlachtfeldern besiegt sah, unterlag auch die römische Hoheit auf ihren Kampfplätzen; und wenn der Thron der Gothen im Verlaufe von Jahrhunderten auf unserm Boden an Volksthümlichkeit und Macht zunahm, so öffnete die Weichlichkeit der Höfe Witizas und Rodrigos den hinterlassenen Söhnen Libyens die Thore Spaniens und duldete, damit ihre Freiheit, ihre Unabhängigkeit und sogar ihren religiösen Glauben verlierend, während acht Jahrhunderten das harte, verhängnißvolle Joch der Sarazenen. Aber der spanische Löwe sollte nicht immer niedergeschlagen zu Füßen seiner Unterdrücker brüllen; das Vaterland der Heroen erhob sein furchtsames Antlitz und Damaskus erbebte. Der Trieb zur Freiheit und die Liebe zum Vaterlande, eins mit dem Fanatismus und dem Aberglauben, reizten die alten Keltiberen und Lusitaner bei Cueba Donga auf und Pelayo eröffnete den hartnäckigsten und blutigsten Feldzug, den die Geschichte jemals bekannt gab. Siebenhundertachtzig Jahre der Kämpfe und dreitausendsiebenhundert Schlachten hatten die Sarazenen von den kantabrischen Gebirgen bis zu den Bergen vor Toledo hinabgetrieben, von den Bergen vor Toledo in die unwegsamen Sierras[1] von Andalusien und hatten sie endlich bis vor die Mauern von Granada gebracht. Ferdinand und Isabella behielt das Schicksal den Ruhm vor, die Kreuzesfahne auf den Zinnen der Alhambra flattern zu lassen und wenigstens für einmal machte der Fanatismus mit der Freiheit gemeinsame Sache. [1] Gebirgsgegenden. Zu so einem ungeheuren Feldzuge mußten von ihm mächtige Heere auf dem Fuße gehalten werden, da er, selbst mit genügenden Hülfsquellen für ausgedehnte Pläne, nicht einmal ein System öffentlicher Angelegenheit geschaffen hätte. Obschon die katholischen Könige, alle Jahre die Fluren der Sarazenen verwüstend, mit fünfzig- bis siebzigtausend Mann einzogen, bestanden diese Heere doch nur aus Vasallen, welche ihnen in früherer Zeit die feudalen Herren liehen, oder dann aus Fanatikern, die der Herr im Vatikan im Namen Gottes vierzig Tage lang aufwiegelte. Das französische Heer Karls VII. war die erste stehende Macht, welche Europa kannte, und welche den bedeutenden Umschwung vorbereitete, den Adeligen die Führung der staatlichen Militärgewalt zu entziehen. Die Könige waren machtlos; ihre Staatskasse war so schwach, daß sie sich weder auf Kosten noch auf Unternehmungen einlassen konnten, und gingen sie das Volk darum an, leistete dasselbe ihnen nur geringen Beistand. Am zweiten Tage des Jahres 1493 zogen Ferdinand und Isabella als Sieger in Granada ein; um die Herrschaft der Sarazenen war es in Spanien geschehen und durch die Vereinigung der Krone von Aragonien und Castilien in Folge Vermählung dieser beiden Fürsten wurden, wiewohl sie keine unumschränkte Macht besaßen, ihre Besitzungen sehr ausgedehnt. Die gesetzgebende Gewalt lag in den Cortés und die ausführende des Königs war sehr begrenzt. Das romantische Zeitalter war noch nicht ganz zu Ende; die Herzhaftigkeit, Leutseligkeit und Tapferkeit waren das Unterscheidungszeichen der adeligen Ritter, das Feudalwesen aber erfreute sich unumschränkter Macht; die lehenspflichtigen Herren waren die Könige und die Monarchen hohle Truggestalten ohne Glanz und ohne Pracht. Doch Ferdinand, der die Frucht von viertausend Siegen einheimste, wußte die Vortheile, welche ihm die politische Lage darbot, auszunutzen. Von hohem Verständniß in der Zusammenstellung seiner Pläne, zehrte die Thätigkeit, die Standhaftigkeit und Entschlossenheit zu deren Ausführung, das Werk des Tyrannen, das ihm sein Herz eingegeben und sein Stolz vorgeschrieben hatte, auf. Ferdinand, vom Hofe in Rom nur der Katholische genannt, weil er ihn fürchtete, beraubte die frommen Väter, das eine Mal unter verschiedenen Vorwänden, das andere Mal unter Anwendung grausamer Gewaltthätigkeiten und viele Male durch Urtheilssprüche der Gerichtshöfe, eines Theiles der Besitzungen, die sie von der unbesonnenen Großmüthigkeit der früheren Monarchen und hauptsächlich von der Schwachheit und Verschwendungssucht seines Vorgängers, Heinrichs IV., erlangt hatten. Prächtig gestaltete er seinen Hof und flößte den Großen mit Flitter und Prunk Achtung ein. Er einverleibte der Krone die mächtigen Würden der Orden von Santiago, Alcantara und Calatraya, und er war (wiewohl seine Macht noch geringer als die anderer Herrscher Europas war) beständig ein scharfsinniger Tyrann, wo es galt, das Volk seiner Freiheiten zu berauben. Spanien war, bis auf die vollständige Niederlage, auf den Schlachtfeldern von Villalar frei. Wenn so viele Vortheile den Thron Ferdinands riesenhaft zu gestalten vermochten, so schwächten jedoch seine politischen Mißgriffe dessen Macht. Die Bekehrungswuth, das unzertrennliche Attribut der Fanatiker, beherrschte Ferdinand, oder beherrschte zum mindesten dessen Politik, denn kaum flatterte die Fahne Zions auf den Mauern Granadas, als eine unsinnige Verordnung den in allen spanischen Provinzen zerstreuten Juden und Mohamedanern anbefahl, sich binnen vier Monaten taufen zu lassen oder aus den spanischen Besitzungen hinauszugehen. Wenige wurden getauft, aber achthunderttausend jeden Alters und Geschlechts suchten unter anderen Himmelsstrichen Duldung für ihren Glauben. Die durch den Krieg verheerten Fluren, der in wenigen Händen befindliche Grundbesitz, die kurze Ausdehnung des Handels und die geringe Entfaltung des innern Verkehrswesens, Alles machte, daß der Ackerbau nachließ und der öffentliche Reichthum sehr spärlich wurde. Ein verheerender Krieg von acht Jahrhunderten, eine schreckliche, vom Fanatismus vorgeschriebene Auswanderung, die den feudalen Rechten eigenthümliche Lähmung der Ehen, Alles trug zur Entvölkerung und zur Spärlichkeit der Arme für die Pflege der Künste und Wissenschaften bei. Das war Spaniens politischer und innerer Zustand, als Columbus vor die spanischen Monarchen hintrat und ihnen ein ungeheures Reich anbot, dessen Vorhandensein ihm sein Antrieb eingegeben hatte. Obschon ein wenig über den Trümmern der Feudalherrschaft erhaben, war Ferdinand ein Herrscher, dessen schwache Staatskasse den inneren Anforderungen nicht genügte; ein Monarch, der nicht allzusehr auf die Liebe seines Volkes rechnete; ein Monarch endlich von größerer Pracht und Eitelkeit an seinem Hofe als Macht für ausgedehnte Unternehmungen, und da seine ganze Aufmerksamkeit von der Niederlage der Sarazenen in Anspruch genommen war, war es nicht leicht, daß er einem Manne, den ganz Europa für einen Träumer hielt, Gehör schenkte. Wenn diese politische Lage den tugendhaften Entdecker der neuen Welt auch nicht gerade begünstigte, so stellte sich ihm die Unwissenheit und der Fanatismus als ein beinahe unüberwindliches Hinderniß entgegen. Die Unfehlbarkeit des Papstes hatte diejenigen, welche an das Vorhandensein der Antipoden glaubten, mit dem Kirchenbann belegt, und Spanien, wie alle Nationen, in Dummheit und religiöser Furcht begraben, war es nicht leicht, der Meinung eines dunkeln Mannes zu folgen, wo Papst und Genesis jede Zuverlässigkeit aufgaben. Es wäre schwierig, die Wegräumung so vieler Hindernisse zu erforschen, ohne dem Ehrgeiz der Könige nachzuspüren; die heftige Begierde aber, zu regieren, und das großartige Gepränge, ganze Reiche an den Siegeswagen zu befestigen, welche die katholischen Könige zu beherrschen schien, ließen sie dem unerschrockenen Columbus Gehör schenken, und indem sie der Genesis und dem Papste Stillschweigen geboten, warfen sie sich, auf der Suche nach Sklaven und Schätzen, der Wuth unbekannter Meere in die Arme. [Illustration] [Illustration] Kapitel 2. Columbus. Durch die Eroberungen, welche sie täglich den Händen der Sarazenen entrissen, stolz, und in Folge der Triumphe, die sie, um ihre oberherrliche Macht damit zu vergrößern, über ihre Vornehmsten und den Adel, denen sie ihre alten, verbrieften Rechte entrissen, davontrugen, übermüthig geworden, hielten die katholischen Könige verwegen Ausschau auf den Ocean und ließen sich leicht von dem angenehmen Taumel bethören, daß es hinter jenen beweglichen Bergen von Wogen noch andere Reiche und andere Kronen gäbe, um damit ihre Stirnen zu schmücken und ihre Macht zu vergrößern. Es war ein kühner Mann, der, größer als sein Jahrhundert, eine neue Welt zu ihren Füßen niederlegte, und die frühere Halbinsel war schon eng begrenzt, um die Macht der Könige von Aragonien und Castilien in sich zu schließen. Columbus schmeichelte der Eitelkeit dieser gewaltigen Herrscherpaare und Papst und Genesis mußten vor dem unbeugsamen Willen der Eroberer Granadas, die an den riesigen Thron Karls V. noch eine neue Welt knüpfen wollten, verstummen. Christoph Columbus, von Geburt ein Genuese, hatte sein kostbares Dasein mit mehr oder weniger wichtigen Seereisen zugebracht. Dieser unbekannte Mann, an Kenntnissen in der Astronomie und der Schifffahrt weiter fortgeschritten als sein Jahrhundert, wußte wie aus eigenem Antriebe, daß es noch einen andern Erdtheil haben mußte, und daß ihm der ewige Ruhm, denselben zu entdecken, vorbehalten blieb. Die Antipoden, welche die Vernunft als ein Hirngespinnst und der Aberglaube als einen Irrthum und als eine Gottlosigkeit hinstellten, waren für diesen außerordentlichen Mann eine unbestrittene Wahrheit. Von dieser Idee, der großartigsten, die je ein Mensch erdachte, besessen, schlug er seiner Vaterstadt Genua vor, eine andere Erdhälfte unter deren Gesetzgebung zu stellen. Von dieser schwachen Republik, von Portugal, wo er lebte, von England, das stets für irgend ein überseeisches Unternehmen bereit zu sein schien, verachtet, setzte er die einzigen Hoffnungen seiner Pläne auf Isabella. Die Minister dieser Prinzessin hielten den Mann, der eine neue Welt entdecken wollte, gleich anfangs für einen Träumer, und lange Zeit hindurch behandelten sie ihn, wie gewöhnliche Menschen inmitten ihrer Glücksgüter Männer von Genie zu behandeln pflegen, von oben herab. Columbus jedoch schrak angesichts der Schwierigkeiten nicht zurück. Er besaß, wie alle diejenigen, welche außergewöhnliche Pläne schmieden, die Seelenhoheit und die Begeisterung, die sie gegen irrige Meinungen, gegen höhnische Verachtung des Stolzes, das Erniedrigende des Müßiggangs belebt. Entschlossen, energisch und muthig, triumphirte seine Klugheit und seine Geschicklichkeit über alle Hindernisse. Isabella verkaufte ihr Geschmeide und ihre Edelsteine, sie berief sich auf ihren Hof, und nachdem drei Fregatten mit neunzig Mann Besatzung für ihn ausgerüstet worden waren, ging Columbus am 3. August 1493 unter Segel, um die Welt in Erstaunen zu setzen. Christoph Columbus gedachte die alte Welt umzugestalten und sein Unternehmen erforderte hohen Muth. Nach einer langen Seefahrt fingen die Mannschaften, entsetzt ob der ungeheuren Entfernung, welche sie von ihrem Vaterlande trennte, an, mißtrauisch darüber zu werden, an das Ziel ihrer Wünsche zu gelangen, und mehrmals wollten sie Columbus in’s Meer werfen, um wieder nach Spanien zurückzukehren. Der Admiral verstellte sich, so viel es ihm möglich war, bis daß, als er bereits den Ausbruch mit dem entsetzlichen Knalle bedrohen sah, er vorschlug, daß, wenn sie in drei Tagen kein Land entdeckten, sie nach Europa segelten. Glücklicherweise wurde noch vor dem dritten Tage, im Monat Oktober, die neue Welt entdeckt. Columbus landete auf der Insel San Salvador und nahm im Namen Isabellas Besitz von ihr. Kein Mensch hielt es damals in Europa für ungerecht, sich eines nicht von Christen bewohnten Landes zu bemächtigen! Bei dem Anblick der Schiffe und der von ihnen so sehr verschiedenen Menschen verwirrt, flohen die Inselbewohner entsetzt in die Tiefen der Wälder. Die Spanier konnten einige packen, die reichlich beschenkt und geherzt zurückkehrten, um ihre Horden zu schicken, was genug war, sich das ganze herumirrende Volk zuzuziehen. Unter fröhlichem Gejauchze liefen die unglücklichen Bewohner der neuen Welt an das Gestade und erkannten die Schiffe und herzten die Europäer. Die Europäer hingegen, als sie kupferfarbene Menschen, ohne Bart in ihrem Gesicht, ohne Flaum an ihrem Körper, in natürlicher Einfachheit sahen, sahen dieselben für unvollkommene Thiere an, die zu ihrem Abscheu und dazu geboren waren, um sie an das Halseisen zu befestigen, um sie auf den Märkten zu verkaufen und sie zu ewiger Knechtschaft zu verdammen. Die Insulaner, welche, die Wälder bewohnend, nach wildwachsenden Früchten der Natur suchten und ihrer Scham mit einfachen Geweben genügten, wußten nichts von dem Werthe der Metalle, und das verächtliche Kupfer und das ersehnte Gold stillten gleicherweise ihren einfältigen Stolz; sie zierten ihre Tempel und erhöhten den Liebreiz ihrer Schönen. Die Eindringlinge warfen inzwischen, auf der Suche nach kostbaren Metallen und Edelsteinen, durchdringende Blicke um sich her und sahen lächelnd die mit Schätzen beladenen Indianer in ihrem Zierrath und im Innersten ihres Herzens sannen sie auf Raub und Mord. Oh, erhabener Columbus! niemals wird die Geschichte deine Tugenden beflecken. Der Wissensdrang, nicht die Geldgier, gab dir das Vorhandensein neuer Erdtheile ein; hättest du das Buch der Schicksale der Völker aufschlagen können, so läge Amerika in ewiger Vergessenheit da, und du würdest nicht die Wogen ruhiger und entfernter Gestade stören, um sie nachher von Blut geröthet zu sehen. Gefühlvoll, weichherzig und tugendhaft, warst du die Liebe der einfachen Inselbewohner und der Haß des Hofes von Castilien, und dein Gedächtniß soll, indeß die Erinnerung an deine Tugend in den Herzen fortlebt, der neuen Welt theuer sein. Columbus’ unermüdlicher Eifer für Entdeckungen und der Anreiz des Goldes in den Spaniern brachte sie nach der Insel Santo Domingo und nach andern Festländern Amerikas. So lange als Columbus an der Spitze der Mannschaften stand, stieß der Ehrgeiz der Expeditionäre auf einen unüberwindlichen Damm. Da er aber wieder an den spanischen Hof zurück mußte, da er sich zu neuen Entdeckungen der Unendlichkeit des Meeres überlassen mußte, ließen die widerrechtliche Besitzergreifung, der Fanatismus, die Grausamkeit und Unmenschlichkeit ihre Wuth an den unschuldigen Sonnenanbetern aus. Ohne andere Waffen als ihren Bogen und ihre Pfeile von Holz oder aus Fischgräten wagten die Indianer vergebens Zusammenstöße mit Feinden, deren Waffen, deren Mannszucht denselben so große Vortheile gewährten. Von ihren schwachen Opfern wie Götter angesehen, stimmten dieselben, bevor sie kämpften, den Sieg an und ihre Trophäen waren unmenschlich von Blut geröthet. Columbus jedoch warf die Ruchlosen zu Boden und war der Schutzengel der Indianer. Columbus aber würde der erste tugendhafte Kriegsheld sein, der nicht ein Spielball der Höflinge wäre und der schließlich nicht den Fußstapfen Belisars nachfolgte. Die Verleumdung richtete ihre grausamen Geschosse auf ihn und nachdem man ihn in Santo Domingo in Ketten zu legen befohlen hatte, wurde er wie der Gemeinste der Verbrecher nach Spanien geführt. Ueber so ein schimpfliches Vorgehen beschämt, ließ ihn der Hof zwar frei, jedoch ohne ihn an seinen Verleumdern zu rächen und ohne ihn wieder in seine Titel und Aemter einzusetzen. Das war das Ende dieses außerordentlichen Mannes! Die öffentliche Erkenntlichkeit hätte wenigstens diesem neuen Erdtheil den Namen des kühnen Schifffahrers, der ihn entdeckte, geben dürfen, und es wäre die geringste Huldigung, die zu seinem Gedächtnisse beitragen könnte; bald aber entrissen ihm der Neid, bald die Undankbarkeit, bald die Launen des Glückes, die also über den Ruhm gebieten, das Geschenk, welches ihm das Schicksal gewährt hatte, und sprachen es Florentino Vespucci zu, der nur seinen Fußstapfen nachfolgte. Der erste Augenblick, in dem Amerika für die übrige Welt bekannt wurde, wurde mit einer Ungerechtigkeit besiegelt. Verhängnißvolle Vorbedeutung derer, deren Schauplatz jene unglückseligen Länder werden sollten! Nach dem Falle Columbus’ und dem Tode Isabellas fingen die Insulaner an, die ganze Entsetzlichkeit des sie bedrohenden Schicksals zu fühlen. Die Religion und die Politik des sechszehnten Jahrhunderts dienten dem gottlosen Gesetze, das Ferdinand der Katholische im Jahre 1506 erließ, in welchem er die Indianer den Eroberern zutheilte, damit sie dieselben bei den Ausbeutungen der Bergwerke und bei den allerbeschwerlichsten Arbeiten verwenden sollten, zum Vorwande. So lange wir, sagten sie sich in der freien Ausübung ihres Aberglaubens, diese Barbaren lassen, werden sie weder das Christenthum umarmen, noch dem Gehorsam den Nacken beugen. Oh! würdige Politik des sechszehnten Jahrhunderts!... Die Inseln wurden in eine Menge von Bezirken eingetheilt, und jeder Expeditionär erlangte, je nach seinem Grade, seiner Gunst oder seiner Geburt mehr oder weniger Boden, und von diesem Augenblick an waren die Indianer Sklaven, die ihrem Herrn ihren Schweiß und ihr Blut schuldeten, und diese entsetzliche Verordnung wurde, da die Krone unerhörte Abgaben über die Arbeiten an sich nahm, auf allen Niederlassungen der neuen Welt befolgt. Die Auszügler befriedigten ihren Ehrgeiz auf einige Augenblicke; aber die schwächlichen, einer unerträglichen Arbeit nicht gewachsenen und der Härte unmenschlicher Strafen erliegenden Indianer verschwanden von ihren fruchtbaren Gefilden, und kaum blieben noch Arme dafür übrig, wann der Augenblick der Rache donnerte. Umsonst berief man sich im sechszehnten Jahrhundert auf gute Colonisationsprinzipien; umsonst flehte man die Rechte der Menschlichkeit an; das gezückte Schwert und der Name des Eroberers; das Crucifix in der Linken und die Fackel in der Rechten; die Sklaverei oder der Tod; das Christenthum oder der Scheiterhaufen; das waren sie alle die großen Grundsätze des katholischen Hofes, wie aller Höfe Europas, in dem verhängnißvollen sechszehnten Jahrhundert. [Illustration] Kapitel 3. Mexiko. Fanatismus und religiöse Vorurtheile entschieden im sechszehnten Jahrhundert in Vielem die Schicksale der Völker, und wenn, nachdem sie verschiedenen philosophischen Systemen und verschiedenen Glaubensansichten gehuldigt, die Völker der alten Welt sich sozusagen um das Kreuz geschaart hatten, waren doch die Nationen der neuen Festländer Opfer der falschen Prophezeihungen ihrer Priester und Propheten und die religiöse Furcht trug zur Herrschaft jener Reiche so viel bei, wie der Schrecken vor den Waffen ihrer Eroberer. Ehe wir uns daher den Gestaden Perus, dem Schauplatze unseres unsterblichen Vorläufers zuwenden, werden wir über das erste von den Spaniern eroberte Festland Amerikas und insbesondere über das von dem auf immer unsterblichen Fernando Hernan Cortés eroberte, ungeheure mexikanische Reich, philosophische Umschau halten müssen. Die Reiche Mexiko und Peru vereinigen in ihren religiösen Voreingenommenheiten und in den Weissagungen ihrer Propheten viele Berührungspunkte unter sich. Im einen wie im andern Reiche sah man großen Revolutionen, welche von Osten her kommen sollten, entgegen, und diese Aehnlichkeit der Prophezeihungen wird unsern Lesern um so mehr auffallen, da dieselben ursprünglich Religionen und Priester hatten, welche unter sich den schrecklichsten Gegensatz bildeten. In Mexiko verehrte man falsche und grausame Götzenbilder und Menschenfresser, deren Priester die heiligen Altäre mit Menschenblut bespritzten. In Peru betete man die erhabene Gottheit der Sonne an und die Priester brachten ihr im Tempel unschuldige Opfer von Früchten dar, womit sie ihre Anbeter so reichlich beschenkte. Oh! unaussprechliche Geheimnisse der Verirrungen menschlicher Vernunft! Nach dem Tode Columbus’ gründeten die Spanier in Jamaica, Puerto Rico und Cuba bedeutende Niederlassungen und Francisco Hernandez de Cordoba und Juan Grijalda erwarben im Jahre 1517 und 1518 in Betreff des mexikanischen Reiches, über dessen Macht, dessen Ausdehnung, dessen Sitten und Gesetze etc ausgedehnte Kenntnisse. Die öffentliche Stimme jauchzte Fernando Cortés, der damals mehr wegen seiner Hoffnungen, die er versprach, als wegen der Thaten, die er aufzuzählen vermochte, bekannt war, als dem Eroberer Mexikos zu. Stark, kräftig, beredt, kühn, verschlagen, von der ganzen Begeisterung für den Ruhm, der die erste Tugend des Helden ausmachte, beseelt, sollte Cortés die Fahne Castiliens auf den Trümmern des Thrones von Montezuma aufpflanzen. So eine schmeichelhafte Aussicht bot, wenn nicht noch schwerere Verbrechen so großen Ruhm verdunkeln würden, der erste Held Amerikas dar. Nachdem er die Hindernisse, welche Neid und Haß wider ihn erregten, überwunden hatte, ging er am 10. Februar 1519 mit fünfhundertachtzehn Soldaten, hundertneun Matrosen, einigen Pferden und einiger Artillerie unter Segel. So ein schwaches Heer wollte einen Feldzug von drei Jahrhunderten eröffnen! So kleine Auslagen auch so geringfügige Expeditionen verursachten, gab die Regierung doch nichts her; Alles geschah auf Kosten von Privatleuten, die sich zu Grunde richteten und unglücklich wurden, daß nur ja ihr guter Erfolg das Reich der Metropole immer mehr ausdehnen half. Von den ersten Expeditionen an hatte der Hof niemals den Plan dazu entworfen, niemals seine Schätze aufgethan, niemals Mannschaften ausgehoben; der Durst nach Gold, der abenteuerliche Geist, der dazumal herrschte, trieben die Industrie und die Thätigkeit an. Cortés landete glücklich und griff die Indianer von Tabasco an, besiegte sie und machte sie zu seinen Verbündeten. Die nüchternsten, die an Mühen abgehärtesten, mehr wie kein anderes Volk Europas an die Witterungsverhältnisse eines brennenden Klimas gewöhnten Spanier waren damals die einzigen, welche die Beschwerlichkeiten eines Krieges in der heißen Zone ertragen und sich zu ungleichem Feldzuge rüsten konnten. Kaum erschien Cortés an der Küste Mexikos, so konnte Montezuma, der mit unumschränkter Macht daselbst regierte, den Schrecken, der ihm in die Glieder fuhr, nicht verbergen. Diese Furcht, die einem so gewaltigen Monarchen eine Hand voll Abenteurer einjagte, sollte, außer man erklärte denn Muthmaßungen und Ueberlieferungen für genügend, jede Wahrscheinlichkeit übertreffen. Die scheinbare oder wirkliche Bewegung der Gestirne um ihre Bahnen, die überraschenden Wirkungen der größern oder geringern Krümmungen der Erdoberfläche, die Ebbe und Fluth des Meeres und als erster Träger dieser Naturerscheinungen der ewige Streit der Elemente, stürzen die Bewohner des Weltalls in eine empfindliche Gefahr und in beständige Sorgen um ihr Schicksal. Der Aberglaube und der Fanatismus haben diese physischen Umwälzungen vergöttert und demzufolge ist auch, vor Allem bei den fühlbareren und kürzlicheren Anzeichen dieser Naturerscheinungen, der Schrecken der Völker gewesen. Solch ein Bild bietet Amerika dar, wo die Ueberschwemmungen, die vulkanischen Ausbrüche und die großen Erdbeben in der Natur häufiger sind; ausgedehnte Meerbusen, unendliche Seen, unzählige Inseln, mächtige Ströme, sehr hohe Berge, Alles zeugt von den Schlägen, von den Trübsalen, womit die Natur diese Welt heimgesucht hat; dieser ganze Schrecken rührt von der Trostlosigkeit dessen her, daß zu allen Zeiten die Lüge Mißbrauch getrieben hat, um auf Erden zu regieren. Wie nichts geschieht, das nicht unter dem Anscheine irgend eines Sternbildes stünde, so hat man zu den Sternen gegriffen, um das Unheil, von dem man die Ursache nicht kannte, zu erklären und die einfachsten Beziehungen der Lage von Planeten zueinander haben für den menschlichen Geist, der den Ursprung des Bösen immer in der Finsterniß sucht, bei allen Umwälzungen einen unmittelbaren und nothwendigen Einfluß. Vor Allem wurden die politischen, als die für den Menschen allerwichtigsten Ereignisse in naher Beziehung zu den Gestirnen geglaubt. Daher die falschen Prophezeihungen und die eigentlichen Befürchtungen, welche die Welt beherrscht haben und die immer mehr zunehmen, und im Verhältniß zur Unwissenheit fest wurzeln. Diese Krankheiten des menschlichen Geistes fanden sich bereits in der neuen Welt vor und man weiß nicht, warum sich in Santo Domingo und in Peru und in anderen Regionen Nordamerikas eine Ueberlieferung zeigte, daß Fremde von Osten her kommen sollten, die jene unglücklichen Länder zerstören würden. Nicht, weil sie von unserm Dasein Kunde hatten, sondern weil, wie alle Völker der Erde, daran gewohnt, ihre ersten Blicke dahin zu richten, von wo die Sonne kommt, sie sich einbildeten, daß die sie bedrohenden Umwälzungen ebenfalls von jenem Punkte der Erde ausgingen. Dieser Aberglaube, der einen Theil der Dogmen Mexikos ausmachte, arbeitete, gestützt auf einige kürzliche, recht sonderbare Ereignisse, mächtig in der von Natur aus unruhigen Seele Montezumas, als die Spanier in seinen Staaten landeten. Was er im Allgemeinen von diesen Fremden befürchtete und im Besondern davon sagen hörte, verwirrte seinen zerrütteten Geist so sehr, daß er den durch die Gestirne, den Propheten seiner Nation, angezeigten verhängnißvollen Augenblick für gekommen hielt. Er schickte Abgesandte, um Cortés den Beistand, dessen er bedurfte, anzubieten und um ihn zugleich zu bitten, er möchte aus seinen Besitzungen hinausgehen; der Anführer der Spanier jedoch erwiderte stets, daß er kommen müsse, um mit dem Kaiser von Seiten des Machthabers im Osten zu sprechen. Vergebens bedrohten ihn die Kundschafter mit der riesigen Macht des Reiches, die Hartnäckigkeit führte zum Streit und Cortés, der, um zu siegen oder zu sterben, die Schiffe verbrannte, marschirte, ohne bei seinem Heereszuge auf großen Widerstand zu stoßen, auf Mexiko zu. An den Grenzen der Republik Tlascala angelangt, bat er vergebens um Durchzug und er mußte kämpfen. Die Tlascalteken waren tapfer und mächtig, sie gingen muthig in den Tod, es fehlte ihnen nur an Waffen, um zu siegen.... Da das Land in viele Cantone eingetheilt war, befehligten Vizekönige, die man Caziken nannte: Sie stellten sich im Kriege an die Spitze ihrer Unterthanen, legten Abgaben auf, handhabten die Gerechtigkeit; ihre Gesetze und Erlasse aber mußten von dem Senate in Tlascala, der aus Bürgern, welche in Volksversammlungen in jedem Canton gewählt wurden, zusammengesetzt, der eigentliche Machthaber war, bestätigt werden. Cortés, der diese kriegerische Nation auf Kosten von tausend Gefahren angriff und besiegte, machte dieselben, da sie den Mexikanern, die sie ihrer Herrschaft unterwerfen wollten, von früherer Zeit her feindlich gesinnt waren, durch seine Triumphe und seine Politik zu seinen Verbündeten, sodaß sie ihm Truppen und Hülfe aller Art verschafften. Mit diesem Beistand marschirte Cortés mitten durch ein von lieblichen Strömen bewässertes und mit Städten und Gärten bedecktes, reiches Land. Das an unbekannten Pflanzen fruchtbare Gefilde, die voller Vögel mit prächtigem Gefieder bevölkerte Luft, die angenehme und herrliche Natur, die gemäßigte Atmosphäre, der heitere Himmel, die in farbigem Blumenschmucke prangenden Fluren, Alles athmete Unschuld, Fröhlichkeit und Zauber. Aber so viele Schönheiten rührten die Auszügler in Nichts, sie waren unempfindlich für ein derartig neues Schauspiel; sie sahen blos, wie das Gold zur Verzierung der Häuser und Tempel, zur Verschönerung der Waffen der Mexikaner und dazu diente, mit seinem Gewichte die Schönheit zu ermüden und der Ehrgeiz verzehrte ihre Sinne und sie sehnten sich nur nach Gold. Montezuma sah mit Schrecken, daß Cortés nicht davon abließ, an seinen Hof zu kommen, und seine von Betrachtungen niedergeschlagene Seele dachte nicht an die Mittel der Vertheidigung. Er befahl über dreiunddreißig Caziken, die mächtige Heere ausgerüstet hätten. Seine Reichthümer waren unermeßlich, seine Macht unumschränkt, sein Volk geschickt und fleißig, und wie damals die Europäer, kriegerisch und ehrenhaft. Wenn er seine Macht in Bewegung gesetzt haben würde, sicherte er seinen Thron; aber Montezuma, der das Scepter durch seine Tapferkeit erlangt hatte, zeigte, als er trotz ihrer Waffen und ihrer Mannszucht mit seiner ganzen Macht hätte über die Feinde herfallen und sie vernichten können, nicht die geringste Geistesgegenwart und er zog es vor, die Treulosigkeit gegen sie anzuwenden. Während er sie in Mexiko mit Geschenken und Liebkosungen überhäufte, beabsichtigte er, um den Rückzug zu sichern oder Unterstützungen zu empfangen, sie in Veracruz, einer von den Spaniern gegründeten Niederlassung, zu nehmen. Cortés, der es erfuhr, schreckte seine Gefährten auf. »Wir müssen,« so sagte er zu ihnen, »diese Barbaren mit einer überraschenden That in Verwunderung setzen; ich habe beschlossen, den Kaiser zu ergreifen und mich seiner Person zu bemächtigen.« Nachdem die Absicht gut geheißen und von seinen Offizieren ausgeführt worden war, ging er zum Palast des Kaisers und deutete ihm die Wahl zwischen Tod oder ihnen zu folgen an. Aus einer Niederträchtigkeit, die der Verwegenheit seiner Feinde gleich kam, ließ sich dieser Fürst gefangen nehmen, er verurtheilte die Generäle, die ihm nur Gehorsam erzeigt hatten, zum Tode und huldigte dem König von Spanien. Der Neid hatte Cortés’ Feinde erregt und Narvaez landete auf Geheiß der Regierung mit bewaffneter Macht an der Küste von Veracruz, um ihn seines Befehles zu berauben. Cortés suchte seinen Gegner auf, brachte ihm eine Niederlage bei und nahm ihn gefangen, und da er durch sein Zutrauen und seinen Edelmuth die Soldaten anzog, vergrößerten die Streitkräfte Narvaez’ seine Reihen, und er kehrte nach Mexiko zurück, woselbst er zweihundert Mann als Wache bei dem Kaiser zurückgelassen hatte. Die Mexikaner hatten nichts Barbarisches als ihren Aberglauben, ihre Priester jedoch waren Ungeheuer, die mit dem abscheulichen Gottesdienste, den sie der Leichtgläubigkeit des Volkes aufgedrungen hatten, grauenhaften Mißbrauch trieben. Sie anerkannten statt diesen nutzbringenden Lehren von Gemeinheiten und Entsetzlichkeiten ein höchstes Wesen, ein zukünftiges Leben mit seiner Belohnung und Bestrafung. Mit Abschluß eines jeden Jahrhunderts erwarteten sie das Ende der Welt und in jenem Jahre gaben sie sich ganz der Fröhlichkeit und Freude hin. Sie beteten Schutz- und Halbgötter an, kannten Sühne und Bußen, zählten Wunder auf und hatten Propheten. Die Priester, stets Menschenfresser, ließen auf den Altären Menschenopfer verbluten. Sie brachten die Kriegsgefangenen im Tempel des Gottes der Schlachten dar und die Priester aßen von denselben und schickten dem Kaiser und den Vornehmsten des Reiches Stücke. Wenn der Frieden lange Zeit andauerte, sagten die Priester zum Kaiser, daß die Götter Hungers stürben, und es wurde aus dem einzigen Grunde Krieg erklärt, um Gefangene zu machen und sie dann auf den Altären hinzumorden. Alle diese Bräuche waren schaurig und blutig; die gräßliche, entsetzliche Religion stürzte die Menschen in Schrecken und mußte sie unmenschlich und die Priester allmächtig machen. Indeß sich Cortés mit Narvaez schlug, war der mexikanische Adel über die Gefangennahme ihres Fürsten und ob des Uebereifers der Spanier, welche bei einem Feste zu Ehren der Götter des Landes die Altäre umstürzten und die Anbeter und Priester niederhieben, entrüstet; Alles hatte das Volk zu den Waffen aufgefordert. Man konnte den Eindringlingen ihren Widerspruch gegen so barbarische Glaubenslehren nicht zum Verbrechen machen, wenn sie dieselben nur nicht zerstört hätten, indem sie über das wehrlose Volk herfielen, um es umzubringen, und wenn sie nicht die Adeligen ermordet hätten, um sie zu berauben. Bei der Rückkehr Cortés’ nach Mexiko fand er seine Gefährten auf das Aeußerste bedrängt und nach harter Anstrengung betrat er ihr Lager. Die Mexikaner thaten Wunder der Tapferkeit und Montezuma, der hinaus ging an die Mauer, um sie von dem guten Einverständniß mit ihren Unterdrückern zu überzeugen, starb von den Pfeilen seines Volkes getroffen. Cortés erkannte die Nothwendigkeit, sich zurückzuziehen; seine mit Gold beladenen Soldaten konnten sich nicht Alle dem Rückzuge anschließen und es kamen viele im Thale von Otumba um; Allen drohte der Tod, endlich aber gelangte der tapfere und mächtige Cortés in das Land der Tlascalteken, seiner Verbündeten. Das politische System und die religiösen Anschauungen hatten die Zwietracht in dem Reiche gesät und geschickt wußte Cortés aus diesem Vortheil Nutzen zu ziehen. Mit geringen Unterstützungen von den spanischen Inseln und einigen Truppen, die er von der Republik Tlascala erlangte, machte er neue Verbündete und griff die Hauptstadt des Reiches abermals an. Mexiko war eine in Mitten eines großen Sees gelegene Insel, welche zwanzigtausend Häuser, ein zahlreiches Volk und prächtige Gebäude enthielt. Gärten, Springbrunnen, Bäder, Verzierungen, prächtige Tempel, dreitausend Cazikenpaläste, Alles gab der Hauptstadt eine ungeheure Ausdehnung. Rings um den See herum waren an die sechszig Städte; zweimalhunderttausend Canoes durchschifften die Wogen und unterhielten einen lebhaften Verkehr, und solid angelegte Kunststraßen machten den Stolz mexikanischen Gewerbefleißes aus. Das Reich war wählbar, und nach dem Tode Montezumas bestieg Guatimazin den Thron, ein tapferer und verwegener Krieger, der die Hauptstadt in einen glänzenden Vertheidigungszustand setzte. Cortés fing den Feldzug damit an, indem er sich der Caziken versicherte, welche in den Städten an den Ufern des Sees regierten. Etliche vereinigten ihre Truppen mit denen des Siegers, die andern wurden überwältigt und Cortés bemächtigte sich der drei Hauptverkehrsstraßen Mexikos. Er wollte sich ebenfalls der Schifffahrt auf dem See bemächtigen; er ließ Briggen herstellen, die er mit einem Theile seiner Artillerie ausrüstete, und so Mexiko beschießend, hoffte er, der Hunger würde ihm das Reich der neuen Welt übergeben. Guatimazin machte außergewöhnliche Anstrengungen, um die Blokade aufzuheben; seine Vasallen kämpften wüthender denn je, die Spanier aber unterhielten ihre Laufgräben und jagten und verfolgten den Feind bis in das Innere der Stadt hinein. Als die Mexikaner den Sieg bezweifelten und es ihnen bereits an Lebensmitteln fehlte, wollten sie wenigstens ihren Kaiser retten, der gerne hierin einwilligte, um den Krieg im Norden seiner Staaten fortzuführen. Ein Theil des Heeres ging, um ihm den Rückzug zu erleichtern, den Feind zerstreuend und ihm zu schaffen machend, muthig in den Tod; aber eine Brigg bemächtigte sich des Bootes, worin der großmüthige und unglückliche Herrscher war. Julian Alderete, ein spanischer Offizier, glaubte, daß Guatimazin geheime Schätze berge, und um ihn zu einem Geständniß zu nöthigen, ließ er ihn auf glühende Kohlen legen. Da wiederholte der amerikanische Held jene berühmten Worte: »Ha, ich bin in einem Bett voll Blumen!« Ein Tod, der mit allen denen, welche die Geschichte der Bewunderung der Menschen übermittelt hat, zu vergleichen ist. Wenn die Mexikaner eines Tages die Lebensbeschreibungen ihrer Märtyrer und die Geschichte deren Verfolger aufstellen, so wird man Guatimazin sehen, wie er halbtodt aus einem glühenden Ofen herausgezogen und unter dem Vorwand, es auf seine Zerstörer abgesehen zu haben, öffentlich auf drei Jahre hin gehenkt wird. Bei willkürlichen Regierungen zieht der Tod oder die Gefangennahme des Herrschers und die Einnahme der Hauptstadt allgemein die Unterwerfung des ganzen Staates nach sich. So war es mit der Eroberung von Peru. Das ganze Reich unterwarf sich den Spaniern, deren Ehrgeiz, obschon es fünfhundert Meilen in der Länge und beinahe zweihundert in der Breite hatte, immer noch nicht befriedigt war. Neue Welten, neue Reiche, andere Helden, andere Siege sollten an den glorreichen Thron Castiliens neue Welten hinzufügen. [Illustration] [Illustration] Kapitel 4. Pizarro, Luque und Almagro. Sobald Columbus seine geringen Mannschaften auf der Insel Santo Domingo verstärken und eine kleine Niederlassung gründen konnte, die ihm als Vorposten für seine großen Ausflüge diente, worüber er nachdachte, ging er, seinem Drängen nachgebend, von Neuem unter Segel. Bei einem seiner Forschungszüge entdeckte er den Orinoko, und bei einem andern die Bai von Honduras. Er begriff, daß jene Länder ein Festland bildeten, und schloß auch daraus, daß weiterhin noch ein Ocean sein müsse, der die Gestade Ost-Indiens bespülte, und daß die beiden Meere unter sich in Verbindung ständen, welche der kühne Schifffahrer begierig suchte. Er sondirte die Küsten, landete, wenn es ihm möglich war, und stets gerecht und menschlich erwarb er sich die Liebe der Bewohner aller Länder. Die Landenge von Darien zog insbesondere seine Aufmerksamkeit auf sich; er folgte den Strömen nach, die sich hier in einen Zufluß des Oceans ergießen, der die Meere von Nord- und Südamerika durch eine Meerenge verband, und er glaubte seinen Plan bereits verwirklicht; sah jedoch seine Hoffnungen getäuscht und beschränkte sich darauf, eine Niederlassung zu gründen. Aber die Habsucht und die Unvorsichtigkeit seiner Gefährten vereitelten ihm den guten Willen jener Bewohner, welche die Auszügler angriffen, und Columbus mußte sich wieder einschiffen und auf seinen schwachen Fahrzeugen, die, beschädigt und geborsten, zu keinen Unternehmungen mehr taugten, entfliehen. Diese Expeditionen waren jedoch nicht fruchtlos. Americ, Ojeda, Nino, Bastidas und andere verfolgten die Richtung, die ihnen Columbus angegeben hatte; Abenteurer aber, welche von der Regierung nichts erhielten, als die bloße Erlaubniß, Entdeckungen zu machen, dachten weder daran Kolonieen zu gründen, noch an etwas Anderes, als ihren Ehrgeiz und ihren Hochmuth zu befriedigen. Das Gold und das Blut flossen von einer Welt zur andern. Unter der Menge von Abenteurern, die jene unglücklichen Küsten plünderten und verheerten, befand sich ein Mann, Vasco Nunez de Balboa, dem die Natur ein angenehmes Aeußere, einen kräftigen Körperbau und volksthümliche Beredsamkeit verliehen hatte, und in dem die Erziehung edle Gefühle hatte keimen lassen. Er gründete in Darien, wo Ueberfluß an Reichthümern war, eine Kolonie. Eines Tages aber, als er mit einem seiner Genossen Gold vertheilte, fingen sie heftig an zu zanken. Da zog ein Wilder, der sie bediente, entrüstet die Wage weg, indem er zu den beiden Spaniern sagte: »Und so einer verächtlichen Sache wegen zankt ihr?« Wenn ihr dieses feilen Goldes halber euer Vaterland verlaßt, um die Ruhe so vieler Völker zu stören, kommt, ich will euch dahin bringen, wo ihr gesättigt werden sollt. Er hielt sein Wort und führte sie an die Küste des südlichen Meeres. Panama, das im Jahre 1518 gegründet wurde, eröffnete der Unruhe und Habgier der Europäer eine neue und ausgedehnte Laufbahn. Der Ocean, der seine Mauern bespühlte, führte nach Peru, dessen Reichthum man nur auf eine flüchtige Art erwog, und obschon die Kriegsmacht dieses großartigen Reiches übertrieben wurde, schüchterten sie die Habgier, die seine Schätze erregten, doch nicht ein. Drei in Niedrigkeit aber für große Unternehmungen geborene Männer dachten darüber nach, auf ihre Kosten einen Thron zu stürzen, der viele Jahrhunderte des Ruhmes zählte. Francisco Pizarro, der bekannteste unter ihnen, war von kräftigem Körperbau, unerschrockenen Muthes und von einem grenzenlosen Ehrgeiz und einer Seele, zur Tugend und zum Verbrechen geneigt. Von nerviger und riesenstarker Muskulatur, mit langem schwarzen Barte, der seine breite Brust bedeckte, von würdevoller und ungezwungener Gestalt, großen, schwarzen funkelnden Augen, nahe an den vierziger Jahren, zeigte seine ganze herausfordernde Haltung jene unwiderstehliche Anmaßung an, die von den eigenen Kräften herrührt. Immer furchtlos und thätig, war er bei allen Expeditionen der neuen Welt zugegen gewesen, und in allen hatte er sich ausgezeichnet, und in allen war der Name Pizarros geachtet. Der Gebrauch, den er von seinen physischen und moralischen Kräften gemacht hatte, flößte ihm den Dünkel ein, daß es nichts Höheres gebe als ihn selbst, und die Eroberung Perus schien ihm ein, seinen Hülfsquellen nach, weit geringeres Unternehmen zu sein. Diego de Almagro, sein Genosse, war ein in Stürmen und Gefechten abgehärteter Krieger, und immer nüchtern, unermüdlich und geduldig, verachtete er die Gefahren und zog, mit den wenigen Tugenden des sechszehnten Jahrhunderts geschmückt, muthig in den Sieg. Von zierlicher, schlanker Gestalt, rundlichem, hübschem Aussehen, und lebhaften, weitgeöffneten Augen, bildete er, kaum vierundreißig Jahre, die Vereinigung einer stattlichen, mehr wegen seiner Geschicklichkeit in der Handhabung der Waffen, als wegen den außergewöhnlichen Kräften, die er erreichte, bemerkenswerthen Person. So beträchtlich aber das Glück dieser beiden Soldaten war, so genügte es doch nicht, den Aufmerksamkeiten der ausgedehnten Eroberung, die sie im Sinne hatten, gerecht zu werden, und sie verbanden sich noch mit Fernando Luque, einem habsüchtigen Geistlichen, der mit allen Mitteln, die der Aberglaube seinem Stande im sechszehnten Jahrhundert verlieh, verschwenderisch ausgestattet war. Im Alter von fünfzig Jahren, klein und bucklig, mit einer großen Adlernase, schwarzen, buschigen Augenbrauen, tiefliegenden Augen und ungestalten Zügen, war Luque eine abschreckende und sogar ekelhafte Persönlichkeit. Diese drei berühmten Männer bildeten, indem Pizarro und Almagro den militärischen und Luque den religiösen Theil auf sich nahm, eine zu gleichen Theilen feierliche Verbindung zur Eroberung Perus. Sie sollten das peruanische Reich unter sich vertheilen, und dieser ehrgeizige Plan wurde, indem Luque öffentlich eine Hostie weihte, die für ihn und seine Gefährten in drei Theile getheilt wurde, noch durch den Fanatismus besiegelt; und eine Vereinigung, die Plünderung und Zerstörung zum Zwecke hatte, wurde im Namen des friedlichen Gottes bestätigt, indem sie bei dem göttlichen Blute schwuren, sich trotz Strömen von Menschenblutes zu bereichern. Oh, verbrecherischer Mißbrauch des Christenthums im sechszehnten Jahrhundert! Am 14. November 1525 ging Pizarro mit einem schwachen Fahrzeug und hundertzwölf Mann an Bemannung und Waffen endlich unter Segel; Almagro sollte ihm Verstärkungen zuführen, und Luque blieb, bis daß der Ehrgeiz die drei Genossen in den Thälern Perus vereinigte, um sehnlichst ihre Beute zu vertheilen, an der Spitze der Beziehungen in Panama. Ohne genaue Kenntnisse über die Theorie der Winde und der Strömungen irrte Pizarro siebzig Tage lang auf den Wogen umher, bis er endlich an verschiedenen Gestaden des Festlandes anfuhr und sich von der Unannehmlichkeit des Landes, das ihm schon Andere so wahr geschildert hatten, überzeugte. Flaches, sumpfiges Erdreich, von undurchdringlichen Wäldern bedeckte Gebirge, wenige und dafür um so wildere und tapferere Einwohner, das war es, was sein Ehrgeiz entdeckte. Der Hunger, die Müdigkeit, die häufigen Kämpfe mit den Eingebornen des Landes und mehr noch die den feuchten Ländern allgemein eigenen Krankheiten schwächten und zerstörten beinahe sein verächtliches Expeditionsheer, und er sah sich genöthigt, an der Insel Cuchamá, der Perleninsel gegenüber, zu landen, woselbst er von Panama Verstärkungen und Vorräthe zu empfangen hoffte. Inzwischen ging auch Almagro, der in Panama Leute vereinigte, mit sechszig Mann unter Segel, um seinen Gefährten aufzusuchen und ihm Hülfe zu leisten. Vergebens landete er, dem Aufenthaltsort Pizarros nachspürend, ebenfalls mehrere Male auf festem Boden; die Indianer griffen ihn an und vernichteten ihn; und vertrieben und sogar verwundet, die gleichen Gebrechen wie sein Gefährte ertragend, fand er sein Heil in der Flucht, das Schicksal aber führte ihn nach Cuchamá, wo ihn sein Freund erwartete. Am 14. Juni war es, als die ersterbende Mannschaft Pizarros ein Fahrzeug jene unbekannten Meere durchfurchen sah, und beim Flattern der Fahne Panamas bemächtigte sich der entmuthigten Herzen gegenseitig ein göttliches Entzücken und nach langen Monden entstand der Trost in den geängstigten Gemüthern. Nach stummer Umarmung trösteten sie sich, einander ihre traurigen Abenteuer und erlittenen Schiffbrüche erzählend, und jeder tiefe Seufzer, den sie ausstießen, ergoß eine unüberwindliche Tapferkeit in ihre Seele. Weder die Erinnerung an die Gefahren noch der Anblick des Todes an unbekannten und düstern Gestaden entmuthigten jene für große Unternehmungen geborenen Seelen. Almagro brach in der Absicht, neue Anwerbungen zu machen, nach Panama auf und Pizarro überließ sich, auf der Suche nach dem Goldlande, abermals der Ungunst der Winde. Nachdem er dieselben Trübsale wie bei seinem ersten Auszug erlitten hatte, segelte er längs der Bucht von San Mateo an der Quitoküste hin und landete in Tamanes, fruchtbareren und civilisirteren Gegenden, als diejenigen, welche er an der Küste des südlichen Meeres erkannt hatte. Er folgte dem Laufe seiner Nachforschungen, als der fürsorgliche Himmel, seine Schleußen öffnend, dem Donner und den Blitzen gebot, das schwache Fahrzeug, die Ueberbringerin so vielen Schreckens, zu begraben, und die Blitze kreuzten sich und die Wogen brüllten mit Entsetzen und zerschellten das gebrechliche Schiff. Ein gnädiges Schicksal bot den Schiffbrüchigen die nahe Gorgona- oder Hölleninsel an, wo der größte Theil derer, die Himmel und Meer zum Tode zu verdammen schienen, sich retten konnte. Auf dieser wegen der Unbeständigkeit ihres Klimas, ihrer undurchdringlichen Wälder und ihrer abschüssigen Gebirge, wegen der Unmenge von Insekten und Thiere, die ihren Boden bedecken, wegen der ewigen Nacht, wozu sie die dichten Nebel verdammen, allgemein die Hölleninsel genannten Insel, hielt sich Pizarro, nicht um aufzuathmen und an seine Rettung zu denken, sondern um sein Schiff wieder in Stand zu setzen und neue Gefahren aufzusuchen, fünf Monate lang auf. Es wäre schwierig, die Qualen zu schildern, welche die Spanier an jener Stätte des Todes zu erdulden hatten; aber ihre Kraft war noch nicht gebrochen, sie gingen zum dritten Mal auf die Suche nach reichen Gestaden aus und entdeckten am zwanzigsten Tage die Küsten von Peru. Nachdem er verschiedene unbedeutende Punkte berührt hatte, landete er in Tumbez, einer unter dem dritten südlichen Grade des Aequators gelegenen, ziemlich bevölkerten Stadt, wo sie einen großen Tempel und einen Palast der Inkas, der Beherrscher jenes Landes, vorfanden. Hier bewunderten die Spanier, da sie eine bevölkerte und mit Industrie betriebene Gegend und die Eingebornen anständig gekleidet sahen, zum ersten Mal den Anblick der Ueppigkeit und Civilisation des peruanischen Reiches; insbesondere aber zog ein solcher Ueberfluß an Gold und Silber die Aufmerksamkeit auf sich, daß diese Metalle nicht allein zur Verzierung der Tempel, sondern auch als gewöhnliche Gefäße und Geräthschaften zu häuslichem Gebrauche dienten, was keinen Zweifel ließ, daß in dem Lande ein ungeheurer Ueberfluß sein mußte. Pizarro und seine Gefährten hielten ihre Hoffnungen bereits für verwirklicht, sie zweifelten nicht, sie glaubten im Besitze ausgedehnter Gebiete und unerschöpflicher Schätze zu sein. Pizarro jedoch erkannte, daß er ein großes Reich nicht mit einer so schwachen Kolonne bedrängen konnte; er unterdrückte seinen Ehrgeiz, untersuchte, in der besten Eintracht mit den Bewohnern lebend, die Küsten und erlangte von deren Großmüthigkeit für tausend Aufmerksamkeiten einige Hausthiere, einige silberne und goldene Gefäße und einige Werke der Industrie; sichere Proben, die er als Beweis der Entdeckung der neuen Continente vorzulegen gedachte, und er segelte nach Panama, woselbst er nach dem dritten Jahre seiner Abfahrt landete. Nein, kein Abenteurer hat so viele Drangsale erlitten, noch so vielen Gefahren getrotzt, wie Pizarro auf seiner dreijährigen Pilgerfahrt, und seine Geduld und seine Tapferkeit übertrafen alle Heldenthaten, die uns die Geschichte der neuen Welt aufweist. Weder die Beziehungen, die Pizarro mit den von ihm entdeckten Ländern unterhielt, noch alle Anstrengungen der Verbündeten vermochten den Statthalter von Panama zu verpflichten, daß er ihnen irgend welchen Schutz angedeihen ließ; im Gegentheil, er glaubte, daß die Colonie nicht im Stande war, ein mächtiges Reich zu überfluthen, und er weigerte sich, eine Expedition zu ermächtigen, welche die seinem Befehle übertragene Provinz, ihr so die Arme, deren sie benöthigte, entreißend, zu Grunde richten könnte; sein Widerspruch aber vermochte den Eifer der drei Genossen nicht zu schwächen. Sie wußten, daß sie der Ausführung ihres Planes ohne den Schutz des Statthalters folgen, oder aber von ihrem Landesherrn die Erlaubniß, die ihnen vom Verwalter der Provinz verweigert wurde, einholen mußten, und Pizarro flog nach Madrid, um ihre gemeinschaftlichen Wünsche zu erlangen. Die ausführliche Geschichte seiner Leiden und die schwülstigen Berichte, welche er über die von ihm entdeckten Länder abgab, bestätigt durch die von Tumbez mitgebrachten Erzeugnisse, machten auf Karl und seine Minister einen derartigen Eindruck, daß sie nicht nur den Plan einer neuen Expedition bewilligten, sondern den Anführer noch dazu ermunterten, dieselbe zu verwirklichen. Pizarro wurde zum Statthalter und Oberbefehlshaber ernannt, und über alle Länder, die er entdeckte, mit einer sowohl in Civil- als in Militärsachen unumschränkten Vollmacht mit allen bis dahin den Eroberern der neuen Welt zugestandenen Vorrechten ausgestattet; Almagro zu seinem Stellvertreter und Luque zum Generalverweser aller Besitzungen Pizarros. Mit so gutem Erfolge am spanischen Hofe kehrte er von Neuem nach Panama zurück, um sich mit seinen Genossen zusammen zu thun und um die letzten Anstrengungen zu machen. Trotz alledem fehlte es ihnen bereits an Geld, und obschon sie ungeheure Opfer brachten, vereinigten sie nur drei kleinere Fahrzeuge und hundertfünfundneunzig Soldaten mit siebenunddreißig Pferden; eine solche Ueberlegenheit flößten jedoch den Spaniern damals ihre Siege in Amerika ein, daß Pizarro nicht daran zweifelte, das mächtige Reich, das durch seinen Ehrgeiz und seine Habsucht geplündert werden sollte, mit einer so schwachen Truppenmacht anzugreifen. Im Februar 1671 ging er unter Segel, und von der Gewalt der Winde und Strömungen getrieben, gedachte er in der Bucht von San Mateo zu landen; er wandte sich aber, ohne vom Ufer abzulassen, nach Süden, um mit desto größerer Leichtigkeit den Entsatz, den er von Panama erwartete, zu empfangen. Neue und große Entbehrungen bewiesen bei diesem Aufbruch seine Tapferkeit und Geduld. Anstatt sich das Vertrauen der Bewohner zu erwerben, griff Pizarro dieselben thörichter Weise an und nöthigte sie, aus ihren unschuldigen Zufluchtsorten zu entfliehen, und der Krieg, der Hunger, die Ermüdung und die dem Lande eigenen Krankheiten brachten die Eindringlinge in so eine grausame Nothlage, wie sie sie bei der ersten Expedition erlebt hatten. Die Küste von Peru ist an einigen Stellen unfruchtbar, ungesund und wenig bevölkert, die mächtigen Ströme, reißend und gefahrvoll zu überschreiten, durch den Muth aber, der von ihrem Ehrgeiz beseelten Spanier, war ihnen Alles möglich und leicht, und wenn ihnen der Sieg Beute und Ruhm sicherte, war der Triumph ihnen. Sie gelangten endlich in die Provinz Coaque, und die Bewohner der Hauptstadt überraschend, bemächtigten sie sich der goldenen Gefäße und Verzierungen im Werthe von dreißigtausend Pesos[2] und vieler anderer Reichthümer, die das Mißtrauen, das sie angesichts der unfruchtbaren Gebiete, welche sie durchzogen hatten, gefaßt haben mochten, verschwinden ließen. Voll Vertrauen setzten sie, die ruhigen Einwohner, die sich unterwarfen, oder in das Innere des Landes flüchteten, ungestüm angreifend, ihren Marsch fort. Dieses plötzliche Erscheinen von Fremden, die in ihr Land einfielen, deren Gestalt und deren Sitten ihnen gleicherweise außergewöhnlich waren, und denen kein Mensch widerstehen konnte, machte auf die Peruaner denselben Eindruck des Schreckens, den es bei den andern Nationen Amerikas hervorgebracht hatte. Kämpfend, siegend und verwüstend kam Pizarro endlich in Pinca und in Tumbez an, wo er seine Truppen rasten ließ und auf Almagro und Luque wartete. Das waren die Männer, das Heer und die Hülfsquellen, womit man die Eroberung eines viertausend Meilen von der Metropole entfernten Reiches unternahm. [2] Peso (Piaster) = 5 Frcs. Ewiger Ruhm und Ehre solchem Muth und solchem Wagniß! Ewiger Ruhm den Spaniern und der glorreichen Regierung Karl des Fünften, die zur Zeit, als deren siegreiche Waffen den Hochmuth ganz Europa’s demüthigten, auch noch eine neue Welt eroberten und den entferntesten Zeiten eine nie versiegende Fülle von Glück und Seligkeit eröffneten!!! [Illustration] [Illustration] Kapitel 5. Peru. Südamerika zählte im sechszehnten Jahrhundert auf seinem ungeheuren Territorium, von der Landenge von Panama bis zum Kap Horn, eine Unmenge von Volksstämmen und Nationen, die zu jenen Zeiten größtentheils unbekannt waren, ohne daß die Spanier in ihren glorreichen Triumphen weiter als über die Punta Rumena und den Rio Colorado vordrangen. Als Pizarro an den Gestaden des stillen Oceans landete, war das große Reich Peru, das sich von Norden nach Süden, der ganzen Küste des südlichen Eismeeres entlang, fünfhundert Meilen weit erstreckte, und das von Osten nach Westen von den riesigen Gebirgen der Anden, die sich ihrer ganzen Länge nach von einem Ende bis zum andern ausdehnen, eingeschlossen war, die mächtigste und ausgebreitetste Nation. Ursprünglich war Peru, wie die ganze neue Welt, in herumziehende und unabhängige Stämme eingetheilt, die sich sowohl in ihren Sitten als auch in ihrer grotesken Art und Weise von einander unterschieden. Ohne Kultur und ohne Industrie, ohne gesellschaftliche Rechte noch Pflichten, zogen die Peruaner der Vorzeit wie wilde Horden, die besonders von der Jagd und vom Fischfang lebten, herum. Aber so wie alle Völker der Erde ihre ursprüngliche Civilisation gehabt haben, so verdankten auch die Peruaner zweieinhalb Jahrhunderte vor dem Erscheinen der Spanier an ihren Küsten dem Zufall zwei gerechte, einmüthige und erleuchtete Wesen, die sie sanft der Geselligkeit zuführten. Wirklich erschienen während der Zeit der neuen Aera an den Ufern des großen Tititaka-Sees zwei erhabene Wesen von majestätischer Gestalt und gebildeten Manieren, die sich vornahmen, die Civilisation jenes Reiches durchzuführen; und wie alle berühmten Gesetzgeber, verfielen sie, um über den Menschen zu stehen, welchen sie zu befehlen hatten, auf den Aberglauben. Vergebens würden unter Völkern, denen kaum die Vernunft bekannt war, diese Legislatoren, um anfänglich die Aufmerksamkeit der Wilden auf sich zu ziehen, zu erhabenen und metaphysischen Theorieen gegriffen haben, und sie mußten daher zu natürlichen Dingen, die unter dem Reiche der Sinnesgefühle standen, ihre Zuflucht nehmen. Nichts Sichereres, als zu dem majestätischen Vater des Tages, dessen göttlicher Beeinflussung die Wilden zugänglich waren, die Augen zu erheben. Wenn der rosige Osten in herrlichem Purpur erstrahlt, lichtet sich die düstere und schwermüthige Finsterniß, die Vögelein entfalten ihre hellstimmigen Schnäbel, der Wald belebt sich, die Blumen blühen und es herrscht lauter Fröhlichkeit. Dann spannt der Wilde seinen Bogen und schärft seine Pfeile, wirft seine Netze aus und verehrt den Gott des Lichtes. Der erhabene Kultus der Sonnenanbetung lag im Bereiche der Bewohner der neuen Welt, und die weisen Gesetzgeber kündigten sich als Söhne dieser wohlthätigen Gottheit an, welche, mitleidig auf die Uebel der menschlichen Geschlechter herabschauend, sie, wie sie sagten, schickte, um dieselben zu belehren, sie zu bilden und glücklich zu machen. Vereint mit der Achtung, welche die Gottheit, in deren Namen sie sich anzeigten, einflößte, bestimmten jene Ermahnungen viele herumziehende Wilde, sich unter sich zu vereinigen, und da sie die Unterweisungen dieser beiden außergewöhnlichen Wesen als himmlische Befehle empfingen, folgten sie ihnen nach Cuzco, wo sie sich niederließen und eine Stadt gründeten. Manco Capac und Mama Ocollo (das waren die Namen der beiden als Söhne der Sonne Angekündigten), so viele nomadisirende Stämme vereinigend, gründeten unter den Peruanern diese gesellschaftliche Verbindung, welche, indem sie das Ziel der Wünsche vervielfacht und die Kräfte der menschlichen Abart verbindet, zur Industrie antreibt und die Fortschritte aller Klassen belebt; sie gaben denselben weise Gesetze und flößten ihnen jene gesunde Moral ein, die an dem Glücke der Nationen wirkt, und Manco Capac wäre vielleicht der erste aller Legislatoren, wenn Confuzius ihn nicht darin überträfe, sich nicht des Aberglaubens bedient zu haben, um Moral und Gesetze empfangen und befolgen zu lassen. Manco Capac stiftete die Sonnenanbetung, und es wurden Tempel errichtet und die Menschenopfer abgeschafft, und nur seine Nachkommen waren als Söhne der Sonne, dieser wohlthätigen und beschützenden Gottheit des Reiches, die ersten Priester des peruanischen Volkes. Manco Capac gab seinem Volke weise und strenge Gesetze, die seine Unterthanen von der Sonne, welche ihre Thaten erleuchtete, ausgegangen glaubten; die Uebertretung eines Gesetzes war eine Entweihung und bei ihren religiösen Handlungen offenbarten sie deren geheimste Umgehungen und verlangten deren Bestrafung. Die Inkas (Herren oder Könige von Peru), ebenfalls Nachkommen Manco Capacs und Mama Ocollos und daher Söhne der Sonne, waren die Tugendhaftesten im ganzen Reiche; ihr Betragen war das Vorbild der Thaten ihrer Unterthanen und niemals beging ein Inka ein Verbrechen. So wohlthätige Herrscher hätten ihre unumschränkte und auf jede Art und Weise in deren Hände gelegte Macht niemals mißbrauchen können, und durch weise, einfache, in unvollkommenen Hieroglyphen oder Quipos geschriebene Vorschriften bestimmte man die verschiedenen gesellschaftlichen Rangordnungen und die unverjährbaren, jedoch stets mäßigen und gelinden Abgaben für die Unterhaltung des Kaisers und der übrigen Beamten des Reiches, sowie für das prunkhafte Gepränge des Sonnenkultus und zur Erbauung seiner prächtigen, kuppelgewölbten, goldenen und silbernen Paläste. Die Inkas, oder Herren von Peru, waren unumschränkt wie die Beherrscher Asiens, und nicht nur wie Monarchen, sondern auch wie Gottheiten verehrt. Ihr Blut galt als heilig; man ließ nicht zu, daß es sich durch irgend welche Vermischung herabwürdigte, und die Ehen zwischen dem Volke und den Inkas waren, obschon man ihnen eine Menge Konkubinen gestattete, damit sich das Geschlecht der Söhne der Sonne vermehrte, verboten. Ihre Familie zeichnete sich durch Kleidungen und Verzierungen aus, die kein Mensch gebrauchen durfte; niemals zeigte sich der Monarch ohne die Abzeichen des Thrones vor dem Publikum und er empfing von seinen Unterthanen Achtungsbezeugungen, die beinahe an Verehrung kamen. Diese unbegrenzte Macht aber der Herrscher Perus war stets mit einer zärtlichen Bemühung für die Glückseligkeit seines Volkes vereint. Wenn wir den indianischen Texten glauben sollen, trieb nicht die Eroberungssucht die Inkas dazu an, ihr Reich auszudehnen, sondern der Wunsch, die Vortheile der Civilisation und die Kenntniß der Künste unter die barbarischen Völker, welche sie unterwarfen, auszubreiten. In der Aufeinanderfolge von zwölf Reichen war kein Inka von dieser wohlthätigen Denkungsart abgewichen, kein Inka hatte es unterlassen, sein Volk glücklich zu machen. Eine so schöne moralische Aussicht bot Peru dar, als die Spanier an seinen Gestaden landeten, und die Pracht seiner Tempel und Paläste, seiner großartigen Straßen, seiner Brücken, kurz, seiner Denkmäler, deren Ueberreste das siegreiche Volk, das sie in den Staub stieß, noch bewundert, bewiesen die Fortschritte der Peruaner in den Künsten, der Industrie und der Mechanik. Unglückseligerweise aber kannten sie die Schrift nicht, und gerade ihre Gesetzgebung und Geschichte sollte noch alle die verhängnißvollen Folgen der nationalen Ueberlieferungen verspüren, weßwegen, falls wir beim Uebersetzen des Quipos oder der peruanischen Alphabete, die viel unvollkommener als die mexikanischen Hieroglyphen sind, in dieser Geschichte irgend eine Ungenauigkeit begängen, wir mit um so größerem Recht die Güte unserer Leser verdienen. Mit diesen leichten Andeutungen werden wir uns von dem physischen und moralischen Zustande des ungeheuren Reiches, das der verwegene Pizarro sich vornahm, an den Siegeswagen des mächtigen Karl V. zu binden, leicht einen vollständigen Begriff machen und klar ableiten können, wie die Vorurtheile und der Fanatismus der einen und der andern Völker im sechszehnten Jahrhundert die Streitkräfte des großartigen Reiches mit den Streitkräften Pizarros, gefolgt von einer Hand voll Abenteurer, maßen. Die Sanftmuth der Religion des Reiches trug über die Maßen zur Reinheit seiner Sitten und seines Glückes bei. Manco Capac leitete den ganzen frommen Kultus natürlichen Dingen zu. Die Sonne, als die erste Quelle des Lichtes, der Fruchtbarkeit der Erde und der Glückseligkeit ihrer Bewohner, war der erste und hauptsächlichste Gegenstand ihrer Verehrung; und alsdann erlangten der Mond und die Sterne, welche die Sonne in ihrem wohlthätigen Einfluß unterstützten, die Huldigung der Peruaner. So lange der Mensch, die Ordnung und die Herrlichkeit, welche in der Natur wirklich vorhanden sind, betrachtend, eine höhere Macht anbetet, ist der Geist des Aberglaubens mild und lieblich; im Gegentheil aber, hat man, die Welt regierend, Werke der Einbildung und des Schreckens der Menschen unterschoben, dann nimmt der Aberglaube die grausamsten und greulichsten Formen an. Die erste dieser Religionen war diejenige der Peruaner und die zweite die der Mexikaner. Die an das strahlende Gestirn, das durch seine universelle und belebende Kraftfülle das schönste Sinnbild göttlicher Wohlthätigkeit ist, gerichteten gottesdienstlichen Bräuche waren milde und menschlich. Sie boten der Sonne einen Theil der Früchte, welche die Erde durch deren Wärme hervorgebracht hatte, dar, sie opferten zum Beweise ihrer Dankbarkeit einige Thiere, von denen sie aßen und deren Dasein sich durch ihren Einfluß vermehrte. Sie boten ihr ausgewählte und kostbare Werke des Gewerbefleißes aus ihren von deren Licht erleuchteten Händen dar. Niemals bespritzten die Inkas die Altäre mit Menschenblut, niemals bildeten sie sich ein, daß die Sonne, ihr Vater, Gefallen daran finden könnte, so barbarische Opfer zu empfangen. So verdankten die Peruaner, weit entfernt von diesem blutigen Kultus, der die Empfindsamkeit abstumpft und angesichts der Leiden der Menschen die Gefühle des Mitleidens erstickt, selbst dem Geiste ihres Aberglaubens einen sanfteren Nationalcharakter, als den der übrigen Völker Amerikas. Dieser Einfluß der Religion erstreckte sich sogar auf ihre bürgerlichen Einrichtungen. Die Macht der Inkas wurde, obschon die willkürlichste der Gewaltherrschaften, durch den Einfluß der Religion gemildert. Die Seele der Unterthanen fühlte sich bei dem Gedanken an eine einem ihm ähnlichen Wesen gegenüber gezwungene Unterwürfigkeit weder gedemüthigt noch gering geschätzt. Der Gehorsam, den sie ihrem mit göttlichem Ansehen bekleideten Herrscher leisteten, war freiwillig und würdigte sie nicht herab. Ueberzeugt, daß die achtungsvolle Unterwerfung seiner Unterthanen davon herrührte, daß sie ihn für himmlischen Ursprungs hielten, verlor der Monarch die Gründe, die ihn dazu bewegten, das wohlthätige Wesen, das er vorstellte, nachzuahmen nicht aus den Augen und so findet man in der Geschichte Perus kaum eine Revolution gegen den regierenden Fürsten und keiner von den zwölf Inkas war ein Tyrann. In den Kriegen, die sie unter einander führten, benahmen sie sich auf ganz andere Art, als die der andern Nationen Amerikas. Sie kämpften weder wie die Wilden, um zu zerstören und zu vertilgen, noch wie die Mexikaner, um die Gefangenen fortzuschleppen und die Altäre barbarischer Gottheiten mit Blut zu bespritzen. Sie führten Krieg, um die Besiegten zu civilisiren und um Künste und Wissenschaften auszubreiten. Sie setzten die Gefangenen nicht den Beschimpfungen und den Qualen aus, wozu sie bei allen Völkern der neuen Welt bestimmt waren. Die Inkas nahmen die Völker, welche sie unterwarfen, in ihren Schutz und ließen sie an allen Vergünstigungen, deren sich ihre Unterthanen erfreuten, theilnehmen. Dieses, der amerikanischen Wildheit so sehr entgegengesetzte und der Menschlichkeit der gebildetsten Nationen so würdige Verfahren mußte einzig dem Schutzgeiste ihrer Religion zugeschrieben werden. Die Inkas, welche die irgend einem andern Gegenstande als dem auf der Höhe der himmlischen, von ihnen verehrten Macht stehenden gezollten Huldigung als gottlos betrachteten, hielten unter sich das Banner der Bekehrung hoch, sie führten aber die Götzenbilder der besiegten Völker im Triumphe nach dem großen Tempel von Cuzco, wo sie als die Macht der beschützenden Gottheit des Reiches zeigende Trophäen aufgestellt wurden, und das Volk behandelte man mit Milde und unterwies es in der Religion der Eroberer, um den Ruhm zu haben, die Zahl der Sonnenanbeter zu vermehren. Wenn auch diese reinen und altväterischen Gebräuche der Peruaner im sechszehnten Jahrhundert sie innerlich zu einem glücklichen Volke gestalteten, so war ihre materielle Macht doch sehr beschränkt. Da ihre Bedürfnisse mit den Erzeugnissen des Bodens gedeckt waren, wußten sie durchaus nichts vom Handel und ihre Gestade waren allen übrigen Völkern unbekannt, und sie kannten weder die Schifffahrt noch andere Länder, noch andere Menschen, noch andere Sitten, noch andere Götter, noch andere menschliche Sinnesänderungen. Wenn sie auch mit den umliegenden Stämmen Krieg geführt hatten, war ihnen doch die Herstellung und der Gebrauch von Hieb- und Stichwaffen durchaus unbekannt; ihre zahlreichen Heere wußten nichts von Taktik und Strategie der Bewegungen, die Anzahl und die Tapferkeit, nicht die künstlichen Hülfsmittel der europäischen Heere, verhalfen ihnen zum Siege; und die Verwendung von Infanterie, Artillerie und Kavallerie und die Zuflucht der militärischen Bewegungen waren für die Peruaner jenes Jahrhunderts viel höhere Dinge, was sie bei aller Kriegskunst nicht einmal zu fassen vermocht hätten. Die Spanier im Gegentheil waren, in achthundert Jahren der Kämpfe mit den Sarazenen an den Krieg gewohnt, von auf den Schlachtfeldern und in den Schiffbrüchen abgehärtetem Körper, in jenem Jahrhundert der Schrecken ganz Europas. Mit Helm und Panzer ausgerüstet, die sie gegen die schwachen Pfeile und Speere der Peruaner unverwundbar machten, ausschließliche Besitzer in jenen Gegenden, der schrecklichen Wirkung der Entzündung des Pulvers, mit einiger Artillerie versehen, gewandt und taktisch in den militärischen Bewegungen, sandten sie auf zweihundert Schritte den Tod aus ihren Waffen, wobei der Knall der Kanone dem Donner glich, der ihren Feinden den Zorn ihres Gottes anzeigte; kurz, Alles gab denselben in jenen Gegenden eine solche Ueberlegenheit, daß sich jeder Abenteurer ein Gott däuchte, welcher in seinem Zorne das ganze Reich der Inkas fürchterlich bedrohte. Andrerseits haben wir bereits den Einfluß gesehen, den bei der Eroberung Mexikos die Prophezeihungen hatten, welche anzeigten, daß von Osten Kommende dem Reiche große Umwälzungen brächten, und in Peru waren ähnliche Prophezeiungen darüber, daß von Osten Kommende dem Lande neue Gesetze geben würden, vorhanden. So schnell wie Pizarro im Reiche landete, war die Prophezeihung, daß andere Söhne der Sonne den göttlichen Auftrag hätten, dem Lande neue Gesetze zu geben, in Erfüllung gegangen. Der Schrecken, welcher sich in Mexiko Montezumas bemächtigte, erstarrte auch Atahulpa (den Inka von Peru) und sein ganzes Reich, und die moralische Macht, welche diese Prophezeihungen Pizarro verliehen, setzten ihn, wenn er seinen geheiligten Charakter zu wahren wußte, in die vortheilhafteste Lage. Ebenfalls haben wir die religiöse Scheu beobachtet, womit die Peruaner die Familie und das Geschlecht der Inkas betrachteten, weil sie als Abkömmlinge Manco Capacs und Mama Ocollos Söhne der Sonne, Söhne Gottes waren, den sie anbeteten; und da die von Osten Kommenden auch für Söhne der Sonne gehalten wurden, mußten die Peruaner es als eine Entheiligung ansehen, sie anzugreifen und mit Pfeilen zu beschießen, die stets machtlos gegen die eisernen Panzer und Waffen der Spanier sie mehr und mehr in der Voreingenommenheit bestärkten, daß sie als Söhne ihres Gottes unverwundbar waren. Die Eindringlinge im Gegentheil, gewohnt, auf jedem Festlande der neuen Welt kupferfarbene Menschen, bartlos, wie sie waren, und fast wie sie die Natur erschaffen hatte, anzutreffen, welche entsetzt beim Knall der Gewehre flohen, verschmähten beinahe, sie für Menschen anzusehen und hielten sie eher für Thiere, die dazu geboren waren, ihren Ehrgeiz und ihren Hochmuth zu sättigen. Andrerseits rottete, in den blutigen, düstern Deckmantel religiösen Fanatismus eingehüllt, das sechszehnte Jahrhundert mit Feuer und Schwert alle Glaubenslehren, welche von der des Kreuzes abwichen, aus; und wenn in Europa die Gläubigen Muhameds wüthend verfolgt wurden, so tilgte man auf dem amerikanischen Festlande erbarmungslos die Sonnenanbeter und alle andern Gottheiten aus, da die Fanatiker des sechszehnten Jahrhunderts so vor den Augen ihres Gottes, den sie als ebenso barbarisch wie ihr Jahrhundert hinstellten, wohlgefällige Werke zu verrichten glaubten. Die Peruaner glaubten daher, mit unverwundbaren Göttern zu kämpfen. Die Eindringlinge mit verächtlichen Wesen in Menschengestalt, deren Schweiß und Blut Karls V. mächtiger Thron und der auf der Schädelstätte gestorbene Gott beanspruchte. [Illustration] [Illustration] Kapitel 6. Tumbez. Geschickt streute Pizarro die unermeßlichen Reichthümer, welche er der Hauptstadt von Coaque entzog, über Panama und die umliegenden Niederlassungen aus und machte so binnen kurzem, daß man in allen jenen Ländern die vortheilhaftesten Begriffe von den Schätzen Perus hegte; das Gerücht verbreitete sich und tausend Abenteurer strömten, begierig die reiche Beute zu theilen und ihre Habsucht zu sättigen, von allen Seiten herbei. In Tumbez einquartiert, erwartete er, um die Eroberung des Reiches zu unternehmen, die Ankunft seiner Gefährten und machte sich inzwischen mit den Gebräuchen der Peruaner bekannt, lernte ihre Sprache und bereitete sich auf den Triumph vor. Die Peruaner konnten sich von der Absicht, in der die Spanier ihr Land besetzten, keinen genauen Begriff machen und sie ergingen sich in tausend Vermuthungen. Sollten sie diese Fremdlinge für übernatürliche Wesen ansehen, die gekommen waren, ihre Vergehen zu bestrafen und an ihrem Glücke zu arbeiten, oder wohl als Feinde ihrer Ruhe und ihrer Freiheit? Die Betheuerungen, womit sie die von Osten Gekommenen überhäuften, daß sie jenes Land besetzt hatten, um sie zur Erkenntniß der Wahrheit zu führen, gaben der ersten Meinung einige Wahrscheinlichkeit; in Erwartung ihrer Gewaltthätigkeit, ihrer Habgier und ihres Betragens aber konnten sie nicht umhin, vor solchen Fremdlingen bange zu sein. Unter keinen Umständen ist die Seelenruhe mit dem Aberglauben und den Vorurtheilen vereinbar. Die Peruaner hielten die Sonne, ihren Gott und Vater, für beleidigt, die Spanier für ihre Rächer und sie mußten bestürzt sein. Sobald als Pizarro sein Quartier in Tumbez aufgeschlagen hatte, sandte er an Luque und Almagro ausführliche Berichte hinsichtlich der Hoffnungen, welche die Goldländer, die er besetzte, versprachen. Voll Ehrgeiz und Fanatismus, schickten sich, bald um die großen Auslagen der Expedition zu erstatten, bald um ihre religiöse Lehre auszubreiten und um ihre Namen zu verewigen, diese beiden Seelen an, in Gefahr zu fliegen. Von dem Statthalter der Kolonie unabhängig, gingen sie gemäß den von Pizarro am Hofe von Madrid erlangten Vergünstigungen in aller Freiheit vor und waren in ihren Unternehmungen rasch und tüchtig. Die Schätze, welche die Abenteurer Mexikos nach Hause brachten, die neuen Nachrichten von den Reichthümern der peruanischen Küste und die auf den berühmten Namen Pizarros gestützten wirksamen Versprechungen Almagros und Luques, Alles, Alles half dazu, daß andere Abenteurer, begierig, auf den Raub auszugehen, nach Panama strömten. In wenigen Tagen konnten sie dreihundert Mann zusammen bringen, die sich in aller Eile einschifften, um nach Tumbez zu marschiren. Auf zwei leichten Fahrzeugen segelten sie nach San Mateo ab, wo Pizarro eine kleine Abtheilung gelassen hatte. Obschon Almagro bereits in jenen Gewässern kundig war, machten sie, tausend Gefahren trotzend, die Ueberfahrt in siebenzehn Tagen, während derer die Führer alle Mittel in Bewegung setzten, in ihren Soldaten den Anreiz, der sie verzehrte, zu beleben, und der Kapitän sie mit dem Tode vertraut machte, und der Verweser ihnen im Namen Gottes ewigen Ruhm versprach, wenn sie bei der Zerstörung der Götzenbilder der unschuldigen Sonnenanbeter umkommen sollten. Sie landeten endlich in San Mateo, umarmten zärtlich ihre Gefährten und folgten ihrem Wege nach Tumbez. Hier erwartete sie Pizarro mit Ungeduld, da er, obgleich besonnen, sich bei dem Durchmarsch von Coaque dadurch in übeln Ruf gebracht hatte, daß er die wehrlosen Indianer angriff und tausend Gewaltthätigkeiten verübte; der Schrecken aber, den die von Osten Gekommenen als Söhne der Sonne den unschuldigen Bewohnern der neuen Welt eingeflößt hatten, hielt alle Gemüther in Erwartung, und es war noch nicht zum Bruche gekommen. Atahulpa, der Herrscher von Peru, stand mit einem prächtigen, vortrefflichen Heere in Cajamalca, einer zwölf Tagereisen von Tumbez entfernten Stadt, aber die religiöse Furcht und die Betheuerungen Pizarros machten, daß er sie wie höhere, von seinem Gott gesandte Wesen ansah, um die Verbrechen des Bürgerkrieges, der in dem Reiche entbrannt war, zu bestrafen, und weit entfernt, zum Angriff überzugehen, trug er seinen Unterthanen auf, sie als Gesandte der Sonne zu behandeln. Ein einziger Augenblick jedoch konnte die Peruaner dieser traurigen Befangenheit entreißen und ihre Angreifer konnten sich vernichtet sehen. Immerhin waren sie in bedenklichen Umständen und Pizarro und seine Gefährten gaben bereits dem mächtigen Triebe ihrer Habgier und ihres gewaltthätigen Charakters nach und nur die Schätze und die Götzenbilder Perus vermochten ihre Sehnsucht zu stillen. In diesem Augenblicke langten Almagro und Luque in Tumbez an, und ihre erlittenen Drangsale und Gefahren vergessend, gaben sie sich, da sie den Augenblick, ihre Wünsche zu vollbringen, nahe sahen, den lebhaftesten Fröhlichkeitsergüssen hin. Pizarro hatte zweihundert Soldaten behalten, die mit den dreihundertundneun als Verstärkung Angekommenen das Heer der Eindringlinge ausmachten, welches ein ungeheures Reich beherrschen sollte. Unter dieser geringen Anzahl von Kämpfern zählten sie sechsundsechszig Pferde und drei Stücke Artillerie kleineren Kalibers; alle mit Feuerwaffen und verwegen, todesmuthig, fanatisch und ehrgeizig. Es würde scheinen, daß man sich mit einer so schwachen Abtheilung vergebens unterfinge, ein in Civilisation fortgeschrittenes und sehr bevölkertes Land von ungeheurer Bodenfläche zu plündern und zu zerstören, wenn wir uns nicht auf die betreffenden, bereits angezeigten moralischen Heereskräfte verließen. Atahulpa hatte in Cajamalca sechszigtausend Streiter, welche tapfer und kriegerisch, aber ohne Mannszucht und ohne Kenntnisse in der Kriegsführung, und ohne andere Waffen waren, als einfache Bogen und Pfeile von geringer Festigkeit, die umsonst gegen die Rüstungen und Panzer der Spanier, die sie unverwundbar machten, anzukommen suchten; indem das einfache Leinen, womit sich die Peruaner bekleideten, die schneidende Schärfe der europäischen Waffen nur abstumpfte. Obschon die Peruaner ihre Wohnsitze und ihre Freiheit vertheidigten, fühlten sie doch den ganzen Muth vaterländischer Begeisterung, und die Habsucht und der Fanatismus, welche in den Herzen der Europäer brannten, trieb dieselben ebenso unerschrocken in den Tod. Der Ruhm als Sieger Mexiko’s flößte den einen die Gewißheit der Siege ein, indeß die andern, von einer religiösen Furcht beherrscht, es für eine Gotteslästerung hielten, ihre Pfeile auf ihre Gäste zu richten, und wie wenn ein vom Himmel entfesselter Blitz über ihren Häuptern niedergefahren wäre, warfen sie sich, als sie den todbringenden Knall der Kanone vernahmen, bei dem dumpfen Donner, der ihnen den Zorn Gottes, des Lichtes, verkündete, zitternd auf die Kniee nieder. So ungeheuer der Unterschied der numerischen Stärke der Heere war, so ungeheuer war auch der Unterschied der moralischen Stärke und der Sieg zweifelhaft. Die Einen wie die Andern rechneten auf kriegerische, tapfere Anführer und die einen wie die andern Helden trachteten nach dem Siege und nach der Unsterblichkeit. Ruhig und tapfer, wußte Atahulpa den Gefahren zu trotzen; muthig und verwegen stürzte sich Pizarro in den Tod. Almagro empfand in Mitten seiner Kraftfülle den Zauber der Unsterblichkeit. Huascar, voll jugendlichen Feuers, auf den Schlachtfeldern erzogen, hatte den ganzen edlen Stolz eines Kriegers. Luque, das Cruzifix in der Linken und die Fackel in der Rechten, riß mit seiner Beredsamkeit die fanatische Menge mit sich fort und die peruanischen Priester wußten, den Weihrauch auf ihren Altären verbrennend, den religiösen Eifer ihrer Proselyten zu rühren. Das waren die Anführer und die Heeresmächte der kriegerischen Parteien. Als die Genossen bereits über den Feldzugsplan nachdachten, kam in Tumbez eine prunkvolle Abordnung Atahulpas an, um die von Osten Gekommenen zu begrüßen und sie zu bitten, jene Gebiete zu verlassen und wieder in ihre Heimath zurückzukehren. Der Kaiser konnte den Schrecken, den sie beim Betreten seiner Besitzungen einflößten, nicht verhehlen. An der Spitze der Abordnung war der Prinz Huascar, ein Jüngling aus der Familie der Inkas, der im Namen Atahulpas die Spanier als seine Verwandten, als Söhne der Sonne, anerkannte und ihnen seitens des Kaisers Früchte, Korn, silberne und goldene Gefäße und tausend smaragdne Kostbarkeiten überbrachte. So den Spaniern ihre Aufwartung erzeigend, wollten sie die Sonne, welche sie mit Peru erzürnt vermutheten, versöhnen; alle Völker überhäuften sie um die Wette mit Geschenken, liehen denselben ihre Dienste und trieben ihre Achtung bis zur Verehrung. Umsonst bat Huascar im Namen seines Kaisers Pizarro um befriedigende Erklärungen wegen seines Verbleibens in Tumbez und wegen seines feindseligen Betragens; er konnte nur als Antwort darauf erlangen, daß er seitens seines Gebieters, des großen Königs im Osten, dem Kaiser mündliche Mittheilungen zu machen hätte, und da er die ganze Macht seiner vortheilhaften Lage kannte, sprach Pizarro sanften aber prophetischen und erhabenen Tones mit Huascar. Noch ehe er weg ging, befahl er, seine Abtheilung zu versammeln, und lud den kriegerischen Peruaner ein, das Martialische der Vasallen des Königs im Osten zu sehen. Wirklich, als die Spanier anfingen, ihre Schwenkungen zu machen, schaute der tapfere Huascar mit Erstaunen die Pracht der Waffen, die Schnelligkeit der Pferde und die Einheit und Gleichförmigkeit der Bewegungen der Massen; beim Knattern der Gewehre aber und bei dem Donner der Kanone bemächtigte sich ein Schrecken seiner Blicke und in stumpfsinniger Ehrfurcht verabschiedete er sich von Pizarro und marschirte, in düstere Vorahnungen versunken, seinem Hofe zu. Pizarro beschränkte sich nicht blos darauf, ihm zu sagen, er habe dem Kaiser mündliche Mittheilungen zu machen, er hatte hinzugefügt, daß er dringend auf dessen Erlaubniß wartete, um nach Cajamalca zu ziehen und mit ihm zu sprechen, und daß er andernfalls den Weisungen gemäß, die er von seinem Herrn, dem König im Osten, empfangen hatte, handeln würde. Zu gleicher Zeit, als er angesichts Huascars seine Soldaten schwenken ließ, wollte er ihn mit seiner Artillerie erschrecken, damit man ihn für den Herrn der Blitze hielte, und er erreichte seinen Zweck. Als Huascar bei Hofe angekommen war, legte er Atahulpa den festen Vorsatz Pizarros, nach Cajamalca zu gehen, um mit ihm zu sprechen, dar, schilderte ihm mit Furcht und Zagen den Anblick und die Waffen der Spanier, und gab ihm durch das dumpfe Getöse des zwischen den hohen Klippen der Anden dahinrollenden Donners einen Begriff von dem Knall der Kanone. Huascar, der tapferste Krieger Perus, war der Feigheit nicht verdächtig und er machte Atahulpa schaudern. Der Kaiser versammelte die Klügsten und Aeltesten, um über den Ausbruch des Krieges oder die Duldung der von Osten Gekommenen zu berathschlagen; der Schrecken aber, der in ganz Peru allgemein war, und die freundschaftlichen Anerbietungen Pizarros ließen sie das Auskunftsmittel annehmen, einen neuen Boten nach Tumbez zu senden, daß die von Osten Gekommenen vor die Mauern Cajamalcas kämen. Wirklich ging eine neue Abordnung, Pizarro den Bescheid zu überbringen und das Reich erwartete mit der größten Angst den Ausgang eines so verworrenen Dramas. Die drei Genossen erkannten alsbald das Ehrwürdige, daß die Vorurtheile ihren Namen gemacht hatten, und sie zweifelten keinen Augenblick daran, ihren Marsch zu unternehmen. Kaum durchbrach eines Morgens im Oktober 1532 die Morgenröthe das Dunkel der Nacht, als, nachdem sich die Spanier vereinigt hatten, Luque mit dem ganzen religiösen Gepränge das Opfer der Messe feierte und die spanische Division ihren Marsch unternahm. Dem peruanischen Heere wäre es vielleicht ein Leichtes gewesen, die günstigen Stellungen, welche ihnen der Weg darbot, zu besetzen, die Spanier zu überraschen und in die Flucht zu schlagen, aber die Schlauheit Pizarros, die ihm die Freundschaft des Inkas gewann oder ihn mit Schrecken erfüllte, sicherte ihnen einen so schwierigen Durchzug. Die einsamen Ebenen zwischen Tumbez und Motupe erstrecken sich, ohne weder Wasser noch einen Baum, noch eine Pflanze, noch irgend welches Grün auf dieser entsetzlichen Strecke versengten Bodens anzutreffen, achthundert Meilen weit, die unglücklichen Peruaner aber, welche der Division als Lastthiere dienten, verschafften ihnen in dieser grauenhaften Einöde alles Nöthige. Von Motupe aus wandten sie sich den Gebirgen zu, die den untern Theil Perus umgeben, und kamen durch einen so schmalen und unzugänglichen Engpaß, daß eine geringe Anzahl von Soldaten ihn gegen ein mächtiges Heer hätte vertheidigen können: Aber durch die unvorsichtige Leichtgläubigkeit stellte sich den Auszüglern nicht das geringste Hinderniß entgegen, und ruhig nahmen sie Besitz von einer Festung, die diesen wichtigen Uebergang vertheidigte. Endlich langten sie vor Cajamalca an, wo auf einer ausgedehnten Ebene grobe Lagerzelte mit genügenden Vorräthen an Lebensmitteln zubereitet worden waren, in denen sie sich sehr bequem dem Schlafe und der Ruhe hingeben konnten. Bei ihrer Ankunft ließ Atahulpa sie ihre Freundschaftsschwüre erneuern und schickte ihnen noch reichere und auserlesenere Geschenke als zuvor und Pizarro, welcher die Denkungsart und die Großmüthigkeit der unschuldigen Bewohner der neuen Welt bereits kannte, überließ sich, in Erwartung des neuen Tages, wo er seinen Plan der Zerstörung und der Eroberung in’s Werk setzen konnte, dem Schlafe und der Ruhe. Die Peruaner kamen ihrem Schwure nach, weil sie es mit Göttern zu thun zu haben glaubten; die von Osten Gekommenen hielten sich nicht zu dieser religiösen Auffassung verpflichtet, weil sie Götzendienern schwuren, die im sechszehnten Jahrhundert verfluchte und verabscheuungswürdige Ungeheuer waren. [Illustration] [Illustration] Kapitel 7. Huldigung. Das Reich schwankte zwischen Vertrauen, Furcht und Zweifel; alle Peruaner wollten die neuen Söhne der Sonne, die von Osten gekommen, sehen und bewundern; aber ein unerklärlicher Schrecken hielt sie ebenfalls in den Mauern von Cajamalca zurück, und sie wagten nicht, sich dem Lager ihrer Gastfreunde zu nähern. Schon hatte die Nacht ihren schwarzen Schleier ausgebreitet, als die Eindringlinge ihre Zelte bezogen, und die Bewohner jener bevölkerten Stadt konnten die Sehnsucht nicht stillen, die Männer, welche nach ihrer Annahme den Göttern gleich kamen, weder zu sehen, noch zu unterscheiden. Doch der neue Tag fing an, den Horizont zu erhellen, und die Zinnen und die Anhöhen der Stadt erschienen von einem ungeheuren Volke überdeckt, das seine Blicke erstaunt auf das Lager der von Osten Gekommenen heftete. Es wäre Pizarro ein Leichtes gewesen, von dem Inka den Eintritt in die Stadt zu erlangen und sich seines Palastes zu bemächtigen, es schien ihm aber klüger, kein solches Opfer zu fordern, da er wegen der Vortheile, die ihm seine Kavallerie und Artillerie gab, vorziehen mußte, sich auf freiem Felde zu schlagen, als sich mit einem Volke einzulassen, das er nicht kannte, wo er nicht mit so großer Unbefangenheit handeln konnte. Um seine geheimen Pläne vorwärts zu bringen, schickte er an jenem selben Morgen Almagro mit einem glänzenden Gefolge ab, damit sie den Inka beglückwünschen, ihn von Neuem ihrer friedlichen Anordnungen versichern, und um mit ihm den Zweck, der die Söhne der Sonne in sein Land brachte, ausführlicher zu besprechen, ihn um eine Zusammenkunft bitten sollten. Seine Abordnung wurde mit allen den Aufmerksamkeiten der Gastfreundschaft empfangen, welche die Peruaner den besten Freunden erweisen konnten. Atahulpa umarmte Almagro, empfing ihn mit den zärtlichsten Ausdrücken und ließ ihn bei Tafel von Prinzen seines Geblütes bedienen, verhehlte aber das Verlangen nicht, welches er hatte, daß die Spanier sein Land verlassen möchten, und um das Alles zu ordnen, versprach er ihm, Pizarro am folgenden Morgen besuchen zu wollen. Die anständige Tafel des Monarchen, die Ordnung, welche an seinem ganzen Hofe herrschte, die Achtung, mit der sie mit ihm sprachen und dessen Befehle entgegennahmen, wunderte die Spanier, welche noch nichts als schwache Caziken herumziehender Stämme gesehen hatten. Noch mehr aber hefteten sie ihre Aufmerksamkeit auf die ungeheuren Reichthümer, welche so verschwenderisch den Palast schmückten, den kostbaren Zierrath des Inkas und seines ganzen Hofes, die Gefäße und goldenen und silbernen Tafelgeschirre, die Menge aller Art Geräthschaften aus kostbaren Metallen, Alles war für die Boten ein Anblick, der jede Idee, welche sich ein Europäer aus dem sechszehnten Jahrhundert von der Ueppigkeit machen konnte, bei Weitem übertraf. Inzwischen vermochte Almagro, obwohl auf den Schlachtfeldern aufgewachsen und unter Blut und Greuel großgezogen, die durchdringenden Reize der schönen Coya, einer ebenso verführerischen wie kriegerischen Prinzessin aus dem Geschlechte der Inkas, nicht unempfindlich zu sehen. Angethan mit einem kurzen, luftigen Unterkleide von weißem Leinen, mit quer umgehängtem Köcher, und in der Linken den Bogen, stand sie an der Spitze der peruanischen Krieger, welche hinausgezogen waren, um die Abgesandten aus dem spanischen Lager zu empfangen. Weiß, wie die Gipfel der schneeigen Anden, frisch wie eine Nelke im Monat Mai, schlank und niedlich wie ein flüchtiges Reh, im achtzehnten Frühling ihres Alters, wogte ihr welliges Haar in der Gewalt der leichten Winde, ihre Blicke durchdrangen die eisernen Waffenrüstungen, kein Mensch widerstand ihrem Zauber und Alle fielen als Sklaven ihrer Liebe nieder. Noch jung und von Natur aus hübsch, fühlte Almagro die ganze Macht der Schönheit Coyas und im Innersten seines Herzens brannte die Liebe mit unauslöschlichem Feuer. Endlich ging die Botschaft aus Cajamalca heraus und kehrte in das Lager Pizarros zurück. Mit von dem Anblick, dessen Zeugen sie gewesen waren, noch entflammter Einbildungskraft machten die Botschafter ihren Gefährten von dem, was sie gesehen hatten, eine so verführerische Beschreibung, daß Pizarro in dem Vorsatz, worüber er bereits nachgedacht hatte, bestärkt wurde. Durch das, was er an den Sitten der neuen Welt beobachtete, wußte er, wie vortheilhaft es für ihn wäre, sich der Person des Inkas zu bemächtigen, und er entwarf einen Plan, der ebenso große Kühnheit als Geistesgegenwart erforderte. Mit Umgehung des ernsten Charakters, den er annahm, wenn er sich als Gesandten eines großen Machthabers anzeigte, der mit dem Inka ein Bündniß einzugehen wünschte, mit Umgehung der wiederholten Freundschaftsbetheuerungen, die er an ihn verschwendet und der Anerbietungen, die er ihm gemacht hatte, beschloß er, sich der leichtgläubigen Einfalt, womit Atahulpa seinen Betheuerungen vertraute, zu bedienen und sich bei der Zusammenkunft, zu der er ihn eingeladen hatte, der Person dieses Fürsten zu bemächtigen. Am Morgen des 16. November 1522, als der Inka ihn besuchen sollte, bereitete er die Ausführung seines Planes mit so großer Kaltblütigkeit und so geringem Bedenken vor, wie wenn nicht andern Tags seine Entehrung und der Schandfleck der Waffen seines Vaterlandes sein könnte. Er theilte seine Kavallerie in zwei von Soto und Benalcazar, verwegenen Offizieren, befehligte Flügel, welche die Flanken seiner zum Kampfe entfalteten Infanterie bedeckten; in der Mitte behielt er zwanzig seiner unerschrockensten Gefährten, die ihm bei dem gefährlichen Unternehmen, das er sich vorbehielt, halfen, seine Artillerie brachte er gegenüber dem Wege, durch den der Inka kommen mußte, unter und gab der Division Befehl, nicht anzugreifen, bis daß seine Stimme das Zeichen zum Ausbruch gäbe. Bedauern wir den Fanatismus und die Rohheit des sechszehnten Jahrhunderts, um ein so großes Verbrechen zuzudecken!... In aller Frühe fingen peruanische Regimenter an, aus der Stadt zu ziehen und sich auf dem Felde aufzustellen, und das ganze Volk war in der größten Aufregung, weil Atahulpa Pizarro in aller Pracht besuchen wollte. Obschon die Vorbereitungen sehr frühzeitig begannen, war die Feierlichkeit und das Gepränge so groß, daß der Morgen bereits zu Ende ging und der Inka nicht in das Lager seines Gastfreundes kam. Ungeduldig, befürchteten die Eindringlinge bereits irgend ein Mißtrauen seitens des Kaisers, das ihre Pläne vereitelte, als der unschuldige Inka, von fünfhundert auf das Prächtigste ausgerüsteten Adeligen umgeben, die beim Tone einfacher Militärmusiken einherzogen, mit der ganzen Majestät unschuldigen Stolzes erschien. Atahulpa, der auf einem goldenen, mit prächtigen, vielfarbigen Federn verzierten und mit Edelsteinen beladenen Throne saß, wurde im Mittelpunkte des Hofes auf den Schultern der edelsten Höflinge getragen und hinterher folgten ihm desgleichen seine ersten Beamten. Ganze Truppen von Tänzern und Musikbanden gingen einem so feierlichen Aufzuge voran und belebten ihn und die mit mehr als dreißigtausend Soldaten bedeckte Flur bot das Bild des mächtigen Reiches dar. Der Tag war ruhig und heiter und die strahlende Sonne stand hoch am Himmel. Ein lieblicher Wind bewegte sanft die farbigen Federn und die weißen und faltigen Gewänder des prunkhaften Hofes, und in den Strahlen der reinen Sonne Perus erglänzten die goldenen Tragbahren und die todbringenden Waffen der Eindringlinge. Als Atahulpa sich dem Lager Pizarros näherte, ertönten lärmend die dumpfen Trommeln und die schmetternden Trompeten und die spanische, mit dem prächtigen rothen Kreuz verzierte Fahne entfaltete sich im Winde. Wenn die Peruaner überrascht den Achtung gebietenden Anblick der von Osten Gekommenen, ihre mit langen Bärten bedeckten Gesichter und die Pracht und die Herstellung ihrer grimmigen Waffen betrachteten, sahen Pizarro und seine Gefährten nicht weniger mit Erstaunen den Glanz und die Pracht des peruanischen Hofes und die anscheinende Mannszucht ihrer unzähligen Soldaten. Der goldene Thron jedoch und die ungeheuren Reichthümer, welche ihnen ein Sieg anbot, erregten zu sehr deren Einbildung, als daß sie die Gefahren der Entzweiung berechneten. Inzwischen langte Atahulpa, indem er fortwährend zu seinen ersten Beamten sagte: »Es sind vom Himmel Gesandte, hütet euch wohl, sie zu beleidigen,« im Lager seiner Feinde an. Kaum hatte er den Lagerplatz betreten, als Luque, das Cruzifix in der Linken und sein Brevier in der Rechten, auf den Inka zulief und dem Monarchen in einer langen Rede und den dunkeln Glaubensansichten des sechszehnten Jahrhunderts nach die Lehre von der Schöpfung, den Sündenfall des ersten Menschen, die Menschwerdung Jesu Christis, die Erwählung, welche Gott an dem heiligen Petrus vollzog, damit er sein großer Stellvertreter auf Erden werde, die auf die Päpste übertragene Macht des heiligen Petrus und die vom Papste Alexander, dem König von Castilien gemachte Schenkung aller Ländereien der neuen Welt darlegte. Nachdem er diese ganze Lehre auseinandergesetzt hatte, lud er Atahulpa ein, die christliche Religion zu umarmen, die Machtvollkommenheit des Papstes anzuerkennen, sich dem König von Castilien als seinem rechtmäßigen Oberherrn tributpflichtig zu erklären, und wenn er also thäte, er zu regieren fortfahren und der König, sein Gebieter, Peru unter seinen Schutz nehmen würde; er ihm aber, wenn er zu gehorchen sich weigerte und auf seiner Gottlosigkeit bestünde, unter Androhung der fürchterlichsten Rache den Krieg erklärte. Atahulpa verstand wenig von dieser sonderbaren Rede, da sie unbegreifliche Mysterien und unbekannte Thatsachen enthielt, wozu die ganze menschliche Beredsamkeit nicht ausreichte, einem Peruaner in so kurzer Zeit deutliche Begriffe beizubringen. Auf die allereinfachsten Dinge jedoch, die er verstanden hatte, antwortete er mit höchster Mäßigung, daß er mit dem größten Vergnügen ein Freund des Königs von Spanien, aber niemals sein Tributpflichtiger wäre, daß der Papst auch gar zu unverschämt sein mußte, um so freigebig das zu verschenken, was ihm nicht gehörte; daß er seine Religion niemals verließe und daß, wenn die Christen ihren auf der Schädelstätte am Kreuz gestorbenen Gott anbeteten, er die erhabene Sonne verehrte, die niemals stürbe; und schließlich frug er den Verweser, wo er das, was er ihm von Gott und der Schöpfung gesagt hatte, gelernt habe. In diesem Buche, antwortete Luque, ihm das Brevier darreichend, bereits entflammt. Atahulpa nahm das Buch mit Verwunderung, besah es von allen Seiten, hielt es an sein Ohr und bestätigte dem Redner: »Das, welches ihr mir da gebt, spricht nicht, sagt nichts,« und er warf es verächtlich weg. Da wandte sich Luque, wüthend, an seine Gefährten, indem er schrie: Rache, ihr Christen; das Wort Gottes ist entweiht worden, rächt diese Schmach, verzehrt diese Ungläubigen. Pizarro, der kaum die Ungeduld seiner Soldaten zügeln konnte, um sich über die Reichthümer herzustürzen, die ihnen in die Augen stachen, gab das Zeichen zum Angriff und die Trommeln und Trompeten spielten zum Einhauen. Die Infanterie und Artillerie gab eine geschlossene Salve ab, die Kavallerie griff mit dem Säbel in der Hand an und Pizarro mit den zwanzig Auserwählten warf sich kurz entschlossen auf den Inka. Voller Schrecken ergriffen die Indianer verzagt die Flucht, so unerklärlich waren ihnen die Pferde, welche sie niederrannten, sowie das Getöse der Infanterie und Artillerie, die sie zerfleischte und wie ein unsichtbarer Strahl versengte, und die Eindringlinge richteten auf der ganzen ausgedehnten Flur eine Niederlage und ein wahres Blutbad an. Vergebens umgaben, mit ihren wehrlosen Brüsten eine Mauer für ihn bildend, den Inka seine Edeln. Sie fielen alle unter der Wucht der Klinge Pizarros, welcher den Monarchen an den Haaren schleppte und ihn gefangen nahm, und die Kavallerie fuhr bis zur Tagesneige mit dem Gemetzel fort. Eine Menge Prinzen von dem Geschlechte der Inkas, die Minister, die Blüthe des Adels, Alles, was den Hof Atahulpas ausmachte, und viertausend Soldaten und Frauen, Kinder und Greise, welche hinausgegangen waren, um die prächtige Feier zu sehen, fielen unter der Wucht der Waffen auf dem Schlachtfelde von Cajamalca; es war nichts als Tod, Trostlosigkeit und Entsetzen. Die Nacht breitete ihren traurigen Schleier aus und das von Blut geröthete, leichenbedeckte Feld bot für das jungfräuliche Amerika den entsetzlichsten Auftritt dar. Einige der Angreifer drangen noch in die Stadt hinein, aber vereinzelt und zerstreut, mußten sie wieder zu ihren Zelten zurückkehren, wo in Ketten gebunden der Unglücklichste aller Sterblichen, jener Herrscher seufzte, der, von einem prunkvollen Hofe umgeben, von den ersten Adeligen des Staates auf den Achseln getragen, einen Augenblick vorher ein Bild der Götter schien. Eine schreckliche, nur von dem Wehklagen der Verwundeten unterbrochene Stille herrschte auf dem Felde der Niederlage, bis daß, nachdem sich die Eindringlinge wieder in ihre Zelte zurückgezogen hatten, der von den tiefen Seufzern der Sterbenden untermischte Siegestaumel die Umkreise zu betäuben begann. [Illustration] [Illustration] Kapitel 8. Fromme Bräuche. Die wenigen Adeligen und Höflinge, welche sich vor dem Gemetzel retteten, und das ganze Heer der Peruaner schlossen sich, als schon die Nacht ihren schwarzen Schleier ausgebreitet hatte, in den schwachen Mauern Cajamalcas ein. Da beweinte der Vater den Sohn, der Gatte die Gattin, die Jungfrau ihren Angebeteten, das Volk seinen Herrscher, und traurige und tiefe Seufzer ertönten in Mitten des frommen Schreckens, der die neue Welt beschäftigte. Die Seufzer der Stadt vermischten sich mit dem Wehklagen der Verwundeten, die ihr Leben auf dem Felde der Niederlage aushauchten, und als der trübselige Mond aufging, erfüllte er die unschuldigen Sonnenanbeter mit Entsetzen. Weder das Rachegeschrei, noch die verzweifelten Verwünschungen trösteten die Betrübten in ihren reichlichen Thränen; sie hielten jene Ausrottung für ein Werk des Himmels, sie hielten die Europäer für Söhne Gottes, des Lichtes, und wenn sich ihre Seufzer dem Innersten der Seele entrangen, hefteten sie ihre Blicke nur auf die Erde und wagten nicht, dieselben zum grauen Himmelszelt zu erheben. Das Volk, der Adel, die Inkas, die Priester und die unzähligen, auf den Plätzen und in den Straßen vermengten Krieger waren wie in einer tiefen Betäubung versteinert und kein Mensch unterbrach jene fromme Scheu. Schon neigte der verschwiegene Mond sein fahles Angesicht der Erde zu und der erste Schimmer des Morgensterns fing an, den Horizont zu erhellen, als Vericochas, der älteste Priester des Reiches, sich, ohne sein Schluchzen zu unterdrücken, an das Volk wandte und mit gebrochener Stimme anhub: »Peruaner, der erhabene Gott des Tages,« rief er in Thränen gebadet aus, »durchbricht das Dunkel der Nacht und taucht die Gebirge in Purpurroth. Vielleicht erzürnt, sein Antlitz von lebendigem Lichte geröthet, fährt der grollende Donner und der zuckende Blitz vor ihm her und die Himmel entbrennen. Beugen wir uns demüthig vor seiner Macht, lobpreisen wir seine Allmacht und flehen wir ihn um Erbarmen an. Eilen wir in den allerheiligsten Tempel, bringen wir ihm unschuldige Opfer dar und besänftigen wir seinen Zorn.« So sprach er und ruhigen Schrittes ging er auf den Tempel zu; die Priester umringten ihn und das Volk und die Krieger folgten ihm nach. Der Tempel von Cajamalca, geräumig und weit, faßte eine ungeheure Menge. Mit prächtigen Federn verziert, mit Gold und Silber ausgeschlagen und einem Fußboden von kostbarem Marmor, trug er den ganzen Reichthum Perus, die ganze fromme Verehrung der Peruaner zur Schau. Ein einfacher, aber geschmackvoller Altar stand im Hintergrunde jenes majestätischen Raumes; ein in Mitten des Altars aufgestelltes Sinnbild der Sonne war die Gottheit, vor der sich Herrscher, Volk und Priester niederwarfen, und zu dessen Seiten standen, einfach bekleidet, die Büsten der Inkas und der Bürger, die es ihrer ausgezeichneten Tugenden wegen bis zur Nachahmung der wohlthätigen Gottheit gebracht hatten. Kaum barg der Tempel die Menge, als harmonische Laute das Gepränge der religiösen Ceremonie verkündeten und zahlreiche Chöre den neuen Tag begrüßten. Hymne an die Sonne. 1. Chor. Oh Vater des Tages! Oh Gott des Lichtes! Nach Osten erhebe den Strahlenkranz; Erleuchte die in Finsterniß seufzende Erde, Erhabene Gottheit, gieße aus deinen Glanz. 2. Chor. Am rauschenden Strome des göttlichen Feuers Entstehet die Liebe und die Schatten entflieh’n; Und die Welt belebt sich, es wachsen die Blumen Und es kleidet der Wald sich in herrliches Grün. 1. Chor. Oh Sonne! die du hoch am Himmel thronest Und Alles erfüllest mit deinem Schein, Du weißt, das deine Söhne das Feuer verehren, Ruhig, ohne Verbrechen und rein. 2. Chor. Es segnet der Gerechte dein leuchtendes Antlitz, Und stumm im Finstern siehet die Welt; Den elenden Bösewicht, der die Schatten suchend, Lichtscheu, sich dem Verbrechen gesellt. 1. Chor. Fackel, die du ewig am Himmel erglühest, Ruhe spendest der Welt und Glück, Heiter leuchtend, dein Volk zu trösten, Ziehe dich nicht hinter Wolken zurück. 2. Chor. Wenn trübe deinen Zorn du der Erde verkündest, Brauset die See in tiefer Wuth, Wenn heiter du glänzest, verbreitest du Stille Und Meer und Wald athmen Liebesgluth. Die Hymne an die Sonne ertönte durch die weiten Rundbogengewölbe, indeß das leuchtende Gestirn bereits ruhig und heiter am Horizonte glänzte. Gefolgt von vier Priestern, schritt Vericochas auf den Altar der wohlthätigen Gottheit zu und brachte mit prunkvollen und einfachen Bräuchen seinem Gotte in goldenen Gefäßen schöne Früchte als unschuldiges Opfer dar und das Volk fiel auf die Kniee nieder und es herrschte die tiefste, feierlichste Stille. Der Priester hob nachher seine schwermüthigen Augen auf und in friedlichem Widerscheine erglänzte die Sonne an den Rundbogengewölben. »Oh! ewiger Gott,« rief er begeisterten Tones aus, »dein strahlendes Licht erfülle deine unschuldigen Söhne mit Hoffnung; versage ihnen nicht, von nebligen Dünsten bedeckt, deinen göttlichen Einfluß, noch verkündige ihnen deinen Zorn.« Wenn in der Religion der Peruaner sich die Sonne in ihrem ersten Dämmerschein bewölkt darbot, so war der Gott erzürnt und kündete seinen Zorn an; erschien sie, wiewohl nachher hell und klar erglänzend, drei Tage lang undurchsichtig, so zeigte er seine Rache an und das Reich erbebte. Bot sie sich im Gegentheil heiter und glänzend dar, war Alles Lust und Freude, weil die Gottheit sich zufrieden zeigte. Als die Peruaner die Sonne glänzen sahen, lächelte ihre Hoffnung, da sie den Zorn ihres erzürnten Gottes nicht befürchteten. Die grauenhafte Niederlage ihres Hofes jedoch, die Gefangennahme ihres Monarchen, dessen Loos sie nicht kannten, der Gedanke, daß die Eindringlinge übernatürliche Wesen waren, ein Eindruck, den die Kavallerie und die Artillerie ihnen verursacht hatte, Alles stürzte sie in eine unergründliche Verwirrung und in die schwermüthigsten Betrachtungen. Betäubt, entzückt vor dem Altare knieend, verharrte Vericochas lange Zeit hindurch in einer tiefen Entzückung, als er endlich mit hohlem Echo, das dem Innersten seiner Seele entdrungen schien, ausrief: »Nein, Peruaner, das Verbrechen und die Gottheit sind unbegreiflich. Diese von Osten Gekommenen sind weder von dem Geschlechte der Inkas, noch können sie Söhne des immerwährenden Gestirnes sein.« Das Volk horchte erstaunt auf und der Priester fuhr mit begeisterter Beredsamkeit fort: »Nein Peruaner, Verbrechen und Gottheit sind unbegreiflich. Diese Fremdlinge haben tausendmal bei ihrem Gott geschworen, daß sie kamen, um an der Wohlfahrt des Reiches zu wirken; unter tausend heiligen Schwüren versprachen sie einem unschuldigen Monarchen und einem einfältigen Volke, die im Vertrauen auf Versprechungen von Gottheiten arglos in deren Arme liefen, die schuldige Gewährleistung, als sie, die vernichtenden Waffen treulos verbergend, auf eure Krieger und euren Hof einhieben und euern Beherrscher an den Haaren schleppten! Strahlend leuchtet die Sonne, nicht in Dünste eingehüllt, verkündigt sie ihren Zorn.« Und ein heftiges Gemurmel rührte das Volk. »Es ist wahr, noch sehe ich die schnellen Scheusale unsere Krieger niederrennen; noch ertönt in meinen Ohren der fürchterliche Donner, der unsere Reihen zerstörte, aber Alles kann das Werk eines boshaften Geistes sein, Alles kann, bei dem Willen dieses Gottes, der uns erleuchtet, unterliegen. Kommt, Peruaner, schwört vor dem Altare, daß wenn uns der Himmel nicht enthüllt, ob es seine Söhne sind, und wir unserm Schicksal weichen müssen, wir eher die fruchtbaren Fluren mit unserm Blute besprengen, als uns unsere Gesetze, unsere Freiheit und unsern Gottesdienst entreißen lassen werden.« Aber das vor Schrecken erstarrte Volk seufzte nur bei der Stimme seines angebeteten Priesters. »Und ihr bezweifelt es noch,« fuhr Vericochas fort, »ich hörte es aus deren Munde, wir kamen, um euch die Geheimnisse des Christenthums einzuflößen, um euch dem gebieterischen Sonnenkultus zu entreißen und um euch den Heiland am Kreuze anbeten zu lassen, und damit ihr den großen König im Osten als Herrscher und Gebieter anerkennt.« Die Edelleute, die den Monarchen umgaben, welche das Gespräch, das Luque an ihn richtete, hören konnten, waren auf dem Felde vor der Wucht der Waffen gefallen. Vericochas und Huascar waren die Einzigen, die, wegen ihres Adels in unmittelbarer Nähe stehend, sich vor dem Tode gerettet hatten und die mit Bewunderung den Vorschlag hörten, sich dem Herrscher im Osten zu ergeben und dem erhabenen Sonnenkultus zu entsagen. Vericochas erpreßte dem Volke Thränen und Huascar rief entzückt aus: »Peruaner, ich habe es auch gehört.« Ein dumpfes Geflüster fing an, in dem geräumigen Tempel zu herrschen, die gerührte Menge gab bereits ihre Begeisterung zu erkennen, und Vericochas machte mit Aufbietung der ganzen Macht der Beredsamkeit das Volk mit der Nothwendigkeit, das Loos des unglücklichen Monarchen zu erforschen, bekannt, Huascar zum Oberbefehlshaber des Heeres zu ernennen und die Eindringlinge, wenn es nöthig wäre, anzugreifen oder wenigstens die Mauern von Cajamalca zu vertheidigen, um ihre Reichthümer, ihre Gesetze, ihre Freiheit und ihre Tempel zu retten. Den Schrecken, der es erstarrte, ein wenig abschüttelnd, eilte das Volk endlich im Getümmel nach den Altären, und vor dem Sinnbild der Sonne liegend, schwuren alle Peruaner Vericochas in die Hand, den Triumph der Eindringlinge nicht zu überleben. Huascar, der Edelste aus dem Geschlechte der Inkas, derjenige, welcher mit dem meisten Rechte darnach trachten konnte, als Herrscher gewählt zu werden, der tapferste Krieger, wurde zum Häuptling von Peru ernannt, und um den Tempel nicht mit dem Rachegeschrei zu entweihen, lief das Volk nach den prächtigen Säulenhallen, und hier entflammten Vericochas und Huascar ihren Zorn und machten sie damit bekannt, daß das Verbrechen und die Gottheit unbegreiflich seien, daß die von Osten Gekommenen nicht Söhne der Sonne sein konnten, daß es Sterbliche waren und der Tapferkeit erlägen. Der Rath der Aeltesten, welcher einberufen wurde, berathschlagte bedächtig über das Verhalten, das man mit den von Osten Gekommenen zu wahren hatte, und über die Art, den Krieg zu führen und sich kräftig auf die Rache vorzubereiten. Sie kamen überein, daß eine Botschaft in das Lager Pizarros abgehen sollte, um, wenn er noch nicht gestorben war, das Schicksal des Monarchen bestimmt zu erfahren und um jeden Preis seine Freilassung zu erwirken; aber an den Mangel an Glauben der Eindringlinge erinnernd, glaubte man mit Recht, daß sie die Abordnung umbrächten und sie in keiner Weise ihren Zweck erreichen würde. So groß jedoch war die Liebe der Peruaner zu ihren Inkas, so groß das Interesse an der Gesandtschaft, so groß die Vaterlandsliebe jener unschuldigen Bewohner, daß sich, so sicher sie ihrem Tode entgegensahen, Alle anerboten, in das Lager Pizarros zu gehen. Die Umsicht des Rathes durfte nicht gestatten, daß sich die Abordnung aus den ersten Persönlichkeiten des Reiches zusammensetzte, aber dessen ungeachtet konnten sie den flehentlichen Bitten Ocollos und Coyas nicht widerstehen. Ocollo, die Schönste, die Tugendhafteste von Atahulpas Konkubinen, diejenige, welche am Meisten die Liebe des Monarchen verdiente, stellte sich, in Trauer gekleidet und in Thränen gebadet, dem Rathe vor und trug ihren Entschluß vor, in das Lager Pizarros zu gehen, um das Schicksal des Inkas, den sie verehrte, zu erfahren, und um, wenn er in Ketten seufzte, sich zu Füßen seiner Unterdrücker zu werfen, um mit ihren heißen Thränen deren Mitleid zu rühren. Coya, die berühmte Prinzessin aus dem Geschlechte der Inkas, jene schöne Coya, welche dem stattlichen, artigen Almagro so große Liebe eingeflößt hatte, war bei den schmachtenden und durchdringenden Blicken des kriegerischen Spaniers ebensowenig unempfindlich gewesen, sie liebte ihn im Innersten ihres Herzens, sie hatte erkannt, daß sie geliebt wurde, und sie verlangte nach dem Augenblicke, ihren Angebeteten wieder zu sehen. Die beiden unschuldigen Opfer der Liebe überredeten den Rath und man verfügte, daß sie in das Lager der von Osten Gekommenen gehen sollten. Die Aeltesten kannten die heiße Liebe Ocollos zu Atahulpa sehr wohl und sie waren überzeugt, daß die Europäer ihre Waffen nicht so leicht an einer Schönheit mit Blut besudeln würden und hielten es für vortheilhaft, daß sie die Botschaft auf sich nahm. Nicht so meinten sie von Coya, die, vertraut mit den Gefahren, tapfer in den Schlachten, mit zarter Hand geschickt die Pfeile zu lenken wußte, sich der Liebe des Heeres erfreute und muthig die Krieger in den Tod trieb. Berühmt durch ihre Geburt, ihrer Reize wegen angebetet, würde, wenn sie Ocollo nicht nothwendig begleiten müßte, ihr Tod das Reich in Trauer versetzen. So wiederholt und rührend waren aber ihre Bitten beim Rathe, der die Ursache, welche dieselben hervorbrachte, nicht kannte, daß er am Ende nachgab und die beiden Schönen ziehen ließ. Die Sonne war bereits nahe der Mitte ihrer friedlichen und strahlenden Laufbahn, sie belebte mit ihrem göttlichen Einflusse die Peruaner, welche, ein wenig von ihrem Schrecken erholt, auf besseres Glück hofften, wie es ihnen die wohlthätige Gottheit in ihrem Glanze verkündigte. Schon bereiteten sich die Krieger, welche die Mauern besetzten, von Neuem vor, beim Zischen der Strahlen der Eindringlinge zu fallen, aber ihre Furcht war nicht so groß, weil sie anfingen zu bezweifeln, daß es Götter waren. Bei der Betrachtung der Niederlage ihres ganzen Hofes und ihres Adels bot das mit Leichen bedeckte Feld mit dem Lager Pizarros, worin Schwelgerei und Gelächter herrschten, den schrecklichsten Gegensatz dar. Nachdem die Botschaft vorbereitet, richteten die unschuldigen Bewohner von Cajamalca, in schwermüthige Erinnerungen versunken, von einem stürmischen Uebel der Beunruhigung erfaßt, die sehnsüchtigsten Blicke an ihren Gott, und die beiden Schönen schickten sich an, nach dem Lager der Sieger zu gehen. [Illustration] [Illustration] Kapitel 9. Waffenstillstand. Müde, auf den Feldern Cajamalcas zu schlachten, zogen sich die Eindringlinge, als die erschrockenen Peruaner sich bereits in den Mauern eingeschlossen hatten, und die Nacht ihren dunkeln Schleier über den mit Blut bespritzten Kampfplatz ausbreitete, abermals in ihre Zelte zurück. Eine unermeßliche Beute war die Frucht jenes berühmten Tages, so unermeßlich, daß sie die riesigen Begriffe und Hoffnungen, welche die Abenteurer von jenen reichen Gebieten gefaßt hatten, bei Weitem übertraf. Der prächtige, goldene Thron Atahulpas, die ungeheuer vielen Edelsteine, welche den Monarchen, seinen Hof und seine Adeligen bedeckten, Alles fiel in die Gewalt der Sieger, die sich in einem günstigen Augenblicke sozusagen der Reichthümer des Reiches bemächtigten. Obwohl unter sanften Vorstellungen und Gebärden, wurde der gefangene Kaiser, indem man ihm sagte, daß dieses, da es der Papst Alexander ihm überlassen hatte, dem großen König im Osten gehörte, aller seiner Reichthümer, womit er sich schmückte, beraubt, und wie es bei allen Siegen natürlich ist, zerstreuten sich die Sieger über das Schlachtfeld und beraubten und entkleideten beim Scheine des flimmernden Mondes die Leichen und Verwundeten. Es waren Ketzer, die unglücklichen Sonnenanbeter, denen das sechszehnte Jahrhundert nichts als Entsetzen, Verachtung, Tod und Verderben gewährte. Durch den Schrecken, den sie ihren Gegnern eingeflößt hatten, sicher, gaben sich die Eindringlinge, ohne Furcht, angegriffen zu werden, in Mitten ihrer üppigen Beute der Schwelgerei und dem Lachen hin, und unverzüglich schritt man, gewissenhaft einen Fünftel für den König von Spanien bei Seite legend, entsprechend den militärischen Abstufungen zur Vertheilung so großer Schätze, und nach den besten peruanischen Texten entfielen auf jeden einfachen Soldaten Beträge von fünfzehntausend Duros.[3] Der Lärm und die Fröhlichkeit ertönten in einem mit dem Wehklagen der Verwundeten und den Seufzern Atahulpas, und so zog die schweigsame Nacht bereits ihren Schleier ein und der Morgenstern erhellte den Horizont. [3] Span. Thaler = 5 Frs. Der Inka konnte in den ersten Augenblicken seiner Gefangennahme, in Mitten seines Erstaunens, kaum an einen so unerwarteten und überraschenden Erfolg glauben; gar bald aber sah er die ganze Entsetzlichkeit seines Schicksals ein und seine Niedergeschlagenheit entsprach der Höhe, von wo er gefallen war. Pizarro, der die Vortheile, welche ihm der Besitz eines so ansehnlichen Gefangenen einbringen mußte, zu verlieren befürchtete, bemühte sich, ihn mit Liebes- und Achtungsbezeugungen zu trösten, und andrerseits erklärte ihm Luque bedächtig die Geheimnisse des Christenthums und ermahnte ihn, den Heiland am Kreuze anzubeten. Aber der Inka bat ihn in Mitten seines Entsetzens innigst, seine Ermahnungen einzustellen, da sie späterhin mit Bedacht über den Gegenstand sprächen, weil jene Augenblicke Gefühls- und nicht Verstandessache seien. Pizarro indessen befahl seinen Soldaten, den Kaiser mit aller der einem so hohen Gefangenen gebührenden Aufmerksamkeit zu behandeln und zu bedienen, und kaltblütig berechnete er die Vortheile, welche er durch ihn aus einem ihre Herrscher vergötternden Volke ziehen konnte. Seitdem sich Pizarro der Person Atahulpas bemächtigt hatte, hielt er sich für den unumschränkten Herr des Reiches, er mußte sich aber noch so lange verstellen, bis daß ihm die Zeit sein Verhalten bezeichnete. Endlich, da er seinen Versprechungen nicht nachkam, triumphirte er, und trotzdem er den frommen Schrecken kannte, den seine Ankunft im Reiche verursacht hatte, konnte er doch nicht voraussehen, wie sich die Peruaner verhalten würden, und umsonst mochte er unter hundert Vermuthungen seinen Feldzugsplan entwerfen. Das war der Zustand des feindlichen Lagers, als sie, nachdem bereits der Abend eingetreten war, ein kurzes und einfaches Gefolge aus der Stadt herausgehen sahen. Die schwachen, von einem unermeßlichen Volke gekrönten Mauern Cajamalcas zeigten die Erregung seiner Bewohner und die Wichtigkeit der Abordnung, worauf sie ihre Blicke hefteten; und Pizarro durchschaute alsbald, daß dieser Schritt ihm großen Aufschluß für seine Absicht geben würde. Wirklich kamen Ocollo und Coya mit einem kurzen Gefolge aus der Stadt heraus und lenkten ihre Schritte nach dem Lager der Eindringlinge. Aus einiger Entfernung sandten sie eine Botschaft an Pizarro, indem sie um Erlaubniß baten, ihn sprechen zu dürfen, was ihnen alsbald gewährt wurde, worauf sich die Peruanerinnen dem Lagerplatze näherten. Nichtsdestoweniger überraschte es ihn, daß nur zwei schöne Frauen der Abordnung vorstanden, worauf, wie er glaubte, das Schicksal des Reiches beruhte; aber er verbarg sein Erstaunen während eines einzigen Augenblicks, als Ocollo zögerte, sich ihm vor die Füße zu werfen. »Sohn der Sonne«, rief sie aus, »welches ist das Schicksal Atahulpas, lebt dein Bruder, der Inka, noch?« Verwirrt hob sie Pizarro vom Boden und sagte zu ihr: »Er lebt noch, schöne Peruanerin, er lebt noch, und noch ist es Zeit, um ihn zu retten; stille deine Erregung.« Almagro heftete seine Blicke auf die göttliche Coya: Er fühlte die Liebe, welche sie ihm bereits eingeflößt hatte, immer heftiger entbrennen, und in tiefer Betäubung wahrte er das beredteste Stillschweigen. Coya durchdrang die Seele Almagros; arglose jungfräuliche Schamröthe erglänzte auf ihren Wangen, und die Flamme der reinsten Liebe loderte in ihrem Herzen. Durch die tröstenden Worte Pizarros wurde Ocollo wieder beruhigt und sie bat ihn inständig, er möchte ihr erlauben, mit dem Monarchen zu sprechen. Sie sagte ihm ausführlich, wer sie war, die Liebe, welche sie zum Inka hatte, daß der Inka sie verehrte und die Zufriedenheit, welche ihm ihr Anblick verursachen würde; aber von seiner Freilassung, noch von dem Zustande Cajamalcas und des Reiches sagte sie ihm nichts. Pizarro sah die Schönheit und Reize Ocollos nicht mit Gleichgültigkeit; wenn auch ehrgeizig und stolz, war er am Ende doch ein Mensch und der Liebe empfänglich. »Ja, Ocollo«, sagte er zu ihr, »du kannst den Monarchen, den glücklichen Sterblichen, der sich deiner Reize erfreut, wohl sehen....« Und die Augen des Kriegers funkelten, ohne ihren rohen Stolz zu verlieren, vor lauter Liebe. Er befahl, sie in das nahe Zelt der Inkas zu führen, trug aber der Wache auf, daß sie nicht von deren Seite wiche, bald damit sie keine Liebkosungen austauschten, auf die Pizarro schon neidisch war, bald damit Atahulpa keine wichtigen Mittheilungen machte. Almagro und Coya seufzten, von der Liebe, die sie im Innersten ihres Herzens verbargen, bedrängt; aber von hundert Zeugen umgeben, war es ihnen nicht möglich, ihre Schmerzen zu beklagen, noch ihre Leidenschaft auszulassen. Almagro jedoch benutzte einen Augenblick und sagte zu Coya, daß, wenn sie diese Nacht mit einigen Regimentern auf das Feld hinausginge, er die Flur durchstreifen und sie sehnlichst suchen würde, um ihr wichtige Geheimnisse zu enthüllen. Die Schöne durchschaute Almagros ganzen Gedanken, sie nahm die Bestellung an, und die Stille schien in diesen beiden beunruhigten Herzen einzukehren. Ocollo wurde an das Zelt des unglücklichen Inkas geführt, der unter einer zahlreichen Bewachung seufzte, und als sich die beiden Ehegatten sahen, liefen sie, von einem höhern Antrieb, als ihrer Niedergeschlagenheit und ihrer Gefahr, hingerissen, sich an einander zu schmiegen. Trotz der sie umstehenden Spanier und Peruaner schmiegten sich ihre Herzen zärtlich aneinander, und ihre brennenden Lippen schlossen sich in hundert Liebesküssen. Lange Zeit herrschte, ähnlich der Windstille der Wogen nach schweren Gewitterstürmen, in dem Zelte und im Lager der Sieger ein tiefes Schweigen; reichliche Thränen benetzten die unschuldigen Ehegatten, und die Liebe, die Freude und großes Herzeleid glänzte auf den Gesichtern und lähmte die Lippen. Ocollo brach endlich das Stillschweigen, indem sie den Inka mit süßeren Liebkosungen als die Luft an heißen Sommerabenden tröstete, und Atahulpa frug nach seinen Edlen und seinen Kriegern, und jedes Mal, wenn ihm gesagt wurde, daß einer auf dem Schlachtfelde von Cajamalca getödtet worden sei, wandte er die Augen zur Sonne und rief geängstigt aus: »Gott des Lichtes, und du willst noch, daß ich lebe.« Ocollo versüßte seine Leiden, sie berichtete ihm die Aufmerksamkeitsbezeugungen, womit Pizarro sie empfangen hatte, sie wiederholte ihm die Liebe seiner Unterthanen und den Auftrag, den sie vom Rathe mitbrachte, seine Freiheit um jeden Preis zu erwirken. Der Inka, der gesehen hatte, wie man ihn der Schätze beraubte, womit er geschmückt war, der gesehen hatte, wie man den Leichen die Edelsteine entriß, welche sie bedeckten, der den Ehrgeiz der von Osten Gekommenen befühlt hatte, faßte begründete Hoffnungen, auf Kosten von Schätzen seine Freiheit zu erkaufen. Als Ocollo und der Inka bereits ein wenig ruhiger geworden waren, kam Pizarro an das Zelt heran und erfüllte mit seinen gewohnten Achtungsbezeugungen die beiden bekümmerten Seelen mit Hoffnung. Atahulpa sagte ihm, daß sie ihn insgeheim sprechen müßten, und der Spanier befahl denen, die sie umgaben, sich zurückzuziehen und flößte ihnen Freiheit ein, damit sie ihm vertrauensvoll ihr Herz eröffneten. Das Wohl des Reiches, sagte der Inka zu ihm, beruht einzig darauf, daß der Monarch wieder zu seinem umtrauerten Throne zurückkehrt. Ich und mein Volk schlagen einen, deiner und des großen Herrn im Osten, würdigen Loskauf vor. Wenn du dem Herrscher Perus die Freiheit giebst, füllt man dir dieses Zelt bis zu Mannshöhe mit Gold. Trotz den großartigen Begriffen, welche Pizarro von dem Reichthum Perus hatte, mochte ihn nichtsdestoweniger ein so herrliches Angebot verwundern und überraschen; das Zelt war zweiundzwanzig Fuß lang und dreizehn Fuß breit, die Summe war ungeheuer, und Pizarro zögerte, obwohl er immer zum Inka sagte, er müsse die Bestätigung des Königs im Osten abwarten, dessen Gemüth wohl ebenfalls zur Annahme hinneigen würde, keinen Augenblick mit dem Zugeständniß eines Lösegeldes, das seinen Ehrgeiz erfüllte. Er ging zu seinen Gefährten, theilte ihnen das unermeßliche Angebot mit und sie freuten sich schon sehnsüchtig auf den Augenblick, die Schätze der neuen Welt zu vertheilen, und Ocollo und Atahulpa gaben sich, als sie sahen, daß sie um den Preis eines blassen Metalles von Neuem zu den zärtlichsten Liebkosungen und zu dem stillen Glück zurückkehren würden, den reinsten Fröhlichkeitsergüssen hin. In Begleitung Luques kehrte Pizarro nach dem Zelte zurück und sie kamen überein, die Feindseligkeiten einzustellen und das Gold in den Zelten zusammenzubringen, bis daß Pizarro von seinem Herrn, dem König im Osten, die Bestätigung des Abkommens empfinge, ohne dessen Gutheißen er nicht für sich allein entscheiden konnte. Man versprach sich, da die beiden Heere untereinander verkehren durften, überdies gegenseitig die freundschaftlichsten Beziehungen, indem man den Auszüglern bis zu zehn an der Zahl den Eintritt in Cajamalca gestattete und die Peruaner bis zu hundert an der Zahl an die europäischen Zelte herankommen durften; daß das Lager Pizarros mit Lebensmitteln zu versehen war und man in jener Nacht den Sonnenpriestern gestattete, die Leichen, welche die Flur bedeckten, zu begraben. In der Hoffnung, seine Freiheit wieder zu erlangen, sandte Atahulpa, vor Freude hingerissen, Boten nach Cuzco, Quito, Tititaka und andern goldreichen Ländern, damit man, um den Preis seines Lösegeldes aufzubringen, bald von den Tempeln, bald von den Palästen der Inkas, alle Schätze sammelte und sie nach Cajamalca überführte; und Ocollo, vor Lust und Freude aufathmend, zog nach der Stadt, um den Rath und das Volk von dem glücklichen Erfolge ihrer Botschaft in Kenntniß zu setzen. Von Neuem umarmte sie Atahulpa, der ein wenig getröstet blieb, und da die Verbindung offen war, trennte sie nicht mehr die stumme Abwesenheit. Almagro, mit seinen durchdringenden Blicken der schönen Coya folgend, hatte mit ihr das Stelldichein wiederholt, und die beiden Geliebten flehten die Nacht an, baldigst ihren schwarzen Schleier auszubreiten. Die Bewohner Cajamalcas, welche auf den Mauern thronten, zeigten die Ruhe, die im Lager der von Osten Gekommenen herrschte, von glücklicher Vorbedeutung an und zweifelten, als sie Coya und Ocollo zurückkommen sahen, nicht, daß die Sonne, welche das Reich den ganzen Tag rein und schön erleuchtet hatte, ihre flehentlichen Bitten anhörend, ihnen das Ende ihrer Leiden zu berühren gewährte. Schließlich stellten sich die beiden Schönen dem Rathe vor; die Aeltesten des Reiches und ein zahlreiches Volk hofften sehnlichst, das Ergebniß der Botschaft zu erfahren, und als sie vernahmen, daß der Inka lebte, als die Schönen die gegenseitigen Schwüre berichteten, welche Pizarro und Atahulpa sich vor ihren Göttern geleistet hatten, herrschten Freude und Jubel in den Umkreisen der Stadt; einfache Laute bewegten harmonisch die nächtliche Luft, das Volk und die Krieger stimmten Freiheitslieder an und die Priester erhoben göttliche Gesänge als Dankgebet zu ihrem Gott, der sein wohlthätiges Licht über sie ergoß. [Illustration] [Illustration] Kapitel 10. Leichenbegängniß. Die Nacht hatte ihren düstern Schleier ausgebreitet, die glänzenden Sterne sandten ihr spärliches Licht auf die Erde und schwarze Schatten bedeckten, obschon in friedlicher Ruhe, den Horizont. Ocollo hatte den Rath von dem mit Pizarro getroffenen Abkommen und demzufolge von der Freiheit, worin die Priester waren, die Leichen der Peruaner zu bestatten, verständigt. Vericochas verlor keinen Augenblick, um die ehrwürdigen Sonnenpriester zu der frommen Feier zu versammeln, und das bereits beruhigte Volk, das sich von Neuem auf die Verheißungen der Söhne der Sonne verließ, fand sich in Trauergepränge im Tempel ein, um ihre traurigen Stimmen mit dem Grabgesang der Priester zu vereinigen; aber die schöne Coya nahm, obschon sie ihr geliebtes Vaterland innig verehrte, in tiefe Betäubung versunken, kaum Theil an der allgemeinen Zufriedenheit, welche in Cajamalca herrschte: Die dunkle, stille Nacht folgte ihrem unveränderlichen Lauf, die Augenblicke verflogen und um zwölf Uhr sollte sie ihren artigen Almagro sprechen. Die reinste Liebe einer unschuldigen Jungfrau brannte in ihrem gütigen Busen und die köstlichste Unruhe bekämpfte ihr gefühlvolles Herz. Nachdem sich die Priester in dem Tempel versammelt hatten und das Sinnbild des Mondes auf sehr reiche Bahren untergebracht worden war, ertheilte Huascar die nöthigen Befehle, damit zehn Bataillone auf dem Felde aufgestellt würden, welche das Gepränge des kriegerischen Begräbnisses erhöhten, und wobei Coya die militärischen Bewegungen leitete. Im Augenblick bereitete sich die Kriegsmacht vor; beim Tone von Trauermusiken zogen sie aus der Stadt hinaus und stellten sich, ohne Ueberstürzung, auf dem Felde, das der Schauplatz so großen Schreckens gewesen war, auf. Der junge, herzhafte Almagro streifte, von tausend Aengsten bewegt, im Lager der Spanier umher. Obschon unter Blut und Greuel der neuen Welt auferzogen, hatte er ein edles, gefühlvolles und großmüthiges Herz und Coya flößte ihm die reinste unauslöschlichste Liebe ein. Mit Sehnsucht erwartete er die zwölfte Stunde, um seine Angebetete zu sprechen, er befürchtete aber, seine Liebe verschmäht und sie ihrer politischen Lage entsprechend zu sehen. Im Lager Pizarros schlief indessen Alles ruhig und die peruanischen Bataillone zogen zur Stadt hinaus und stellten sich auf der Flur auf. Die Eindringlinge konnten im Augenblick den Zweck jener militärischen Bewegung nicht begreifen und beim plötzlichen Schall der Trommel machten sie sich über die Waffen her und zündeten große Scheiterhaufen an, welche die Schatten der Nacht ein wenig erhellten. Eine ungeheure Menge ging, die Priester begleitend und mit brennenden Fackeln, welche in der dunklen Nacht wie schwermüthige Kometen erglänzten, dem Sinnbild des Mondes, vorausgehend, aus Cajamalca heraus; und ein dumpfes Gemurmel unterbrach die hochheilige Stille und vermehrte die Scheu vor dem prunkvollen Aufwand. Alsbald erkannten die Spanier, daß jene herrlichen Bräuche für die Bestattung der Todten waren, sie verhielten sich aber beobachtend, um einer Kriegslist, die sie bloßstellen konnte, vorzubeugen, und Almagro, der zwanzig Pferde befehligte, ritt ohne Bedeckung aus, um die schöne Coya aufzusuchen und sich vor ihre Füße zu werfen und ihr seine feurige Liebe zu enthüllen. Von den ersten Stunden der Nacht an hatten viele Peruaner große Gräben ausgegraben, die den Todten zum Begräbniß dienen sollten, und der feierliche Traueraufzug erstreckte sich bis nach jener Art von Verschlägen, um den noch Unbeerdigten eine Ruhestätte zu geben. Einfache Weisen, aber von einer Macht, von einer zauberhaften Erhabenheit, begleiteten die Stimmen zahlreicher Chöre, welche für die Seelen ihrer verstorbenen Mitbürger heiße Gebete an ihren Gott richteten. Volk. Lieblicher Aufenthalt des Todes, In dessen Schatten kein Verbrechen wohnt, Der Tugend heilig’ Lager fleht dich an, In deinem Schooß die Tugend thront. Priester. Der Erd’ und Himmel du erleuchtest, Gott, und gebietest weit und breit, Zu dir flieht der Gerechten Seele, Bei dir sucht sie Glückseligkeit. Volk. Wenn schon als Staub zur Erde du gekehret, Entflammet dein Gedächtniß das Gemüth, Dein Dasein schwand nicht wie ein Feuer, Das in dem Aether nachts erglüht. Priester. Ewiger Gott des strahlenden Tages, Wenn deine höchste Macht entweih’n Schwächliche Menschen mit Verbrechen, Mögst du den Sterblichen verzeih’n. Volk. Lieblicher Aufenthalt des Todes, In dessen Schatten kein Verbrechen wohnt, Der Tugend heilig’ Lager fleht dich an, In deinem Schooß die Tugend thront. Priester. Der du das Erdenrund belebest, Dem Boden spendest sein Gedeih’n, Rufst du hinauf uns in den Himmel, Mögest du uns barmherzig sein. Volk. Wenn schon als Staub zur Erde du gekehret, Entflammet dein Gedächtniß das Gemüth, Dein Dasein schwand nicht wie ein Feuer, Das in dem Aether nachts erglüht. Der Grabgesang ertönte schwermüthig und erhaben, die nächtliche Luft bewegte die Flammen der Fackeln lieblich hin und her, ein sehnsüchtiges und ununterbrochenes Schluchzen befeuchtete die heiligen Gräber und Alles flößte einen unbegreiflichen, frommen Schauder ein. Erstaunt und unbeweglich sahen die Spanier der religiösen Feier zu; Luque vielleicht hob seine Augen auf zum Himmel, den er, beim Anblick des prunkhaften Gottesdienstes, den die Peruaner Satan zollten, erzürnt glaubte, und er dachte dort in seinem Sinne über die Rache nach, welche er dem erzürnten Himmel geben mußte. Der Gott der Spanier war, wenngleich am Kreuze gestorben, der Vater der Sonne und des Weltalls; Luque war sein großer Stellvertreter in der neuen Welt und Luque hielt sich wegen der Götzendienerei der Indianer dem Himmel für verantwortlich. Es war nachts zwölf Uhr und Coya sollte ihren Almagro sprechen; sie gab die nöthigen Befehle, und allein und von tausend trüben Aengsten angefochten, marschirte sie nach dem östlichen Theile hin, woselbst sie das Stelldichein verabredet hatten. Der edle Spanier irrte bereits auch auf der Suche nach seiner Angebeteten auf dem Felde umher, und bald trafen sich die beiden süßen Geliebten am Abhange eines friedlichen Baches, der lieblich rauschend an einem frischen Ufer dahinfloß. Sie erkannten sich und ein schmerzliches Zucken bemächtigte sich des Spaniers und der schönen Peruanerin. Ein langes Stillschweigen folgte der süßen Besorgniß, bis endlich Almagro das Schweigen brach. »Schöne Coya,« sagte er zu ihr, »von dem Augenblick an, da ich deine durchdringenden Reize sah, fühlte ich mit unwiderstehlicher Gewalt deren ganze bezaubernde Macht. Hier, in meiner Brust....« und eine heiße Thräne lief an seinen Wangen herunter. »Ich habe meine Krieger verlassen,« antwortete ihm Coya, »auf daß du mir die wichtigen Geheimnisse enthüllest, welche du mir angezeigt hattest. Sprich also, die Nacht verfliegt, die fromme Feier ist bald zu Ende und ich muß meinen Posten einnehmen; sprich Sohn der Sonne.« »Ach Coya« (und er warf sich ihr zu Füßen), »ich liebe dich, ich bete dich an, du hast mein Herz bezwungen, hast meine Ruhe entrissen und mich in die grausesten Qualen gestürzt. Hier in meiner Brust brennt ein Feuer ewiger, unauslöschlicher Liebe; laß dich zum Mitleid rühren....« »Steh’ auf, verlange nicht, daß meine Thränen auch mit den Deinen fließen. In dem Augenblick, da die Priester ihre Gebete für die Seelen so vieler Peruaner zum Himmel richten, entweihest du die Heiligkeit der Nacht mit Liebesworten!« »Verzeihe, o Coya! Meine Liebe ist so rein, so heilig wie dieser Grabgesang, beleidige nicht die Sonne, welche du anbetest....« »Und du liebtest mich und warfest dich mit deinen Gefährten auf unsere wehrlosen Bataillone und verdammtest, Blitze schleudernd, den peruanischen Hof und den Adel zum Tode und beludest den Herrscher von Peru, deinen Bruder, mit Fesseln!« »Oh! nicht ich war schuld, nein Coya, die heilige Erfüllung der Befehle des großen Königs im Osten....« »Ich bin auch eine Tochter der Sonne und niemals hat sie mir befohlen, den feierlichen Schwur zu brechen. So eine schwarze Unthat ist in Peru ein Todesverbrechen.« »Schöne Coya, ich verdiene wenigstens dein Mitleid.« »Und werden du und deine Gefährten Freunde Perus und des Inkas sein?« »Almagro ist ein Freund Perus und auch seine Gefährten werden es sein.« »Und wenn ich dich liebe, wird uns nachher die stumme Abwesenheit trennen?« »Ah! nein Coya, wenn du mich liebst, bin ich der Glücklichste der Menschen; nur der Tod könnte mich deinen zarten Armen entreißen. Mit dir würde ich den Morgenstern aufgehen sehen, mit dir würde ich die Sonne durch den weiten Himmelsraum stürzen sehen, mit dir würde ich ihr Antlitz zum Untergange neigen sehen und unter süßen Liebkosungen sieht auch der Mond auf uns hernieder.« »Ja, Almagro, ich verehre dich auch; hier in meinem Busen erstickte ich im Stillen die reine Liebe, die mir deine feurigen Blicke einflößten.« »Und du liebst mich, Coya!...« »Ob ich dich liebe, und mein Gott kündigt mir deine Liebe als einen schwarzen Unstern an.« »Nein, meine Schöne, stille deine Erregung, dieser glückliche Augenblick wird der Anbruch günstiger Tage sein. Coya wird meine ganze Wonne sein, ich werde nur für Coya leben, Coya wird der Gegenstand meiner Anbetung sein.« »Oh! wenn es uns vergönnt wäre, in sanfter Ruhe von Liebe zu reden.... Aber Almagro, wir entweihen diese heilige Nacht, wo einzig fromme Verehrung und schuldige Achtung vor den Todten herrschen soll, mit Liebesworten; lebe wohl, meine Krieger erwarten mich schon. Lebe wohl.« »Warte, Coya, wenn du mich liebst, wie ich dich verehre, wird dir, fern von mir, das Leben eine unerträgliche Last sein; gewähre mir, nun der Verkehr der Lager gestattet ist, daß ich dich in Cajamalca aufsuche, daß meine Augen vor lauter Liebe in den Deinen tauchen....« »Ja, in Cajamalca und auf der Flur werden wir uns sehen, lebe wohl.« Aufrichtige Thränen rannen über die Wangen der beiden Geliebten; Coya wandte sich schwankenden Schrittes ihren Bataillonen zu und Almagro bestieg in starrer Betäubung sein Pferd und suchte Soto auf, der, die peruanischen Streitkräfte beobachtend, mit dem Vortrab zurück geblieben war. Vielleicht befürchtete die schöne Coya, indem sie Almagro ihre Liebe gestand, die Schamhaftigkeit einer züchtigen Jungfrau überschritten zu haben, allein bald war sie davon durchdrungen, daß sie auf Antrieb einer unwiderstehlichen Macht, auf Antrieb der Liebe handelte, welche die brennenden Herzen, die sie in heftiger Ausdehnung zu ersticken drohen, endlich durchbricht. Entzückt, fühlte Almagro das ganze Glück seines Triumphes, er hielt sich für den Glücklichsten der Menschen, sah aber, wie es Coya prophezeit hatte, ebenfalls voraus, daß seine Liebe ein schwarzer Unstern sein sollte. Die Priester und das peruanische Volk erhoben in einmüthigen Chören ihre Gebete zur Gottheit, und trotz des ganzen Gepränges war das Begräbniß schon zu Ende. Die dunkle, stille, nur von den Scheiterhaufen der Spanier, und den Trauerfackeln erhellte Nacht, ging dem Ende ihrer trägen Laufbahn entgegen, als Atahulpa, der seinen schwermüthigen Erinnerungen nicht mehr widerstehen konnte, Pizarro inbrünstig darum bat, ihm zu einem glücklichen Tode zu verhelfen, um an dem Ruhm seines Hofes, seiner Adeligen und seiner Krieger theilzunehmen, aber Pizarro und Luque vertrösteten ihn mit schmeichelhaften Hoffnungen und erinnerten ihn an seinen baldigen Loskauf. Schließlich waren die Priester, neue Gebete murmelnd, mit der Feierlichkeit bereits zu Ende, und zogen sich, gefolgt von der ungeheuren Menge, nach Cajamalca zurück. Coya marschirte ebenfalls mit ihren Bataillonen, Almagro zog sich mit seinem Vortrab zurück, und es herrschte wieder eine Grabesstille auf der Flur. Der Schatten Columbus’, so geht das Gerücht, erschien in jener Nacht, in strahlende Wolken eingehüllt, und reichliche Thränen auf die Erde, welche so viele menschliche Ueberreste bedeckte, vergießend ob dem spanischen Lager, um abermals in den weiten Himmelsräumen zu verschwinden. [Illustration] [Illustration] Kapitel 11. Taufe. Die tiefste Ruhe herrschte in dem feindlichen Lager und im Heer der Peruaner; das Interesse der einen wie der andern erforderte die genaue Innehaltung des bei dem Loskauf Atahulpas vollzogenen Abkommens; und da eine der Bedingungen der freie Verkehr zwischen den Lagern war, kamen die Peruaner nach den Zelten der Spanier, und die Spanier zogen in Cajamalca ein. Die wenigen Adeligen, die dem Blutbade in das Gefängniß des Inkas entrannen, kamen beständig, um ihrem unglücklichen Monarchen ihre Huldigung darzubringen, und das Volk und die Soldaten liefen, bald um den Inka zu sehen, bald um die Söhne der Sonne, deren Anblick und deren Waffen ihnen jedes Mal um so unbegreiflicher und geheimnißvoller waren, zu bewundern, um die Wette, die Zahl der Hundert, welche die Zelte betreten durften, voll zu machen. Pizarro jedoch gestattete seinen Soldaten nicht, daß sie allzuhäufig nach Cajamalca gingen. Ueberzeugt, daß seine größte Gaukelei darin bestand, wenn die Spanier wie übernatürliche Wesen angesehen wurden, paßte es ihm nicht, daß die Peruaner ihre menschlichen Schwächen in der Nähe sahen. So sehr haben die Vorurtheile über das Schicksal der Völker entschieden! Flößten sie doch, wenn einige Spanier, angethan mit ihren glatten Panzern, und mit ihren großen, schwarzen Bärten prahlend, die Stadt betraten und zu ihren fürchterlichen Waffen griffen, den einfachen Bewohnern einen frommen Schauder ein, der ihnen zum Siege verhalf. In so schmeichelhafter Ruhe ging es, indeß die Kundschafter Atahulpas mit Blitzesschnelle die Provinzen des Reiches durcheilten, um das Gold zum Loskauf zusammen zu bringen, in den feindlichen Lagern einige Tage fort. Weder Vericochas, noch der tapfere Huascar hetzten die Gemüther gegen die Spanier auf, und weder Pizarro noch die Seinen gaben, indem sie emsig auf die ungeheuren Schätze warteten, den geringsten Anlaß zu Klagen. Nur der unduldsame und fanatische Luque konnte den Kultus des Reiches, noch dessen religiöse Lehre nicht mit Gleichgültigkeit ertragen; er verbarg jedoch seine Intoleranz und fügte sich den Augenblicken. Mit dem Kreuz und dem Gebetbuch munterte er unermüdlich seine Gefährten auf, erinnerte sie beständig daran, daß ihre erste Pflicht sei, den Glauben an Jesus Christus in der neuen Welt auszubreiten, und daß, wenn es das Schicksal wollte, daß sie bei dem schwierigen Unternehmen umkommen sollten, ihrer, den von Gott Geliebten, in der andern Welt die ewige Seligkeit wartete. Oh! wann ist jemals ein Heer von Fanatikern besiegt worden! Täglich besuchte Ocollo, ihn mit schmeichelhaften Hoffnungen erfüllend, ihren angebeteten Inka; und von dem höflichen Gebahren Pizarros verführt, sann Atahulpa auf eine köstliche Zukunft, und fluchte nicht einmal den von Osten Gekommenen. Pizarro, der sich bereits von Anfang an für die Reize Ocollos empfänglich gezeigt hatte, stürzte sich wider Willen von Tag zu Tag mehr in eine heftige Leidenschaft, welche seinen Interessen schaden konnte. Es kam ihm wie eine Herabwürdigung seiner Siege und seines Charakters vor, wenn er der Schönen seine Liebe gestände und abgewiesen würde, und wie ein feuriger Vulkan, der zu zerbersten droht, erstickte er sie in seiner Brust. Ocollo, welche, voller Liebe zum Inka, die verborgene Leidenschaft Pizarros weder wissen, noch sich einbilden konnte, erwiderte, ihre zärtlichen Blicke ihrem angebeteten Inka zugewandt, dessen höfliches Gebahren und dessen freundschaftliche Aeußerungen, und der Eroberer nährte seine Hoffnungen, geliebt zu werden. Seit seiner Gefangennahme ertheilte Atahulpa, obwohl in Gegenwart der Wache habenden Officiere, die nöthigen Befehle und regierte das Reich. Ruhig feierten die Sonnenpriester ihre prunkhaften Bräuche und ihre unschuldigen Opfer, und die Gattin und der Gatte überhäuften sich in der Stille mit süßen Liebkosungen, und Alles athmete Glück und Frieden. Huascar jedoch, im Kriege auferzogen und wie von den Göttern begeistert, wartete insgeheim die vollständige Bewaffnung und Ausrüstung seiner Krieger ab und beobachtete so viel wie möglich die Waffen der Spanier. Stets edel und tapfer, war sein Benehmen mit dem Monarchen und mit dem Volke das Freieste; weit entfernt von dem Ehrgeiz nach dem Oberbefehl, war die Liebe zum Vaterland seine Triebfeder, und in seinem Herzen hatte die Treulosigkeit keinen Platz. Klug und nachdenkend, hoffte Vericochas sehnlichst auf die Freilassung, und in tiefem Schweigen hütete er sich sehr wohl, das Mißtrauen unter die Sonnenanbeter zu verbreiten, und seine Befürchtungen kamen nur aus seinem Herzen, um das Erbarmen des dem Reiche wohlthätigen Gottes anzurufen. Er war kein menschenfresserischer Priester, er war ein Diener Gottes des Friedens und Gottes des Lichtes. Umsonst versuchte Almagro, ob seiner verzehrenden Leidenschaft entbrannt, verstört und besorgt, seine Liebe vor den Augen seiner Gefährten zu verbergen. War Coya in Cajamalca, war auch Almagro da; durchstreifte sie die Flur, setzte Almagro seinem Pferde zu und folgte ihren Schritten; begab sie sich in das Zelt Atahulpas, heftete Almagro seine durchdringenden Blicke auf sie. Luque und Pizarro erkannten das ganze Traurige, das eine so heftige Liebe ihrem Unternehmen sein könnte, und sie handelten unter sich mit Zurückhaltung ihres Gefährten, weil, wie Luque sagte, in dem Herzen eines Geliebten kein Geheimniß Platz hat. Almagro durchschaute die Zurückhaltung seiner Gefährten auch, aber zufrieden mit der Verehrung Coyas bat er sie weder um Aufschluß, noch dachte er an die Eroberung von Peru. Ebenso wenig war Huascar die Leidenschaft Coyas unbekannt, denn er sah mit Wohlgefallen auf die entstehende Liebe, weil sicher dessen, daß es die Peruanerin nicht an ihrer Ehre, noch an ihrem Gotte, noch an ihrem Vaterlande fehlen lassen würde, sie in die Geheimnisse der Spanier, welche für das peruanische Heer von nicht geringer Wichtigkeit waren, eingeweiht werden könnte. Die beiden glücklichen Geliebten unterließen keinen Augenblick, sich ihre Liebesbetheuerungen zu wiederholen, und da ihre Liebe jedes Mal unauslöschlicher war, konnte sie bald nur noch der Tod trennen. Manchmal überkam Almagro der traurige Gedanke von der Ungleichheit ihrer religiösen Culte, und Coya bisweilen der an die stumme Abwesenheit; im Augenblicke aber, da sie sich ansahen, im Augenblicke, da die Sinne wirkten, schwieg die schwache Vernunft, welche uns beim Antriebe erhabener Empfindungen stets verläßt. Immer größer wurde das Entsetzen der die Zelte Pizarros betretenden Peruaner, wenn sie die Artillerie, die Pferde und die Ausrüstung der Spanier in der Nähe beobachteten. Aber die in Cajamalca einziehenden Expeditionäre bemerkten die Schwäche seiner Mauern und seiner Gebäude, die Einfachheit der Indianer und die Wahrscheinlichkeiten, die ihnen den Sieg sicherten. Noch mehr zogen die unendlichen Schätze, die sie in den Tempeln, in den Palästen und in den Häusern sahen, ihre Aufmerksamkeit auf sich, und von Habgier entflammt, sehnten sie den Augenblick herbei, wo beim Schalle der Kriegstrompete zum Angriff geblasen würde. Ernst und strenge in der Mannszucht, veröffentlichte Pizarro einen Erlaß, worin er jeden Anführer oder Soldaten, der das Verbrechen des Raubes beginge, zum Tode verurtheilte. Obschon die Gewaltthätigkeiten allgemein waren, machten die Indianer, immer menschlich, dem Oberhaupte niemals Mittheilung von irgend welcher Ausschreitung; aber Pizarro selbst sah einen seiner Soldaten, wie er einer jungen Peruanerin den goldenen Zierrath entriß, womit sie sich brüstete, und der Verbrecher wurde mit dem Tode bestraft. Wohl wußte er, wie wichtig für ihn ein Soldat war, er sah aber auch das Unerläßliche der Strenge und der Disziplin ein, und wie wunderbar es für seine Feinde wäre, seine Unerbittlichkeit, und bei der Bewegung seines gewaltigen Mundes, einen Sohn der Sonne, wie vom Blitze getroffen, fallen zu sehen. Dem Schuldigen wurde mit dem ganzen geistlichen Troste beigestanden, und da das Ereigniß bis nach Cajamalca um sich gegriffen hatte, ging ein ungeheures Volk auf das Feld hinaus, um der Hinrichtung beizuwohnen. Es lag der Politik Pizarros daran, das Geleite, welches den Schuldigen zu erschießen hatte, selbst zu befehligen, damit man ihn für den Herrn hielt, der über die Blitze verfügte, und wirklich rief er Feuer und das Opfer fiel, von Kugeln durchbohrt. Der Schrecken der Peruaner war unerklärlich, als sie die Unerbittlichkeit Pizarros mit seinen eigenen Waffengefährten sahen, und als sie sahen, daß bei seiner Stimme und bei dem Knalle des fürchterlichen Strahles ein Sohn der Sonne in das Nichts versank. Dreißig Tage vergingen so in schöner Ruhe und die, um goldene Geräthschaften zu sammeln, nach Quito, Cuzco, Potosi und andern Ländern gesandten Boten kamen eben, mit dem kostbaren Metall beladen, in Cajamalca an. Gewohnt, den Befehlen der Inkas blindlings zu gehorchen, übergaben die Peruaner, obschon Atahulpa gefangen war, seinem Befehle unterwürfig, das Gold aus den Tempeln und Palästen, mit der Hoffnung beruhigt, ihren Monarchen wiederum, sein Reich regierend, in Freiheit zu sehen; und das kostbare Metall floß in Strömen durch alle Theile nach Cajamalca, und das rothe Metall riß den Untergang des Reiches mit sich fort. Stets unermüdlich in seinem Bekehrungseifer, predigte Luque allen Indianern, die auf den Lagerplatz kamen, täglich von den Geheimnissen und den Lehren des Christenthums; aber der Sonnencultus war in Peru so alt wie das Reich und die metaphysische und auf dem Glauben begründete Religion Jesus Christus entging dem spärlichen Scharfsinn der Indianer. Der Sonnengottesdienst stellte sich ihnen unter einem so einfachen System von Empfindungen vor, daß Luque vergebens inbrünstig und begeistert das hochheilige Wasser der Taufe anbot. Andrerseits predigten Vericochas und die übrigen Priester den Indianern mit orientalischer Beredsamkeit über die falschen Glaubenslehren der Eindringlinge, sie erinnerten sie an die wohlthätigen Eigenschaften des leuchtenden Gestirns und an dessen göttlichen Einfluß, an das Leben und an die Kraft, welche es in der Welt verbreitete, und was für ein schwarzer Undank es wäre, ihm die Anbetung zu versagen. Tapfer und artig, vereinigte Almagro alle seltenen Tugenden in sich, welche einen Ritter des sechszehnten Jahrhunderts auszeichneten. Die Liebe, die Tapferkeit und das Christenthum waren seine ersten Eigenschaften, und der bloße Gedanke, daß Coya nicht auf den Pfad der ewigen Seligkeit geführt würde, ließ ihn in Schwermuth versinken. Es war schwierig, sie zum Christenthum zu bekehren, noch schwieriger aber war es Almagro, sie nicht mehr zu verehren, oder sie, ohne daß sie die heilige Taufe empfing, weiter zu lieben. Bei ihren öftern Zusammenkünften erforschte Almagro unmerklich das Herz Coyas, die Liebe flößte seinem Munde Ueberzeugung und Beredsamkeit ein und die Liebe erschloß bei den Worten ihres Angebeteten das Herz der Schönen. Bereits in einer ruhigen Nacht sollten sie sich am Ufer des sanften Baches, der ihre erste Liebe belauschte, sehen, und Almagro hatte Luque zum Voraus benachrichtigt, in jener Nähe zu sein, da vielleicht ein Kind des Glaubens die heilige Taufe empfinge. Die Stunde des Stelldicheins kam heran, die beiden Liebenden trafen sich und von einer tiefen Schwermuth verzehrt, erweckte Almagro die Neugierde seiner Angebeteten. »Was wird dein Gesicht so bleich?« frug ihn Coya, »zweifelst du etwa an meiner Liebe?« »Nein, redliche Jungfrau, deine Liebe ist so unveränderlich wie die Sterne; aber du selbst hast es gesagt, unsere Liebe werde ein schwarzer Unstern sein.« »Sprich, was für ein Geheimniß....« »Höre, schöne Coya. Kaum schloß ich gestern zum Schlaf die Augenlider, als mir mein Schutzengel in wunderbarer Gestalt im Traume erschien. ›Und so beleidigst du deinen Gott,‹ wiederholte er mit Donnerstimme, ›daß du eine Götzendienerin liebst! Fliehe vor ihren Liebkosungen und fordere nicht den Zorn des allmächtigen Gottes heraus.‹« »Und dein ungerechter Gott wird unsere unschuldige Liebe stören!« »Ach, Coya, ihn nicht zu lieben, wäre ein Verbrechen, er ist der Vater des Gottes, den du anbetest.« »Die Sonne überschüttet uns mit ihren unermeßlichen Gaben und fordert von uns nur unschuldige Opfer an Früchten, welche sie uns ertheilt, sie fordert keine Herzensopfer von uns.« »Du kennst die Macht der von Osten Gekommenen und wirst die Macht ihres Gottes ahnen können. Ewig, allmächtig, unbegreiflich, beten wir seine Rathschlüsse an und forschen nicht nach den Ursachen.« »Es ist wahr, er muß sehr mächtig sein, seine Söhne sind unverwundbar und schleudern Blitze.« »Und wirst du ihn nicht lieben?...« »Ja, ich liebe ihn auch, weil er dein Gott ist.« »Und würdest du, deinen falschen Lehren entsagend, nicht das Wasser der Taufe empfangen und dem Glauben an Jesus nachfolgen?« »Nein, Almagro, auch die Sonne ist mächtig, sie ist der Gott meiner Ahnen, der Gott meines Vaterlandes und ich bin ihre Tochter.« »Und also, Coya, sprichst du den verhängnißvollen Beschluß unserer ewigen Trennung aus? Mein Gott verbietet mir, eine Götzendienerin zu lieben, und ich allein kann seine ewigen Rathschlüsse erfüllen.« »Und so ein schwarzes Verbrechen und so ein barbarisches Opfer wird dein Gott von einer Unglücklichen fordern?« »Ich verehre dich, Coya; ich kann nur dein Bestes wollen, mir hat das Schicksal gewährt, tiefere Wahrheiten zu durchdringen. Deine ewige Glückseligkeit, Coya, hängt davon ab, ob du den Glauben deines Almagros umarmst.« »Es ist wahr, dir haben die Götter mehr Geheimnisse geoffenbart, dein Gott ist, obschon ich ihn nicht kenne, mächtiger als der Meine; unsere Liebe erfordert es, du befiehlst es mir, so werde ich denn das Wasser der Taufe empfangen.« »Oh! Bild der Götter, komm an mein vor Liebe und Dankbarkeit entbranntes Herz....« »Ein ewiges Geheimniß aber wird meine finstere Abtrünnigkeit bedecken?« »Ja, ich schwöre es dir.... Hier wird der Priester unverzüglich sein.« Almagro ging, um Luque aufzusuchen, der wenige Schritte entfernt seiner wartete, und kehrte mit ihm an das Ufer des Baches zurück, den Coya mit ihren Thränen vermehrte. »Peruanerin,« sagte der Priester zu ihr, »ich werde über dein Haupt das Wasser des ewigen Heiles ausgießen, wenn du vor diesem Gekreuzigten schwörst, daß du an dessen ewige Allmacht, daß du an die Geheimnisse und Glaubensartikel glaubst und seinen Namen anbetest.« »So will es Almagro, ich schwöre es,« erwiderte Coya trostlos. »Ewige Verdammniß, die Pein der Hölle,« sagte der christliche Priester, »erwarten dich in der zukünftigen Welt, wenn du die Worte Jesus Christus mißbrauchst.« »Nein, Luque, quäle ihr betrübtes Herz nicht noch mehr; taufe sie im Namen deines Gottes, denn so will es Coya, ich schwöre es dir,« sagte der gefühlvolle Krieger zu ihm. Endlich mit zum Himmel emporgehobenen Händen, auf die Kniee niederfallend, empfing die Schöne das Wasser der Taufe und sagte das Glaubensbekenntniß her, welches ihr Luque befahl. Dann zog sich der Diener Gottes gegen die Zelte zurück und Almagro begleitete die unglückliche Peruanerin, welche, um nicht die Aufmerksamkeit Vericochas, Huascars und aller Bewohner Cajamalcas auf sich zu ziehen, ihren Kummer ein wenig gestillt und ihre Thränen getrocknet hatte, bis nach der Stadt. In dieser Nacht verzeichnete das Christenthum im Süden der neuen Welt seinen ersten Sieg; die Prophezeihung der heiligen Schrift, welche den Triumph des Kreuzes bei allen Religionen verkündigte, fing an, im sechszehnten Jahrhundert glänzend an den Küsten zu erstrahlen, und die herrlichen Tempel der Sonne erzitterten in jenem Augenblicke, wie wenn sie von einem heftigen Erdbeben erschüttert würden. [Illustration] Kapitel 12. Feindseligkeiten. Die Kundschafter Atahulpas, welche, das zum Loskauf nothwendige Gold vereinigend, das Reich durchzogen, langten endlich, ungeheure, nach der Liste auf jede Provinz vertheilte Mengen mit sich führend, in Cajamalca an; voller Ungeduld sehnten sich Alle nach dem Augenblick, um den das Zelt bis zu der übereingekommenen Höhe zu füllenden Bedarf beisammen zu sehen, und Alle trugen bereitwillig und emsig zu dem Zwecke bei, und inzwischen schienen, wie wir gesehen haben, die feindlichen Lager in der schönsten Eintracht zu sein. Ocollo trennte sich nicht von dem Zelte ihres angebeteten Inkas, und sogar Huascar und Vericochas hatten mit den feindlichen Befehlshabern häufige Zusammenkünfte und berührten oberflächlich einige Punkte über Religion und Politik. Wie ein Löwe, der hinter der scheuen Löwin her seine Mähne kräuselt, folgte Pizarro erglühend den Schritten der schönen Ocollo, und von Tag zu Tag entflammte mit um so größerer Heftigkeit die Flamme der Liebe, die in seinem Herzen brannte und die den wachsamen Blicken Luques nicht gut entgehen konnte. »Erinnere dich, Freund, erinnere dich,« sagte er eines Tages zu ihm, »daß du deinen König und Gott gröblich beleidigst, wenn du diese Götzendienerin liebst. Die kolossale Macht des Thrones von Castilien auszudehnen und die Anbetung des Kreuzes auszubreiten, bist du an diese entlegenen Gestade gekommen, nicht um, wie ein schwacher Jüngling, als Opfer der Liebe zu seufzen.« »Nicht wie ein schwacher Jüngling, nein,« antwortete ihm Pizarro.... »Hier in meiner Brust fühle ich eine unauslöschliche Gluth, doch fürchte nicht, daß ich mich seufzend zu Füßen dieser Undankbaren niederwerfe, um ihre Gunst zu erflehen; der Eroberer von Peru wird sie den Armen des Inkas, dem Heer der Peruaner zu entreißen wissen und die Gewaltthätigkeit....« Immer großmüthig, gestand Almagro den Gefährten seine feurige Liebe zu Coya, er schilderte ihnen mit der ganzen Begeisterung eines entzückten Geliebten ihre Reize und in seinen Vorsätzen und Aeußerungen athmete die Menschlichkeit eines den Einflüsterungen göttlicher Liebe fühlbaren Herzens. Er gestand seinen Gefährten offen, daß er die Zurückhaltung kannte, mit der sie die Pläne zur Eroberung des Reiches ausbreiteten, aber daß er ihnen völlige Freiheit ließe, da er bereits Coyas Herz erobert hatte, das mehr als die Eroberung der ganzen Welt galt. Das in Cajamalca vereinigte Gold belief sich auf unermeßliche Summen, und der Rath glaubte, daß es genügte, das Abkommen bei dem Loskaufe Atahulpas zu erfüllen. Sehnsüchtiger als irgend ein Mensch, seine Freiheit zu erkaufen, befahl Atahulpa, es, sei es in Barren oder in, wenn auch von mehr oder weniger künstlerischer Arbeit, dem Lande eigenen Manufakturen, unverzüglich in das Zelt zu schaffen, worin er gefangen war. Wirklich brachten unzählige Indianer das Gold für den Loskauf herbei, und die sehnsüchtigen Blicke der Eindringlinge ruhten auf einem Wunder, das die herrlichen Vorstellungen übertraf, die sie sich von dem Lande gemacht hatten. Ein Tag um den andern fuhr die Herbeischaffung mit der größten Thätigkeit fort und nahe, an tausend Centner Goldes kamen in die Zelte Pizarros. Unsere Leser werden nicht vergessen haben, daß das für den Loskauf feierlich begangene Abkommen war, das Zelt des Inkas bis zu Mannshöhe mit Gold zu füllen, und daß Pizarro das Gemüth des großen Königs im Osten zur Annahme des Abkommens bewegen sollte, ohne dessen Billigung es nicht endgültig bestätigt werden konnte. Sei es, daß die Peruaner die Genehmigung des Herrn im Osten, vermittelst seines Abgeordneten erlangt zu haben glaubten, sei es die brennende Angst des Inkas, sich in Freiheit zu sehen, sei es die äußerste Liebe und Achtung, welche die Peruaner zu ihrem Kaiser hatten, sicher ist, daß man voreilig und ohne der Genehmigung des Königs im Osten nachzufragen, das Gold mit aller Thätigkeit auf den Lagerplatz zu bringen anfing, indem man es, bis daß es die verabredete Höhe erreichte, mehr oder weniger sorgfältig in dem Zelte des Inkas unterbrachte; aber der Raum war zu beträchtlich und es fehlte etwa noch ein Fuß hoch mit Gold anzufüllen. Dem Loskauf gemäß brachte man das Gold zusammen, Pizarros Aufmerksamkeitsbezeugungen mit dem Inka wurden immer kälter, und er nahm eine, von dem bis dahin beobachteten Betragen sehr fremde, überlegene Miene an. Gar bald gewahrte Atahulpa dieselbe, und da er glaubte, daß sie von dem Fehlen des noch übrig bleibenden Goldes herrührte, richtete er sich an ihn und sagte mit wirklich unschuldsvoller Offenherzigkeit zu ihm: »Nein, fürchte nichts, Sohn der Sonne, seinen Schwur zu brechen, ist in Peru das schwärzeste Vergehen, und niemals werde ich den Zorn der Gottheit, welche ich anbete, herausfordern. Wenn auch meine Loskaufssumme nicht voll ist, werden in kurzem die Boten aus den entfernten Provinzen ankommen und du wirst mehr Gold, als nothwendig, beisammen sehen.« »Ja, Atahulpa,« gab ihm der Spanier ernst zur Antwort, »du und ich, wir wollen unser Uebereinkommen gewissenhaft erfüllen; unglückseligerweise aber ist, den eben erhaltenen Befehlen gemäß, mein Herr, der große König im Osten, nicht in allen Theilen damit einverstanden. Seine strengen und unabänderlichen Befehle versagen dir die Freiheit, außer du bekennest dich zu seinem Tributpflichtigen, und verlassest deine barbarischen, frommen Ansichten und umarmest den Glauben an das Kreuz.« »Und kann der große Herr im Osten!...« wollte der Inka in starrem Erstaunen erwidern. »Er ist mächtig und kann Alles, ihm unterwürfig, gehorche ich seinen Befehlen.« »Und das angehäufte Gold?...« »Ist dein,« bestätigte ihm Pizarro, »du kannst darüber verfügen, aber die siegreichen Waffen meines Königs und Gebieters werden es schon in deinen Palästen und in den Tempeln deiner verfluchten Götzen holen. Ich für meinen Theil werde den Befehlen meines Königs nachkommen, und ich fordere nur von dir, daß du, den Liebkosungen der bezaubernden Ocollo entsagend, mir eine so große Schönheit überlässest, wonach ich, vor Begierde brennend, trachte.... Die Befehle des Herrn im Osten und Pizarros sind unabänderlich, denke an deine Rettung.« Man kann sich die tiefe Betäubung, in welche der Inka versunken war, wohl denken, aber nicht erklären. Als er bereits den Augenblick, seine Freiheit, seinen Thron, die Liebkosungen seiner Schönen wieder zu erlangen, gekommen glaubte, hört er die Donnerstimme Pizarros, welche alle seine trügerischen Einbildungen mit sich fortreißt. Aber Atahulpa, der Sohn von zehn Inkas, der Sohn der Sonne, der Herrscher des Reiches, der beleidigte Mann, kehrte bald wieder zu der dem Unschuldigen eigenen Ruhe und Würde zurück. »Ja, Pizarro,« sagte er zu ihm, »ich weiß meine Lage, erfülle die Befehle des Kaisers im Osten, aber halte mich nimmermehr für einen Schwächling, noch Verbrecher.« »Nimm meine Bedingungen an und du wirst der bevorzugte Vasall des großen Königs, Karls V., sein und deine ewige Erlösung finden.« »Ich, Tributpflichtiger eines räuberischen Königs und Anhänger eines Gottes, den ich nicht kenne, dessen Söhne *ihr* aber seid!!...« »Gotteslästerer, erzürne nicht die Strahlen, die schon in seiner Rechten zucken.« »Einst, eines Tages, hielt ich dich für einen Sohn der Sonne und für meinen Bruder; aber nein, du stammst nicht von der Sonne, du wirst von der schwarzen Hölle stammen.« »Ich gebiete den Strahlen, ich bin unverwundbar. Fordere nicht meinen Zorn heraus.« »Ruhig kann ich deine Anmaßung beschimpfen.« Trotz seiner wilden Gemüthsart ließ Pizarro den Inka in Mitten des Taumels zurück, und schritt, um sich mit seinen Gefährten zu vereinigen, zur endgültigen Inangriffnahme seiner Pläne. Ocollo, die den Erfolg vernahm, überließ sich dem tiefsten Schmerz und den heftigsten Thränen. »Ich,« wiederholte sie, »soll mich den barbarischen Liebkosungen deines Zerstörers hingeben, und soll dich das Verbrechen, deinen Gott und dein Vaterland zu verrathen, beweinen, oder dein Blutgerüst sehen....« Und ihr Angstgeschrei drang bis zum Himmelsgewölbe.... Augenblicklich gewahrte man im Lager die unverhoffte Veränderung, die sich wie ein Lauffeuer der Stadt mittheilte. »Der Loskauf ist grausam übertreten worden,« war der allgemeine Ruf, der in Cajamalca und im Heere ertönte.... Vericochas und Huascar hatten, obschon sie nicht im Vertrauen schliefen, ebensowenig einen so verhängnißvollen Ausgang erwartet, und sie marschirten, wenngleich sie die Gefahr kannten, welche sie bedrohte, auf Pizarros Zelt zu und offenbarten ihm ihr Erstaunen; aber der Eroberer ertheilte unabänderliche Befehle. Sehnsüchtig suchte Coya ihren Almagro, indem sie ihn einen treulosen Verführer nannte. »Ja, du und deine Gefährten,« sagte sie zu ihm, »seid Söhne des Verbrechens. Warum hast du deine Liebe an ein unschuldiges Herz verrathen? Warum hast du mich dem Cultus dieser Gottheit, welche ich anbete, entrissen, um das Glaubensbekenntniß an einen Gott abzulegen, der die Bösen beschützt? Ah! wenn wir eure vernichtenden Waffen hätten, ihr müßtet entsetzt in euer höllisches Klima fliehen, wir entrissen den Inka euren Armen und das leuchtende Gestirn würde wieder ruhig glänzen!« »Nein, geliebte Coya....« »Grausamer, und du wagtest noch von Liebe mir zu reden! Dein Bild hab’ ich bereits aus meinem Innersten gerissen, worinnen es wie ein Vulkan erglänzte auf beschneiten Gipfeln.« »Höre mich, Coya, und vielleicht verdiene ich dein Mitleid. Ich bin gefühlvoll wie wenn ich in diesem Reiche geboren wäre, ein günstiges oder widriges Schicksal aber hat mich unter meinen Gefährten auf diesen Boden geführt. Ich sah dich, liebte dich, vergötterte dich, und umsonst hätte ich ihnen meine Liebe verbergen wollen; sie wußten, daß in dem Herzen eines Geliebten niemals ein Geheimniß mit seiner Angebeteten Platz hatte, und behutsam verbargen Luque und Pizarro ihre Pläne vor mir; noch habe ich etwas über die Mittheilungen mit unserm Kaiser gewußt; nichts, Coya, noch habe ich, da ich mich mit deiner Liebe begnügte und deine Liebe mein Weltall war, etwas zu erfahren versucht.« Coya, welche niemals die Leidenschaft, die ihr Almagro eingeflößt hatte, zu ersticken vermocht hätte, fühlte beim Anhören seiner Betheuerungen ihren Zorn schwinden, und süße Thränen, die gegenseitig an ihren Wangen herunterirrten, bewiesen die Arglosigkeit der beiden gefühlvollen Seelen. Das feindliche, unter Waffen stehende Lager nahm einen bedrohlichen Anblick an; Atahulpa hielt seine Ruhe aufrecht: Er stieß tiefe Seufzer aus, und Vericochas und Huascar flogen unermüdlich von Pizarros Zelt zu dem des Inkas und bemühten sich umsonst, Vergleiche herbeizuführen. Von den Pflichten als Vasall, von seinem Ehrgeiz, seiner Liebe und seinem Fanatismus getrieben, konnte Pizarro in Nichts von den zuletzt vorgeschlagenen Bedingungen nachlassen. Atahulpa vermochte weder den Liebkosungen Ocollos zu entsagen, noch sein Vaterland, noch seinen Gott zu verrathen und der Austrag der Unterhandlungen konnte nur ein grausamer Abbruch sein. Vergebens flehte Ocollo, in einen Thränenstrom gebadet, vielleicht zu Füßen Pizarros knieend, sein Erbarmen an und bejammerte ihre Leiden. »Wenn es gewiß ist, daß du mich liebst, werden meine Seufzer deine Brust durchdringen und dein Mitleid regen. Du weißt es, du, der du von einem mächtigen Gott abstammst, du weißt, daß Schwüre heilig sind, und ich habe vor diesem Gott, der uns erleuchtet, meine Liebe Atahulpa zugeschworen. Ueberbringe dieses kostbare Gold dem König im Osten, aber laß diesem unglücklichen Reiche seinen Frieden und seine Wonne.« »Ocollo,« wiederholte Pizarro, »ich bitte dich und bitte den Inka, wenn ich dich seinen Armen entreißen, wenn ich diese schwachen Besitzungen mit Feuer und Schwert überziehend, sie das Kreuz anbeten und sich vor der Macht des Königs im Osten niederwerfen lassen könnte.« Alles war umsonst, als der edle Almagro majestätischen Schrittes sich seinem Gefährten näherte. »Pizarro,« sagte er in strengem Tone zu ihm, »ich hatte dich bereits gewarnt, daß ich eure Zurückhaltung kannte, aber niemals hätte ich geglaubt, daß meine Gefährten ein überlegtes Verbrechen zuließen. Wenn ihr unsere Pflichten nicht damit für erfüllt hieltet, dem König von Castilien die Schätze von dem Loskauf des Inkas darzubieten, wozu schwurt ihr in Christi Namen, die hochheiligen Uebereinkünfte zu bewahren? Nicht der Verwüstung halber suchen wir entlegene Himmelsstriche auf; um Tributpflichtige der Krone Spaniens zu machen, um die Völker aus der Dummheit herauszuziehen und das Evangelium zu verbreiten, erschloß unser gnädige Gott uns die Wogen der ungeheuren Meere und führte uns in diese entlegenen Himmelsstriche.« »Die Fahne Christis,« wiederholte Pizarro, »soll auf den Trümmern des Reiches wehen.« »Verwüstend und Schrecken verbreitend, können wir wohl Tributpflichtige des Königs von Castilien, aber keine Anbeter Jesus machen: Die Liebe verleiht uns den sichersten Triumph. Was werden sich die unschuldigen Indianer für einen Begriff von dem ewigen Gott der Gerechtigkeit machen, wenn vor unsern Schritten Gewaltthat, Verbrechen, Ruchlosigkeit einhergehen? Wie sollen sie das Christenthum umarmen, wenn Christen ihre Zerstörer sind? Gieb den Inka frei, wir werden in seinem Reiche bleiben, wir werden den Peruanern die süße Moral Jesus einflößen, indem wir sie mit Kunst und Wissenschaft erleuchten, sie die Würde des Menschen erkennen lassen und uns, zu ihrem Heil gereichend, zu ihren Brüdern machen.« »Du bist nicht mehr der kriegerische Almagro, du bist ein schwacher, in den Armen der Liebe schlafumfangener Jüngling.« »Ich bin der kriegerische Almagro, nicht der grausame Pizarro; ich bin ein gefühlvoller Mensch, der das Verbrechen verabscheut, aber freudig in Kampf und Tod geht.« »Ich bin der Statthalter von Peru.« »Ich umgürte das schützende Schwert der Unschuld.« Schon zogen die beiden Krieger wüthend ihre Degen, als Luque, der nicht weit davon dem erbitterten Streite zuhörte, mit einem Cruzifix in den Händen dazwischen flog. Feuer sprühten die Blicke der beiden erzürnten Spanier, aber als Luque (wir sind im sechszehnten Jahrhundert) das Kreuz erhob, legten sie demüthig ihre Waffen, die Racheblitze sprühten, nieder. Eine starre Betäubung folgte der Wuth und Luque überwand den Zorn. »Euer Gott,« rief er aus, »wird so ein schwarzes Verbrechen nicht verzeihen; er führte euch an diese Gestade, um die Anbetung des Kreuzes auszubreiten, und böse, nur für schwache Leidenschaften empfänglich, kreuzt ihr die Waffen, und die Götzendiener sollen lächelnd zusehen, wie ihr, statt den Triumph Jesu Christis herbeizuführen, euch selbst zerfleischt.« Obschon das Zelt Atahulpas, von einer gewaltigen Wache umgeben, dem Verkehr der Indianer offen blieb, und Atahulpa, Huascar und Vericochas mit der größten Ruhe an die Rettung des Reiches dachten, erkannten sie am Ende doch die traurige Zukunft, welche ihm vorbehalten war. Huascar und der Priester fürchteten für den Inka, und der Inka zweifelte, nur um die Zukunft seines Reiches besorgt, nicht, daß sein Schicksal bereits entschieden war. Vergebens schlugen sie Pizarro verschiedene Vergleiche vor, vergebens boten sie ihm unermeßliche Summen Goldes als jährlichen Tribut für den König im Osten an, aber nimmermehr ihm Ocollo auszuliefern und noch weniger den Sonnencultus aufzugeben. Huascar sah, da es nicht genügte, alle Mittel, welche die Klugheit gebot, zu erschöpfen, das Unabwendbare, zu den Waffen zu greifen, ein, und er marschirte nach Cajamalca, um seine Krieger zu ermuntern und ihnen zuvorzukommen. Trotz aller Politik Pizarros waren die Beziehungen zwischen den Indianern und Spaniern viel zu rege gewesen, als daß am Ende die Bewohner jener Gegenden nicht mit den von Osten Gekommenen vertraut geworden wären, und als daß sie nicht einen Theil von jener frommen Scheu, welche sie ihnen anfänglich einflößten, verloren hätten; die Wirkungen der Feuergewehre und der Artillerie jedoch waren noch außer ihrer Fassungskraft, der Knall des Schießpulvers war ihnen noch immer unbegreiflich, und dennoch maßen die Eindringlinge ihre geringen Streitkräfte mit der ungeheuren Macht des Reiches. War es Ueberstürzung der Peruaner oder nicht, das Gold zum Loskaufe auf den Lagerplatz herbeizuschaffen, so war es unter den Umständen, zu denen man gekommen war, schon sehr schwierig, es, so sehr sie auch Pizarro hiezu einlud, wieder wegzufahren, weil der große König im Osten das Abkommen, ohne die Zusätze, welche wir angegeben haben, nicht gebilligt hätte, und die Peruaner sich ebensowenig um solch einen Schatz bekümmerten, der, so unermeßlich er auch für die Eindringlinge wäre, dem Reiche ziemlich verächtlich war. Wie wir bereits angezeigt haben, war alles Zustandekommen unmöglich. Pizarro hatte unter dem Schutze von Atahulpas Namen einen großen Theil des Goldes des Reiches in seinen Zelten vereinigt; seine Soldaten sehnten sich, da es dem Anführer ebenfalls paßte, wenn es in den nahe gelegenen Colonieen in Umlauf gesetzt würde und sein Ruf durch die ganze Welt flöge, damit neue Auszügler seine Streitkräfte vermehrten, schon nach dem Augenblicke, die neue Beute zu vertheilen, und Alles trug dazu bei, daß man beim Schall von Trommeln und Trompeten eine Verordnung bekannt machte, wonach man den Waffenstillstand für beendigt hielt, und, mit alleiniger Ausnahme Ocollos, die in Begleitung von zehn Peruanern in das spanische Lager gehen durfte, den Verkehr der Lager abschloß. Zu allen Zeiten wird man die Rechte der Vernunft und der Gerechtigkeit nicht in den Heeren zu suchen haben, Allen ist das Recht der Stärke überlegen; aber im sechszehnten Jahrhundert, als der Papst Alexander die Verleihung der neuen Festländer den jeweiligen Monarchen gab, da politische oder nutzbringende Gründe der römischen Curie es so verlangten; als Diejenigen, welche nicht an das Kreuz glaubten, ungeheuer auf Erden waren, die mit Schwert und Feuer ausgerottet werden mußten; als man die unschuldigen Bewohner der neuen Welt für nicht einmal zum menschlichen Geschlechte gehörige Wesen hielt, machte Pizarro eine seinem Jahrhundert überlegene großmüthige Anstrengung, indem er veröffentlichte, daß der Waffenstillstand beendigt sei und die Feindseligkeiten von Neuem ausbrächen, eine Großmuth, welche in der Geschichte die unermeßliche Beute beschönigt hat, die ihnen die falsche Kriegslist von dem Loskaufe einbrachte. [Illustration] [Illustration] Kapitel 13. Atahulpa. Nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten und der Räumung des spanischen Lagers war die dringendste Nothwendigkeit, zur Vertheilung des Schatzes unter die Eindringlinge zu schreiten. Wir bitten hier den Leser um Nachsicht, wenn wir einen im Tempel von Cuzco vorgefundenen peruanischen Text buchstäblich wiedergeben und ihn von Neuem daran erinnern, daß sich unsere Geschichte auf das sechszehnte Jahrhundert bezieht. Die ersten Strahlen der Sonne ergossen sich über die Spitzen der Anden, und Luque, mit den Zierden seines Gottes bekleidet und den Namen Jesus anrufend und seine Gnade erflehend, las eine feierliche Messe, um die Früchte der Ruchlosigkeit zu vertheilen. Der Gott der von Osten Gekommenen ist ein nach Gold lüsterner Gott im Munde seiner Diener. Ohne Willens zu sein, uns über diesen gottlosen Text aufzuhalten, sagen wir, um mit unserer Geschichte übereinzustimmen, daß man zur Vertheilung des Schatzes schritt; daß man, einige kostbare Manufakturwaaren für ihn aufbewahrend, gewissenhaft einen Fünftel für den König von Spanien trennte. Uebermäßige Summen wurden unter Pizarro und seine Befehlshaber vertheilt und erst noch jedem Soldaten fünfzehntausend harte Thaler[4] gegeben. Nein, niemals hat die Geschichte ein anderes Beispiel eines so schnellen durch Militärdienste erworbenen Vermögens dargeboten, noch wurde unter ein so geringes Heer so reiche Beute vertheilt. [4] Peso fuerte = 5 Frs. Es würde vielleicht scheinen, daß, nachdem der Ehrgeiz der Abenteurer befriedigt war, sie nur daran dachten, sich in ihr Geburtsland zurückzuziehen, aber Pizarro, welcher das Ergebniß, das die Vertheilung und die frühere Beute sehr wohl haben konnte, voraussah, war staatsklug genug, den Folgen vorzubeugen. Während er sie der Leichtigkeit des Triumphes versicherte, rührte er ihren Ehrgeiz, indem er ihnen die Schätze schilderte, welche Cajamalca und Cuzco bergen mußten, wenn sie so leicht den des Lösegeldes Atahulpas zusammengebracht hatten, und die Edelsteine, welche die Gebirge einschlossen und die Ströme mit sich führten. Luque erinnerte sie unermüdlich mit Begeisterung an die Pflichten der Anbeter Jesus, und die Seelen der Spanier erweiterten sich bei der Betrachtung, daß sie die Fahne des Kreuzes auf den Trümmern des Reiches aufpflanzen würden. Die Tapferkeit, der Ehrgeiz, der Fanatismus, die Furcht vor der strengen Mannszucht Pizarros, trug dazu bei, daß sich die kurze Abtheilung in Nichts zergliederte und daß sie unverzagt in den Sieg zogen. An ewige Kämpfe gewohnt, brachte Pizarro viele Tage in einer Unthätigkeit zu, die er für beschämend hielt, und er sehnte sich nach dem Augenblick, von Neuem den Degen zu schwingen, um sich die Lorbeern aufzusetzen. Andrerseits gewahrten sie in der Stadt einen gewissen kriegerischen Anblick, und sie zweifelten nicht, daß sie den Inka immer noch zu retten beabsichtigten oder unter allen Umständen zum Bruche kommen wollten. Die Spanier ihren Theils hofften ebenfalls, die Mauern Cajamalcas zu Grunde zu richten, und der Krater des Vulkans erbebte schon bei dem dumpfen Getöse des Feuers, das in seinem Innern brannte. Luque, ein merkwürdiger Fanatiker, hatte, wiewohl umsonst, dem Inka schon tausendmal die Vorzüge des Christenthums dargelegt, und als er bereits zu erkennen anfing, daß es nicht möglich war, Atahulpa von seinem falschen Glauben und von seiner Götzendienerei abzubringen, bereitete er im Geiste den düstern Scheiterhaufen der Inquisition vor, worauf er diese gottlose Seele dem Teufel überliefern sollte. Pizarro und Luque gingen in ihren Entwürfen stets einig, weil, wenn von fremdartigem Charakter, ihre Gemüthsstimmung dieselbe war. Zu wiederholten Malen hatte der Diener Christis den General gebeten, den Inka endgültig zu nöthigen, das Christenthum zu umarmen, und da die Schätze von dem Loskauf gesichert waren, konnte nichts mehr die Ausführung des Vorhabens verhindern. Wirklich ging Luque im Namen Pizarros selbst in das Zelt des Inkas und erklärte ihm feierlich, daß, wenn er nicht das Christenthum umarmte und sich zum Tributpflichtigen des großen Königs im Osten erklärte, er sich dem Ausspruch eines Kriegsgerichtes zu unterziehen hätte, der ihn als Ketzer und als Majestätsverbrecher verurtheilen würde. Ruhig, aber wehmüthig, hob Atahulpa die Augen zum Himmel auf und rief schmerzlich aus: »Oh, du gerechter Gott! Und also wirst du dein Reich verlassen und also werden die Gerechten seufzen!« Vergebens wandte Luque Bitten und Drohungen an; der Inka antwortete, daß er bereits sein Schicksal kannte, daß er sein Leben auf einem Blutgerüste aushauchen würde, daß er aber niemals zum Verräther an seinem Vaterlande würde, noch zum Abtrünnigen des leuchtenden Gestirns, das er anbetete. Nachdem die Hartnäckigkeit des Inkas, welche mit seinem Plan so sehr übereinstimmte, von Pizarro erfahren worden, befahl er, die vornehmsten Offiziere seiner kurzen Abtheilung zusammen zu berufen, und in voller Berathung wurde Atahulpa als Ketzer und Majestätsverbrecher angeklagt. Soto, Benalcazar, Ojeda, Mendoza, Luque, Pizarro, alle, alle verurtheilten sie ihn, den Unglücklichen, einmüthig zum Feuertode, und einzig Almagro vertheidigte kräftig die Rechte der Unschuld und der Gerechtigkeit. Der Widerspruch war heftig, aber der Tod des Inkas war beschlossen und Almagro mußte nachgeben. Die Macht jedoch, welche das Gerechtigkeitsgefühl in seinem Herzen hatte, und die Anerbietungen, die er Coya machte, brachten ihn sogar dazu, seine Waffe zu ziehen und den Bürgerkrieg in dem spanischen Lager anzufachen, weil er ebenfalls auf Anhänger rechnete; aber Luque, wenn er im Namen des Himmels sprach, erfreute sich einer zauberhaften Gewalt über die Seele Almagros, weil er als Ritter des sechszehnten Jahrhunderts am Ende doch fanatisch war. »Almagro«, sagte er zu ihm, »die Wege des Herrn sind unerforschlich, er will es, und Atahulpa wird, wenn nicht durch die Wucht der spanischen Waffen, so doch am Feuer der Strahlen, welche er über dessen Haupt schleudert, sein Leben beendigen. Der Inka ist ein verblendeter gottloser Ketzer, dieses ausgedehnte Reich gehorcht blos den Einflüsterungen des bösen Geistes, und die Fahne Zions soll auf der ganzen Erde wehen.« Almagro gab endlich nach, der Fanatismus hatte von jeher mehr Gewalt, als die Unschuld und Tugend; und der Rath verurtheilte, obschon sich Almagro zu stimmen enthielt, den Inka zum Tode. Aber als Majestätsverbrecher sollte Atahulpa sein Leben damit enden, erschossen zu werden; doch Luque stritt das Opfer ab, und da man das Verbrechen der Ketzerei noch für größer hielt, sollte er auf dem Scheiterhaufen der Inquisition verbrannt werden. Wirklich wurde, welch’ ein Greuel! der Urtheilsspruch: »Als Ketzer und Majestätsverbrecher soll der Inka Atahulpa angesichts des Heeres verbrannt werden.« unterzeichnet. Ocollo, welche die spanischen Zelte betreten durfte, damit Pizarro seine unzüchtigen Blicke an ihr sättigen konnte, war es, die die Mittheilungen zwischen Atahulpa und dem Rathe von Cajamalca aufbewahrte, und die, um den Inka zu retten, vergebens ihr Wehgeschrei bis zur Sonne erhob. Sie war eben daran, ihn in seinem Unglück zu trösten, als der gefühllose Soto dem Herrscher von Peru das Todesurtheil zu melden kam. Wer vermöchte die Lage und die Seufzer der beiden unglücklichen Gatten zu schildern! Vielleicht, daß die Betrübniß Ocollo Kraft verlieh, denn sie sandte die traurige Nachricht nach Cajamalca, und flog, um Pizarro aufzusuchen. In einem Meer von Thränen zu seinen Füßen knieend, flehte sie ihn bei der Sonne und beim Kreuze an, sich ihrer Leiden zu erbarmen, an ihren Qualen theilzunehmen und auf das Mitleid zu hören.... Pizarro jedoch hob sie ruhig in seine Arme, »Du, Ocollo«, sagte er zu ihr, »du kannst ihn retten«. »So unauslöschlich, so heftig ist die Liebe, die du in mir entzündetest, daß in dir allein seine Rettung liegt. Ergieb dich meinen Schmeicheleien....« Zitternd betrachtete die Unglückliche den Helden bald mit Entrüstung, bald warf sie sich ihm zu Füßen, bald war sie in tiefer Betäubung ein Opfer heftiger Zuckungen. Alles war umsonst, Pizarro in seiner Raserei war bei Thränen unempfindlich. Ocollo kehrte nach dem Zelte Atahulpas zurück. »Nein«, sagte sie zu ihm, »weder meine Liebe, noch meine Schwäche, noch mein Gott erlauben mir, es an der ehelichen Treue fehlen zu lassen; es wäre denn, um mich den barbarischen Liebkosungen Pizarros zu ergeben, so hätte ich die Fesseln, die dich bedrücken, schon gesprengt«. »Oh!« rief der Unschuldige aus, »und zitterst du nicht davor, diese abscheulichen Worte auszusprechen.« »Ja, Atahulpa, komm mit deiner Hand an meinen Busen, du wirst seine Erregung sehen. Aber noch verdiene ich deine Liebe, noch bin ich würdig, dich zu retten, gewähre die letzte Bitte. -- Ich werde mich dem Unmenschen ergeben, werde deine Ketten brechen, und werde auf die Spitzen der beschneiten Anden fliehen, und werde mich in die Fluthen stürzen, und dort meine Schande begraben; aber ich werde Atahulpa retten.« »Gottlose,« rief der Inka aus, »und du erdreistest dich, mir so einen schimpflichen Vorschlag zu machen!... Die Flammen sollen mir ein Bett von Blumen sein.« Es war ein Jammern und Wehklagen, aber die Tugendhaftigkeit flößte ihnen zeitweise Ruhe ein. Pizarro, der vor Liebe brannte und der den edlen Stolz Atahulpas sah, blieb, um sich an der Schönheit Ocollos zu ergötzen, kein anderes Mittel, als die Gewaltthätigkeit übrig. Vor Raserei toll geworden, in seinen Hoffnungen genarrt, würde er die Schöne mit Gewalt an sich gerissen haben, wenn Luque ihm nicht in des Himmels Namen nachdrücklich sein Verbrechen zu erkennen gegeben hätte. Doch die Augenblicke entflohen und das Urtheil mußte, um sich des Inkas zu entledigen und Cajamalca angreifen zu können, vollzogen werden. Auf Pizarros Befehl ging Soto in das Zelt Atahulpas hinüber, um Ocollo hervorzuholen und nach der Stadt zu führen. Soto sagte ihr blos, daß der General sie zu sprechen wünschte, und der Inka erinnerte sie mit Bestimmtheit an die hochheiligen Pflichten eines Weibes. Als er sie bereits aus dem Zelte Atahulpas hervorgeholt hatte, schärfte er ihr auf das Genaueste ein, nach der Stadt zu gehen, da es ihr bereits ebensowenig erlaubt war, die Zelte der Spanier zu betreten. Die Schöne wollte in Mitten ihres Taumels bald von Neuem zu Füßen Pizarros, bald an die Seite ihres Gatten fliegen und auf seinem gleichen Blutgerüste sterben, bald brach sie in gerechte Verwünschungen gegen die von Osten Gekommenen aus; aber gefühllos bei den Qualen Ocollos, riß sie Soto heftig nach Cajamalca fort. Als Ocollo sich in der Rathsversammlung vorstellte und alle die Einzelheiten des Urtheils des Inkas berichtete, glänzten Entrüstung und Tapferkeit in den Augen der arglosen Peruaner, und sich zum Kampfe zu rüsten und auf dem Schlachtfelde umzukommen, oder den Inka zu retten, war der allgemeine Ruf, der in Cajamalca widerhallte. Coya hoffte immer noch auf das Versprechen ihres Almagros, und sie flehte zu ihrem neuen Gott, er möchte gerecht sein, damit sie ihn liebte. Sowie Ocollo aus dem Zelte des Monarchen heraustrat, ging Luque, der von seinem Fanatismus getrieben, dem Schuldigen mit dem heiligen Abendmahl beistehen zu müssen glaubte, den Inka zu besuchen. »Der Augenblick ist angelangt,« sagte er zu ihm, »dein Tod ist beschlossen und das Urtheil ist unabänderlich.« »Ich weiß es, Priester, ich bin bereit; ich bin unschuldig, ich war gerecht und fürchte nichts von dieser strahlenden Sonne, die uns erleuchtet.« »Tausendmal habe ich dir dargelegt, daß die ewige Erlösung nur im Christenthum zu finden ist, daß der höllische Geist dich in der Ketzerei verblendet und daß der wahrhaftige Gott dir durch meinen Mund befiehlt, in seine Arme zu eilen und die Götzendienerei aufzugeben.« »Dieses erhabene Gestirn,« sagte er, die Sonne betrachtend, »ist der wahrhaftige Gott, er verbreitet die Glückseligkeit über die Erde und belebt das Weltall; jener ist mein Gott und jener wird meinen Geist empfangen.« »Halte dich an die Gnade Jesu Christis.« »Dein Gott kann kein Erbarmen haben, da du sein Priester bist.« »Wehe dir, Atahulpa, wenn du in Sünde stirbst.« »Ich bitte dich darum, Luque, gehe zu deinen unmenschlichen Gefährten, sage, sie sollen meine Hinrichtung vorbereiten, aber laß mich ruhig sterben, plage mich nicht mit deinem düstern Fanatismus, bis ich meine müden Augenlider schließe.« »Du wirst als Ketzer in den Flammen sterben und in den Flammen wirst du deine ewige Pein finden.« »Mein Geist ist ruhig.« Brüllend vor Wuth ging Luque und legte seinen Gefährten die gottlose Hartnäckigkeit des Inkas, seine Lästerungen, seine Frevelthaten und seine Ruchlosigkeit dar. Alle schwuren ihm ihren Abscheu zu und der Scheiterhaufen wurde vorbereitet, um, wie Luque sagte, diesen Hund zu verbrennen. Das spanische Lager stand inzwischen unter Waffen, wenn aber Alle mit Entrüstung die Gottlosigkeit Atahulpas ansahen, so gab es doch noch gefühlvolle und edle Spanier, welche die Ungerechtigkeit seines Todes kannten und Almagro rechnete auf Anhänger. Wohl wußte Pizarro, daß die Fackel der Zwietracht in seinem Lager brannte, er verhielt sich aber klug und fuhr beständig in der Ausführung seiner Pläne fort. Das Urtheil sollte schon vollzogen werden und ein großer Scheiterhaufen brannte angesichts Cajamalcas und der Eindringlinge, als hundert Bataillone schneller, tapferer Peruaner hervorbrachen, um unter den Waffen der von Osten Gekommenen den Tod zu suchen, oder ihren unglücklichen und angebeteten Herrscher zu retten. Pizarro erkannte die Gefahr und bereitete sich muthig zum Kampfe vor. Soto bewachte mit hundert auserlesenen Männern den Inka und die Schätze, und Pizarro an der Spitze der vierhundert Uebrigen erwartete ruhig den überflutheten Strom, der ihn bedrohte. Da die Peruaner mit der Kriegsführung und den Waffen der Spanier durch den mit ihnen gehabten Verkehr ein wenig vertraut geworden waren, die fromme Verehrung, die sie ihnen eingeflößt hatten, größtentheils verloren gegangen war und sie vor Rachedurst brannten, konnte der Kampf nicht umhin, zweifelhaft, blutig und hartnäckig zu werden. Wie ein Strom stürzten sich die Peruaner über die spanischen Lanzen her, und obschon das Feuer der Kanonen und der Hackenbüchsen die Reihen lichtete, fielen sie tapfer, ergriffen aber nicht die Flucht; sie erholten sich wieder, luden von Neuem und horchten auf die Befehle des beherzten Huascars. Obwohl Almagro und seine Anhänger wußten, daß ihnen kein anderes Mittel blieb, als Sieg oder Tod, kämpften sie jedoch nicht auf das Aeußerste und noch weniger flößten sie Pizarro Vertrauen ein. Der Kampf war hartnäckig, das Geschrei der Verwundeten und der Anstürmenden mit dem Donner der Kanonen hallten fürchterlich; die vierhundert Spanier waren ebensoviele Helden, aber bereits waren einige unterlegen, indeß vielleicht die Peruaner Verstärkungen aus der Stadt zuzogen. Pizarro erkannte das Mißliche seiner Umstände und er befahl Soto, Atahulpa zu erschießen und mit den hundert auserlesenen Soldaten zu laden. Ruhig fiel der Inka vor der Sonne auf die Kniee nieder. »Du willst es,« rief er aus, »wohlthätige Gottheit, ich werde in deine himmlischen Wohnungen eingehen, aber den Untergang oder den Sieg deines Reiches werde ich nicht mit ansehen.« Im Augenblick fiel er als ein Opfer des brennenden Bleies und Soto lud wüthend in dem Kampf. Schon gaben die Peruaner nach, und mit der Ankunft der neuen Streiter erklärte sich der Sieg und sie flohen nach der Stadt. In dem Getümmel der Schlacht suchte Almagro, die Gefahren verachtend, sehnsüchtig seine angebetete Coya, um sie vor den Streichen irgend eines Unmenschen zu schützen. »Ah! Treuloser,« sagte sie zu ihm, als sie ihn sah. »Ich bin unschuldig,« wiederholte ihr der Krieger, »ich verehre dich,« und sie mit seiner Waffe schützend, suchte Coya umsonst den Tod zu geben, noch ihn zu empfangen. Endlich siegte Pizarro; die Peruaner schlossen sich, aber erst nachdem sie sich mit Muth und Verzweiflung geschlagen hatten, in den Mauern Cajamalcas ein. Der Kampfplatz war mit Indianerleichen übersäet, aber auch die Spanier erlitten, trotzdem sie sich mit ihren Panzern vor den schwachen Waffen ihrer Feinde bedeckten, einige Verluste; sieben Todte blieben auf dem Schlachtfelde, drei wurden als Gefangene nach der Stadt fortgeschleppt und viele Verwundete waren kampfunfähig. Die in ihrem Blute geröthete Leiche des Inkas besänftigte den Zorn des fanatischen Luques nicht; noch brannte der Scheiterhaufen, worauf er hätte aushauchen sollen, und sein Leib wurde, weil er in Ketzerei und Sünde gestorben war, in die Flammen geworfen und seine Asche, als der Bestattung unwürdig, dem Winde übergeben. Der Inka Atahulpa war das erste Opfer, welches der Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts an den Küsten des südlichen Meeres vor seinen schwarzen Altären opferte, und mit seinem berühmten Namen eröffnete sich das peruanische Märtyrerthum. [Illustration] [Illustration] Kapitel 14. Cajamalca. Obschon sich die Peruaner mit der einem Volke eigenen Verzweiflung schlugen, das für seine Gesetze, seine Reichthümer und seine Götter kämpft, war ihre Niederlage dennoch eine vollständige und sie flohen bestürzt, um sich in den schwachen Mauern einzuschließen; das Schlachtfeld wurde mit Leichen bedeckt und tausend Gefangene geriethen in die Gewalt der Sieger. Verstellung war bereits unmöglich; der Augenblick der Entzweiung war angelangt und das Gold und das Blut sollten von einer Welt zur andern fließen. Die fanatischen und ehrgeizigen Eindringlinge hatten ebensowenig eine andere Zuflucht, als Sieg oder Tod, und die Schlacht von Cajamalca bekäme einen neuen Zeitabschnitt. Kämpfend, oder um besser zu sagen, seine angebetete Coya schützend, wußte Almagro nichts von dem Tode des Inkas, und als er seinen Leichnam sah, durchschaute er endlich die Zurückhaltung seiner Gefährten gegen ihn; aber wenn er, von dem Fanatismus seines Jahrhunderts beherrscht, die Anklagen seiner Angebeteten fürchtete, bedauerte er vielleicht das Schicksal des hartnäckigen Götzendieners nicht. Die dunkeln Anforderungen des sechszehnten Jahrhunderts mußten erfüllt und die Gefangenen zu Boden geschlagen werden, und der Leichnam des Inkas wurde unter traurigen Bräuchen auf den noch brennenden Scheiterhaufen geworfen. Wie ein Rasender lief Luque mit dem Cruzifix in den Händen die Reihe der Gefangenen ab, indem er sie ermahnte, das Kreuz anzubeten; ein unwiderruflicher Befehl verurtheilte denjenigen, der das Wasser der Taufe nicht empfinge, zu ewiger Knechtschaft und die bestürzten Gefangenen bogen dem Priester ihren Nacken, um das erlösende Wasser zu empfangen, und indessen verbarg sich die Sonne trüb und düster zwischen leichten Wolken, und ihre Anbeter warfen ihre zitternden Angesichter auf die Erde nieder, und vielleicht ihren Zorn befürchtend, brachen einige von feurigerem Blute in furchtbare Verwünschungen gegen den Gott der von Osten Gekommenen aus, und sie wurden in die Flammen geworfen und ihre Asche dem Winde übergeben, und weder Pizarro noch der wüthende Luque waren Verbrecher, weil es ein Verbrechen ihres Jahrhunderts war. Da die Feindseligkeiten bereits mit aller Wuth ausgebrochen, sehnten sich die Abenteurer nach dem Augenblicke, Cajamalca anzugreifen und das Reich zu beherrschen. Der Eroberer glaubte, daß weder den Großen noch dem Volke etwas von den blutigen Auftritten auf dem Schlachtfelde verborgen bleiben dürfte, damit so der Schrecken seine Flügel im ganzen Umkreise ausbreitete und er gab wirklich zehn Gefangene frei, die voller Schrecken in der Stadt anlangten, wo man von Allem nichts wußte. Als man den Tod des Inkas, die Verbrennung seines Leichnams, die Knechtschaft oder die Taufe der Gefangenen, die Wuth des Schicksals endlich, das dem Reiche drohte, erfuhr, erzitterte das Volk, und umsonst verhielten sich die Priester ruhig, um Trost zu spenden und demüthige Bitten an ihren Gott zu richten. Feierliche Grabgesänge wurden in dem Tempel für den Inka und für die in den Flammen oder auf dem Kampfplatz Gestorbenen angestimmt; aber die niemals mit Blut gefärbten Sonnenaltäre begehrten den der drei gefangenen Spanier, die man in der Schlacht ergriffen hatte, nicht. Zum Tempel geführt, wohnten sie den Feierlichkeiten der Peruaner bei, und im Namen der Sonne frug sie Vericochas nach der Herkunft ihrer Vorfahren und nach den Beweggründen ihres Betragens. Obschon nur einfache Soldaten, waren die Gefangenen genügend scharfsichtig, um sich prunkvoller und räthselhafter Ausdrücke zu bedienen, welche die Verwirrung der Peruaner vermehrten; stark genug, fürchteten sie die Drohungen Huascars und der Krieger nicht und hielten unerschrocken einen geheiligten Ursprung und Charakter aufrecht. Von einem der tödtlich Verwundeten jedoch quoll das Blut in Strömen und Todesblässe malte sich in seinen Zügen. Sorgfältig beobachteten die Peruaner, daß das Blut das Leben jenes hinfälligen Körpers war, sie sahen, wie ihre Waffen in sein Fleisch gedrungen waren, wie die Beschaffenheit des Leibes der ihrigen gleich war, und sie überzeugten sich, daß es hier nichts Uebernatürliches gab, daß die von Osten Gekommenen auch Menschen und dem Tode unterworfen waren. Nachdem die Gefangenen ihrer Rüstungen und Panzer entblößt worden waren, betrachteten sie deren Herstellung und überzeugten sich, daß die Kunst und nicht die Natur sie unverwundbar gemacht hatte, und von Tag zu Tag verloren die Eindringlinge jene zauberhafte Gewalt, womit sie siegten, ehe sie in den Kampf zogen. In Thränen versunken, wagte Coya kaum, vor dem Gotte, den sie, von einem treulosen Geliebten verführt, der ihr Geburtsland in Trauer und Trümmer begrub, verlassen hatte, die Augen im Tempel zu erheben, und trostlos, rührte Ocollo mit reichlichen, heißen Thränen das Mitleid und den Zorn der Vasallen des Inkas. Vericochas erinnerte die Peruaner an die Dankbarkeit, welche sie Gott schuldeten, und Huascar verkündete beredt den Ruhm und die Freiheit. Oh! wenn die Peruaner auch mörderische Waffen hätten!... Pizarro dachte lebhaft an die Einnahme Cajamalcas, und er schickte sich an die Stadt zu betreten, und den Bewohnern den Rückzug abzuschneiden, damit sie die Schätze nicht mitnehmen konnten. Zweimal floh das mächtige Heer, das ihn hätte einschüchtern können, bei dem Donner der Kanone und den Angriffen der Reiterei. Konnten ihm tausend Gefangene, die in ihren Zelten seufzten, hinderlich sein, so waren sie ihm für die Führung und die Fortschaffung seiner Abtheilung gleichfalls unentbehrlich, und er mußte sich ganz entschieden daran machen, das Reich zu erobern, und auf den Schutz des Himmels rechnend, den Luque verhieß, theilten die Abenteurer die ausgedehnten, üppigen Landschaften bereits freudig unter sich. In dem Augenblicke, als die Auszügler in San Mateo landeten und sich der großartigen Entdeckung vergewisserten, schickten sie, ihre Agenten um Hülfe bittend und für die Regierung Papiere übergebend, ein Boot nach Panama ab, sie hatten aber nicht die geringste Nachricht erhalten, noch war es möglich, daß sie mit Bestimmtheit weder auf Verstärkung noch Mittheilungen hoffen konnten; sie mußten angreifen und die Erfahrung sicherte ihnen den Sieg. Trotzdem, daß der Fanatismus und die Voreingenommenheiten Almagro beherrschten, fühlte seine der Zärtlichkeit und dem Mitleid leicht empfindliche Seele mit um so größerer Macht die Einflüsterungen der Liebe. Zweimal war nach der Schlacht und nachdem die Mittheilungen abgebrochen worden waren, die Sonne im Osten erschienen, und fern von seiner Coya, war ihm das Dasein unerträglich. Obgleich wild und vom Ehrgeiz beherrscht erinnerte sich Pizarro ebenfalls mit Schmerzen der Reize der schönen Ocollo, und wie ein blutdürstiger Tiger lauerte er auf die Beute, um sie zu verzehren. Der fanatische Luque, welcher den Weg seiner ewigen Seligkeit in der Bekehrung der neuen Welt, oder indem er die Götzendiener, welche mit ihrer Sonnenanbetung die göttliche Majestät beleidigten, in den Flammen umkommen ließ, offen sah, richtete ruhig seine Gebete zum Himmel, und er war es, der sich am heißesten nach der Eroberung des Reiches sehnte. Cajamalca mußte in seinen Mauern üppige Schätze einschließen; es bot den Eroberern die Bequemlichkeiten, auf Verstärkungen zu hoffen und sich zu erholen, da sie nicht nach Cuzco, der Hauptstadt des Reiches gehen konnten, ohne daß sie zuerst Cajamalca, das ihnen als Stufenleiter bei der Eroberung dienen sollte, einnahmen. Zwei Nächte waren vergangen; im Lager Pizarros war es ruhig und die mit Kriegern besetzten Mauern der Stadt schienen die Feinde zu beobachten. Die Peruaner fanden jedoch keinen großen Vortheil dabei, Cajamalca hartnäckig zu behaupten, und sie zogen jene kostbaren Sachen und geschichtlichen Denkmäler oder Quipos, welche sie mit Schmerzen in den Händen ihrer Feinde gesehen hätten, nach Cuzco zurück; das Gold aber und die edlen Metalle waren in ihren Augen viel zu verächtlich, als daß sie daran dachten, dieselben zu retten. Die Dinge waren zur äußersten Entzweiung gelangt und das eine wie das andere Lager schickte Vorposten aus, die den Feind mehr in der Nähe beobachteten. Obschon seinem Charakter und Grade nach nicht geeignet, lieh sich Almagro, damit es ihm leichter würde, wenigstens seine Geliebte zu sehen, täglich zu dieser Art Dienst. Wenn die Sonne ihren Lichtstrom ergoß, suchte der unglückliche Geliebte nahe den Mauern ängstlich seine Angebetete und seine schmachtenden Seufzer ertönten bis in die Umkreise der Stadt. Da eines Tages unterschied er sie zwischen den Kriegern dort auf den Mauern und auch Coya erkannte ihren Almagro. Ihre beredten Blicke verstanden sich und bei Tagesneige sollten sie sich auf den Vorposten sprechen. Der blasse Almagro sehnte den Augenblick herbei, seine Schöne zu sprechen, denn auch er hatte seinen gerechten Zorn und seine traurigen Seufzer. Die Stunde kam an, Coya trat mit der Bedeckung aus der Stadt heraus und Almagro durchlief bereits ungeduldig den Kampfplatz. Sie hatten sich bald erkannt und eine starre Betäubung bemächtigte sich der beiden gefühlvollen Herzen. Unwillkürlich eilten sie nachher, wie von einem unwiderstehlichen Drange hingerissen, sich zu umarmen und in stummem und beredtem Stillschweigen warfen sie sich zärtliche Blicke zu und erleichterten die geängstigten Herzen, als Coya, in einem Meer von Thränen, trostlos ausrief: »Unmensch, wenn du doch zur Liebe geboren wurdest und die Zärtlichkeit verkennst, warum hast du mich unglücklich gemacht?« »Coya!« »Dort die tiefe Hölle hat euch aus ihren Höhlen geschleudert, um das Reich zu verheeren. Die Ruhe, das Lächeln, das Glück, entflohen auf immer von diesem Boden bei der Ankunft der von Osten Gekommenen; wenn du nicht wärest, läge ich unter dessen Trümmern begraben, aber nimmermehr würde ich unter so düstern Qualen seufzen.« »Zerreiße mein Herz nicht, du weißt es, Coya, ich bin gefühlvoll und bete dich an.« »Und betest mich an und schwurst mir, den unschuldigen Monarchen zu retten, und der unglückliche Inka wurde ein Opfer der Söhne des Verbrechens, deiner Gefährten.« »Mein Einfluß und deine Liebe wären hinreichend gewesen, um ihn zu retten, aber die peruanischen Bataillone fielen über unsere Zelte her, der Kampf entbrannte, vielleicht sollten wir mit fortgerissen werden, und die Wache, welche den Inka bewachte, mußte unsere Reihen verstärken. An deiner Seite, dich vor den tödtlichen Streichen der Waffen rettend, erfuhr ich nichts, noch hätte ich etwas verhüten können.« »Und nachdem er in die Flammen geworfen worden war, übergaben sie seine Asche dem Wind. Die adeligen Krieger, welche ermattet oder verwundet in eure Gewalt geriethen, verließen, frevelhaft mit dem Dolche bedroht, ihren Gott, oder wurden zu Sklaven gemacht, oder in die Flammen geworfen, eure aber, welche vor unsern Waffen wichen, leben....« »Ja, Coya, vielleicht ein Irrthum, aber ich bin unschuldig.... Glaube mir, das unerbittliche Schicksal hat mit unsern Waffen das verhängnißvolle Ende des Reiches der Inkas bezeichnet; müde, die götzendienerische Herrschaft auf Erden zu dulden, hat der gerechte Gott den Befehl zur Ausrottung gegeben; fliehe aus seinen Trümmern, komme zu mir in mein Lager, die Liebe wird ihr zauberhaftes Entzücken spenden.« »Meinen wohlthätigen Gott habe ich verlassen und noch genügt es dir nicht, ich soll mein Vaterland und die Tugend verlassen! Ah! wie sagte mir doch mein Herz, daß deine Liebe ein schwarzer Unstern sein mußte!« »Es wird kein schwarzer Unstern, es wird der Regenbogen der Ruhe und des Glückes sein. Du betest meinen Gott an und in ewigen Banden werden wir die Liebkosungen miteinander austauschen.« »Nur durch deine Verführung verließ ich die Altäre des Gottes des Tages, und seither zeigt er mir, bleich und trübe, vor meinen Augen seinen Zorn an, und dies ist dein größtes Verbrechen und meine größte Qual.« »Von deinem Almagro verehrt, von dessen Gefährten geliebt, eile in seine Arme, fliehe vor dem Untergang, womit der Himmel dein Land bedroht.« »Ich werde, ohne dem Gotte, den du mich hast anbeten heißen, undankbar zu sein, unter seinen Trümmern begraben werden; mit den Waffen in der Hand werde ich für die Freiheit Perus sterben.« »Dein Wohl und meine Glückseligkeit gebieten es.« »Nein, hoffe nicht, mich in noch größere Verbrechen zu stürzen. Deinetwegen habe ich meinen Gott verlassen, verlasse meinetwegen deine höllischen Gefährten; die Peruaner werden dich mit offenen Armen empfangen, du wirst ein Held der Freiheit sein und deine Tugend wird ewig währen.« »Und du wagtest, Coya ... niemals ... niemals....« Die beiden unglücklichen, zärtlich umschlungenen Geliebten vergossen zahlreiche und heiße Thränen. »Laufe nicht dem Tode nach,« sagte Almagro zu ihr; »Blitz auf Blitz wird über Cajamalca hereinbrechen, die Stadt wird in Staub und Asche versinken; fliehe vor dem Tode, vermeide die Gefahren, mögest du mich nicht in die bitterste Trostlosigkeit begraben.« Da die Verführung auf der einen und andern Seite nutzlos verlief, kehrte Coya, nachdem sie über die Art und Weise, sich in der Folge zu sehen, übereingekommen waren, nach der Stadt und Almagro nach seinem Lager zurück. Pizarro und Luque erkannten, daß sie nicht länger auf Nachrichten von Panama hoffen durften, und daß Cajamalca ihnen sehr geringen Widerstand entgegensetzen würde. Sie brachten in einer nahen Gebirgsgegend zwei Feldstücke unter, und vierhundert Mann in verschiedenen Stellungen ausbreitend, fingen sie an, die Stadt zu beschießen. Trotzdem es nur Feldstücke waren; waren die Mauern und Gebäude so schwach, daß sie die größten Verheerungen anrichteten, und nach eintägigem Feuern hatten sie Bresche geschossen. Die Peruaner kannten die Kriegskunst, eine Belagerung auszuhalten, nicht, ihre Waffen waren machtlos auf Kanonenschußweite und ihre Anstrengung wäre umsonst gewesen. Huascar lief tapfer die Mauern und die Stadt ab und ermuthigte das Heer; aber Ausfälle gegen den Feind wären, wie es ihnen die Erfahrung zeigte, als sie den Inka retten wollten, wirkungslos und theuer erkauft, und Cajamalca zu behaupten, war nicht von der größten Bedeutung. Ein ehrlicher Rückzug, der das Heer rettete, um Cuzco zu befestigen und sich bis auf den Tod zu schlagen, wäre für das Reich das Vortheilhafteste und der Oberbefehlshaber und der Senat ordneten auf Mitternacht den Rückzug an. Pizarro konnte mit wenig Leuten nicht erwarten, alle Punkte zu decken, er hatte aber gleichwohl Vorposten, welche die Wege beobachten sollten. Er bereitete sich vor, am folgenden Tage einen Angriff zu machen, als er in der Nacht die Nachricht bekam, daß sich das zahlreiche Heer auf der Hauptstraße nach Cuzco zurückzöge. Es von Neuem in die Flucht schlagen zu wollen, konnte seine kurze Abtheilung bloß stellen, da er nicht wußte, ob Streitkräfte, welche in der Stadt verblieben, ihn als Nachtrab angreifen würden, und es nicht in seinem Interesse lag, einen hartnäckigen Zusammenstoß zu veranlassen. Alles entschied ihn dazu, den neuen Tag abzuwarten, und als bereits die Sonne die Gipfel vergoldete, schickte er Vorposten aus, welche nachsehen sollten, ob die Bresche thunlich war und welche die Bewegungen der Stadt beobachten sollten. Grabesstille herrschte in den Mauern und in den Umkreisen der Ortschaft, und es war kein Zweifel, daß das Heer und die Bewohner ihre Wohnstätten der Willkür des Feindes preisgegeben hatten. Pizarro rückte mit seiner Colonne heran, und ohne die geringste Erstarrung und ohne daß sie einen Bogen schwirren, noch eine schwache Lanze drohen sah, übersprang sie die Bresche, besetzte die Mauern, zerstreute sich auf Plätzen und Straßen und pflanzte das triumphirende Banner Castiliens in Cajamalca auf. [Illustration] [Illustration] Kapitel 15. Knechtschaft. Gewiß, daß keine verborgenen Streitkräfte sie bedrohten, und ihres Sieges sicher, wurde die Stadt von den Siegern der Plünderung preisgegeben und die Eindringlinge begingen alle dem Kriege eigenen Verbrechen. Grausam zu Boden getreten, sahen sich die Bewohner Cajamalcas sogar den goldenen Zierrath entreißen, der sie bedeckte; viele waren ein Opfer der Wildheit; zarte Jungfrauen verloren ihren Schatz, der keusche Ehegatte sah seine Ehegattin geschändet und das Weinen und Wehklagen ertönte in den Umkreisen der Stadt. Die Liebe, welche Ocollo Pizarro eingeflößt hatte, war kein vorübergehendes Aufflackern, es war ein unauslöschliches Feuer, das sein Herz quälte und seine Brust zerriß. Da er die Liebe kannte, welche sie zum Inka hatte, glaubte er, daß sie die Nachricht seines Todes nicht überleben würde, und sehnsüchtig frug er die Bewohner nach derjenigen, die seine Zufriedenheit entriß, und als er mit Bestimmtheit erfuhr, daß sie mit dem Heere floh, glänzte, durch die Hoffnung ermuthigt, sie eines Tages in seine Arme schließen und seine unzüchtigen Begierden sättigen zu können, ein wildes Lächeln in dessen Augen; aber die Erinnerungen der Liebe versüßten seine Seele nicht und vergebens flehten die Unglücklichen sein Mitleid an. Vericochas zog gleichfalls mit dem Heere, nicht weil er befürchtete, ein Opfer seiner Glaubenslehren im Tempel zu werden, sondern weil Huascar, um nicht einen so unschätzbaren Schatz zu verlieren, ihn nöthigte, sich zu retten; es wurde aber, da unter den Peruanern die geheiligten Sachen so hoch verehrt waren, daß sie nicht begreifen konnten, wie die Wildheit ihrer Feinde so weit ging, dieselben mit Füßen zu treten, dem Heiligthum nichts entnommen. Nach sechsstündiger Wuth und Plünderung gab Pizarro ein Zeichen und die Verheerungen hörten auf, ohne daß der Tempel der Sonne, um seine Zierden zu entreißen, geebnet worden wäre. Noch mit dem Blute der Unschuldigen gefärbt, mit den Schätzen, welche sie entrissen hatten, beladen, stellten sich die Abenteurer beim Schalle der Trommeln auf, und der fanatische Luque erhob das Kreuz in seiner Rechten und richtete sich an seine Landsleute: »Dieses Siegeszeichen,« schrie er, »stürzte die Mauern ein und öffnete euch die Thore der Stadt; stundenlang habt ihr Zeit gehabt, um euch den Preis eurer Mühen zu verschaffen, einige Augenblicke sollen dazu gewidmet werden, dem Herrn zu danken und seine Barmherzigkeit zu segnen,« sagte er, und sich seiner Schuhe entledigend und ein großes und schweres Kreuz auf den Achseln tragend, ging er auf den Tempel zu und befahl, dessen Thüren zu erbrechen. Verwundert blieben die Sieger beim Anblicke so großer Herrlichkeit und so vielen Goldes stehen, und Luque heftete in Mitten der allgemeinen Betäubung seine funkelnden Blicke auf das Sinnbild der Sonne und auf die Bildnisse der Gerechten, welche die Gottheit Perus umgaben. »Fürwahr, ihr Christen,« rief er, ohne noch von dem Kreuze, das seine Schulter niederbog, gelassen zu haben, erglühend aus, »da habt ihr die barbarischen Götzenbilder dieses verdammten Reiches; was haltet ihr euch auf, richtet diese Teufelspracht zu Grunde!« Für fromme Handlungen hörten die Abenteurer auf, Soldaten zu sein und die Befehle Pizarros zu erwarten; es waren nichts als Fanatiker, welche auf die Stimme eines menschenfresserischen Priesters hörten. Wie hungrige Wölfe, wie schlecht angeschossene Tiger stürzten sie sich über die unschuldigen Bilder her, zertrümmerten und zerrissen dieselben und schleiften sie unter Freudengeschrei durch den Tempel. Dann pflanzte Luque die Fahne Zions auf, gebot der gottlosen Zerstörung Einhalt, und Feuer aus den Augen sprühend, murmelte er Teufelsbeschwörungen, um den Satan aus jenem Raume zu verjagen, und dem Herrn der Siege dankend, wurde ein feierliches _Te Deum_ gesungen. Obschon die bestürzten Einwohner Cajamalcas an den verborgensten Punkten einen Zufluchtsort gesucht hatten, verbreitete sich in der Stadt gar bald die in dem Tempel begangene Entweihung, und die Peruaner schauderten vor Entsetzen, ihre Götter so schändlich entweiht zu sehen, und in ihren Adern glühte der Geist der Rache und ihre Herzen fühlten einen allen Gefahren überlegenen Muth. Wie gewiß ist es, daß sich der Sieger, welcher die Voreingenommenheiten der Völker nicht achtet, eines Tages besiegt sehen wird! Die Peruaner sahen den Untergang ihrer Freiheit und ihrer Gesetze an, sie sahen, wie man ihnen ihre Schätze entriß, ihre Jungfrauen schändete, das Blut ihrer Söhne vergoß, und sie litten in furchtbarem Stillschweigen; aber als sie ihre Tempel entweiht und ihre Götter weggeschleppt sahen, platzte ihre Entrüstung und ihre Rache los. Noch beim Absingen des _Te Deums_ wurden die Sieger von den wenigen kräftigen Bewohnern, welche in der Stadt geblieben waren, im Tempel angefallen, und an eine Ueberraschung glaubend, erschraken sie und viele waren ein Opfer der Wuth der Besiegten. Nachdem sie sich endlich wieder erholt hatten, wurden die Peruaner in dem Tempel geopfert und der religiöse Fanatismus entflammte die Seelen für einen Krieg bis auf den Tod. Zum Blutbade rufend, gab Luque nachher die Seelen der Besiegten dem Teufel und jedem der Soldaten zehn Tage Ablaß. »Diese Barbaren,« rief er aus, »von dem Teufel, der seine Macht in diesem Reiche zu Ende gehen sieht, hingerissen, haben die Heiligkeit unseres Festes entweihen wollen; im Tode und in der höllischen Pein haben sie ihre würdige Strafe gefunden. Es gebe kein Erbarmen, ihr Christen, die Götzendiener kennen keine Reue und Barmherzigkeit; wer das Wasser der Taufe nicht empfängt, werde in Gottes Namen verbrannt.« Beim Verhängen dieses Urtheils schien das ganze Reich zu erzittern. Inzwischen war Pizarro nicht mehr als ein Christ, der demüthig auf die Stimme des Priesters hörte und beim Aussprechen eines Bannfluches bebte. Vor dem Kreuze niederknieend, gab er seinen Soldaten das Beispiel des Gehorsams, und in seinem Innern kämpfte der Ehrgeiz, die Blutgier, seine verzweifelte Liebe und der brennende Wunsch ewigen Wohlergehens. Zu seiner Linken ebenfalls knieend, zeigte Almagro in seiner Miene die Zeichen von Fanatismus; aber gefühlvoll geboren und kräftigeren Verstandes als Pizarro, mißbilligte sein Herz das Betragen seiner Gefährten, und er zweifelte, daß ein Gott des Friedens mit Vergnügen das Blut unschuldiger Opfer fließen sähe. Die Liebe zu Coya und das seinen Gefühlen so entgegengesetzte Betragen seiner Gefährten veruneinigte ihn jeden Tag immer mehr mit den Interessen seiner Waffenbrüder und der Bürgerkrieg war sehr nahe daran, im Lager der Sieger auszubrechen. Unermüdlich in seinem Bekehrungseifer und unversöhnlich in seinem Blutdurst, wenn es sich um Götzendienerei handelte, stieg Luque auf die Kanzel im Tempel, predigte den Abenteurern ausführlich von den christlichen Geheimnissen, erinnerte sie an das Leiden Christis, stellte als Hauptglaubensgrundsatz auf, daß es nicht einmal eine erläßliche Sünde sei, einen Götzendiener zu tödten, und daß, wo die Indianer nicht das Wasser der Taufe empfingen und, was ein heilsames Mittel sei die ewige Seligkeit zu erlangen, das Glaubensbekenntniß ablegten, man sie den Flammen übergeben solle, um mit dem Teufelsgeschlecht auf Erden fertig zu werden. Freilich waren die Eroberer der neuen Welt, welche, um ihren Ehrgeiz zu sättigen, die Meere durchfahrend, in den Tod gingen, im Allgemeinen sittenlose Abenteurer, es waren aber am Ende Männer des sechszehnten Jahrhunderts, die sich bei den Worten des Priesters demüthig niederwarfen und die ihre Leidenschaften verschwiegen, wenn die Wuth des mißverstandenen Christenthums sprach: Luque ermahnte im Namen Gottes und der allmächtige Luque beherrschte die Herzen und entflammte den Zorn. Dort, in dem selben Tempel wurde in der Folge der Beschluß dreier Jahrhunderte verhängnißvollen Krieges, der schimpfliche Beschluß, welcher eines Tages das Blut von einer Welt zur andern fließen lassen würde, gefaßt. »Alle Peruaner,« sagte das auf Tafeln geschriebene Gesetz, »werden das Wasser der Taufe empfangen und Sklaven des Königs im Osten sein; wenn sie aber gottlos auf der Götzendienerei beharren, werden sie in die Flammen geworfen und ihre Seelen dem Teufel überliefert werden.« Ah! unschuldiges Amerika! Oh! sechszehntes Jahrhundert, Schandfleck entlegener Geschlechter! Das Gesetz wurde auf Straßen und Plätzen veröffentlicht, und die Stadt zitterte und das Reich erbebte. Die unglücklichen, ihrer Reichthümer beraubten Bewohner, wo der Gatte die Gattin, die Geliebte ihren Geliebten, vielleicht ein alter verwundeter Vater die geschändeten Jungfrauen beweinte, hörten alle, von dem unmenschlichen Schmerze, ihren Tempel entweiht und ihre Altäre umgestürzt zu sehen, bedrückt, in starrer Betäubung das ruchlose Gesetz an. Der schwache Greis wollte zum Märtyrer seiner süßen Glaubenslehren werden, der kräftige Jüngling bot seiner wohlthätigen Gottheit seine Stärke und sein Blut an; die Jungfrau und die Gattin weinten um ihre Wittwenschaft und warfen sich den Gatten zu Füßen; es war lauter Trostlosigkeit; die dunkle Knechtschaft war der Preis der Abtrünnigkeit, der Scheiterhaufen der Inquisition das Ende ihrer unschuldigen Glaubenslehren. Gefühllos bei so großem Schmerz und so großem Wehklagen, begannen Luque und Pizarro mit der Ausführung des barbarischen Beschlusses. Die Unglücklichen, welche ergriffen wurden, mußten ihr Glaubensbekenntniß ablegen oder kamen in den Flammen um; Alle sahen sich genöthigt, in dem Tempel zu erscheinen, um der Religion ihrer Väter zu entsagen oder in die rauhen Wälder zu entfliehen und sich vor der Wuth ihrer Feinde zu befreien. Fern von seiner Coya, vielleicht befürchtend, ihre Liebe verloren zu haben, und obschon in eine unmerkliche Kälte versunken, ohne Hoffnung, sie wieder in seine Arme zu schließen, konnte Almagro die Greuelthaten, womit man das Christenthum beschimpfte und die Menschenwürde gering schätzte, nicht dulden. »Ueberzeuge,« sagte er zu Luque, »diese unglücklichen Bewohner mit der Beredtsamkeit, die dir Jesus einflößt, reiße sie aus der Götzendienerei heraus, aber der Dolch macht keine Christen.« Alles war umsonst; »Satan,« sagte der Priester, »vermag mehr als die Gnade,« und Pizarro vertheidigte schon darum die Sklaverei der Indianer, weil er sie kaum für Menschen hielt, und weil, wenn er sie nicht mit Ketten belud, sie leicht ihre Arme nach Rache ausstrecken würden. Beim Landen in der neuen Welt führte, da Pizarro weit eher Regionen zu entdecken, als Reiche zu erobern gekommen war, und da die Gelder der Gesellschaft nach den bei den ersten Streifereien gemachten beträchtlichen Auslagen zu gering waren, die Expedition sehr wenige Kriegsvorräthe mit sich, und vor Allem hatte sie einen großen Mangel an Pulver und Geschossen. Unter den Eindringlingen gab es Männer von genügenden Kenntnissen zur Gewinnung des Pulvers und zur Herstellung und zum Gießen der Metalle, und die Gebirge besichtigend, welche Cajamalca umgaben, fanden sie Salinen und Mineralien, so viel sie nur wünschen mochten, im größten Ueberflusse vor. Tausende von Unglücklichen wurden zur Ausbeutung der Bergwerke fortgeschleppt und kamen bei der Strenge einer beständigen und ihnen unbekannten Arbeit um, oder fielen in den Schlünden der tiefen Ausgrabungen erstickt nieder. Sie zogen die Urstoffe aus dem Innern der Erde hervor und hernach gossen und verarbeiteten sie die Europäer allein, damit ihre Sklaven nicht zerstörende Waffen verfertigen lernten. Die unglücklichen Peruaner schmiedeten ihre eigenen Ketten! Die Reichthümer, welche die Gebirge in ihren Höhlen bargen, beschränkten sich nicht nur auf Salinen und gewöhnliche Metalle; bei den Nachgrabungen fanden sich auch Gold- und Silberadern vor, die den Ehrgeiz der Sieger entflammten und eine Million Indianer zum Tode verdammten. Trotz des Ueberflusses an Gold, den die Amerikaner hatten, war ihnen die Kunst der Ausbeutung nicht bekannt, und niemals entnahmen sie den Gebirgen und Flüssen andere Metalle als diejenigen, welche die Natur verschwenderisch aus deren Schooße warf, und obschon diejenigen, welche Cajamalca umgaben, nicht die ergiebigsten der neuen Welt waren, so waren sie nichtsdestoweniger reich an Schätzen, die sich alsbald bei dem Schweiße zeigten, den die Indianer bei den Nachgrabungen unter der hartherzigen Leitung ihrer Besieger vergossen. Nach Entnahme großer Mengen von Salz und Schwefel verfertigten sie eine große Menge Pulvers, gossen unzählige Geschosse, worauf man die Eroberung des Reiches gründete, und schmiedeten schwere eiserne Ketten, woran sie die unschuldigen Sklaven, welche in ihrer Miene die Zeichen der Verzweiflung, sich vor Elend sterben zu sehen, und unter einer Arbeit gebeugt, die ihnen unwiderstehlich war, zur Schau trugen, um so leichter versichern konnten. Alle Bewohner Cajamalcas und von dem Lande, die das Wasser der Taufe empfingen, wurden zu den Nachgrabungen in den Bergwerken verdammt, und diejenigen, welche ihrem Glauben nicht entsagen wollten, flohen in die Gebirge oder retteten sich vor ihren Verfolgern nach Cuzco. Den unglücklichen Lastträgern wurde kaum das zum täglichen Unterhalte Unerläßliche angewiesen, und die Sieger sorgten, mit dem Degen in der Hand, dafür, daß die Arbeit betrieben wurde, und sie hatten das Recht, denjenigen, welchen sie für träge hielten, zu verwunden und zu tödten. So eine grausame Gewaltherrschaft brachte die unglücklichen Peruaner bis zur Verzweiflung, und mehr als einmal spürte man theilweise Aufstände, die aber immer durch grausame Metzeleien erstickt wurden. Um selbst die geringste Gefahr zu vermeiden, und da sie genügend Mineralien hatten, schmiedete man die Arbeiter mit schweren Ketten aneinander, welche, indem sie deren Arme zur Arbeit frei ließen, ihre Körper erdrückten und ihnen weder Ueberfall noch Vertheidigung ermöglichten. Mit Schmerzensthränen benetzten jene Unglücklichen die Schätze, die sie verfluchten. Eine Zeit lang war Pizarro im Namen des Königs von Spanien Herr aller Sklaven und sie arbeiteten in den öffentlichen Bergwerken und wurden von dem Schatze bezahlt. Bald aber machten, um sein Ansehen aufrecht zu erhalten, seine Freigebigkeit und der noch immer nicht gesättigte Ehrgeiz der Abenteurer, daß die Sklaven durch Geschenk oder Kauf in Privateigenthum übergingen. Der Herr hatte durch die ganze Nachkommenschaft hindurch das Recht über Leben und Tod und verschaffte sich die Wiedergeburt der Sklaven mit derselben Thätigkeit, mit denselben Mitteln und denselben Zwecken, wie diejenigen irgendwelcher anderer Hausthiere, die das Erbgut des Herrn vermehrten. Auf so eine ungeheuerliche Staatswirthschaft konnte die Eroberung eines Reiches nicht fußen! Und noch sind im neunzehnten Jahrhundert auf unsern Besitzungen von Asien und Amerika schlagende Spuren jener unmenschlichen Knechtschaft vorhanden. [Illustration] [Illustration] Kapitel 16. Verstärkung. Obschon mit Lorbeern und Schätzen beladen, befand sich doch die feindliche Abtheilung in den bedenklichsten Umständen, und die Eroberung Perus konnte ihr immer noch unter ihren Händen entwischen. Nur fünfhundert Abenteurer waren auf Pizarros Befehl in San Mateo gelandet, und die verschiedenen Klimas und die erbitterten Kämpfe hatten unter so geringen Streitkräften beträchtliche Verminderungen hervorgerufen. Mit Schätzen überladen hatten sie im Allgemeinen ihren Ehrgeiz schon befriedigt, und wären die Anführer nicht ebenfalls ruhmsüchtig gewesen, so wünschten wohl alle, in ihr Vaterland und in den Schooß ihrer Familien zurückzukehren, um die Früchte ihrer Gefahren und ihrer Unerschrockenheit zu genießen. Almagro, der Gewaltherrschaft Luques und Pizarros zum Theil immer entgegengesetzt, hatte ebenfalls Anhänger im Lager, und der Bürgerkrieg drohte mit größerem Schrecken, als die Eroberung des Reiches. So schwierige Umstände waren Luque und Pizarro, welche mit allen nur erdenklichen Mitteln den Ehrgeiz und die Begeisterung aufrecht zu erhalten suchten, nicht verborgen, aber ihre Anstrengungen hatten nicht immer den gewünschten Erfolg. Zu gleicher Zeit war Huascar mit einem mächtigen Heere nach Cuzco gezogen, und neue Truppenaushebungen machten, so furchtbar die Spanier auch in den Siegen gehaust hatten, die Eroberung des Reiches von Tag zu Tag ansehnlicher. Mit so schwachen Streitkräften konnte Pizarro, wenn er schon die Punkte San Mateo und die übrigen Häfen oder Küstenorte verlassen hatte, die Stadt Cajamalca nicht auch ohne irgend welche Kriegsmacht lassen, weil die Bewohner erbittert zu den Waffen greifen würden, die Frucht seiner Siege verloren ginge und er im Falle einer Niederlage keinen Punkt hätte, wohin sich zu retten. Sich, obwohl mit Schätzen beladen, von Cajamalca zurückzuziehen und sich wieder nach Panama einzuschiffen, würde ihrem Namen sehr wenig Ehre und den glorreichen Waffen der Spanier weniger Glanz verleihen. Von einem versengenden Feuer zu Coya verzehrt, vermochte Almagro ebenso wenig den Gedanken zu ertragen, sich wieder einzuschiffen, ohne die Schöne, welche, da sie das Wasser der Taufe empfangen hatte, einer so süßen Vermählung nichts entgegen setzen konnte, ewig in seine Arme zu schließen. Wenn Pizarro, heftig und wild in seinen Leidenschaften, die Zärtlichkeit, die süßeste Schwermuth der Einflüsterungen der Liebe nicht kannte, fühlte er eine lebendige Leidenschaft für Ocollo, welche durch den Stolz als Eroberer geschürt, ihm nicht erlaubte, von dem Gedanken abzustehen, sich auf sein Opfer zu stürzen, um es zu verzehren. Luque, der in Mitten seines fanatischen Wahnwitzes seine ewige Erlösung auf die Bekehrung zum Glauben der Sonnenanbeter bezifferte, würde eher den Tod vorziehen, als, die Eroberung Perus verlassend, sein Seelenheil gefährden. Die Abenteurer, welche sich von Tod und Gefahren umgeben sahen, fingen, als sie ihren Ehrgeiz befriedigt hatten, an, mit Nachdruck die Stimme zu erheben, um nach Panama zurückzukehren, und weder Luque noch Pizarro konnten dieselben, außer für ihre eigene Vertheidigung, die Waffen ergreifen lassen. Der Angriffskrieg schien bei seinem Ende angelangt zu sein, und das Leben der Oberhäupter schwebte, ohne daß Pizarro die Aufrührerischen bestrafen konnte, tausend Mal in Gefahr. Tage lang verharrte die Abtheilung in einem so gewaltsamen Zustande, ohne daß sie etwas von der Kolonie und noch weniger von der Hauptstadt wußten. Nicht ein einziger Spanier war zwischen San Mateo, Tumbez und Cajamalca zurückgeblieben, um angesichts der Landungsplätze zu sein, und den weiten Weg zu besetzen; besiegt, waren die Peruaner immer noch nicht bezwungen. Es war schwierig, daß die Eindringlinge Zuzug bekämen, und Pizarros ganze Tapferkeit und Luques ganzer Fanatismus vermochten kaum, ihre Abenteurer zurückzuhalten. In so bitterer Lage stand an einem heißen Tage die Sonne hoch am Himmel, als Pizarro und Luque von Ferne den Schein von Panzern und Waffen erglänzen sahen. Sie glaubten vielleicht, daß ihre Feinde bereits geschult und bewaffnet, sie zum Kampfe herausforderten, welches war aber ihre Ueberraschung, als sie sahen, daß es Spanier, daß es ihre Brüder waren, die ihnen zu Hilfe flogen! Fernando, der Bruder des Statthalters, des Anführers der Abenteurer, führte von Panama, von Guatemala und Nicaragua, achthundert nach den Schätzen Perus dürstende Abenteurer her. Pizarro, als er Peru entdeckte, dessen Küsten entlang lief und Tumbez in Besitz nahm, schickte seinen damit beauftragten Bruder, überall die günstigsten Nachrichten zu verbreiten, die dem Ehrgeiz eine glückliche Zukunft verhießen, nach Panama, und in den Papieren, welche er der Regierung übergab, waren, um die Kolonieen und die Hauptstadt in Bewegung zu setzen, die Reichthümer bis ins Unendliche übertrieben. So war es auch wirklich, sowie man in Panama die Berichte Pizarros veröffentlichte und sich die Neuigkeit hievon nach den nahen Inseln verbreitete, strömten Hunderte von Abenteurern herbei, um sich unter die Fahne seiner Werber einzureihen; und sicher, sie mit Vortheil wieder einzuheimsen, streckten die Kapitalisten für deren Ausrüstung eilfertigst ansehnliche Summen vor. In kurzer Zeit vermochte Fernando mit einer zu jener Zeit ansehnlichen Macht unter Segel zu gehen, und nur so konnte er sich, Mangels an Hülfsmitteln, an denen die Eindringlinge litten, der bereits schwankenden Eroberung vergewissern. Schwierig wäre es, mit deren eigenen Farben jene Freude und jene Ueberraschung zu schildern, die Luque und Pizarro, als sie sich von achthundert Streitern verstärkt sahen, in ihren Mienen bekundeten. Viele Stunden lang dauerten die ununterbrochenen Umarmungen und das Geschluchze. Luque hob die Hände zum Himmel und segnete seine Barmherzigkeit. Weit entfernt von Pizarro der Gedanke an Furcht, als er mit Luque allein über ihre mißlichen Umstände nachdachte, er war zu verwegen und tapfer genug, um sich nicht in Mitten seiner Dreistigkeit vor dem Tode zu fürchten, sein Tod aber wäre fruchtlos und vermehrte die Kühnheit seiner Feinde. Wenn Luque der Gedanke daran tröstete, in der neuen Welt bereits das Evangelium gepredigt und hunderte von Neubekehrten gemacht zu haben, zerriß ihn gleichfalls der Gedanke, den Satan nicht vollends aus dem ausgedehnten Reiche werfen zu können. Selbst Almagro, welcher seine Thränen mit denjenigen der unglücklichen Besiegten vermischte, freute sich, weil er seine Hoffnungen nährte, seine schöne Coya wiederzusehen, gleicherweise mit Begeisterung über die Ankunft Fernandos. Obwohl Fernando mit Pizarro bis nach Tumbez vorgedrungen war, wußte er nichts von dem Innern des Reiches; und von den Nachrichten, welche ihm die bestürzten Peruaner bei den Durchzügen verschafften, geführt, tausenderlei Ungemach und Entbehrungen erleidend, konnte er, von dem Getümmel, das den Bewegungen der Abtheilung Pizarros folgte, getrieben, nur bis Cajamalca gelangen. Die Berichterstattung so verwickelter und schwieriger Abenteuer, sowie die Beschreibung der Siege und der ungeheuren Schätze und Trümmer des Reiches, erfüllte die Spanier viele Stunden lang. Fernando war nicht mehr als ein einfacher Heerführer, denn sobald er in Cajamalca ankam, übergab er es Pizarro, als dem Anführer der Eroberung und Statthalter der zu entdeckenden und zu erobernden Länder; Almagro war sein Unterfeldherr, und Luque, allerhöchsten Ernennungen der Hauptstadt zufolge, Generalverweser des ganzen Reiches. Sowie sich Pizarro mit einer Verstärkung sah, welche seine Streitkräfte, die er hatte, verdreifachte, gedachte er auf Cuzco loszumarschiren und die Eroberung mit einem Schlage zu beendigen. Die neuen Abenteurer, welche seine Reihen verstärkt hatten, mußten ihm, wiewohl erst angeworben und nicht an das Klima der neuen Welt gewohnt, ein vollständiges Vertrauen einflößen; nach Schätzen dürstend, fanatisch und unmenschlich führte sie Alles zum Siege, und machte sie Alles zu Luques und Pizarros würdigen Helden. Trotz der aus bereits angedeuteten Gründen strengen Mannszucht herrschte unter den Siegern Cajamalcas eine vollständige Widersetzlichkeit, und Pizarro erkannte, daß es für ihn nicht vortheilhaft war, in seiner Abtheilung Soldaten zu haben, welche ihm kein Vertrauen einflößten und welche die Zwietracht einführten, und er veröffentlichte einen unverzüglichen Befehl, wonach, wer wollte, auf den Schiffen, welche in San Mateo durchfuhren, in sein Vaterland zurückkehren konnte. So erreichte er nicht nur, daß ihm entschlossene Männer folgten, sondern auch, daß, da die Abenteurer mit Gold beladen in ihr Land zogen, der Ehrgeiz Krieger, welche seine Eroberung mehr befestigten, in die neue Welt lockte. Zweihundert Mann baten um ihren Urlaub und zogen nach Tumbez und San Mateo; und noch verblieben im Lager weitere zweihundert, die mit den achthundert von Fernando Zugeführten, nach dem kühnen Anführer, eine genügend starke Streitmacht bildeten, um auf Cuzco loszumarschiren. Ein Theil der Kriegsmacht mußte in Cajamalca gelassen, und um die Mittheilungen der Hauptstadt und der Kolonieen zu sichern, und sich der bei den Ausgrabungen der Bergwerke beschäftigten unglücklichen Sklaven zu versichern, bis zur Eroberung ausgedehnt werden. Hundert Mann besetzten Cajamalca, und weitere hundert Mann erstreckten sich, da Pizarro noch achthundert blieben, welche das Heer oder die Operationsdivision bilden sollten, nach Tumbez und an die Küste. In wenigen Tagen wurden die Zurüstungen und Vorräthe besorgt, und die kühne Abtheilung war bereit, auf die Hauptstadt des mächtigen Reiches loszumarschiren. An den glatten Rüstungen und den blinkenden Waffen erglänzte die Pracht des herrlichen Thrones Karls des Fünften, und auf den runzligen und schwermüthigen Stirnen zeichnete sich der religiöse Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts mit seinen schwarzen Merkmalen ab. [Illustration] [Illustration] Kapitel 17. Cuzco. Reich an unbedingt nothwendigen Vorräthen, gewährte das Lager von Cajamalca der Feldzugsabtheilung alle nöthigen Hülfsquellen, und die an Mineralien reichen Gebirge, welche es umgaben, hatten ihnen ebenfalls genügend Salpeter und Geschosse geliefert, um an großartige Unternehmungen zu denken. Viertausend unglückliche Sklaven, welche unter den gebieterischen Befehlen Pizarros seufzten, sollten als Lastthiere für die Transporte dienen, so daß die Expeditionsdivision die ganze Beweglichkeit hatte, welche der thätige Eroberer und die augenblickliche Nothwendigkeit beanspruchten. Dem tapfern Kapitän Manuel Ojeda wurde mit hundert erprobten Soldaten, welche sie besetzten, der Oberbefehl der Stadt übertragen, und von seinen Befehlen abhängige Unteroffiziere sollten, um den Nachtrab geschützt zu halten, die Landungen zu erleichtern und die Mittheilungen mit den Kolonieen und der Metropole zu sichern, die Detachements befehligen, welche sich nach Tumbez und San Mateo erstreckten, und so eröffneten die todesmuthigen Abenteurer mit großem Lärm und Geschrei, nicht wie wenn sie in den Kampf zogen, sondern wie wenn sie bereits unter den Ueberbleibseln der Beute den Sieg anstimmten, ihre Bewegung auf Cuzco. Das peruanische Heer war unter dem Befehle des allgemein zum Nachfolger des Inkas und Oberhaupt des Reiches anerkannten Huascars in Cuzco eingezogen, wo es, durch neue Truppenaushebungen verstärkt, zu einer nach ihrer Art Kriegsführung vollständig ausgerüsteten Streitmacht von siebzigtausend Mann anwuchs. Die von den Eindringlingen in Cajamalca begangenen Gewaltthätigkeiten waren ihnen wohl bekannt, sie wußten um die Opfer, welche dieselben bei den Nachgrabungen der Bergwerke und der Führung der Transporte hinmordeten; sie kannten das unbillige Gesetz, welches sie zur Sklaverei und dazu verdammte, ihren süßen Glaubenslehren zu entsagen, oder in den Flammen zu sterben, und das ganze von Huascar beseelte Heer war entschlossen, eher auf dem Schlachtfelde zu sterben, oder unter den Trümmern von Cuzco zu versinken, als Sklaven der von Osten Gekommenen zu sein. Eine ansehnliche Versammlung von Aeltesten trug mit ihrem Rathe zur Regierung des Reiches bei; und Vericochas, im Namen der Sonne, in der Sprache der Götter, nicht mit der des Todes und des Verderbens, zu den Peruanern redend, entzündete sanft die Gemüther, eher rühmliche Opfer zu werden, als den Wohlthätigkeiten des leuchtenden Gestirns undankbar zu sein. Untröstlich, beweinte Ocollo ihren angebeteten Inka; ihre Tugenden und ihre reine Keuschheit erwarben ihr die Achtung und die Bewunderung Huascars, Vericochas und des Senates; und bei den frommen Handlungen war sie die erste, welche vor dem Altar der Sonne schwur, für den Glauben und die Freiheit ihres Vaterlandes zu sterben, und bei der Erinnerung an die unzüchtige Liebe, welche Pizarro ihr in den kummervollen Stunden erklärte, zog sich ihr Herz zusammen und entsetzte sich ihre Seele. Voll Feuer in Liebe zu Almagro entbrannt, fand Coya nur darin Trost, an ihrem eigenen Schmerz zu zehren. Almagro war ihr Athmen und ihre Wonne, sie hatte das Gleichgefühl ihrer Seelen erkannt und Coya war das traurigste Opfer der Liebe. Sie hatte ihren Glaubenslehren entsagt und das Glaubensbekenntniß eines Gottes abgelegt, den sie nicht kannte, den sie aber verehrte, da er der Gott ihres Almagros war. Der Schatten ihres Vaterlandes beunruhigte ihre Träume, der Schatten ihres Angebeteten zerriß ihr das Herz. Das war die Lage der Helden des Reiches; Alle seufzten und ihre Thränen fruchteten dem Vaterlande nichts. Tapfer, kühn, gefühlvoll, mit denjenigen seiner Landsleute viel überlegeneren Kenntnissen, war Huascar der Abgott des Heeres und des Senates, und er handelte mit der größten Thätigkeit, um sich zum Kriege zu bereiten; er kannte jedoch die Ueberlegenheit der Waffen der von Osten Gekommenen und zweifelte an dem Siege. Seine ersten Besorgnisse waren, seine Feinde auszuspähen, um ihre Bewegungen im Voraus zu wissen, und er erfuhr die Ankunft neuer Streitkräfte und den Marsch Pizarros auf Cuzco. Obwohl bereits weit entfernt, die Eindringlinge für Söhne der Sonne, noch für Gottheiten zu halten, sank den Peruanern doch der Muth, als sie erfuhren, daß sie Verstärkungen empfingen; sie setzten schon einen sehr zusammengesetzten Plan voraus, und fünfzig bis sechszig ihrer Unterdrücker zu tödten, hatte dem Reiche mehr als fünfzehn- bis zwanzigtausend Opfer jeden Standes und Ranges gekostet; aber immer edel und menschlich, behielten sie eine kleine Anzahl Gefangener, welche sie in ihrer Gewalt hatten, am Leben. Die moralische Stärke der Heere stand etwa auf gleicher Höhe; der Ehrgeiz der Eindringlinge und ihr düsterer Fanatismus befahlen die Ausrottung der Peruaner; die Religion und die Freiheit des Reiches forderten das Blut der Eindringlinge. Zwanzig Tagereisen war Cuzco von Cajamalca entfernt, und es gab Engpässe und Gebirge, welche, mit einer geringen peruanischen Kriegsmacht besetzt, der Feldzugsabtheilung nichtsdestoweniger Verlegenheiten verursachten, aber in diesen kleinen Scharmützeln blieben, obschon sie dennoch einige Verluste erlitten, stets die Europäer Sieger, und von Neuem bewunderten sie die heldenhafte Tapferkeit und den wilden Muth der Peruaner. Alle Tage boten sich ihnen Beispiele von Kriegern dar, welche, die Griechen bei Thermopylä nachahmend, bald um ihre Gefährten zu retten, bald um im Grabe eine unverletzliche Zufluchtsstätte ihrer Freiheit und ihrer Religion zu finden, einem sichern Tod entgegengingen. Pizarro und die Seinen wälzten todesmuthig ihre Feinde fort, und bereiteten sich zu neuen Siegen vor; die Tapferkeit der Spanier war im sechszehnten Jahrhundert die Bewunderung Europas, die neue Welt die Wiege der Helden und der Thron der Gothen ein die Erde verachtendes, dem Himmel zustrebendes hohes Gebirge. Nach tausend Mühseligkeiten bekam die spanische Abtheilung Cuzco zu sehen, und der Senat, das Heer und das Volk erzitterte. Die Auftritte von Cajamalca waren allgemein bekannt; Cuzco, die Hauptstadt des Reiches, war der letzte Seufzer ihrer Freiheit und ihrer Anbetung, das Grab that sich unter den Füßen der Krieger auf und das Getöse der schnarrenden Ketten erschreckte das Kind und den Greis. Oh! verfluchte Schätze! Es wäre besser gewesen, wenn euch die Natur in die tiefsten Meeresgründe gestürzt hätte und die Erde sich nicht in dem Blute Unschuldiger tränkte! Als Almagro die Mauern von Cuzco entdeckte, glänzte ein süßes Lächeln auf seinen Wangen und eine einschmeichelnde Wehmuth heftete sich an seine Blicke; dort war seine schöne Coya, seine Wonne und seine Qual. Das Wohl seines Vaterlandes befahl die Eroberung des Reiches, seine religiösen Gefühle die Zerstörung der Sonnenaltäre; Coya verehrte den wahrhaftigen Gott, aber Coya liebte ihr Vaterland glühend, und ihre Liebe wäre ein trauriges Gespenst, das, so lange als das Vaterland der beiden Liebenden nicht ein einziges wäre, ihr Dasein quälen würde. Bei den Scharmützeln unterwegs waren viele peruanische Gefangene festgenommen worden, Alle frug Almagro nach seiner Angebeteten und Alle antworteten ihm, reichliche Thränen vergießend: »Coya ist eine Abkömmlingin der Inkas, sie ist eine Tochter der Sonne, ihr Vaterland ist ihr Abgott und für ihr Vaterland zu sterben, ist all’ ihre Wonne.« Wenn Coya in einem Augenblick der Zärtlichkeit, des Entzückens, ein Opfer der Liebe, ihren Cultus verließ, hatte sie mit reichlichen Thränen ihren Meineid geläutert, und ihr Vaterland zu verrathen wäre nicht ihr zweites Verbrechen. Da die spanische Abtheilung vielen Kämpfen zu trotzen hatte und mit Schnelligkeit marschirt war, nahm sie vor Cuzco einige Tage Ruhe, um sich von ihren Mühseligkeiten zu erholen und um die Politik der Belagerten zu beobachten. In Cajamalca kamen die Spanier wie Freunde an, und bequeme, mit Lebensmitteln versehene Zelte und eine mit Früchten gesegnete Flur boten ihnen bequeme Rast und reichlichen Unterhalt dar; bei der Ankunft in Cuzco fanden sie nur dichte Wälder, welche ihnen Schutz gewährten, und kräftige Stämme, um die Scheiterhaufen zu schüren, vor; die Flur aber war verwüstet, und Pizarro stieß auf nicht geringe Schwierigkeiten, um sich Lebensmittel zu verschaffen, da ihm die Peruaner innerhalb der Mauern Alles entrissen hatten. Wenn er mit seiner einzigen Abtheilung von achthundert Mann Alles abgewartet hätte, so wäre er auf noch größere Hindernisse gestoßen, viertausend Sklaven aber führten ihm die Transporte von Cajamalca, und von einigen Spaniern geleitet, durchstreiften sie die Fluren von Cuzco und brachten aus großen Entfernungen Lebensmittel her. Von diesen Unglücklichen, die, ohne daß ihr Herz der Anbetung der Sonne entsagt hatte, vor dem Tode fliehend, das Wasser der Taufe empfingen, schaffte ein jeder fünf Viertelcentner fort, ein den Kräften eines Peruaners weit überlegenes Gewicht, und zu Hunderten fielen sie von ihren Lasten erdrückt und erstickt an den Wegen hin, oder ließen mangels an Nahrungsmitteln schweißtriefend nach. Aus Mangel an Pferden und durch die Erfahrung des Schreckens und der Verheerungen, welche die Reiterei bei ihren Feinden veranlaßte, überzeugt, hatten die Eindringlinge sogar die Zugpferde der Artillerie bestiegen, und die Sklaven schleppten die Kanonen, welche gegen ihre Brüder donnerten. In den unterbrochenen Gegenden und in den Gefechten war die unerbittliche Peitsche des Gebieters immer gehoben, und der Unglückliche, welcher fiel, wurde überfahren und zerfleischt, um mit Blitzesschnelle durch einen Andern ersetzt zu werden, der auch lebte um zu leiden. Trotzdem die Sklaven in fünffacher Anzahl als die Eindringlinge waren, war es ihnen nicht möglich, sich gegen ihre Herren aufzulehnen. Ein großes Reservekorps sorgte dafür, die Menge unterwürfig zu halten, und bei dem geringsten Anzeichen von Ungehorsam wurde der Schuldbewußte auf die Folter gespannt und das Blut von hundert Unschuldigen floß zum Schrecken ihrer Gefährten. Nachdem sich die Abtheilung auf den anmuthigen Auen von Cuzco ausgebreitet hatte, schickte sie sich zur Einnahme der Stadt und zum Untergange des Reiches an. Das peruanische Heer hatte innerhalb der Mauern keinen Platz, und mächtige Korps streiften, bald die Mittheilungen mit der Hauptstadt aufrecht haltend, bald dem Feinde furchtbare Drohungen zurufend, in der Gegend umher. Alle Tage entspannen sich mehr oder weniger beträchtliche Scharmützel, aber niemals wagte man entscheidende Zusammenstöße, weil das eine wie das andere Heer, sich gegenseitig beobachtend, dieselben vermied. Die Eindringlinge kannten ihre geringe Anzahl und die Peruaner fürchteten sich vor den Wirkungen der europäischen Waffen; aber stets verwegen und ungestüm, stets wie ein unwiderstehlicher Strom zog Pizarro den Siegeswagen hinter sich her und fügte jeden Tag seinem Lorbeerkranz ein Blatt hinzu. Oh! wenn es gefühlvoll gewesen wäre!... Almagro, der seine Coya nicht sah, verabscheute sein Dasein und die Sonne glänzte nicht strahlend vor seinen Augen. Ein wenig mehr mit seinen Gefährten vereinigt, sprach er, ihnen stets Milde einflößend, endlich eines Tages in einer seinem Charakter eigenen Sprache: »Um etwa die neue Welt zu erobern, wird es nicht nothwendig sein, sie in Blut zu röthen; die Sanftmuth, die Bewunderung und die Ueberzeugung geben uns einen sicherern Sieg.« »Nein,« erwiderte Pizarro, »nur auf die Zerstörung kann sich die Eroberung des Reiches gründen.« »Die Götzendiener,« setzte Luque hinzu, »schwören ihre Götter nur auf dem Scheiterhaufen ab: Jesus Christus und der Satan vergleichen sich nicht.« Bald von dem Drange seines Herzens getrieben, bald von dem brennenden Wunsche hingerissen, seine Coya zu sehen und zu sprechen, machte sie Almagro beredt mit den Launen des Kriegsglückes, dem Kostbaren eines jeden Tropfen spanischen Blutes, das man vergösse, bekannt, und brachte sie endlich dahin, daß er eine Botschaft nach der Stadt auf sich nahm, worin ihnen Bedingungen, um Tributpflichtige des Königs von Spanien zu werden und das Christenthum zu umarmen, angeboten würden; und wenigstens einmal behielt im sechszehnten Jahrhundert die Stimme der Vernunft und der Menschlichkeit über die fanatische Wuth die Oberhand. [Illustration] [Illustration] Kapitel 18. Botschaft. Beredt und von allen Tugenden beseelt, gab Huascar seinen Soldaten nicht nur ein Beispiel, die Gefahren zu verachten, sondern er hielt ihnen auch jeden Augenblick eine begeisterte Ansprache über die Reize der Freiheit und schilderte ihnen das Knarren der mächtigen Ketten, welche, wenn sie sich von den von Osten Gekommenen besiegen ließen, ihre Arme festbänden. Von Dankbarkeit durchdrungen, rief Vericochas die unendlichen Gaben im Tempel aus, welche der Vater des Tages über die Erde ergoß, wie die Menschen zu seiner Anbetung verpflichtet seien, und was für ein schrecklicher Meineid, für ein schwarzes Verbrechen es wäre, wegen dem Gotte gefühlloser Menschen, welche die Ausübung ihrer Glaubenslehren mit nichts als Dolch und Scheiterhaufen erzwangen, den Kultus ihrer Ahnen, den Kultus der Vernunft zu verlassen. Nachdem die Seelen entbrannt waren, stürzten sich die Peruaner muthig in den Tod und die Tapferkeit der Spanier schwebte tausend Mal in Gefahr. Aber die Spanier waren im sechszehnten Jahrhundert die Bewunderung Europas, ihre Tollkühnheit hatte ihnen das Reich zweier Welten gegeben; Pizarro war von dem Schicksal so hingerissen, wie geschmeichelt, und bei der Wucht seiner mörderischen Waffen gaben die zahlreichen Heere des Reiches nach. Das Blut der Unglücklichen röthete die anmuthigen Fluren von Cuzco, schon erbebten beim Donner der Kanonen die Grundfesten der Stadt, als eine weiße Fahne vor den Mauern vorzeigend, Almagro den Belagerten ein Zeichen gab, daß ein freundschaftliches Abkommen gefeiert werden würde. Die Lage der beiden Heere war schwierig, die einen wie die andern hatten kaum mehr die Wahl als Sieg oder Tod, es war nicht nur ein politischer, es war auch ein religiöser Krieg, und die traurige Geschichte der Vorurtheile und des Fanatismus hat mehr als die Thronfolge und der Ehrgeiz der Könige, die Blätter der Geschichte mit Blut gefärbt. Das Abkommen wäre den einen wie den andern Streitern vortheilhaft, es lag aber nicht in der Möglichkeit, die gegenseitigen Interessen zu vereinbaren; Usurpation und Freiheit, Fanatismus und Duldsamkeit haben keinerlei Berührungspunkte. Huascar und der Rath beschlossen endlich, Almagro, welcher von zwei Reitern begleitet sich den Mauern genähert hatte, den Eintritt zu gestatten. So sehr auch Coya das Feuer verbarg, welches in ihr glühte, war ihre Liebe den Großen des Reiches bekannt, aber duldsam und der Tugenden der Heldin sicher, tadelten die Peruaner niemals ihr Betragen, noch zweifelten sie an ihrer Treue und ihrer Liebe zum Vaterlande. Im Gegentheil, Coya, welche ihre Wonne darin setzte, den Namen Almagros zu wiederholen, erzählte Allen seine Tugenden, versicherte Allen, daß er nicht von dem Geschlechte der von Osten Gekommenen sein konnte, und der Name Almagros wurde unter den Opfern der Sieger nicht mit Haß angesehen. Als Coya sah, daß er der Führer der Botschaft war, als sie den Augenblick, ihren Angebeteten von Neuem zu sprechen, nahe sah, versicherte sie, daß sie eine glückliche Zukunft ahnte, daß ihr Herz ihr sagte, daß die Schrecknisse aufhören und wieder Ruhe und Glück entstehen würde. Hastig eilte Coya an das Thor, und die beiden gefühlvollen Geliebten verstummten in tiefer Entzückung. Jene Empfindlichkeiten des Todes Atahulpas entflohen aus dem Gedächtniß der Tochter der Sonne, und nur die Zärtlichkeit begeisterte die Seelen. Zu welch’ theurem Preise die Liebe gefühlvollen Herzen ihre Wonne verkauft! Unfreiwillige Thränen liefen an den Wangen der beiden Liebenden herab und ihre Thränen schienen der Strenge ihres Schicksals zu fluchen, aber Coya, an der Seite ihres Abgottes, wiederholte ihm unter Schluchzen: »Ein süßer Liebesblick lohnt ein Jahrhundert voller Qualen«. Die Peruaner kannten die Namen der Spanier, und überhaupt diejenigen der drei Anführer des Feldzuges sehr wohl, und derjenige Almagros war, weil seine Tugenden bekannt waren, im Reiche beliebt: Bald gab er, ihn von dem harten Halseisen losmachend, einem Sklaven die Freiheit, bald rettete er einen unglücklichen Gatten vom Tode, bald half er der Betrübniß der Besiegten auf, und Alle hatten, vor Dankbarkeit aufathmend, seine Wohlthätigkeit und seine Frömmigkeit in Cajamalca, Cuzco und in dem Heere bekannt gemacht. Ein ungeheures, blutiges Volk, mit den Zeichen der Todesangst in dessen Zügen, umstand in einer Grabesstille den Krieger auf Plätzen und Straßen; und ungeduldig erwartete der im Vorhofe versammelte Rath und der Kaiser den Boten. Kostbarer Marmor und Porphyr bedeckte den Boden des geräumigen Saales, einfach angeordnete Bretter von Gold und Silber unterstützten die Decke, und prächtige, tausendfarbige Federn schmückten die Räume mit zarter Kunst. Nachdem Almagro dahin geführt worden war, herrschte in der Versammlung und unter der ungeheuren Zuhörerschaft eine Grabesstille, als Huascar sich von dem Präsidentenstuhle erhob und ruhigen Tones ausrief: »Krieger, die Peruaner lassen sich eher unter den Trümmern ihres Vaterlandes begraben, als schimpflich nachzugeben; sprich, ob du einen ehrenvollen Frieden bringst, wenn nicht, gehe und sage den Deinen, sie sollen unsere Gräber öffnen.« Ein dumpfes Beifallsgemurmel rührte die Versammlung und beredt brach Almagro aus: »Nein, unschuldige Peruaner, die von Osten Gekommenen haben keinen Gefallen an Blut und Verderben, sie wollen eure Freundschaft und wollen eure Brüder sein.« Die Arglosigkeit und das Lächeln erglänzte in der Versammlung und Thränen der Rührung unterbrachen das Geschluchze. Ohne ihre Blicke von Almagro abzuwenden, schien Coya in Mitten der Ruhe bereits den köstlichen Kelch der Liebe zu kosten, und sie segnete den Gott der Wahrheit, den sie anbetete. »Ja, Almagro«, fuhr Huascar fort, »das Reich kennt deine Tugenden und zweifelt nicht an der Aufrichtigkeit deiner Worte: Aber erinnere dich der freundschaftlichen Anerbietungen, welche deine Gefährten von dem unheilvollen Augenblicke an machten, da sie diesen Boden betraten; erinnere dich ihrer ganzen Geschichte und der blutigen Auftritte, die wir durchgangen haben, und du weißt wohl, daß wir unsere Waffen nicht ablegen und auf neue Versprechungen hoffen können.« »Nein, Peruaner, ich verbürge das Abkommen, mein Degen haftet euch für dessen Heiligkeit und dessen Erfüllung.« »Sprich, würdiger Sohn der Sonne, Abgott des Reiches,« brach eine unbekannte Stimme in der Versammlung aus. »Die von fernen Himmelsstrichen, wo die Sonne aufgeht, hieher gekommenen Spanier,« fuhr Almagro fort, »haben ihrer Arbeitsamkeit und ihrem Glücke eine wenn nicht gefühlvollere Seele als die eure, so doch einen erleuchteteren und vielleicht kräftigeren Verstand zu verdanken. Ihr werdet es bemerkt haben, unser Verstand und unsere Arme haben eure zahlreichen Heere besiegt. Unser Herrscher, welcher über ausgedehnte Länder gebietet, regiert ein ungeheures Reich, und wie der Hauch des Allmächtigen, würde sein Hauch genügen, um euer Land zu begraben. Die ewige Hand, welche dieses Weltall regiert, das euch mit Bewunderung erfüllt, ertheilte auch uns ihre Gaben und bot uns die unaussprechliche Glückseligkeit an. Jesus Christus, der Sohn Gottes, stieg in Gestalt eines Menschen auf die Erde hernieder und sterbend am Kreuze offenbarte er uns Geheimnisse, setzte uns mit Wundern in Erstaunen und hinterließ uns, um die ewige Seligkeit zu erlangen, den Glauben und die Taufe. Vielleicht wird eure Vernunft diese tiefen Geheimnisse nicht durchdringen; wenn ihr aber den Gott der Spanier anbetet, wenn ihr Vasallen ihres großen Herrschers seid, werden die Kriegsrohheiten aufhören und eure Brüder werden euch bereitwilligst erleuchten, sie werden euch auf den Weg des Heiles bringen und werden euch glücklich machen.« Ein tiefes Stillschweigen herrschte in der Versammlung, während Almagro sprach, bis daß Huascar von Neuem ausbrach: »Großmüthiger Spanier, wenn deine Gefährten deine Tugenden hätten, wären wir eure Brüder und es flösse kein Blut, noch flöge die Zerstörung umher. Wir anerkennen die Ueberlegenheit eures Verstandes, eurer Fortschritte, und bereitwillig werden wir euch auf Kosten der Schätze, welche diesen Boden bedecken, nacheifern. Doch sieh die leuchtende Sonne an, wie sie so erhaben in Mitten des Firmamentes glüht; durch sie entstehen die Blumen und wachsen die Früchte; ihr Licht belebt das Weltall und beseelt die Menschen; sieh, wie unglücklich die Welt ist, wenn sie sich in’s Meer vergräbt und uns der Finsterniß überläßt. Die Pflicht, die Dankbarkeit, das hehre Beispiel unserer Vorfahren, unsere Vernunft, Alles stellt sie uns unsern Augen als das erste Wesen der Welt vor. Jene unschuldige Anbetung hat die Glückseligkeit dieser Regionen ausgemacht und ihre Verlassung dem Tode vorzuziehen, wäre das schwärzeste Verbrechen. Wir kennen euren Gott nicht, wir haben nur die entsetzlichen Scheiterhaufen gesehen, worauf die Unglückseligen, welche euren Cultus nicht umarmt haben, ihren Geist aushauchten. Wir haben das Blut unsere Felder überfluthen sehen, wir haben eure Meineide gesehen, und die Qualen und die Flammen sind uns ein Bett von Blumen, ehe wir es an unsern frommen Glaubenslehren fehlen lassen. Wenn ihr Frieden wollt, wird der erste Artikel die Unverletzlichkeit unserer Tempel und unserer staatlichen Freiheit sein.« Almagro inzwischen vergoß Thränen der Rührung und des Mitleids. »Der Seligkeit würdig sind diese Seelen,« sagte er zu sich; »Jesus Christus wird ihren Verstand erleuchten und ihnen seine Lehren offenbaren.« »Gefühlvolle Peruaner,« wiederholte er, »ich stelle mich euch nicht als ein Krieger und noch weniger als ein Eroberer vor, nur als ein gefühlvoller Mensch, der euch liebt und euer Glück wünscht. Eure Empfindsamkeit und eure Tugenden machen euch des irdischen Glückes und der ewigen Seligkeit würdig; glaubt dem, der euch liebt, umarmt den Glauben an Jesus, werdet Vasallen des großen Königs von Spanien, und daß das Weinen und die Zerstörung aufhöre.« »Mein ist, als Priester des Reiches, das Recht,« brach Vericochas aus, »auf deine frommen Uebereinkünfte zu antworten, und das Volk und der Senat werden vielleicht die Meinung des Priesters achten. Den Vater des Tages verehrend, blühte das Reich Jahrhunderte lang, die Dankbarkeit begeistert dessen Anbeter, aber das leuchtende Gestirn will in seinen Söhnen die Ueberzeugung der Vernunft, nicht die Sprache der Lippen. Wenn jener erhabene Gott, an den du glaubst, die Herzen der Peruaner begeistert und die Vernunft sie ihrer Anbetung entreißt, mögen euch eure Proselyten glücklich folgen, aber ebenso ruhig loben wir, die wir seinen Wohlthaten niemals undankbar sein werden, in unsern Tempeln den Gott, der die Tage entflammt. Peruaner, im Namen der Sonne verlange ich von euch, daß, ehe wir ihn, wenn sie unsere Vernunft gefangen nehmen, uns mit seinem finstern Zorne bedrohen sehen, ehe wir davon lassen, ihn anzubeten, wir unter die Trümmer des Reiches versinken.« Heftige Rufe leisteten von allen Seiten den Schwur, den Vericochas verlangte, und Almagro erhob seine Hände zu dem wahrhaftigen Gott, damit er diese Seelen aus der Götzendienerei herausrisse. »Ich, als euer Herrscher,« rief Huascar aus, »stimme in Bezug auf unsere staatliche Freiheit überein, und das Volk und die Priester werden vielleicht meiner Stimme beipflichten. Entfernt von mir der Ehrgeiz nach dem Oberbefehle, würde ich, um meinen Thron aufrecht zu erhalten, niemals an meinem Vaterlande zum Meineidigen werden. Unsere staatlichen Gesetze haben die Glückseligkeit unserer Vorfahren gemacht, in unsern Gesetzen steht unser Glück geschrieben, und wenn wir die von Osten Gekommenen in das Meer stürzen könnten, würde unser Blut den Baum unserer Glückseligkeit begießen. Ich stimme für den Krieg: Beweinen wir, um glücklich zu sein, nicht die Noth des Vaterlandes, das Grab bietet uns eine ruhige Stätte an....« »Nein, Huascar,« unterbrach ihn Almagro, »laß dich nicht von der Tapferkeit und der Begeisterung hinreißen. Ich schwöre euch noch einmal, wir werden euer Glück machen, wir wollen keine Sklaven, wir wollen Brüder, wir wollen mit euch glücklich sein. Werft einen dichten Schleier über das Vergangene, traut meinem Schwure.« Ein greiser Rath erhob die Stimme und sagte: »Der Friede oder der Krieg entscheiden das Schicksal des Reiches; wenn sich der Gesandte zurückzieht, werden wir mit mehr Freiheit und Gelingen das Schicksal unseres Vaterlandes entscheiden können.« Coya, welche in Mitten der Rathsversammlung, bei der Erinnerung an die traurige Nacht, da sie, den Cultus der Sonne verlassend, das Wasser der Taufe empfing, die Liebe, die in ihrem Herzen brannte, noch die Unruhe, die ihre Seele verzehrte, verbergen konnte, beeilte sich, Almagro einzuladen, daß er, in soweit der Rath berathschlagte, nach ihrem Palast auszuruhen ginge. Der edle Krieger, welcher sich, von seinem gefühlvollen Herzen hingerissen, so sehr nach Frieden sehnte, den die Liebe zu Coya, das Glück, sie zu sehen, einen Augenblick mit ihr zu sprechen, nach Cuzco getrieben hatte, hielt den Augenblick, wonach sein Herz sich sehnte, für gekommen, und der Jubel und das Lächeln erglänzten auf seinem Antlitze. »Jedoch,« rief er eilig aus, »und meine Gefährten, die von euren Waffen besiegt wurden, segnen sie eure Tugenden, kann ich sie in meine Arme schließen?« »Ja, Almagro,« erwiderte Huascar, »in Ausübung ihres Cultus sind sie, mit Menschenwürde behandelt, weder zu harten Sklavendiensten verdammt worden, noch haben sie weder Dolch noch Scheiterhaufen dem Glauben an Jesus entrissen, um den Gott des Tages anzubeten.«, »Oh! herrliche Seelen! Ich schwöre euch von Neuem meine Liebe zu; mein Degen wird das Bollwerk eurer Freiheit sein. Jesus Christus wird euren Verstand erleuchten und vielleicht werdet ihr eines Tages die von Osten Gekommenen segnen,« sagte Almagro, und gefolgt von Coya und einem zahlreichen Volke, ging er aus dem Senat, um sich den Liebkosungen der reinsten Liebe zu überlassen. Coya, eine Abkömmlingin der Inkas, Tochter der Sonne und Prinzessin des Reiches, hatte einen einfachen, mit prächtigen, tausendfarbigen Federn verzierten Palast, mit Decken und Fußböden von Gold. Dahin geführt, warf sich, ohne weitere Zeugen als glänzendem Gefolge, welches die fernen Thore und die Räumlichkeiten der Säle bedeckte, Almagro mit vor Liebe entflammtem Herzen, und in den Blicken Coyas brennenden Blicken, wie von einem Strome, von einem Sturmwind hingerissen, zu Füßen Coyas, indeß Coya ihren edeln und großmüthigen Geliebten mit ihren Thränen benetzte. »Oh, erhabene Gottheit!« sagte er zu ihr; »diese Thränen des Mitleids verrathen doch noch deine Liebe. Liebst du mich noch?« »Undankbarer!« »Nein, Coya, ich liebe dich so sehr wie die Morgenluft, so sehr wie den Glanz der Morgenröthe, so sehr wie meinen Gott!« Unfreiwillige Thränen quollen an den Wangen der beiden Liebenden herab und tiefe Seufzer unterbrachen ihre Worte. »Oh! Almagro! Denke an jene einsame Nacht, an jenen klaren Bach, wo ich den Glauben meiner Vorfahren verließ, wo ich, das Wasser der Taufe empfangend, an meinem Gotte meineidig wurde.... Ich betete Jesus an, nicht daß ich ihn kannte, sondern weil er der Gott meines Almagros war; mein Verbrechen ist, in Finsterniß und in ewigem Geheimniß begraben, in der Tiefe meines Herzens geblieben; aber beim Niederknieen vor den Altären der Sonne haben dunkle Gewissensbisse meine Seele zerrissen und nur die Erinnerung an Almagro tröstete mich in meinem Wahnwitz.... Undankbarer, und du wirst in das Lager der Deinen zurückkehren, und du wirst das Vaterland deiner Coya verheeren, und vielleicht auf meinem Grabe sitzend, wird dir mein Gedächtniß nicht eine Thräne, nicht einen Seufzer gelten!« »Ach, Coya! Deinen Namen wiederholend, deinen Namen anbetend, deine Schönheit preisend, deinem Gedächtniß tausend Thränen weihend, habe ich hundert Mal die Sonne in den Abgründen der Erde untergehen und ebenso manchmal von den Tiefen des Meeres aufgehen sehen. Die Hoffnung, dich zu sehen, dich zu sprechen, dir meine Liebe zu schwören, hat mein Dasein erhalten und hat mich in den Kämpfen unbesiegbar gemacht.« »Und bereitest du dich etwa schon vor, mir den letzten Abschiedsgruß zu geben.« »Ich werde dich in dichten Wäldern, unter den Pfeilen deiner Krieger, auf unbekannten Meeren suchen.« »Unter den Trümmern meines Vaterlandes, zwischen den Leichen der Peruaner wirst du mich wohl im Blute schwimmend suchen.« Vielleicht würde ihr Almagro bei seinem Gott geschworen haben, seine Gefährten zu verlassen und seinen Degen für die Unabhängigkeit Perus zu schwingen, wenn die schöne, in Trauer gekleidete Ocollo, mit der Traurigkeit und dem Schmerze in ihrer Miene, Almagro suchend, unter einem zahlreichen Volke nicht ebenfalls im Palaste Coyas angekommen wäre. »Du, der du gefühlvoll bist, Krieger, wirst den Wahnwitz einer Unglücklichen verzeihen, welche deine Gefährten zur Wittwenschaft und zu den Thränen verdammten. Sind die Ueberreste des unglücklichen Atahulpas, seine Asche, noch in eurem Lager vorhanden? Wenn sie noch da sind, Sohn der Sonne, bitte ich darum, gieb mir einen so unaussprechlichen Schatz zurück, damit ich sie alle Tage mit meinen Thränen benetze.« »Ah! unglückliche Ocollo, sie wurden in den Wind gestreut, er starb als ein Götzendiener.« »Er starb als ein Tugendhafter.« »Ich war nicht verbrecherisch.« »Die Geschichte wird das Verbrechen bekannt machen, die entfernten Geschlechter werden seine Mörder hassen.« »Tröste deine Thränen, göttliche Ocollo, denke nur an die Glückseligkeit deines Vaterlandes; deine Schönheit und deine Reize vermögen mehr als die zahlreichen Heere.« »Ich kann meinem betrübten Vaterlande nur das unfruchtbare Opfer meiner Thränen anbieten.« »Nein, Ocollo, du kannst es vor seinem Untergange retten, du kannst die Ketten der Sklaven zerbrechen, du kannst den Eroberer deines Reiches überwinden. Pizarro liebt dich rasend, deine Blicke sind in sein Herz gedrungen und haben in ihm einen schrecklichen Vulkan entzündet, du weißt es, er hat dir das Geheimniß enthüllt, du kannst ihn lieben....« »Den Mörder Atahulpas!« »Das Wohl Perus befiehlt es.« »Ein Opfer, das meine Kräfte übersteigt, der Schatten Atahulpas, welcher Schrecken!...« Almagro, der Pizarros ungestümen Charakter und die Liebe, die in dessen Herzen glühte, kannte, sah, als er die feste Entschlossenheit der Schönen gewahrte, die traurigsten Schicksale in der Zukunft der neuen Welt voraus. Beredte Blicke auf seine Coya heftend, »gehen wir,« sagte er zu ihr, »der Rath wird das Schicksal des Reiches bereits entschieden haben.« Unter glänzender Begleitung zogen Ocollo, Coya und Almagro in der größten Besorgniß nach der Rathsversammlung. Die Räthe hatten bereits berathschlagt und überreichten dem Boten den Frieden. »Wenn deine Gefährten,« rief Huascar aus, »den Frieden wollen, sind sie ihrer Tapferkeit und der Macht ihres großen Herrschers würdig; wenn sie aber unsere Vorschläge verweigern, hoffet nicht auf die Demüthigung der Peruaner, ihre Gesetze und ihre Tempel aufrecht haltend, werden sie rühmlich unter den Trümmern des Reiches begraben werden. Von dem unglückseligen Augenblick an, in dem sie diesen Boden betraten, sind wir die Opfer unserer Unschuld gewesen, und wir wollen, wenn uns nicht Gewährleistungen geboten werden, uns nicht von Neuem auf Treu und Glauben hingeben.« Almagro brach aus: »Ich bin der Beauftragte, den Frieden zu unterhandeln: Meine Gefährten werden ihren Schwur nicht verfehlen. Es ist schwierig, euch zufriedenstellende Bürgschaft zu geben; aber wenn sie die Vorschriften unserer heiligen Religion nicht hören wollen, schwöre ich euch bei Jesus Christus, daß ich ihre Reihen verlassen, daß ich an eurer Seite kämpfen werde; ich habe ebenfalls Anhänger in meinem Lager, die vielleicht den Krieg blosstellen würden.« »Deine Tugenden haben das Zutrauen des Reiches verdient,« erwiderte Huascar; »mit dir wäre der Sieg unser: So höre denn das Abkommen.« 1. Die Tempel und Gesetze Perus sind frei und nur die Peruaner können ihre politischen und religiösen Gesetze wieder einsetzen oder abändern. 2. Die Spanier leben unter dem Reiche der Gesetze ihres Herrschers und der freien Ausübung ihres Cultus. 3. Die Spanier können ihre Religion verkünden, indem sie sich, um zu ihrem Glauben zu bekehren, dabei der Ueberzeugung bedienen. 4. Das peruanische Reich bezahlt an den großen Beherrscher im Osten jährlich hundert Viertelzentner Gold und zwölf Tausend Silber. 5. Die Spanier können in Peru frei kaufen und verkaufen. 6. Auswechselung der Gefangenen. »Das sind die Uebereinkünfte,« wiederholte Huascar, »an den Artikeln darf nichts geändert werden; wenn ihr den Frieden wollt, wenn Almagro die Schwüre gewährleistet, werden Tod und Verderben aufhören; wenn ihr aber unsere Schande sucht, erklären wir euch den Krieg, bis wir in den Staub versinken.« Bedächtig schrieb Almagro die Artikel nieder und rief in der Rathsversammlung aus: »Der Frieden ist eurer und des großen Herrschers im Osten würdig, ich nehme ihn an; ich werde darnach trachten, daß meine Gefährten ihn vor dem heiligen Evangelium beschwören, und alsdann wird Almagro dessen Unverbrüchlichkeit verantworten. Aber Peruaner, ein einfaches Mittel bietet uns das Schicksal an, um unsere Bande zu umschlingen; Ocollo seufzt in der Wittwenschaft, Pizarro vergöttert sie; die Schöne gebe ihm vor dem Altare den süßen Namen eines Gatten.« »Dem Mörder Atahulpas,« schrie Ocollo auf, »ich kann ihn nur verabscheuen....« Vericochas bestätigte, daß in Peru die Liebe unverbrüchlich sei, daß es einzig Ocollo anginge, dem Krieger zu antworten. »Ich verabscheue ihn,« wiederholte sie. »Sage Pizarro, er solle seine Liebe ersticken,« brach Huascar aus, »daß das Reich nicht über die Herzen befiehlt, daß Ocollo ihn nicht lieben kann.« Tausend rührende Betrachtungen stellte Almagro an den Senat, aber auf der Stirne Ocollos erglänzte der Abscheu, den ihre Seele zu Pizarro hatte, und es war kein Abkommen möglich, weil die Peruaner die Schöne niemals zum Opfer ihrer Angelegenheiten machen würden. Nachdem der Spanier Huascar, Vericochas und den Räthen tausend zärtliche Umarmungen ertheilt, bat er sie, ihm zu gestatten, auch die Gefangenen zu umarmen; er weinte innig mit ihnen, versprach ihnen, daß sie bald in ihr Lager und in ihr Vaterland zurückkehren würden, und fröhlich ging er aus der Stadt, um die Uebereinkünfte mit seinen Gefährten zu behandeln. Die schöne Coya schwur ihrem Geliebten von Neuem ihre Liebe zu. Tausend Zärtlichkeiten und tausend Liebkosungen versicherten ihr diejenige Almagros und glücklich sahen sie dem Ende ihrer Qualen entgegen. Obschon im Heere erzogen, segnete Coya den Frieden, und obwohl unter dem Getöse der Waffen geboren, fand Almagro nur im Frieden das Mittel, sich an den Liebkosungen seiner Coya zu erfreuen. Die Peruaner behielten ihre Gesetze und ihre Tempel, ihre Ehre war in Nichts herabgewürdigt; wenn sie auch den Spaniern ungeheure Summen bezahlten, lernten sie doch ihre Wissenschaften, ihre Künste und ihre Civilisation; die einen wie die andern wären glücklich, die Zeiten und die Sitten umschlängen ihre Bande, in Spanien würden Ströme peruanischen Goldes fließen und Freunde und freie Brüder wären ihnen vortheilhafter als unglückliche Sklaven. So schrieb es die Zukunft vor und befahl es das Wohl der Nationen, aber im sechszehnten Jahrhundert wogen am Hofe Karls des Fünften und seiner Abgesandten das Schwert und das Kreuz mehr als die Vernunft, mehr als die Menschlichkeit und mehr als das Wohl der Nationen. [Illustration] Kapitel 19. Sieg. Der Donner der Kanone erschreckte die Cuzcaner nicht, es glänzten keine Waffen in den Strahlen der Sonne und zwischen den beiden Heeren herrschte die tiefste Ruhe. Voll von den süßen Hoffnungen, welche ihm seine Vernunft, seine Empfindsamkeit und seine Liebe einflößten, ging Almagro aus der Stadt hinaus, und der Senat und die Peruaner warteten ruhig das Endergebniß der Unterhandlung ab. An der Spitze ihrer Bataillone, schien Coya jene kriegerische Begeisterung, welche sie in den einheimischen Kämpfen zum Siege geführt hatte, bereits zu verlieren; das Schmachten der Liebe glänzte in ihrer Miene, und die Liebe versüßte ihre Seele und erhöhte ihre Reize. In Schmerz versunken, weinte Ocollo um Atahulpa und den Untergang ihres Vaterlandes; sie an den Namen Pizarros zu erinnern, war ihre größte Qual; die Erde konnte den Mörder des Inkas nicht zugleich mit der Schönen tragen. Almagro kam in seinem Lager an, und unermüdlich dachten Pizarro und Luque nicht an einen ehrenvollen Frieden mit den Peruanern, sie dachten nur daran, ihre Zerstörungs- und Eroberungspläne mit Feuer und Schwert auszubreiten und zu entrollen. Sie warteten jedoch ungeduldig auf den Boten, um den Zustand der Niedergeschlagenheit zu kennen, in welchem sich zufolge der von ihm einzuleitenden Friedensvorschläge der Hof befand, und um die Tapferkeit und die Begeisterung der Peruaner vollends zu kennen. Voller Zufriedenheit umarmte Almagro seine Gefährten; »einen eurer Tapferkeit und der Größe unseres Herrschers würdigen Frieden anerbietet uns das Reich: Dieses sind die Bedingungen, sie werden unsere Brüder sein, sie werden unsere Größe ausmachen und werden uns ihr Glück verdanken. Wenn ihr den Frieden annehmt, wie es die Vernunft und das Interesse vorschreibt, werden die Schwüre nicht von Neuem übertreten werden, mein Schwert ist für deren Heiligkeit eingestanden«. Pizarro und Luque schwiegen mit geheimnißvollem Stillschweigen. Nachdem die Bedingungen, welche Almagro brachte, gesehen worden waren, schrie Pizarro, daß er Sklaven wollte, und Luque, daß er im Namen Jesus die Zerstörung der Sonnentempel verlangte. »Nein, weder Waffenstillstand, noch Frieden«, sagte der Statthalter, »niemals«. »Die Ehre der spanischen Waffen, das Interesse meines Herrschers befiehlt den Krieg; die an Ketten gebundenen Peruaner werden das Kreuz anbeten und werden dem Innern der Berge die Schätze erpressen, um den Thron des Königs von Castilien zu zieren«. »Du weißt es, Pizarro,« unterbrach ihn Almagro, »im Kriege erzogen, bin ich der erste gewesen, sich in Gefahren zu stürzen, der Tod macht mir nicht bange, die Unehre entsetzt mich; für mein Vaterland zu kämpfen und zu sterben ist meine Wonne gewesen und wird mein Ruhm sein. Das Interesse aber unseres Monarchen, die Vernunft, die Billigkeit, Alles schreibt den Frieden vor, welchen uns das Reich anbietet; euch reißt vielleicht euer allzugroße Eifer, eure Tapferkeit hin. Zur Sklaverei der Knechtschaft verdammt, durch unsere Waffen zerfleischt, wird das Geschlecht der unglücklichen Peruaner von der Erde verschwinden, und Menschen und Städte sind vortheilhafter als Schutt und Leichen.« Von Fanatismus erfüllt schrie Luque übermäßig auf: »Und du, Almagro, du sähest die Tempel der Götzendiener, und fürchtetest dich nicht vor dem Zorne deines Gottes?« »Mein Gott«, antwortete Almagro, »wird ihren Verstand mit der Fackel des Glaubens erleuchten, sie werden seine Allmacht kennen und seine Barmherzigkeit anbeten lernen. Dolch und Flammen nehmen die Vernunft nicht gefangen, sie erpressen den Lippen nur kalte Worte, die Seelen rühren sie nie, und Jesus Christus will den innern Glauben, der äußere ist eitle Pracht.« »Satan bemächtigt sich deines Herzens; flehe die Gnade Gottes an, den du verehrst.« Luque schauderte vor Entsetzen. In tiefes Stillschweigen versunken löste Pizarro dort in seinen Gedanken blutige Pläne.... »Und Ocollo«, sagte er zu Almagro, »ist sie meiner Liebe zugänglich, geben ihre Reize der Macht des Siegers von Peru nach? Deine Schmeicheleien und deine Liebkosungen könnten vielleicht, wenn dein Herz auf die Zärtlichkeit hört, ihre Seele fesseln, jetzt aber graut ihr davor, den Namen Pizarros zu hören. -- Sie schaudert. -- Noch fließt in ihrem Gedächtniß das Blut Atahulpas.« »Und soll die Liebe«, sagte Luque, »die kostbaren Augenblicke, welche ihr Gott und eurem König schuldet, mit Gewalt entreißen! Denkt einzig an die Eroberung von Peru, verachtet die eitle Pracht des Satans: Ocollo und Coya sind vom Teufel besessen, um die Zwietracht in unserm Lager zu säen; hört auf die Stimme eures Verwesers. Meine Söhne, eilt zu den Waffen, verkündigt den Sieg, fordert nicht den Zorn Gottes heraus, macht nicht, daß euch der fürchterliche Bannstrahl zerschmettere«. »Hört das Mitleid an,« rief Almagro. »Dein Gott befiehlt den Sieg«, sagte Luque. »Die Ehre der spanischen Waffen verlangt die Zerstörung« rief Pizarro aus. Umsonst war die Vermittlung Almagros; der Fanatismus trifft niemals Vergleiche, der Untergang des Reiches war beschlossen. Inzwischen litt sein Herz die roheste Qual. Würde der Friede nicht angenommen, sähe er seine Angebetete nicht wieder: An der Spitze ihrer Krieger ginge Coya in den Tod, das Grab entrisse seine Wonne, oder die Erbitterung des Krieges trennte sie auf ewig. Pizarro im Gegentheil, fand nur im Kriege seine Hoffnungen von wegen Ocollo; seine Gemüthsart gestattete ihm nicht, sich der Zärtlichkeit nachgiebig zu zeigen, und der Stolz als Sieger vermochte in seiner Seele mehr, als die Einflüsterungen der Liebe. Tausend Gedanken quälten Almagro. Seiner Liebe zu entsagen, war ihm nicht möglich; sein Vaterland zu verrathen, war ein Verbrechen; wider sein Leben zu trachten, war eine dem Christenthum entgegengesetzte Moral. In so bedauernswerthem Zustande rannte er, vor Wahnwitz außer sich, in die Nähe von Cuzco: »Fliegt zu den Waffen«, sagte er zu den Peruanern, »Luque und Pizarro leugnen den Frieden; sagt dem Senate, daß Almagro die Seelen seiner Gefährten nicht zu erweichen vermochte, daß der Untergang des Reiches beschlossen ist; sagt Coya, daß Almagro sie anbetet.« Ebenso schnell wie der Blitz floh er von den Mauern und kehrte, die Cuzcaner voller Schrecken und Verwirrung lassend, zu seinen Zelten zurück; und indessen Luque und Pizarro sorgfältig das Entzücken ihres Gefährten beobachteten, sahen sie sich vor, sich vor einem Verrath seiner Waffen zu sichern und bereiteten den Schlag vor, um einen Anführer, der ihnen bei ihren Plänen in keinerlei Hinsicht nützlich sein konnte, zu vernichten. Das Abkommen wurde nicht so geheim gehalten, als daß nicht das ganze spanische Lager die Bedingungen wußte, welche die Peruaner anboten, und wenn die Mehrzahl für Raub und Angriff war, hatte auch Almagro seine Anhänger, weil es gefühlvolle Menschen gab. Pizarro jedoch setzte, gewaltthätig in seinen Befehlen, auf den Ungehorsam den Tod, und Luque hatte, im Namen des Himmels redend, über die Fanatiker des sechszehnten Jahrhunderts eine zauberische Gewalt. Einer wie der andere wußten sie, den militärischen Schwenkungen Ueberstürzung gebend und so keinen Raum zu Vernunftgründen und Verschwörungen lassend, sich die Augenblicke nutzbar zu machen, und Pizarro drohte mit dem Tode und Luque mit dem Kirchenbann. Den gewaltthätigen Schritt zu thun, Almagro abzusetzen, konnte sie in den mißlichsten Augenblicken bloßstellen, und einmüthig beschlossen sie, bis zur Vervollständigung des Sieges sich weiter zu verstellen. In der Stadt nahm man eine schnelle Bewegung wahr, die Rufe Almagros griffen gar bald bis vor die Rathsversammlung um sich und widerhallten in den fernsten Umkreisen von Cuzco; Alle eilten zu den Waffen: Unermüdlich beseelte Huascar mit seiner Begeisterung die Krieger und die Sonnenpriester ergossen mit trügerischen Schmeicheleien und Prophezeihungen das Zutrauen unter die Tapfern. Von Vaterlandsliebe entflammt, zerrissenen Herzens bei der Erinnerung an die Verlassenheit ihrer Altäre, ermuthigte Coya, andrerseits die in ihren Augen erhabenen Tugenden Almagros bewundernd, ebenfalls ihre Soldaten, und Alle gingen, Gesänge an die Sonne und an die Freiheit anstimmend, in den Tod. Pizarro stellte seine Division von Neuem auf und wild begann der Kampf. Die schwachen, beinahe schon zertrümmerten Mauern erbebten beim Donner der Kanone und stürzten zusammen. Drei Mal rückte Pizarro an der Spitze seiner Colonne zum Ansturm vor, drei Mal schlugen die Peruaner, mit wehrlosen Brüsten gegen die Panzer und die Waffen fechtend, die Spanier von den Mauern zurück; tausende von Peruanerleichen dienten den Belagerern als Sturmleiter, aber die den Gefahren und dem Tode überlegene Tapferkeit der Indianer erschrak nicht beim Zischen des brennenden Bleies, noch beim Glanze der Waffen. Der Kampf war blutig: Die kriegstüchtigen und von den Waffen ihrer Gegner unverwundbaren Spanier gaben jedoch der Zahl und der Anstrengung nach und die Fahne des Reiches flatterte ruhig auf den Mauern. So lange Zeit in Peru kämpfend, kannte Pizarro die Taktik und die Art der Kriegsführung der Peruaner. Bald aus sichern Beobachtungen, bald aus Nachrichten, welche er von Gefangenen nahm, wußte er, daß, die Fahne des Reiches ergreifend, das Heer sich zur Flucht erklärte und der Sieg dem Feinde war. Von diesem Gedanken überzeugt, ordnete er sein Angriffssystem an. An die Spitze von hundert auserlesenen Soldaten gestellt und von seiner ganzen Abtheilung in geschlossener Colonne unterstützt, ging er rasch auf die Fahne zu, welche auf den Trümmern der Bresche wehte. Huascar und die vornehmsten Krieger thaten hier Wunder der Tapferkeit; mit hundert Klauen verschlang hier der Tod jeden Augenblick tausend Opfer, das Blut floß, die Zerstörung flog umher, aber die unwiderstehliche Gewalt Pizarros, seine Waffen, seine Mannszucht sollten über den Sieg entscheiden, und den Degen in seiner Rechten schwingend, riß Pizarro mit seiner Linken die Fahne weg, und das Reichsheer erklärte sich in eilfertiger Flucht. Das Verderben hinter sich her führend, stürzten sich die Sieger auf die Stadt und gaben sich lieber der Plünderung hin, als daß sie den Resten des besiegten Heeres folgten; Pizarro aber, vorhersehend und immer nach der schönen Ocollo ausschauend, hatte, indeß er siegreich die Hauptstadt überzog, dem verwegenen Kapitän Soto befohlen, dem übrigen Heere, das durch Feld und Fluren floh, mit der ganzen Reiterei so lange nachzusetzen, bis daß er sich im schlimmsten Falle mit aller Gewalt der Schönen bemächtigte, die er vergötterte, indem er ihm, wenn es ihm gelänge, seinen entscheidenden Schutz für sein Vorrücken und einen unermeßlichen Antheil an der Beute von Cuzco anbot. So würde, wenn Ocollo in der Stadt geblieben war, Pizarro sich ihrer bemächtigen, floh sie mit dem Heere, war es möglich, daß sie die Gefangene des kühnen Sotos wurde; denn er glaubte, daß die Eroberung von Cuzco ihm auch den Triumph seiner brennenden Wünsche sicherte, und nur das Grab Ocollo vor ihrem unwiderstehlichen Verfolger retten könnte. Ihre Hauptstadt verlierend, kamen die Peruaner um das ganze Reich: Die ungeheuren Ebenen stellten ihnen, wenn sie, schon schwach und zu Boden geworfen, auf’s Neue wagten, ihre Arme mit den unwiderstehlichen Waffen der Spanier zu messen, nur Gräber vor. Dennoch boten sie von den Cordilleren der Anden, wie Covadonga den Gothen, immer noch eine Zuflucht dar; zwischen den steilen und uneinnehmbaren Gebirgen konnten sie ihre physische Freiheit und ihr Dasein erhalten, um den Untergang des Reiches zu beweinen. Zwanzigtausend Peruaner fielen unter der Wucht der Waffen; zwanzigtausend legten auf Gnade oder Ungnade der Sieger die Waffen ab; viele flohen in entlegene Gegenden und noch andere folgten Huascar und dem Rathe auf die Gipfel der Anden. Ocollo, welche als schwaches Weib ebenfalls floh, war nicht im Stande, der Flucht des Heeres längere Zeit zu folgen; Soto hieb den Nachtrab der Besiegten unwiderstehlich nieder, und umsonst verkauften tausend Peruaner theuer ihr Leben, um die Schöne zu retten, welche endlich Sotos Gefangene wurde, mit der er stolz nach der Stadt marschirte. Coya, die nach Almagro, nach ihrem Vaterlande seufzte, fuhr, um ihre Krieger jammernd, fort, sich zu schlagen und sich in den Tod zu stürzen, aber das Blei und die Waffen achteten ihr kostbares Leben und sie rettete sich mit den Ihrigen in die Anden. Pizarro gab die Stadt der Plünderung preis; überall verbreitete er Schrecken, und auf den Trümmern von Cuzco sitzend, gebot er als Sieger über das Reich der Inkas; Luque hob die Hände zum Himmel empor und dankte dem Herrn für den Sieg; und Almagro schien, bei dem Anblick der Trophäen der spanischen Waffen, in tiefer Erstarrung wie versteinert. Der Thron Karls des Fünften stieg auf den Schultern Pizarros über einem Berg von Gold bis an den Himmel; die von diesem ruhmreichen Tage ab leuchtende Sonne verbarg sich niemals für die spanischen Besitzungen. Als sie sich, um dem mächtigen Hofe der Gothen Ruhe zu gönnen, zwischen den Wellen begrub, fing sie an, für die neuen Erdtheile, wo ihre Sklaven die Schätze, womit sich der Hof von Castilien schmückte, aus dem Innern der Erde schafften, zu glänzen. Paul III. sah über den Gestaden des südlichen Meeres vom Vatikane aus das Kreuz erglänzen, und für die alte Welt und für das Christenthum eröffnete sich um die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts ein neuer Zeitabschnitt. [Illustration] [Illustration] Kapitel 20. Duell. Die Einnahme der Hauptstadt und die vollständige Niederlage des Heeres entschied das Schicksal des Reiches. Als Pizarro die schwachen Mauern von Cuzco stürmte, beherrschte er die Grenzen des ausgedehnten Inkareiches; der Schrecken breitete seine Flügel über Peru aus, die Kreuzesfahne flatterte siegreich auf den Trümmern der Sonnentempel und die Unterthanen der Inkas bogen vor der Macht des Königs von Spanien den Nacken. Als das feindliche Banner von Pizarro ergriffen wurde, setzte sich das Heer in eilfertige Flucht. Von einer kleinen Abtheilung gefolgt und von den Großen des Reiches begleitet, rettete sich Huascar in die Unzugänglichkeiten der Anden, und die Stadt wurde viele Stunden lang der Plünderung und der Zerstörung preisgegeben. Nachdem die Abenteurer den Ehrgeiz gesättigt hatten, dachte Pizarro daran, sein Staatssystem zu befestigen und als Statthalter des Reiches seine Befehle auszubreiten. Dieselben Verordnungen, dasselbe Benehmen, das man in Cajamalca beobachtete, wiederholten sich in Cuzco; die Einwohner wurden zur Knechtschaft, und indem sie das Wasser der Erlösung empfingen, dazu verdammt, ihren frommen Glaubenslehren zu entsagen, und die militärische, von dem rohesten Fanatismus geschürte Gewaltherrschaft bildete die Grundlage der peruanischen Regierung. Zu allen Zeiten Despoten, haben sich die Sieger unter den gleichen Trümmern begraben, welche ihre Wuth niedergerissen hat. Eine traurige, von den Seufzern der Sterbenden und von den Androhungen der Sieger unterbrochene Todtenstille herrschte in der Stadt und auf dem Lande, und nach dreitägigem Verweilen in Cuzco zerstreute Pizarro den größten Theil seiner Macht in kleine, unter dem Befehl der tapfersten Kapitäne stehende Colonnen, damit sie die Umkreise des Gebietes durchzögen und die Mittheilungen der Hauptstadt in Gang brächten. Beinahe nicht ohne Widerstand liefen die Detachements die Umgegenden ab; kleine Horden von Peruanern flohen entsetzt, und in wenigen Wochen dehnte sich die spanische Herrschaft in allen Grenzen des Reiches aus. Wie wir angegeben haben, wurde Ocollo auf dem Rückzuge durch den Kapitän Soto zur Gefangenen gemacht, aber auch Huascar führte viele spanische Gefangene mit sich, welche bisher nicht als Feinde behandelt worden waren, sondern wie Männer, die, den Befehlen ihrer Anführer gehorchend, unterlagen; als er aber die Greuelthaten von Cuzco erfuhr, bemächtigte sich die Verzweiflung seiner Brust; er schwur vor der Sonne, den Krieg bis auf den Tod zu führen, und die Gefangenen wurden durch die Wuth der Besiegten zerfleischt. Jene gefühlvollen Männer, welche von einer süßen, zarten Religion begeistert, sich damit begnügten, ihre Feinde zu besiegen und sie über das Meer hinüber zu werfen, verwandelten sich in blutdürstige Tiger, die verzehrten, was ihnen in den Weg kam. Da sie ihre Freiheit, ihre Gesetze verloren hatten, ihre Tempel zerstört und sie an die schmähliche Sklaverei der Knechtschaft gebunden waren, konnte nur das Blut ihre Rache stillen; beim Anblick des Todes malte sich die Fröhlichkeit in ihren Zügen, und das Grab war die Stätte des Friedens der Peruaner. Das wäre künftighin der Krieg, den die Inkas führten; die von Osten Gekommenen würden ein Gegenstand ihres unversöhnlichen Hasses sein, der Rachedurst würde sich auf die Geschlechter übertragen und der Boden der neuen Welt würde sich mit Blut röthen. Ein Volk, das seine Freiheit ausbreitend, in Verzweiflung geräth, ist ein rasender Strom, der den Sieg hinter sich her reißt. Ein Volk, das für seine Freiheit und für seine Voreingenommenheiten kämpft, ist unbesiegbar. Als Pizarro erfuhr, daß Ocollo gefangen genommen worden war, glaubte er alle seine feurigen Wünsche erfüllt. Peru hatte er bereits bezwungen und er sah den Triumph seiner Liebe sehr nahe; Ocollo mußte seinen verliebten Bitten nachgeben, oder die Stimme des Eroberers sollte die Unglückliche zu Boden schlagen. Soto zog nach einigen Tagen in der Stadt ein, und in Thränen versunken, mit aufgelösten Haaren, stellte sich Ocollo vor den Sieger des Reiches, und vor Schmerz zerrissen, aber mit kalter Ruhe, rief sie aus: »Ja, Pizarro, ich weiß mein Schicksal bereits; glaube nicht, daß ich mich schwach zu deinen Füßen niederwerfe, um ein Dasein flehend, das ich verabscheue. Als das Leben Atahulpas mir Thränen abforderte, vergoß ich sie über deinen Füßen; jetzt leidet Ocollo allein.« Wie von Raserei hingerissen, faßte Pizarro die Schöne am Arme und trennte sie ein wenig von den Spaniern, welche sie beobachteten. »Siehe, Unglückliche,« rief er aus, »siehe meine Macht und fürchte meinen Zorn. Du, die du Atahulpa liebtest, wirst den Taumel der Liebe fühlen können. Deine Schönheit, Ocollo, entzündete, wenn es mir nicht gelingt, dieselbe in deinen Armen zu ersticken, in meiner Brust eine unauslöschliche Feuerflamme; gieb meinen Schmeicheleien nach, du sollst im Reiche befehlen, und ich werde dein Sklave sein und werde glücklich sein.« »Du kannst dein Glück nur unter Schutt und Leichen finden, du wirst schon glücklich sein.« »Meine Seele giebt auch den Reizen nach, du allein hörst mich jetzt.... Diese Siegespracht, diese Berge von Gold, von Trophäen, das Alles tauschte ich für deine Liebkosungen um, bedaure mich und zittere.« »Ich bin ruhig.« »Liebe mich, Ocollo.« »Du bist besudelt mit dem Blute Atahulpas.« »Mein Vaterland forderte es.« »Seine Liebe befiehlt, daß ich dich verabscheue.« Lange Zeit hindurch schien Pizarro, bleich, erstarrt, ein Opfer der Ueberraschung und der Wuth, ein lebloses Wesen zu sein; aber wie der Sturmwind das schwache Rohr hinreißt, so schleppte er sie, die keusche Gattin, wüthend packend, bis vor seine Soldaten. »Fliegt, sie soll sterben,« rief er verstimmt aus; doch ruhig, verwirrte weder ein Seufzer, noch eine einzige Thräne das Antlitz Ocollos. Die Leidenschaft Pizarros war dem Heere nicht unbekannt, und beim Anblick seiner Gewaltthätigkeiten, seines geheimnißvollen Schweigens, durchschauten sie alsbald die Ursache, welche das Opfer zur Richtstätte schleppte, und ein dumpfes Gemurmel rührte die Abenteurer. Endlich erhob, als Ocollo ihre schmachtenden Blicke nach ihm richtete, Almagro, voller Tapferkeit und Edelmuth, seine Stimme und brach entschlossen aus: »Nein, Pizarro, hoffe nicht, dieses arglose Opfer nach dem Richtplatze zu schleppen; ich bin ein christlicher Ritter, meine Religion und meine Empfindsamkeit rühren meinen Degen zugleich; Ocollo stirbt nicht, ohne daß wir zuvor die Waffen messen.« Die Wuth erglänzte in den Augen Pizarros, die Ruhe in den Mienen Ocollos und Almagros und die Verwirrung in den Stellungen Luques und aller Abenteurer. Niemals daran gewohnt, sich nicht befolgt zu sehen, und am wenigsten von einem Menschen, auf den er mit Haß und als seinen Untergebenen herabsah, zog Pizarro mit Blitzesschnelle seinen Degen, um sich auf den gefühlvollen Ritter zu stürzen, und auch Almagro setzte sich im Augenblick zur Wehre. Ein so edler und so tapferer Krieger rechnete auf Anhänger im Lager, und eine elektrische Bewegung theilte sich der Masse mit: Die blitzenden Waffen kochten in ihren Scheiden, und der Bürgerkrieg drohte in einem Augenblick mit seiner ganzen Schrecklichkeit. Weltklug genug, um die Resultate des immer bedrohlicher werdenden Ausbruches zu erkennen, griff Luque, seinem Brauche gemäß, zur Stimme des Himmels, um die Rechte zu entwaffnen. »Jesus Christus sieht euch, meine Söhne, euch droht der Bannstrahl, haltet ein mit eurer Wuth.« Die Abenteurer zogen sich ein wenig zurück, aber die Anführer waren bei der Stimme des Priesters bereits taub, und umsonst hob der Verweser zwischen den Degen das Kreuz empor. »Bei der Stimme Pizarros giebt das Weltall nach,« rief der Statthalter aus. »Almagro fürchtet ihn nicht,« bestritt sein Stellvertreter. »Vertheidige dich, Bösewicht.« »Nimm deine Brust in Acht.« Benalcazar und Soto bemühten sich ebenfalls, die wüthenden Degen zurückzuhalten, und Luque gelang es endlich, das Duell so lange aufzuschieben, bis daß sie sich, von der Truppe getrennt, als Ritter schlugen. Die Empfindlichkeiten wurden wegen der Uebereinkunft nicht schwächer, noch verminderte sich die Wuth. Man kam überein, daß Ocollo von zwanzig, zehn von Pizarro und zehn von Almagro, gewählten Soldaten bewacht würde, und der Eine wie der Andere befahlen, ihre Pferde zu schirren, um in den Kampf zu ziehen. Die unglückliche Ocollo weinte trostlos bei der Betrachtung der Lage ihres großmüthigen Vertheidigers Almagro, und bekümmert rief sie: »Nein, Almagro, setze dein kostbares Dasein nicht aus, um meine Qualen zu verziehen; der Tod ist mein einziger Trost, das Ende meiner Leiden. Lebe, großmüthiger Krieger, lebe, um Coya anzubeten und um an ihrem Glück zu schaffen.« Es war nicht mehr Zeit; die Ehre gilt mehr, als das Leben und die Liebe; Almagro sollte siegen oder besiegt werden. Schon am Abend neigte sich die Sonne nach Westen hin, als die beiden von Luque, Soto und Benalcazar und der ganzen spanischen Abtheilung begleiteten Krieger muthig zum Kampf hinauszogen. In kurzer Entfernung von Cuzco sollten sich die Klingen kreuzen, und zum ersten Mal genoß die neue Welt das angenehme Schauspiel, zu sehen, wie sich deren Eroberer untereinander die Brust zerfleischten, und wie sich zwischen ihren Uneinigkeiten der Baum ihrer Freiheit und ihrer Unabhängigkeit erhob. Kaum waren sie bei der Stelle angelangt, wurden die Entfernungen genommen und die Degen aus der Scheide gezogen: Die blassen Strahlen der scheidenden Sonne leuchteten trübselig auf den Hinterhalt, die Helme und die Panzer, und die traurigen Ceremonieen Luques und die Niedergeschlagenheit der Zuschauer erhöhten das Schauspiel mit dem ganzen erhabenen Aufwand des Ritterstandes. Auf die Erde niedergeworfen und die Hände zum Himmel emporgehoben, betete Luque zu dem ewigen Gott, daß er die erregten Seelen erleuchtete und das Christenthum rettete, die Kriegshelden aber bereiteten sich von einem Augenblick zum andern vor, den Kampf zu beginnen. Man erwartete nur noch das Zeichen zum Angriff; Soto gab das Zeichen, und wie wüthende Tiger stürzten sie aufeinander los. Vom Sturmwind fortbewegten Mühlenflügeln glichen die Degen; ihr Widerschein war ein weißliches, nie verschwindendes Blitzen, und das Krachen der Panzer ähnelte dem Donner am fernen Horizonte, der sich dumpf zwischen unwegsamem Gebirgslande dahinzieht. Mit Blitzesschnelle folgten die Schläge aufeinander, und der Muth und die Geschicklichkeit machten ihre letzten Anstrengungen. Die von den spitzen Sporen angestachelten Pferde wieherten, weiß geworden vor dampfendem Schaum, und dem furchtsamen Schauspiele entfliehend, begrub sich die Sonne in den Bergen und schickte nur einen schwachen Dämmerschein auf die Erde. Vergebens beabsichtigten die Kämpfenden mit den blitzenden Waffen, dem Tode einen Weg zu bahnen; die Rechte ließ ermüdet nach und die Schatten der Nacht dehnten sich am Himmel aus. Die Zuschauer, welche unbeweglich die Kämpfenden bewundert hatten, gaben das Zeichen, den Kampf einzustellen, und Luque hob das Kreuz zwischen den Degen empor. Beim Aufschieben eines Duells verschwand unter Rittern des sechszehnten Jahrhunderts der Zorn, die Feinde wurden zu Gefährten, welche bis zur Wiederkehr des Kampfes einander fröhlich bei den Schmäusen zutranken, und Almagro und Pizarro waren zu höflich und zu sehr Ritter, um nicht den Einwirkungen ihres Jahrhunderts zu gehorchen; alle zogen sich nach der Stadt zurück und gaben sich unter dem Lebehoch der Soldaten den Annehmlichkeiten eines Gastmahles hin. Ocollo unterdessen bewahrte ihre Seelenruhe in einem bequemen, ihrer hohen Rangordnung entsprechenden Gefängnisse, ihr Herz aber war von den grausamsten Qualen bekämpft. In Mitten ihrer Feinde, von den Mördern Atahulpas umgeben, unter dem Drucke der Erinnerung an Huascar, Coya und des Rathes, die am Ende frei lebten, Schreckensauftritten beiwohnend, sehnte sie sich bald darnach, zu sterben um ihre Leiden zu beschließen, bald war ihr das Leben kostbar, um das Schicksal derer zu sehen, die sich in die Anden retteten. Almagro verließ sie nicht; nach dem Kampfe waren seine ersten Sorgen sie zu trösten, und am nächsten Tage sollte er zu ihrer Vertheidigung wieder zum Duell gehen. Coya, die Dank der Raschheit ihrer Fußgänger das großmüthige Benehmen Almagros mit ihrer zärtlichen Freundin erfahren hatte; Coya, welche wußte, daß das Dasein Almagros und Ocollos zugleich Gefahr liefen, konnte, ohne auf Kosten irgend welcher Gefahren zur Vertheidigung ihrer beiden Lieben in die unmittelbare Nähe von Cuzco zu fliegen, nicht unter den Ihrigen bleiben. Umsonst widersetzte sich der Rath ihren Plänen, Coya gab mit unwiderstehlichem Zauber zu erkennen, daß sie, von wenigen und flinken Kriegern begleitet, die Flur von Cuzco befeinden würde, und der unerschrockene Huascar, der schon vor Blutgier brannte, billigte den Plan Coyas, indeß er ein neues Heer vorbereitete, um damit in einen wilden Feldzug zu ziehen. Die Peruaner hatten auf Kosten von Strömen von Blut die Kriegskunst der Spanier erlernt und hatten sich mit dem Gewieher der Pferde und dem Knalle der Kanonen vertraut gemacht. Mit den Gefangenen hatten sie einige Pferde ergriffen, und Huascar und Coya führten bereits Krieg auf den Vierfüßlern, welche ihnen so großen Schrecken einflößten. An der Spitze von tausend Peruanern fiel die verliebte Kriegerin, nicht nur von dem brennenden Verlangen, ihren Almagro zu sehen, sondern auch von dem Wunsche getrieben, die Rettung ihrer geliebten Ocollo zu bewerkstelligen, oder einen ruhmvollen Tod zu finden, über die Fluren von Cuzco her. Als Almagro erfuhr, daß Coya sich der Stadt näherte, war das Feuer seiner Liebe bereits unwiderstehlich; in Mitten seines Taumels glaubte er, daß es einzig ihre Liebe war, welche die Schöne führte, bald aber sah er andrerseits, daß ein von der Anstrengung der Eroberer besiegtes, furchtbares Heer floh. Was konnte sich Coya mit tausend Kriegern mehr versprechen, als eine sichere Niederlage? Huascar hatte die Spanier, welche besiegt worden waren, eines grausamen Todes sterben lassen; Pizarro verbreitete Schrecken in Cuzco und im ganzen Reiche, einzig die schwarze Fahne flatterte an den westlichen Gestaden, und Coya würde, gefangen genommen, unter Qualen aushauchen. Ocollo fühlte bereits keine Kraft mehr, ihre Leiden zu ertragen, tausend Mal zöge sie den Tod dem Unglücke Coyas vor, und Almagro sollte sich immer noch für sie schlagen. Die Kriegsmacht, welche Coya anführte, schüchterte Pizarro wenig ein; eine kurze Truppenabtheilung genügte, um sie zu besiegen; Luque aber, wie gewohnt vorherzusehen, fürchtete ihren Einfluß auf die Spanier; mit Schätzen schon zufriedengestellt, erkannte er mit den innern Zerwürfnissen das Mißliche des spanischen Lagers. Es schien ihm, daß das, was sich am Besten mit der Sache des Christenthums schickte, wäre, den ganzen Einfluß des Priesterthums geltend zu machen, um das Duell der Anführer einige Tage aufzuschieben und so die Einigung herbeizuführen, darnach zu trachten, daß Ocollo der Liebe Pizarros nachgeben würde, oder Almagro einen Schlag vorzubereiten, dessen er sich nicht erwehren könnte. Das war seine Thätigkeit, das war die Macht, welche der Verweser über die Fanatiker des sechszehnten Jahrhunderts ausübte, denn er siegte endlich, und das Duell wurde für zehn Tage aufgeschoben. Da die Kriegsmacht Coyas keine gebietende war, und sich, damit begnügend, die nahen Berge zu besetzen und die Auswanderung zu beschützen, kaum feindselig zeigte, ging man ebensowenig in deren Verfolgung thätig vor, und nur eine kurze, so viel wie möglich war, von Almagro lahm gelegte Truppenabtheilung sorgte dafür, daß sie nicht auf die Fluren herniederstiegen, noch die Mittheilungen hinderten. Benalcazar befehligte das Detachement; Benalcazar, wiewohl er im Verborgenen der erste von Almagros Anhängern war, und Coya lief niemals Gefahr. Sobald die Nacht ihren schwarzen Schleier ausbreitete, ritt, trotz des Hasses und dem fortwährenden Mißtrauen, das er seinen Gefährten einflößte, der verliebte Ritter auf seinem schnellen Pferde in die Berge, auf der Suche nach seiner Angebeteten. Luques und Pizarros gewaltthätiger Charakter konnte nicht mehr länger einen Gefährten dulden, welcher, weit entfernt, bei der Zerstörung der neuen Welt mitzuwirken, ihre sämmtlichen Pläne durchkreuzte und die Zwietracht säete: Die Entzweiung war unerläßlich, und Almagro sollte, weil es sowohl dem Throne als auch der römischen Curie also daran lag, ein Opfer ihrer Wuth werden. [Illustration] [Illustration] Kapitel 21. Staatsklugheit. Wir werden mit der schnellen Erzählung der Ereignisse einen Augenblick inne halten, und dabei verweilen müssen, einen flüchtigen Blick auf das sechszehnte Jahrhundert zu werfen und die politische Lage Europas zu untersuchen, und folglich auch die politische Lage, worauf die neuen Festländer gegründet werden sollten, wohin der Ehrgeiz die Europäer schleuderte. Das große peruanische Reich gehorchte, wie wir gesehen haben, den Befehlen Pizarros, und hatte als erobertes Land, und am meisten in jenem unheilvollen Zeitabschnitte, gerade eine schreckliche militärische Gewaltherrschaft zu erleiden, und nur in den Unwegsamkeiten der Anden athmete man den balsamischen Duft der Freiheit und der Unabhängigkeit; aber das geringe in die Berge geflüchtete Heer konnte keinerlei Hoffnungsstrahl auf sein Vaterland zurückwerfen. Das Reich der Inkas war unter den siegreichen Fußstapfen Pizarros verschwunden; Pizarro als Eroberer war das unumschränkte Oberhaupt des Reiches, und bei der Stimme Pizarros erzitterten die eroberten Gestade. Wie wir bereits ebenfalls gesehen haben, nahmen bei der Ankunft Fernandos in Cajamalca mit den achthundert Abenteurern von Panama und den umliegenden Kolonieen viele von den mit der unermeßlichen Beute schon Bereicherten ihren Urlaub und kehrten mit Schätzen beladen an ihren Herd zurück. Die Folgen waren natürlich; der Ehrgeiz mußte sich durch die zunächst liegenden Festländer in schnelle Bewegung setzen, und da die Verbindung mit Panama, Darien und den angrenzenden Kolonieen gesichert war, würden Tausende von neuen Abenteurern nach dem zerstörten Reiche der Inkas strömen, begierig, ihren Ehrgeiz an seinen unversiegbaren Quellen des Reichthums zu stillen. So war es in Wirklichkeit, und alle die nahen Festländer fielen über die Bucht von San Mateo her; und Cajamalca und Cuzco und alle irgendwie bedeutenden Ortschaften wurden von neuen Abenteurern verheert, die entweder bald in die Reihen der Kriegsmacht Pizarros eintraten oder bald wegen andern weniger ehrlichen Mitteln ihr Thunlichstes zur Beraubung des Landes beitrugen, doch so, daß ein jeder ein vortheilhaftes Glück dabei machte. So eröffnete sich denn, aber unter dem Siegel der Unredlichkeit, der Gewaltthätigkeit und des Raubes, weil es in einem vom Schwerte und vom Fanatismus beherrschten Lande unmöglich wäre, an ehrenvolle Handelsbeziehungen zu denken, binnen sehr kurzen Tagen in der ganzen Ausdehnung der südlichen Gestade ein thätiger Handel. Verächtliche Manufakturen wurden zu übermäßigen Preisen verkauft, die köstlichen Früchte Perus wurden mit fünffachem Gewinne exportirt, und wie ein gehaltreicher Strom floß das Gold und das Silber des üppigen Inkareiches Europa zu. Aber so einträgliche Resultate so ein schmählicher Handel auch darbot, bot sich dem Ehrgeiz eine andere, reichlichere und schnellere Quelle dar, und das war die Bergwerkskunde. Obschon Pizarro so vielen erheblichen Ausgrabungen und Ausbeutungen, welche unternommen wurden, den Stempel königlicher Unternehmungen gab, blieben für die Arbeitsamkeit und den Gewerbefleiß doch noch große Hülfsquellen übrig. Die Ströme führten verschiedene Edelsteine mit sich; die Gebirge warfen in dichte Erdschichten, welche die Menge nicht kannte, eingehüllte Adern von Gold und Silber wie aus ihrem Schooße heraus, und der unangebaute Reichthum der neuen Welt erfüllte den Ehrgeiz Aller. Selbst die königlichen Unternehmungen bedurften, da deren Gewinne wegen des gänzlichen Mangels an Rechnungsführung und Dazwischenkunft begrenzt waren, für ihre ungeheuren Arbeiten hundert gewerbsthätiger Arme, und Pizarro, um den Ehrgeiz der Heeresanführer und nachher den Hof von Castilien zu befriedigen, gewährte, um sich seinen Günstlingen dankbar zu erzeigen, vielen Ehrgeizigen, welche auf ihre Rechnung gründliche Einblicke hätten, Bergwerkspatente, die ihnen allgemein als Resultat üppige Reichthümer gaben. Dieser ungeheure Bergwerkszweig erforderte zu den großen Ausgrabungen gezwungenerweise unendliche körperliche Arme, und hier ist es, wo sich die Seele entsetzt, die Feder sich sträubt, und kaum die dunklen Blätter des sechszehnten Jahrhunderts zu durchdringen und seine Greuelthaten zu beschreiben wagt. Alles wäre dieser unheilvollen Epoche zu verzeihen, wenn ihre Herabwürdigung nicht so weit ginge, das Blut der Menschen zu verschachern: Aber die Geschichte aller Nationen ermächtigte unglückseligerweise die Eroberer von Peru, die Sklaverei mit allen ihren entsetzlichen Folgen nach jenen jungfräulichen Gestaden zu bringen. Die Kriegsgefangenen, die Unglücklichen, gegen welche irgend eine politische oder religiöse Angeberei erlassen wurde, die Unglücklichen, denen wegen Anklagen irgend welcher Art das Beil des Scharfrichters oder der Scheiterhaufen des Inquisitionsgerichtes verzieh, waren als Sklaven erklärt, deren Eigenthum die Kriegsanführer oder die Verwandten der Mächtigen erwarben, und deren Besitzthum man durch das Kaufrecht wie irgend eine andere Waare von den einen Europäern auf die andern übertrug. Die an schwere Ketten gebundenen unglücklichen Sonnenanbeter wurden zu den Ausgrabungen und zur Führung der Transporte verwendet, und an ein mildes Klima, und weil der Boden Perus seine köstlichen Früchte hervorbrachte, ohne daß der Landmann seinen bittern Schweiß über die Schollen vergoß, auch an leichte Arbeit gewöhnt, fielen sie, von der Arbeit und der Schärfe einer schwefeligen Atmosphäre übermannt, in den tiefen Ausgrabungen zu Tausenden erstickt nieder, und das geringste, mit der Stimme der Empörung geschilderte Anzeichen von Ungehorsam wurde mit dem Blute von tausend Opfern bestraft. Der Feudalismus, welcher in dem barbarischen sechszehnten Jahrhundert Europa noch beherrschte, schien die Grundlage der ominösen Knechtschaft Amerikas zu sein; zwischen einem Lehensmann und einem heidnischen Sklaven war gar kein so großer Unterschied. Ein Christ im sechszehnten Jahrhundert war ein von der Erde bevorzugtes Wesen, der Lehensherr jedoch zeichnete ihn wie einen Lieblingshund mit einem eisernen Halsband aus; ein Götzendiener der Sonne war ein im Himmel und auf Erden verfluchtes, verabscheuungswürdiges Geschöpf, ein ekelhafter Aussatz. Was konnte er im sechszehnten Jahrhundert von seinen Siegern mehr erwarten, als Ketten, Schmach und Knechtschaft? In Peru hatte der Herr das Recht über Leben und Tod seiner Sklaven, das Recht, den Vater aus den zarten Armen seiner Kinder zu reißen, das Recht, die Gattin von dem keuschen Lager des Gatten hinwegzuführen; und das Blut der unschuldigen Sonnenanbeter war der erste Handelsartikel der Europäer. Oh! daß sich das Gedächtniß jener Schreckensauftritte nimmermehr erinnerte!! Ganze, in Knechtschaft geborene Familien und Kinder hielten sich für glücklich, die Ketten nachzuschleppen, wenn sie sich wenigstens der väterlichen Zärtlichkeit und Liebkosungen erfreuen durften; aber kaum ergoß die Sonne ihr Licht über die Erde, als sich der Horizont für jene Opfer mit dem Schatten der Hölle färbte. Der rüstige Vater verließ träge das Lager der Gattin und der Pfänder seiner Liebe, um an die Arbeit zu gehen, bei der er vielleicht an jenem Tage sein Leben aushauchte; vielleicht streichelte ihn das zarte Kind mit seinen unschuldigen Händchen, und der Vater benetzte sie mit Thränen der Trostlosigkeit, wenn die unerbittliche Peitsche des Herrn auf seine Schultern niederfiel und ihn seiner Wonne benahm. Hier sah die Gattin den Europäer den Preis des Gatten merken, und ihn aus ihren Armen entreißend, ihn fortschleppen, um in der weiten Welt zu sterben; dort schaute der gefühlvolle Vater in einem blassen Metalle das Blut seines zarten Sohnes, und gab, wenn ihn der Europäer seinen Armen entriß, damit er in entlegenen Himmelsstrichen die Ketten der Schmach schleppte, vor Schmerz den Geist auf. Ah! wie viele Unglückliche stürzten sich hinter den Schiffen her, welche ihre süßen Lieben entführten, in die Wogen! Wie viele gaben sich, in Verwünschungen wider den Herrn ausbrechend, die Augen zum Himmel gewandt, einen gewaltsamen Tod! Wie viele waren in Todesängsten ein Opfer des Schmerzes, den sie in ihrer Brust erstickten! Genug, genug, mehr nicht, werfen wir einen dichten Schleier über so großen Schrecken und so große Schmach. Aber dem sechszehnten Jahrhundert genügte die körperliche Sklaverei des Menschengeschlechtes nicht, die Gewissen mußten ebenfalls geknechtet werden. Luque konnte in den ersten Augenblicken der Eroberung nicht für sich allein erwarten, weder seines Amtes als Priester zu walten, noch allen Götzendienern der Sonne zu predigen oder sie zu erschrecken und über deren Häupter das Wasser der Taufe auszugießen, oder dann sie als unbußfertig und verflucht in die Flammen zu werfen; und seine Einladungen einerseits und der Ehrgeiz andrerseits brachten auch in jene Regionen Priester von allen Klassen und Ständen, welche mit dem Fanatismus ihres Jahrhunderts die Henker der unschuldigen Anbeter des Gottes, der die Tage entflammt, wären. Die berühmten Dekrete von Cajamalca wurden in dem ganzen Reiche zur Ausführung gebracht, und die Unglücklichen, welche nach dem Gebirge flohen, mußten ihre neuen Glaubenslehren verleugnen, oder waren Opfer der Wuth und der Flammen der Inquisition; und diejenigen, welche dem Schrecken oder der Ueberzeugung entrissen, zur christlichen Kirche gingen, wurden mit der ganzen Härte eines Katechumenen der ersten Jahrhunderte behandelt. Von den unglücklichen Sonnenanbetern empfingen die einen, um ihren Tod zu verzögern, das Wasser der Erlösung, und die wenigsten traten aus Ueberzeugung getrieben in den Schooß der Kirche ein. Das Gewissen der Erstern war ihre grausamste Geißel; sie mußten sich bei den Feierlichkeiten des christlichen Gottesdienstes einfinden, und wenn sie die Sonne im Osten erglänzen sahen, wurden sie, ihre Abtrünnigkeit verfluchend, von Schrecken erfaßt, und vielleicht lästerten sie das Christenthum, und litten mit doppeltem Grausen die Schläge ihres Gewissens. Diejenigen, welche von ihrem Herzen begeistert, an Jesus Christus glaubten, waren, ebenfalls unglücklich, Opfer ihrer Unwissenheit! Die fanatischen Priester erfüllten ihre Seele mit schwermüthigen Vorurtheilen; sie verkauften den Himmel zu so theuern Opfern, daß alles Gold und alle menschliche Tugend nicht genügte, die ewige Seligkeit zu erlangen, und die Gewissensangst ist der größte moralische Jammer des Menschengeschlechtes. Die zarte Religion Jesus war ihrem Gründer nicht bekannt; ihr süßes Wesen, ihre einfache Moral verwandelte sich in die Furcht einer qualvollen Nacht; die Inquisition verbreitete ihre Greuel, und niemals gelangte an Luque, als Generalverweser, die Berufung einer Verleumdung; die untergeordneten Priester genügten, die Opfer bis vor die Flammen zu bringen. Das war der gesellschaftliche und innere Zustand Perus, und von den angrenzenden Kolonieen strömten dem Reiche beständig neue Ehrgeizige zu, und die Kriegsmacht Pizarros war schon beträchtlich, und eben so üppig waren die Schätze der Abenteurer, als er in den Tagen, da der Waffenstillstand mit Almagro dauerte, zum ersten Mal von der Metropole Befehle empfing. Der Hof von Castilien sah mit Erstaunen die Fortschritte der Expedition von Panama; er bewunderte das Genie und den kriegerischen Charakter Pizarros: Pizarro war der Abgott der Könige, der Großen und des Volkes, und mit Uebermuth sah Philipp II. von seinem umtrauerten Throne herab die Sonne in seinem Reiche niemals untergehen. Bei den Nachrichten Pizarros und Perus setzte sich die Diplomatie des Jahrhunderts in schnelle Bewegung; kaltblütig berechneten die Thronräthe ihrer Gewohnheit gemäß die Interessen ihres Monarchen und verachteten die Menschen und traten die Menschheit mit Füßen. Alsbald wurden Gesetze und Vorschriften aufgestellt, worin man die Sklaverei billigte, worin man den Verkauf von Sklaven gewährte, worin man die Priester und die Kriegsanführer für die größte Verbreitung des Christenthums verantwortlich machte, worin man die Inquisition unter den ungerechtesten Grundlagen festsetzte und worin man endlich die Zerstörung des neuen Reiches befahl. Da in jenem dunkeln Jahrhundert die wahrhaftigen Grundlagen des Reichthums und der Macht der Reiche unbekannt waren, dachte man nur daran, die Kolonieen zu plündern und ihre Reichthümer nach der Metropole zu schleppen. Die Throne verachteten im sechszehnten Jahrhundert die Fortschritte der Künste; der Ackerbau war ein eingebildeter Name, dessen Resultate dem spärlichen Scharfsinn der Epoche entgingen, und die gesellschaftlichen Rechte waren mit der wilden Gewaltherrschaft, welche ihre Flügel von der einen Welt bis zur andern erstreckte, durchaus im Widerspruch. Von Pizarro wurden nur Schätze gefordert; die Art und Weise, sie zu entziehen oder zu entreißen, blieben seiner Willkür überlassen. So ungeheuerliche Prinzipien bildeten in den ursprünglichen Zeiten die Grundlagen des Verkehrs der Metropole mit den neuen Festländern. Die Eroberung von Peru verkleidete sich außerdem mit dem religiösen Deckmantel, der alle widerrechtlichen Besitzergreifungen jenes Jahrhunderts zudeckte. Der erste Abenteurer, welcher in einem Festlande zu Boden sprang, nahm im Namen des höchsten Stellvertreters Christis, der alsdann den zeitweiligen Königen die Verleihung gewährte, davon Besitz. Der Hof von Rom entfaltete alle seine Rechte und seinen ganzen Einfluß auf die Eroberung von Peru, aber er hatte vom Hofe Philipps zu viel Geschenke empfangen, um ihm undankbar zu sein, und Philipp hatte zu viel Fußvolk und Reiterei, als daß Rom ihn nicht fürchtete und ihm seine pflichtschuldigsten Huldigungen darbrachte. Der Hof von Rom gewährte den Königen von Castilien die Verleihung Perus, aber der Hof von Rom forderte der Gewohnheit in jenen Jahrhunderten der Unwissenheit gemäß, für seine eingebildeten Rechte unerhörte Zurechnungen. Das Recht der Erwählung von Prälaten, die übertriebenen Erpressungen für Bullen und Bewilligungen, der thätigste und gewinnbringendste Einfluß aller Art Handel haftete der römischen Curie stets an. In Mitten der Unruhen seiner heftigen Liebe zu Ocollo, in den Augenblicken, da er auf das Duell mit Almagro zurückkommen sollte, empfing Pizarro Mittheilungen von der Metropole, die seinem Stolze und seiner wirklichen Macht zu sehr schmeichelten. Der Hof von Castilien ernannte ihn feierlich zum Statthalter und unumschränkten Gebieter des ganzen Reiches; Pizarro war der erste Priester, das erste militärische Oberhaupt und die erste obrigkeitliche Person; er war der Caligula und der Domitian der neuen Welt, und die Metropole forderte nur einen Fünftel von all’ den Reichthümern, welche er erpreßte, als Belohnung. Bei der ungeheuren Eroberung war eine unschätzbare Beute in den Händen der Abenteurer geblieben, und Pizarro, scharfsichtig genug, um die Art zu kennen, seinen Einfluß bei Hofe zu sichern, hatte für die Krone eine Unmenge von Gold und Silber vereinigt, womit in San Mateo viele Schiffe und Galeeren beladen wurden. Das Schicksal des Reiches änderte sich bei den Mittheilungen der Metropole in nichts. Die Rathsherrn von Madrid wußten nicht mehr, noch waren sie menschlicher als die Eindringlinge; derselbe Ehrgeiz, derselbe Fanatismus beherrschte sie, und die Vorschriften oder legalen Körperschaften, denen sie die Metropole unterwerfen sollte, mußten den Raub, die Zerstörung und die Schmach bezwecken. Das Ansehen Pizarros erwarb neue Kraft und neuen Muth, vergebens mochte irgend ein gefühlvoller Mensch am Hofe die Stimme gegen seine grausame Tyrannei erheben; am Hofe Philipps wollte man nur Schätze und Anhänger des Christenthums; Pizarro überschüttete sie mit Strömen von Gold, und die Scheiterhaufen der Inquisition brannten fortwährend. Das Schicksal der neuen Welt schien bereits festgesetzt zu sein; der Hof von Rom und der Hof von Madrid sollten jenem unschuldigen Boden den Charakter und das Genie des sechszehnten Jahrhunderts aufdrücken, aber dessen Bewohner mußten, um sich von der Götzendienerei zu reinigen, den Vater des Lichtes angebetet zu haben, von der Erde verschwinden. Das war das Schicksal aller von andern Europäern in Besitz genommenen Festländer gewesen. Die Diplomatie jener Aera schien ihr Behagen einzig an der Zerstörung zu finden. Die bewaffneten Männer und die Priester in Peru waren die Beauftragten, das Reich seiner Schätze zu berauben, und die unermeßlichen Schätze, welche ihnen noch übrig blieben, der Metropole zu überweisen. Am Hofe Philipps schlief man unter dem Golde ein; bis auf unsere Tage kreuzten schnelle, spanische Galeeren die Meere, um die Reichthümer der neuen Welt nach Spanien zu überführen; der Hof von Madrid schwelgte im Ueberfluß, das Gold floß in Strömen: Mit einem Berge von Gold errichtete man San Lorenzo im Escurial, diesen Prachttempel, das achte Wunder der Welt; mit einem andern Berge von Gold machte man in der herrlichen Granja die reizenden Springbrunnen von Versailles vergessen; ein Berg von jenem Golde sollte dazu bestimmt sein, Alcazar[5] der Könige in Madrid zu werden; mit einem andern beherrschte man den Tajo in Aranjuez, um dessen üppige Gärten zu heben; die Kirchthürme und Münster verschlängen ebenfalls ein Meer von Gold, aber niemals dachten Philipp noch seine Höflinge daran, auch nur den geringsten Ueberfluß so übermäßiger Schätze dafür zu bestimmen, dem öffentlichen Reichthum ihres Vaterlandes aufzuhelfen, die Verkehrswege zu erleichtern, noch dessen Handel zu beschützen. Ueppige Tempel und Thürme, worin sich der Stolz und der Hochmuth des Fanatismus des sechszehnten Jahrhunderts hervorthat; prächtige und prunkhafte Festungspaläste, fantastische und köstliche Gärten und Obelisken zwischen unfruchtbaren Gebirgen, worin sich die Könige dem Vergnügen hingaben und ihre armen Gehirne in Stolz und Wollust schwelgten; das sind die glänzenden Andenken, welche uns unsere Väter hinterließen, für die Ströme von Gold, von Schweiß und von Blut, die sie den Sonnenanbetern, den Unterthanen der Inkas, den unglücklichen Bewohnern der neuen Welt entrissen. [5] Festungsschloß. [Illustration] [Illustration] Kapitel 22. Verurtheilung. Wir werden die trübseligen Betrachtungen der religiösen und politischen Lage der Festländer der neuen Welt in den ursprünglichen Zeiten der Eroberung der Einsicht unserer Leser überlassen und wiederum auf die Ereignisse unserer Geschichte zurückkommen. In den Mittheilungen, welche er vom Hofe empfing, fand Pizarro seinem Stolze und seinem unbegrenzten Ansehen geschmeichelt; aber die neue Macht des Statthalters entkleidete ihn nicht des Charakters eines sonderbaren Ritters und verschmähten Liebhabers; Ocollo war seine Liebe und seine Qual, und der Waffenstillstand ging zu Ende, und er sollte auf das Feld der Ehre fliegen, um sich mit Almagro zu schlagen. Luque hatte die Bestätigung seiner Eigenschaft als Generalverweser ebenfalls erhalten, und seine Seele hatte mit derjenigen Pizarros zu viele Berührungspunkte, als daß sie nicht eine innige Freundschaft und ein vollständiges gegenseitiges Vertrauen vereinigte; und er verzieh kein Mittel von so vielen, die in seinem Bereiche lagen, um zu verhüten, daß er von Neuem auf das Duell zurückkam. Er kannte den Muth und die Standhaftigkeit Pizarros sehr wohl, aber ebensowenig verbarg sich ihm, daß Almagro tapfer und in der Handhabung der Waffen zu erfahren war, und Luque schauderte bei der bloßen Betrachtung, daß Pizarro besiegt werden könnte. Aber er griff ein schwieriges Unternehmen an; umsonst redete er im Namen des Himmels zu den beiden Kriegern: Pizarro kannte kein anderes Ziel, als von Ocollo geliebt zu werden, oder ihr ihre Ehrbarkeit zu entreißen und sie auf den Scheiterhaufen zu schleppen; und Almagro hatte vor seinem Gott betheuert, daß er die Tugend und die Unschuld nicht mit Füßen treten sehen würde. Um seinen Zweck zu erreichen, verwundete Luque, indem er ihm schilderte, wie unpassend es wäre, sich mit einem Untergebenen zu schlagen, den Stolz Pizarros, und er sah einen Mord oder eine fromme Verleumdung für einfacher an; aber immer ritterlich, gab Pizarro Luque mit Festigkeit sein Mißfallen zu verstehen und bereitete sich zum Kampfe vor. »Er lebe,« wiederholte er, »um der Gewalt meiner Klinge zu weichen.« Für seinen Theil waren Almagro an der Seite seiner Ehre sein Leben und seine Liebe nur zu verächtlich; ein wahrhaft ritterlicher Charakter beherrschte ihn, und umsonst gebrauchte Luque seine ganze Macht und seinen Einfluß. Unterdessen sah, ein Opfer der rohesten Qual, Ocollo Coya großmüthig in die Gefahren fliegen, um das Vaterland zu retten; sie sah Huascar und die Adeligen die heldenmüthigsten Anstrengungen machen, um den Muth der Peruaner wieder zu beleben, um wieder für ihre Freiheit zu kämpfen, und sie indessen war nahe daran, ihr Leben, ohne das Blut Atahulpas zu rächen und ohne ihrem Vaterlande einen leichten Trost zu leihen, auf einem Schaffot auszuhauchen. Andrerseits sollte der großmüthige Almagro abermals sein Leben aussetzen, um sie zu retten, und Almagro mußte in dem Kampfe unterliegen oder den Fluch der Meisten seines Lagers auf sich nehmen und dem Dolche eines Mörders ausgesetzt sein. Alles konnte ihn retten, indem sie der Liebe Pizarros nachgab, aber es war unmöglich, daß sie davon ließ, den Mörder ihres angebeteten Inkas zu hassen, und ihre Seele seufzte, von heftigen und widerstrebenden Stürmen bekämpft. Jedoch, das Blut Atahulpas, immer vor ihren Augen gegenwärtig, schrie um Rache, und Ocollo entschloß sich, Pizarro eher ihre Liebe zu heucheln, als, wenn ihr Blut dem Vaterlande doch nichts nützte, auf dem Schaffot zu sterben. Schon rüsteten die beiden Krieger von Neuem ihre Waffen, um in den Kampf zu fliegen, als Ocollo Almagro an ihr Gefängniß rief, damit er das Duell aufhöbe. »Ja, mein großmüthiger Almagro«, wiederholte sie ihm, »dein Name wird ewig in meinem Gedächtniß und meine Dankbarkeit wird ewig sein; gürte deine Waffen los, ich bin entschlossen, Pizarro zu lieben.« »Pizarro zu lieben!« entgegnete ihr Almagro. »Ja, großmüthiger Kriegsheld, Pizarro zu sagen, daß ich ihn liebe; aber mein Herz lebt nur noch für Atahulpa.« »Ich kann nicht begreifen, Ocollo.« »Es ist ein großes Geheimniß.« »Ich achte sogar die Geheimnisse der Schönen, aber wenn du etwa, um mir das Duell zu vermeiden, Ocollo, deiner Seele Gewalt anthätest....« »Nein, Almagro, nein, ich schwöre es dir, ich will das Christenthum umarmen.« »Lebe wohl, Ocollo, zähle stets auf meinen Degen.« »Ah! warte, wenn du Coya sehen solltest, wenn dich irgend ein Peruaner frägt, sage, daß Ocollo nicht meineidig ist an ihrem Vaterlande, daß sie Atahulpa mehr als je verehrt, daß sie die Gattin des Inkas nicht für schwach, noch für verbrecherisch halten.« Nach kurzem Stillschweigen ging Almagro voll Erstaunen, und Ocollo richtete einen höflichen Gruß an Pizarro aus. Trotz Pizarros Hochmuth war die heftige Liebe, welche er zu Ocollo hatte, eine solche, daß er es nicht verschmähte, nach ihrem Gefängnisse zu gehen, um sie anzuhören. »Was hast du mir mitzutheilen?« sagte er zu ihr. Bebend, mit stammelnden Lippen, vermochte Ocollo, weil ihre Seele nicht an Erdichtung gewohnt war, kaum das Schweigen zu brechen. »Endlich, Pizarro, triumphirtest du über mein Herz; ich liebe dich!« »Du liebst mich! Du, die du wiederholtest, daß uns beide nicht zugleich die Erde tragen könnte!« »Ja, es ist wahr, aber die Hand der Zeit hat meine Wunden vernarbt, ich will das Christenthum umarmen, mit dir leben und will dich lieben, Pizarro.« »Und ich werde mich an deinen Liebkosungen erfreuen, und du wirst meine süße Ehegefährtin sein!« Ein Lächeln hob sich von seinen Zügen ab; Ocollo seufzte dort in ihrem Herzen, aber sie erstickte die Seufzer zwischen ihren Lippen, und Pizarro, nachdem er sie den süßen Schwur hundert Mal hatte wiederholen lassen, befahl, sie aus dem Gefängnisse hervor zu holen, und sie, da es der Palast der Inkas war, nach seinem Palaste zu führen. Gar bald wußte Luque und das ganze Volk, daß Ocollo der Liebe Pizarros nachgegeben hatte, und der Stellvertreter Christis in der neuen Welt sah jene plötzliche Umwandlung als ein sichtbares Wunder an, das die Eroberung von Peru befestigte. Pizarro würde sein kostbares Leben bereits nicht mehr aussetzen, um sich mit Almagro zu schlagen, und mit der Gattin des Inkas, durch das Band der Ehe vereint, würden ihn die Peruaner fröhlicher als ihren rechtmäßigen Herrscher verehren. Ah! ohne Zweifel wußte Luque nicht, daß die freien Völker die Tyrannen stets verabscheuen, unter was für einer Gestalt sie sich auch verkleiden! Alsbald wurde das Duell mit den gewohnten Feierlichkeiten aufgehoben, und Pizarro strengte sich an, Almagro seine Freundschaft und seine Achtung vorzuheucheln. Pizarro, der den Augenblick ersehnte, seine brennenden Begierden zu erfüllen, belästigte die Schöne unaufhörlich mit feurigen und unzüchtigen Bitten. Jedoch Ocollo hatte früher an die Art gedacht, die Hoffnungen desjenigen, den sie haßte, zu narren, und ihren Plan zu Ende zu führen, und indessen, daß sie die Einbildung und das Anziehende ihrer Liebe in Pizarro aufrecht erhielt, spottete sie seiner Begierden. »Du weißt es,« wiederholte sie ihm, »deine Religion verlangt, daß die Gatten denselben Glauben bekennen; mir Unglückseligen ist deine Religion nicht bekannt, noch bin ich in deren Geheimnisse eingeweiht; in Kürze werden mich die christlichen Priester unterweisen, ich empfange das Wasser der Taufe, und dann, Pizarro, werden wir uns der Liebeswonne überlassen.« Jener wilde Charakter, jener Pizarro, der Blut vergießend, sich zum Schrecken des Reiches gemacht hatte, gab, wie ein unbändiger Stier nachgiebt, den Einflüsterungen der Liebe nach, und Ocollo hielt ihre Hoffnungen mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit aufrecht. Weit entfernt von Pizarro der Gedanke an Gewaltthätigkeit, bei den Thränen der Peruanerin war sein Herz gefühlvoll, und mehr als ein Mal retteten sie das Leben einiger Unglücklichen. Ocollo wußte wohl, daß jener Zustand ein gewaltsamer war, daß der feurige Spanier nicht auf lange Zeit der Spielball ihrer Kunstgriffe war, aber inzwischen dachte sie über ihre Rache nach und war die großmüthige Beschützerin ihrer unglücklichen Unterthanen. Mit Pracht im Palaste behandelt, gewann sie sich ebenfalls die Liebe der Spanier, und das Christenthum war ihr sicherstes Bollwerk, um den ungestümen Bitten ihres Liebhabers zu widerstehen. Luque war der Beauftragte, Ocollo in die Geheimnisse des Christenthums einzuweihen, damit sie das Wasser der Taufe empfing, und während die Peruanerin in Anhörung des Priesters Gelehrigkeit zeigte, suchte sie in ihrem klaren Verständniß nach Ausflüchten, um das Christenthum vernunftgemäß zu bestreiten. Es ist wohl wahr, daß die neue Welt sich niemals daran gewöhnte, die Katechumenen in die Lehren einzuweihen: Ein Priester predigte in dem Tempel über die Vorzüglichkeiten der Religion Christis, und von der ewigen Pein und der ewigen Seligkeit, es war aber, nachdem sie das Wasser der Erlösung empfangen hatten, da sie bis dahin keinen Zutritt in den Tempel gehabt hatten, und die Sprache der Priester immer prophetisch und erhaben war, wie wenn die neuen Gläubigen von der Fackel des Glaubens erleuchtet wären. Wie manchmal gebrauchte ein Priester seine geheimnißvolle Sprache umsonst, damit die Peruaner die Dreieinigkeit, das Wesen und die Eigenschaften Gottes begriffen; damit sie die Jungfrauschaft Marias und die Menschwerdung des Sohnes Gottes erkannten! Von kräftigem, lebhaftem Verstande, sagte Ocollo, daß es das größte Verbrechen sei, das Wasser der Taufe zu empfangen, so lange man nicht fest an die christlichen Lehren glaubte, und Ocollo war geachtet, weil sie den Willen Pizarros beherrschte. Der Statthalter jedoch, immer den Augenblick des wonnevollen Genusses der Liebe ersehnend, trieb Luque an, Ocollo zu taufen, und die Lage der Peruanerin wurde von Tag zu Tag mißlicher und gefährlicher, aber die Ereignisse der Freiheit des Landes folgten einander sehr schnell, und Ocollo schöpfte Muth in ihren nächsten Hoffnungen. Indessen war Almagro mehr als je ein Opfer der Liebe Coyas; seine Wonne war, an deren Seite zu stehen. Coya war sein Wollen und Verlangen, Coya sein Ideal, und nur für Almagro lebte Coya auf der Welt. Zwischen den Bergen liegend, die Cuzco umgaben, sah die Schöne tagtäglich ihre Streitkräfte mit den Unglücklichen, die der Kette der Knechtschaft oder den Krallen der Inquisition entrinnen konnten, zunehmen, und beständig schickte sie Huascar Verstärkungen. Almagro hatte seine Liebe bereits veröffentlicht, und weder den Spaniern noch den Peruanern war seine traurige Leidenschaft unbekannt, und er mußte alle Tage nach dem Gebirge gehen, um seine Schöne zu sehen. Weder Pizarro noch Luque konnten eine Liebe ertragen, die ihrem Interesse und den Interessen ihres Vaterlandes so sehr zuwider war, und die Entzweiung mit Almagro war unerläßlich. In Wahrheit ließ es Almagro offen an den Regeln der militärischen Disziplin fehlen, er verkehrte mit dem feindlichen Lager und trug mit so vielen Mitteln wie immer thunlich zur Erhaltung Coyas bei. Andrerseits hätte man, da er eine Peruanerin liebte, welche die Spanier für eine Götzendienerin hielten, an seinem religiösen Glauben zweifeln können, und es lagen überwiegende Gründe vor, um ihn dem Ausspruch eines Kriegsgerichtes zu unterwerfen. Kaum breitete die Nacht ihren friedlichen Schleier aus, als Almagro sich die Waffen umgürtete, das Pferd anschirrte und schnell nach dem Gebirge ritt. Hier erwartete Coya ihren Geliebten bereits, ein wenig von ihren Kriegern getrennt, und der reinsten Wonne überlassen, sahen sie den Mond das Himmelszelt durchziehen. Die zärtlichste Liebe vereinigte sie, Almagro lebte für Coya, und Coya für Almagro. »Ah!« wiederholte ihm in einer heitern Nacht die Schöne, »wie gut sagte mir mein Herz voraus, daß unsere Liebe ein schwarzer Unstern sein würde! Grenzenlos ist unser Unglück, jeder nachfolgende Tag scheint unsere Bitterkeit zu verdoppeln. Mein Vaterland ist in Staub versunken, die Sonnentempel sind verschwunden, das Blut der Peruaner röthet die fruchtbaren Fluren, ich habe meinen Gott verkannt.« »Schöne....« »Vereinige deine Anstrengungen mit den meinen, da du doch als ein von Osten Gekommener den Dolch in mein unglückliches Vaterland stießest, heile als Angebeteter Coyas dessen Wunden zu.« »Mein Vaterland, Coya....« »Ich verließ meinen Gott....« »Als Götzendienerin hätte ich dich nicht geliebt....« Die Lage jener unglücklichen Seelen läßt sich nur empfinden; Almagro konnte nicht zum Verräther an seinem Vaterlande werden, Coya war zu getreu, um ihr Lager zu verlassen, worin sie das Ansehen bereits verlor, weil man anfing, an ihrem religiösen Glauben zu zweifeln; und zwei so zärtliche Geliebte konnten sich im Kampfe treffen und einander tödten. Coya war im Gebirge vor den Augen Pizarros verächtlich, sie hatte weder Streitkräfte, noch befeindete sie die Fluren, und der Eroberer hielt es nicht der Mühe werth sie zu schlagen. Coya ihrerseits erkannte ebenfalls, daß sie keine Schlacht wagen durfte, und sie besorgte bloß, den Spaniern wie eine Verliebte zu erscheinen, welche die Annäherung ihres Geliebten suchte; inzwischen aber waren ihre Streitkräfte ein Vereinigungspunkt für die Peruaner, die den Ketten entrannen, und ohne jemals viele Leute heranzubilden, internirte sie dieselben nach den Anden. Es war in einer ruhigen Nacht, als Almagro auf der Rückkehr vom Gebirge die Stadt betrat und der Kapitän Soto mit zwanzig Mann auf Pizarros Befehl seiner wartete, um ihn gefangen zu nehmen. So sehr Almagro überrascht war, setzte er dem Befehle seines Vorgesetzten nicht den geringsten Widerstand entgegen; als guter Soldat achtete er die Unterwürfigkeit und Mannszucht, und folgte Soto, der ihn nach dem Palaste des Statthalters führte, wo der versammelte Kriegsrath bereits seiner wartete. Ein geräumiger, düsterer Saal war der Ort, wo die Richter sich versammelten; Pizarro war Vorsitzender im Rathe und Luque wohnte als Priester für die religiösen Anklagen ebenfalls bei. Dahin wurde Almagro mit den Feierlichkeiten eines Verbrechers gebracht, aber sein Antlitz und sein Herz waren ruhig, obschon seine Seele überrascht war. Kaum erschien er in der Versammlung, las ihm der Staatsanwalt die Anklageschrift, als Verschwörer gegen sein Vaterland, wegen seiner fortgesetzten Mittheilungen mit dem feindlichen Lager und als Abtrünniger des Christenthums, wegen unerlaubten Umgangs mit einer Götzendienerin, vor. Voller Majestät brachte Almagro mit der Kraft und dem Nachdruck, die ihm seine Unschuld eingab, seine Vertheidigung vor, er erinnerte die Richter an die Thaten der Tapferkeit und die Aufopferungen, welche er seinem Vaterlande anrechnete, an die Anstrengungen, die er für die Eroberung jenes Reiches herzählte, und verneinte unter wüthendem Drohen den unerlaubten Umgang, dessen er bezichtigt wurde. »Coya ist ein Schatz von Tugend,« wiederholte er ihnen, »und Almagro achtet ihre Tugend, wie auch ihr sie achten dürftet.« Alles war umsonst, das Urtheil war, ehe sich der Rath versammelte, vorgeschrieben, und Almagro sollte zum Tode verurtheilt werden. Luque konnte lange Zeit hindurch den Haß, der in seinem Herzen brannte, nicht verbergen, und mit der Sprache, welche ihm sein grausamer Fanatismus einflößte, beschuldigte er ihn auf’s Härteste und Ungerechteste, und bat, daß er als gottlos verbrannt werde. Der Zweck der Rathsversammlung beschränkte sich jedoch darauf, daß Almagro zu leben aufhörte, und er wurde endlich verurtheilt, als Soldat, erschossen zu werden. Trotz aller Tapferkeit und aller Ruhe Almagros konnte ein so unerwarteter Schlag nicht umhin, ihn zu überraschen, und seine entwaffnete Rechte erzitterte. Er verwahrte sich thatkräftig gegen die Gewaltthätigkeit, aber entwaffnet und von Degen umgeben, fand er im Ungehorsam nur Schande und Tod. Andrerseits hatten seine Gegner alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen, um ihn bis zum Richtplatz zu schleppen, ohne daß ihn ein einziges Schwert vertheidigt hätte. Benalcazar und einige andere seiner Ergebenen waren außerhalb der Stadt und auf dem Lande oder in den Provinzen zerstreut, und ein tiefes Stillschweigen besiegelte die Gefangennahme und die Verurtheilung des Kriegers. In jener selben Nacht sollte er den geistlichen Zuspruch empfangen, um beim Anbruch des Tages seinen letzten Seufzer auszuhauchen. Kein Mensch durchdrang das Geheimniß; die Richter bewahrten ein tiefes Schweigen, und das Grab that sich für den großmüthigen Almagro auf.... »Coya ... Coya....« wiederholte er einzig bei seinen Seufzern, »barbarische Henkersknechte entreißen mich deinen Armen, du wirst meinen Tod nicht überleben, schnell werden wir uns in den Wohnungen der Gerechten wiedersehen.« Ocollo beherrschte das Herz Pizarros, und bald, weil es bei der, die man anbetet, keine Geheimnisse giebt, oder bald, damit sie, nachdem er ihren Vertheidiger ermordet hatte, ihn nicht beschuldigte, sagte er zu ihr, wie wenn er das Schicksal Almagros bedauerte, daß er zum Tode verurtheilt sei und daß er bei Tagesanbruch erschossen werden sollte. Ocollo, welche das Dasein des Großmüthigen so nahe bedroht sah; Ocollo, welche eine tiefe Dankbarkeit empfand, warf sich zu Füßen Pizarros nieder, benetzte sie mit tausend heißen Thränen und brachte den Statthalter in den größten Widerstreit; aber er versicherte ihr, daß er nicht den geringsten Antheil an seinem Urtheilspruche gehabt habe, daß die Richter unerbittlich und die Vergehen Almagros ungeheuer seien; er betheuerte ihr endlich, daß er ihn nicht retten konnte, und zeigte sich unbeugsam. Die Unglückliche erlangte weder Erlaubniß, nach dem Gefängniß zu gehen, den Verurtheilten zu trösten, noch fand sie in ihrer Einsamkeit Hülfsquellen, um ihm ihre Dankbarkeit zu zeigen und ihn zu retten: Sie seufzte trostlos, sie war ein Opfer des tiefsten Schmerzes, inzwischen aber verflog stillschweigend die Nacht, und Almagro sollte um die Morgenröthe das Blutgerüst besteigen. Dem Kriegshelden wurde von einem Geistlichen beigestanden, der ihn unter traurigen Bräuchen auf den Tod vorbereitete, und ruhig erfüllte Almagro die christlichen Pflichten. Das Bild Coyas kam ihm keinen Augenblick aus dem Sinne, und in den letzten Augenblicken schrieb er ihr, um sie zu trösten: »Entsetzliche Bösewichte schleppen mich zum Schaffot, und ich sterbe, deine Liebe athmend, Coya verehrend: Mein Gewissen ist ruhig; obschon einer der Eindringlinge deines Vaterlandes, sterbe ich mit dem Troste, daß sich kein Peruaner meines Namens mit Schrecken erinnern wird. Lebe wohl, angebetete Coya, liebe den Gott der Christen, und in den Wohnungen der Gerechten werden wir uns wieder unsere Arme ausstrecken. Lebe wohl, ich bete dich an, ich bin deiner Liebe zum Opfer gebracht; aber ich liebe dich bis an das Grab«. Nachdem Almagro seine Schulden gebeichtet hatte, empfing er das Abendmahl, und bereitete sich mit der ganzen Ruhe einer großen Seele vor, zum Blutgerüst zu gehen. Noch brach der neue Tag nicht an, als schon einige spanische Reiterschaaren ohne kriegerische Instrumente hinauszogen, um das Viereck zu bilden, wo der edle Krieger aushauchen sollte. Soto und andere vom Statthalter in’s Vertrauen gezogene Offiziere befehligten das Geleite; Benalcazar und die hauptsächlichsten Ergebenen Almagros waren außerhalb der Stadt, und das Volk wußte nichts von dem grausamen Urtheil. So groß war die Dunkelheit und die Schnelligkeit, mit der es verhängt wurde! Todtenstille lag über Cuzco und der Flur; und unter Nacht und Grausen brach die Morgenröthe hervor, und die Ruhe schien verbürgt. Schon erschien das Opfer unter starker Bedeckung, und von dem grausamen Schauspiel fliehend, verbarg sich die Sonne hinter schweren Wolkenstreifen, die Erde in dichte Finsterniß versunken zurücklassend. Der Statthalter hielt es für gerathen, der Hinrichtung nicht persönlich beizuwohnen, und er anempfahl sie Soto; und von Priestern umgeben, ohne daß man ihm gestattete, seine Stimme an seine Gefährten zu richten, stimmte Almagro bereits mit Inbrunst die ersten Worte des Credo an, und der Tod streckte seine Krallen nach ihm aus, als wie ein vom Himmel herabgestürzter Strom Coya mit tausend Kriegern über die barbarischen Henkersknechte herfiel. Die Spanier schliefen im Vertrauen, die Ueberraschung war schrecklich; Coya, um ihren Abgott zu retten, war ein rasender Sturmwind; Pizarro fehlte an der Spitze seiner Gefährten; die Spanier geriethen in Unordnung und Coya entriß ihren geliebten Almagro aus deren Krallen. Von den Priestern, welche ihn am nächsten umstanden, waren viele ein Opfer der Tapferkeit der Peruaner, und obschon ihnen der wilde Soto eine große Niederlage beibrachte, waren ebenfalls viele Spanier Opfer auf dem Felde der Ueberraschung. Die Bewegung theilte sich der Stadt mit; mit Blitzesschnelle flog der Statthalter an den Ort der Gefahr, es war aber bereits spät, Almagro und Coya entkamen auf schnellen Pferden, und die Peruaner begruben sich von Neuem zwischen den Unwegsamkeiten des Gebirges. [Illustration] [Illustration] Kapitel 23. Die Anden. Coyas Ueberraschung und die Rettung Almagros erfüllte, weil kein Mensch sich so ein außergewöhnliches Ereigniß genügend erklären konnte, Luque, Pizarro und alle Eindringlinge, und insbesondere die militärischen Oberhäupter, welche den Kriegsrath gebildet hatten, mit Schrecken und Bewunderung. Eine zahlreiche unter dem Befehl Benalcazars stehende Sondertruppe beobachtete, wie wir bereits angegeben haben, die Abtheilung Coyas und lähmte und verunmöglichte alle ihre Bewegungen; und die Gefangennahme, Verurtheilung und Hinrichtung Almagros war mit so großer Schnelligkeit und so undurchdringlichem Geheimniß gehandhabt worden, daß es kein Mensch in der Stadt erfahren hatte und noch weniger auf dem Lande hätte erfahren können. Die schöne Ocollo, welche Almagro so viel verdankte, und in deren Busen die reinste Dankbarkeit glühte, benachrichtigte, da sie ihre Bitten und ihre Thränen zu Füßen Pizarros nutzlos sah, durch einen ihrer allervertrautesten Fußgänger, einen schnellen Indianer, sogar in jenen ängstlichen Augenblicken Coya; sinnberaubt und taumelnd, stürzte sich Coya in die Gefahr, weil ihre größte Qual gewesen wäre, ihren Angebeteten zu überleben. Benalcazar, der erste Freund und Parteigenosse Almagros, schon früher im Einverständnisse mit Coya, schwur, um seinem Freunde zu gefallen, weit entfernt, die Bewegungen der Peruanerin zu lähmen, mit ihr den Helden zu retten, und nachdem alle von Benalcazar befehligten Streitkräfte beisammen waren, fielen sie über das Viereck her, worauf der großmüthige Geliebte jeden Augenblick so unmenschlicherweise hingeopfert werden sollte. Die Rathsmitglieder, die einzigen Personen, welche mit in das Geheimniß gezogen waren, schienen die einzigen Verantwortlichen zu sein, es gebrochen zu haben, und sehnlichst suchte man den Meineidigen, damit er eine exemplarische Strafe erlitte, aber kein Mensch wagte den Statthalter zu beschuldigen. Pizarro jedoch in seinem Gewissen, zweifelte an Ocollo, da aber sein Herz von der Peruanerin beherrscht und unterjocht war, beruhigte er es, sich ihrer Reize bedienend, gar bald. Ihre Streitkräfte wieder ordentlich zusammenfaltend, zogen sich Almagro, Coya und Benalcazar in die uneinnehmbaren Gebirge zurück, und bereits fern von der Gefahr, fingen sie an den süßesten Trost zu fühlen, der sich wie beim Abschütteln eines düstern Traumes über den Sterblichen ergießt. Erstaunt sahen sie gerührt einander an und zweifelten noch, ob der Schrecken, der sie so nahe bedroht hatte, eine fantastische Einbildung wäre; aber endlich wieder ruhiger geworden, schwor Almagro seinen grausamen Peinigern ewigen Haß, und Coya ermahnte ihn zur Rache, und Benalcazar bot ihm großmüthig seinen tapfern Degen an. Coya berichtete ihm die Art und Weise, womit ihr Ocollo die Mittheilung machte, daß er ohne Ocollo nicht am Leben wäre, daß Ocollo Pizarro nicht liebte; daß seine Wohlthäterin und ihr Vaterland gerettet werden mußte, daß gekämpft und immer wieder gekämpft und die Freiheit Perus ausgerufen werden mußte, wenn sie sich der Liebe, welche die Götter in ihrem Herzen entzündet hatten, ruhig erfreuen sollten. Trotz so vieler Unziemlichkeiten, die er von seinen Gefährten empfing, trotz den Greuelthaten, die in der neuen Welt begangen wurden und die seinem Herzen so zuwider waren, liebte Almagro sein Vaterland und die Spanier, und bereitwillig gäbe er sein Dasein für sie her; als er aber das treulose Urtheil sah, als er sah, daß sein Blut ebenfalls den verzehrenden Durst sättigen sollte, der in den Eindringlingen der neuen Welt brannte, war seine Seele nur noch für das Rachegeschrei empfindlich, sein Verlangen, seinen Degen in der Brust Pizarros zu begraben, und sein ganzes Glück, die Spanier aus dem Vaterlande seiner Coya zu werfen, um ruhig seine Liebe zu genießen. Kaum sahen sich die süßen Geliebten in dem Gebirge, dachten sie nur noch daran, die Krieger, welche Coya folgten, geordnet dem Befehle Benalcazars zu überlassen, und auf verborgenen und schwierigen Wegen marschirten sie nach den Anden, um sich Huascar vorzustellen, und an den Feldzugsplan zu denken. In kurzen Tagen gelangten sie dahin, sich mit dem Nachfolger der Inkas zu vereinigen, und es wäre unmöglich, die Ueberraschung des Monarchen zu schildern, als er Almagro in seinem Lager sah, und ihm den süßen Namen eines Freundes gab. Von jenem Augenblicke an hielt er den Sieg für sich, und die Ankunft Almagros wurde mit größerem Gepränge gefeiert als die Krönung eines Inkas. Der tapfere, edle und großmüthige Huascar kannte die Kriegskunst immer noch nicht, um sich in’s Feld zu wagen; Almagro war unter den Peruanern wegen seiner Tapferkeit und seiner militärischen Erfahrenheit wohl bekannt, und Almagro mußte die Zielscheibe aller Hoffnungen sein. Obschon die Peruaner sich lange Zeit mit den Spaniern geschlagen hatten, hatten sie ihre Waffen und noch weniger ihre Strategie nicht begriffen, und obgleich sie die Pferde und die Artillerie nicht mehr mit so großem Schrecken ansahen, waren sie dessenungeachtet in dem Augenblicke besiegt, da sie sich auf dem Schlachtfelde zeigten. Almagro wurde feierlich und ausführlich von Huascar ermächtigt, mit allen möglichen Mitteln die nöthigen Vorbereitungen zu einer entscheidenden Schlacht zu treffen, in welcher entweder Peru auf immer die Ketten schleppte, oder das Lied der Freiheit anstimmen konnte; und Almagro fing mit der ganzen Schnelligkeit, die ihm seine Rachgier eingab, zu handeln an. In Mitten der Gewaltherrschaft, mit der Pizarro und Luque Peru heimsuchten, war es unerläßlich, daß die Peruaner tausend Mal vorzögen, in den Tod zu gehen, als das grausame und schimpfliche Joch ihrer Knechtschaft zu ertragen; und sogar aus den entferntesten Provinzen des Reiches wanderten trotz der spanischen Truppen, welche das Gebirge umgaben oder die Mittheilungen verunmöglichten, Unglückliche nach den Anden aus, um sich unter die Fahnen einreihen zu lassen. Arme waren genügend vorhanden, es bedurfte nur der Betriebsamkeit und Leitung. Von dem Augenblicke an dachte Almagro an die Befestigung des beinahe unüberwindlichen Bollwerks, das ihm die Natur in den Anden darbot; an die Herstellung von Hieb- und Feuerwaffen und an die Unterweisung der Krieger. In wenigen Monaten wurden Gewehre und Feldstücke verfertigt, die Peruaner mit der Handhabung der europäischen Waffen vertraut gemacht und die strenge Mannszucht verdoppelt, welche zum Siege führt. Almagro arbeitete unermüdlich Tag und Nacht; er hielt die Peruaner in steter Thätigkeit; aus Allem zog er Hülfsquellen, und zu Allem wurde er durch die Blicke seiner Coya aufgemuntert. Die Anden liehen ihm in ihrem Schooße so viele Hülfsmittel, als er zu den Verarbeitungen bedurfte; die reichsten und überflüssigsten kleinen Pfützen warfen für sich allein das Eisen, den Schwefel und aller Art von Metallen aus, und die Gipfel der Berge schienen die Stätte Vulkans zu sein. Huascar seinerseits, der sich der Liebe der Peruaner erfreute, hielt die sicherste Kundschaft; thätige Werber, welche der Wachsamkeit der Staatsbeamten entwischend, die schmeichelhaftesten Hoffnungen unter die unglücklichen Sklaven verbreiteten, durchzogen alle Provinzen, und belebten die Auswanderung nach dem Gebirge, und im ganzen Reiche gährte ein heftiges und verborgenes Feuer, das dem Scharfblick des Statthalters und aller Eindringlinge entging, das aber eines Tages wie ein rasender Vulkan losbrechen sollte. Almagro war die Triebfeder aller Unternehmungen und das Bollwerk der Freiheit Perus; aber Almagro war ein Christ und Fanatiker des sechszehnten Jahrhunderts, und lebte unter Götzendienern, und dies war ein unüberwindliches Hinderniß. Freilich hatten ihn seine Tugenden im ganzen Reiche verehrt gemacht, und ein tugendhaftes Wesen empfiehlt die Religion, die es verehrt, für sich allein; aber die Christen hatten das Land mit Blut überschwemmt, und mit Schrecken sahen dessen unschuldigen Bewohner die Religion, welche zerstörerische Menschen zu Anhängern zählte. Sich seiner Stellung und seines Ansehens bedienend, dachte Almagro daran, Proselyten im Gebirge zu machen: Seine erste Sorge war eine Klause zu erbauen, worin er so viel als möglich dem wahrhaftigen Gott Anbetung erwies, und er machte, daß Coya ihn bei allen frommen Handlungen begleitete, und machte endlich bekannt, daß Coya das Christenthum umarmt hatte. Weder Huascar noch die Peruaner konnten sich diesem Betragen widersetzen, noch Coya anklagen; Almagro war mit ihren Interessen verschmolzen; Almagro war ihre Zukunft und ihre Hoffnung; sie vermochten seinen Wünschen selbst im Allergeringsten nicht zu widersprechen; Almagro setzte sie mit seinen Tugenden in Erstaunen, und auf dem Gipfel der Anden gab es eine Klause Christi’s und einen Sonnentempel. Las-Casas, ein ehrwürdiger, christlicher Priester, durch sein Wissen wie durch seine Tugenden gleich ausgezeichnet, litt grausame Verfolgungen von seinen Gefährten, weil er sich ihren Plänen der Zerstörung widersetzte, und von derselben Gemüthsart wie Almagro, vereinigte sie die innigste Freundschaft. Der Krieger konnte ihm heimlicherweise eine Nachricht hinterbringen, indem er ihm versicherte, daß es für das Christenthum von der größten Wichtigkeit sei, daß er an seiner Seite stände im Gebirge, und Las-Casas zweifelte keinen Augenblick; er flüchtete sich in die Anden, und die Klause Almagros hatte den ehrwürdigsten Priester. Von jenem Augenblick an dachte man mit Inbrunst an die Verkündigung des Christenthums; Almagro und Las-Casas waren die Vorbilder der reinsten Tugenden; weit entfernt von Dolch und Scheiterhaufen, waren das Beispiel und die Ueberzeugung ihre Waffen. Täglich predigte der ehrwürdige Las-Casas in seiner Klause über die Unsterblichkeit der Seele, die Reinheit der Religion Jesus, die ewige Belohnung der Tugenden, und über die ewige Bestrafung der Vergehen jener Handlungen, welche dem Bereiche der bürgerlichen Gesetze entgingen. Er schilderte einen gerechten die Gewissen beherrschenden Gott der Wahrheit, aber nur in seinen Privatansprachen trat er auf die Auslegung der Wunder und Mysterien ein, er wollte nicht von begrenzten Verstandeskräften riesenhafte Anstrengungen fordern, und unmerklich bereiteten sich die Gemüther zur Annahme des Christenthums vor. Der erste Neubekehrte, um den sich die Christen bemühten, war, als Inka und Herrscher des Reiches, Huascar; aber trotz der Verehrung, welche er für Almagro und den Priester hatte, hielt er sich für einen Sohn der Sonne, und war wenig geneigt, den Glauben seiner Väter zu verlassen: Andrerseits sah er, daß ein übereilter Schritt die Liebe seiner Unterthanen in Abscheu vertauschen könnte, und Huascar betete trotz der Bekehrung Coyas und den Ermahnungen der Christen die Sonne an; sie erlangten aber endlich, daß er seinen Unterthanen vollständige Freiheit gewährte, den Cultus zu bekennen, den ihnen ihre Vernunft vorschrieb, und viele empfingen, nicht aus Furcht, sondern aus Ueberzeugung getrieben, das Wasser der Taufe. In Vericochas, wie in allen Sonnenpriestern, brannte unauslöschlich das Feuer des Fanatismus, das gemeiniglich die Herzen der Diener aller Religionen verzehrt. Der Sonnencultus ergoß freilich die Erhabenheit und die Lieblichkeit seiner Glaubenslehren in die Seelen, aber dessen Priester trieben ihre Tugend nicht bis zur Duldung, andere Glaubenslehren noch andere Culte möglich zu finden; mit Entrüstung sahen sie die in den Anden erbaute christliche Klause, und verbreiteten unter die Peruaner die Besorgnisse, welche ihre Einbildung aufregte, wenn sie den Gott des Tages erzürnt glaubten. Als Vericochas die Bekehrung Coyas erfuhr, als er sich davon überzeugte, daß es unmöglich war zu verhüten, daß Almagro das Christenthum ausbreitete, und Las-Casas das Evangelium predigte, als er die Neubekehrten gewahrte, die sie machten, und endlich selbst Huascar schwanken sah, bemächtigte sich seines Herzens eine düstere Traurigkeit, und unablässig, in Thränen versunken, vor dem Sinnbilde der Sonne knieend, bat er seinen Gott, dem Reiche sein wohlthätiges Feuer und sein belebendes Licht nicht zu versagen. Seine Thränen und seine tiefe Schwermuth zehrten sein Leben sichtlich auf, und in Kürze bezahlte er der Natur seinen Tribut. Sein Tod wurde, wie man den Tod des Gerechten beweinen soll, durch das ganze Reich beweint; bei seinem Begräbniß entfaltete man die ganze Herrlichkeit des Cultus, und seine Büste wurde im Tempel zwischen den Bildnissen der Schutzgötter Perus beigesetzt. Inzwischen betrieb man die Vorbereitungen zum Kriege mit erstaunlicher Schnelligkeit; die in das Gebirge Geflüchteten beliefen sich auf zwanzig Tausend Mann, von denen die einen die Nahrungsmittel besorgten, die andern sich in der Handhabung der Waffen ausbildeten, andere unermüdlich in den Gießereien arbeiteten, und Alle sich, immer unter der Leitung des thätigen und arbeitsamen Almagros, bei den verschiedenen Arbeiten ablösten. Ah! die Gipfel der Anden gewährten bereits das Bild der Wiedergeburt der neuen Welt. Pizarro und Luque fuhren in ihrem Schreckenssystem, das sie über alle Provinzen ausbreiteten, in Cuzco fort; die rohe Militärgewaltherrschaft führte Tausende von Opfern zum Blutgerüst, und die ewig brennenden Scheiterhaufen der Inquisition gaben der Luft in dichten Rauchsäulen die Glieder der Unglücklichen, welche der Götzendienerei angeklagt waren. Die ominöseste Knechtschaft führte Tausende von Unglücklichen in die harte Sklaverei, und ihre tiefen, mit dem Freudengeschrei der Eindringlinge vermischten Seufzer hörte man einzig im Reiche an. Der Metropole war das politische und religiöse Betragen des Statthalters und der Priester wohl bewußt, aber trotz der Gründung legaler Körperschaften athmeten die Gesetze den gleichen Schrecken und menschliche Entwürdigung, und deren Vollziehung man Pizarro und Luque anvertraute. Das ganze staatliche und religiöse System der Metropole beruhte auf der Entziehung von Schätzen der neuen Welt, und darin, dem Christenthum Neubekehrte zuzuführen; über die Folgen einer so ungeheuerlichen Politik sah man hinweg, und Pizarro und Luque empfingen vom Hofe von Madrid beständig Beifallsbezeigungen, und Machtentfaltung, um als Herrscher und Despoten zu handeln. Einen so sonderbaren Gegensatz bildete die Verwaltung Pizarros und Luques mit derjenigen Almagros und Las-Casas. Bei der einen war Alles Milde, Ueberzeugung und Tugend; bei der andern Tod, Gewaltherrschaft und Schwelgerei. Und es waren Alle Christen! So sehr wechseln, je nach der Faser eines jeden Gläubigen, die religiösen Sekten ab! Die christliche Religion in der neuen Welt war den Peruanern ein unerklärliches Räthsel; abscheulich im Munde Luques, und verehrt im Munde Las-Casas; die Herrschaft der Spanier bildete unter dem Reiche Almagros das Glück Perus, unter dem Reiche Pizarros war sie seine Zerstörung und sein Untergang; ohne Despotismus hätte die Metropole jene unermeßlichen Kolonieen Jahrhunderte lang behalten, aber mit ihrer traurigen Politik konnte sie, das Blut von vierzig Tausend Spaniern verlierend, während der Dauer ihrer kurzen Herrschaft kaum die Schätze zurückzahlen, die sie ihr kosteten. Das war die Thätigkeit für die Kriegsvorbereitungen in den Anden, und das die Hoffnungen, die sich in den Provinzen verbreiteten, die trotz dem Vertrauen, in welchem der Statthalter schlief, nichts desto weniger seine Aufmerksamkeit nach den Bergen hinlenkte. Alsbald setzte er voraus, daß Almagro an der Spitze jenes Aufstandes sein mußte, aber niemals glaubte er, daß er auf so gewaltige Hülfsquellen rechnete. Pizarro war nicht Staatsmann genug, um die Macht eines Helden zu berechnen, der bei einem geknechteten Volke die Fahne der Freiheit erhebt! Mit dreihundert Mann zog der Kapitän Soto aus, die Aufständischen anzugreifen, und der Statthalter in Cuzco gab sich inzwischen den verstellten Liebkosungen Ocollos hin, und überließ sogar die Zügel der Regierung Luque und der Geistlichkeit. Die Lage Ocollos war mit jedem Augenblicke mißlicher; die feurigen Begierden ihres Unterdrückers jedes Mal um so lebhafter, und die Unglückliche fand keine Hülfsquellen mehr, den Empfang der Taufe länger aufzuschieben. Wohl könnte sie, die Brust des Mörders Atahulpas durchbohrend, in einer Nacht ihre Rache vervollständigen, aber ihre Flucht war schwierig und ihr Blutgerüst sicher. Die Eindringlinge wären ob des Mordes ihres Anführers entrüstet, und würden mit noch größerem Entsetzen das Verderben verbreiten, und Ocollo könnte, auf dem Schaffot ihr Leben aushauchend, der Freiheit nicht die unschätzbaren Dienste leisten, die sie an sie verschwendete. In Verbindung mit Huascar und Almagro, gab sie ihnen die sichersten und wichtigsten Nachrichten, und an der Seite des Statthalters versüßte sie sein Herz ein wenig, und befreite viele Unglückliche vom Tode. Augenblicklich theilte sie Almagro den Ausgang des Kapitän Sotos in die Anden mit, und Almagro hatte Zeit, einen glücklichen Hinterhalt zu legen. Soto ging ohne Vorsicht, die Macht des Feindes verachtend, und sicher, daß er wie immer zum Siege zog, als plötzlich tausend, von Almagro befehligte und mit europäischen blanken Waffen versehene Indianer über ihn herfielen. Die spanische Abtheilung stob, nicht an jene überraschenden Angriffe, noch daran gewohnt, mörderischen Waffen zu widerstehen, vor Schrecken auseinander, und die Peruaner richteten, da sie sich zum ersten Male als Sieger auf ihrem Boden sahen, unter den bestürzten und zerstreuten Spaniern ein gräßliches Blutbad an. Soto that Wunder der Tapferkeit, aber Alles war umsonst; dank seines Panzers rettete er sich vor dem Tode, und zog bestürzt aus dem Gebirge heraus, wo er die wenigen Reste seiner Mannschaft versammelte, die dem Kampfe entrinnen konnten, und theilte dem Statthalter umständlich einen Theil der Niederlage mit. Das Christenthum inzwischen machte Fortschritte, und die Klause Las-Casas war für die neuen Gläubigen bereits ein kleiner Raum. Die reinsten Tugenden herrschten unter den Neubekehrten, und einige der Ausgezeichnetsten erlangten die Ehre, zum Priesteramt befördert zu werden; eine in den Gesetzen Pizarros verbotene Ehre. Dieser staatskluge Schritt, dem Volke Priester aus dessen Schooß zu geben, gewann dem Evangelium Tausende von Anhängern, und selbst Huascar trat, als er die Mehrzahl seiner Unterthanen entschieden sah, und sah, daß der Gott seines Freundes und Beschützers dessen Waffen den Sieg verlieh, mit der ganzen Ueberzeugung seiner Vernunft in den Schooß der Kirche ein. Von jenem Augenblick an blieb der Sonnentempel bei seinen pompösen Ceremonieen leer: Die Kreuzesfahne flatterte siegreich auf dem Gebirge, und die reinsten Sitten erhöhten die Bewohner der Anden, und bereiteten sie zum Kriege und zum Siege vor. Pizarro empfing den Bericht der Niederlage Sotos, und die Wuth erglänzte in seinen funkelnden Augen. Schnell vereinigte er bis zu zwölfhundert Mann, und an deren Spitze gestellt, zog er, die Wuth und das Verderben ausrufend, nach den Anden. Die unglückliche Ocollo athmete in ihrer Bedrückung in dem Augenblick auf, da sie nicht mehr wußte, welchen Entschluß zu fassen in ihrem Widerstreite, und verblieb unter der Beobachtung Luques in Cuzco. Schnell benachrichtigte sie sowohl Huascar als Almagro von dem Ausgang des Statthalters, und ihre Seele erweiterte sich beim Betrachten der Dienste, die sie der Freiheit ihrer Unterthanen lieh. In wenigen Tagen hatte Pizarro an den Abhängen der Anden Stellung genommen, und Almagro bereitete sich freudig zu einem Kriege vor, in welchem er vielleicht, Körper an Körper, die Waffen mit seinem Gegner messen konnte. Jeden Tag nahmen die Streitkräfte Huascars immer mehr zu, und noch einige Spanier, bald Anhänger Almagros, bald ob der Strenge der Mannszucht oder der Gewaltherrschaft des Statthalters und des Fanatismus des Verwesers erbittert, vergrößerten seine Reihen und richteten die Indianer, die ebenfalls in den Anden die wichtigsten Dienste leisteten, mit dem tapfern Benalcazar ab. Von heftiger Gemüthsart, unerschrockenen Muthes, sättigte sich Pizarro nicht damit, irgend welche geringfügigen Streitkräfte, die sich ihm in den Engpässen darboten, mit fortzuwälzen, er bereitete sich vor, eine allgemeine Hetzjagd im Gebirge zu geben und die Spitze zu erstürmen, worauf der Sonnentempel und die christliche Klause erbaut worden war, der Punkt, der den Hof Huascars und den Heerd der Empörung bildete. Almagro sorgte, daß die kleinen Detachements, welche die Kriegsmacht des Statthalters im Gebirge unterhielten, keinerlei Gewehre noch Feuerwaffen gebrauchten, und obschon man mehr Regelmäßigkeit in den Heeresmassen und verschiedene Mannszucht in den Kämpfen gewahrte, zogen sich die Peruaner, den erhaltenen Befehlen gemäß, immer mit geringem Widerstand zurück, und Pizarro stürzte sich mit Riesenschritten in den Hinterhalt. In wenigen Tagen stellte er seine Truppe auf, um den Gipfel zu erstürmen, und als er mit mehr Vertrauen die steilen Unebenheiten erkletterte, den Sieg anzustimmen, griff Almagro, die Artillerie und das Gewehrfeuer dabei gebrauchend, welche unter so vielen Anstrengungen in den Anden zu gießen ihm gelungen war, mit der ganzen Kriegsmacht an; und vor Schrecken überrascht, fielen die Spanier zu Hunderten, vom Feuer der Kanone verbrannt oder auf ihrer Flucht zwischen den Felsen abgestürzt. Almagro setzte ihnen auf der Flucht tapfer nach; umsonst versuchte der Statthalter, den Soldaten Muth einzuflößen, er war ein Opfer der Ueberraschung, und kaum zweihundert Mann retteten sich vor dem Tode und versammelten sich auf der Flur; aber besiegt, in die Flucht geschlagen, von außergewöhnlichen, nach europäischer Art geschulten und von dem tapfern und erfahrenen Almagro befehligten Streitkräften, mit gleich mörderischen Waffen angegriffen, zeigte der Statthalter nie mehr Anstrengung und Herzhaftigkeit, als indem er einen Rückzug bis vor die Mauern von Cuzco aushielt. An diesem berühmten Tage geschah, wenn wir den Ueberlieferungen glauben sollen, die sich noch im Lande erhalten, ein seltsames Wunder. Der unerschrockene Statthalter wurde weder von der Tapferkeit Almagros noch von der Tollkühnheit und der neuen Mannszucht der Peruaner besiegt; der erhabene Schatten Columbus, durch die Krümmungen der Anden streifend, gab den Ruf zur Freiheit, und band die Rechte Pizarros. Von seinem Drange getrieben, entdeckte Columbus die neue Welt, und führte die Europäer nach jenen köstlichen Gegenden, um die alte und neue Welt mit brüderlichen Banden zu vereinen; aber nimmermehr, damit die unschuldigen Bewohner der neuen Gestade herabgewürdigte Sklaven der traurigen Europäer des sechszehnten Jahrhunderts wären. Menschenfreundlich und gefühlvoll war Columbus, so lange er an der Spitze der Expedition stand, der Trost der Indianer aller Umgegenden, aber ergriffen und angekettet, schimpflich nach Europa zurückgekehrt, fiel, wie wir bereits gesehen haben, von jenem Augenblicke an eine eiserne und vertilgende Hand über die neuen Festländer. Von Gewissensbissen verzehrt, die Europäer nach jenen entlegenen und unbekannten Himmelsstrichen geführt zu haben, seufzte der Schatten Columbus in seinem Grabe, und es geht das Gerücht, daß er ebenfalls nach den Anden schwebte, die Freiheit Perus zu verkünden, und daß er Almagro begeisterte, und die Rechte aller Peruaner stärkte. Bei der Niederlage Pizarros, versichern die Aeltesten des Landes, daß eine Feuersäule daherflog, welche den Statthalter und seine Abtheilung umnachtete, und die Peruaner erleuchtete. Jene Feuerwolke war der Schatten Columbus, der, um seine Gewissensbisse, jene köstlichen Gestade entdeckt zu haben, damit sein Geschlecht sie mit Blut röthete, zu beschwichtigen, ebenfalls für die Freiheit der neuen Welt kämpfte. [Illustration] [Illustration] Kapitel 24. Rache. Hartnäckig von den Peruanern verfolgt, langte Pizarro in Cuzco an; auf seinem Rückzuge that er Wunder der Tapferkeit, die ihm andere Male zum Siege verholfen hätten, aber die Unterthanen der Inkas schlugen sich wie europäische Soldaten, und ihre Anzahl sicherte ihnen den Triumph. Almagro gab den bewaffneten Massen, die durcheinander irrend in den Tod rannten, Regelmäßigkeit, und die Morgenröthe der Freiheit Perus schien bereits im Osten zu tagen. Die Hauptstadt gerieth in Bestürzung, als sie den Statthalter in unordentlicher Flucht daher kommen sah; der Starke, der sich niemals besiegt gesehen, sah sich von einem furchtbaren Feinde gedemüthigt und bedroht. Da fing man an, die unüberlegte Staatsklugheit einzusehen, mit Almagro und andern Gefährten, die vor Pizarro und Luque fliehend, zum feindlichen Lager gehen mußten, gebrochen zu haben. Die Mannszucht bei den Kämpfen, der undurchdringliche Verband der Massen, Alles sah man als Wirkung der Unterweisung der Spanier an, und das Blut der Peruaner sollte nicht mehr ungestraft auf den Schlachtfeldern fließen. Tapfere, voll Liebe zu ihrem Vaterlande, ließen sich angesichts der Gräber nimmermehr einschüchtern; ihre Bogen aber und ihre Pfeile, ihre schwachen Lanzen könnten sich niemals mit den europäischen Degen kreuzen; aber als man sah, daß sie Waffen ergriffen, als sie, weit entfernt, vor dem Knalle der Kanone entsetzt zu fliehen, ebenfalls mit ihrer Artillerie den Tod verbreiteten, mußten die Eroberer ohnmächtig werden. Ein Volk, das Waffen und Tugenden hat, beugt niemals seinen Nacken vor dem Joche der Tyrannen. Pizarro zog mit zweihundert Soldaten in die Stadt ein, gar bald aber stellten sich auf der Flur viele peruanische Bataillone auf, welche ihm auf seinem Rückzuge folgten, und die Eroberer schienen bereits nur auf die Defensive angewiesen zu sein. Almagro, um die Hauptstadt einzunehmen, wollte nicht, daß der Schrecken der ersten Niederlage vorüberginge. Tapfer, bis zur Tollkühnheit verwegen, sprühte Pizarro Feuer aus seinen Augen; tausend Mal würde er den Tod der Schmach, besiegt zu werden, vorziehen, und er entschloß sich, die Belagerer mit Wuth anzugreifen. Trotzdem Luque weltklug genug war, um zu erkennen, wie sehr die Umstände des Reiches verändert waren, war er zu fanatisch, um vernünftig denken zu können. »Nie sah man das Kreuz von Heiden mit Füßen getreten,« sagte er zu dem Statthalter, und schickte sich Almagro, Las-Casas und so viele Spanier, welche den Fahnen Huascars folgten, feierlich mit dem Kirchenbann belegend, zum Feldzug an. Wohl wußte er, daß alle das Christenthum predigten, daß Huascar und der größere Theil des peruanischen Heeres das erlösende Wasser bereits empfangen hatten, er wußte aber auch, daß der Sonnentempel offen stand, und daß man das Teufelsgepränge duldete, und er hielt jene Christen für Sklaven des Teufels. Nach Rache schnaubend, in die Erinnerung, besiegt worden zu sein, versunken, vergaß der Statthalter darüber die Liebe zu Ocollo, und seine Seele nährte sich nur von Blutgier. Ocollo indessen lebte in der verzweifeltsten Besorgniß: In das Lager Huascars zu entwischen, war nicht möglich, eben so wenig war ihre Rache vollbracht, und der Statthalter konnte zur Verzweiflung kommen. Pizarro brachte binnen Kurzem fünfhundert Mann zusammen, und trotz sechsfacher feindlicher Uebermacht zweifelte er nicht, sich in den Kampf zu wagen; sein Rachedurst stürzte ihn in’s Verderben.... Obschon Luque nicht die ganze Gefahr kannte, welche sie bedrohte, sah er mit ruhigerem Sinne als dem Pizarros sechstausend von Almagro befehligte Streiter nach europäischer Art mit andern unendlichen nicht geschulten Streitkräften, und er hielt es für angemessen, das Kreuz im Kampfe aufzupflanzen, weil er wußte, daß ihm die Mitwirkung des Himmels höchst nothwendig war. Es sollte um die Freiheit eines großen Volkes gestritten werden, und zwei, von persönlichen Empfindungen beherrschte Helden jenes Jahrhunderts befehligten die streitenden Kräfte; der Zusammenstoß konnte nicht umhin, entsetzlich zu sein, und das Schlachtfeld mußte sich in einen mit Blut bedeckten Friedhof verwandeln. Pizarro rechnete auf geringere Streitkräfte, aber seine Soldaten waren taktischer und erprobter, und er zählte tapfere Offiziere. Obschon mit zahlreicher Kriegsmacht, mußte Almagro die Belagerung abwarten; schwerlich würde er alle seine Bataillone beim Kampfe verwenden können, und so sehr auch die Peruaner in der europäischen Kriegskunst fortgeschritten waren, waren sie doch Neuangeworbene, und der Anführer konnte nicht auf vertraute Untergebene rechnen. Das war der Zustand der feindlichen Heere, als Almagro Cuzco belagerte, und Pizarro, seinen Schimpf rächend, sich vorbereitete, ihn zurückzuschlagen. So anmaßend ein Krieger im sechszehnten Jahrhundert war, zog er niemals auf das Schlachtfeld hinaus, ohne allen geistlichen Trost empfangen zu haben, wenn er etwa dem Tode wiche. Pizarro dachte damals nicht an solche Bräuche; aber Luque ermahnte die Soldaten, um ihnen Muth zu geben; im Namen seiner Heiligkeit gewährte er ihnen allgemeine Freisprechung, und theilte inbrünstig das Abendmahl aus. Eine schwarze Fahne, in der ein rothes Kreuz glänzte, wurde unter den Eroberern aufgepflanzt, und den Statthalter an ihrer Spitze, zogen sie wie ein reißender Strom zur Stadt hinaus. Almagro hielt seine Bataillone beständig unter Waffen, und seine weiße Fahne mit rothem Kreuz ermunterte sie zum Siege. Die feindlichen Heerlager betrachteten einander nicht lange. Wie ein wüthender Tiger warf sich der Statthalter auf seine Gegner, und sehr bald kam man, da Gewehre und Artillerie unnütz geworden, zu den blanken Waffen, indem ein Jeder unverzagt in Reih und Glied starb. Obschon die streitenden Kräfte nicht mächtig waren, floß dennoch das Blut, und flog die Zerstörung umher; die Rechte stritten sich mit Heftigkeit um die Ehre zuerst zu verwunden, und die Spanier schienen vom Muthe der Götter beseelt. Wiewohl Pizarro und Almagro die Nothwendigkeit erkannten, das Commando der Ihrigen nicht zu verlassen, trieben sie ihre Rachegelüste doch mehr als ein Mal, die Klingen persönlich zu kreuzen, schnell gaben sie aber nach und flogen an den Punkt von größerem Interesse. Die Soldaten des Statthalters waren eben so viele Helden; Pizarro zeigte an jenem berühmten Tage mehr Muth und Geschicklichkeit denn je; Pizarro war das Entsetzen seiner Gefährten und seiner Feinde; aber der unerschrockene, tapfere Almagro, an der Spitze von durch einen Monarchen, den sie verehrten, aufgemunterten Soldaten, die mit weit überlegener Kriegsmacht für ihre Freiheit stritten, war ein unwiderstehlicher Strom. Die Anzahl sollte endlich den Sieg entscheiden; der Statthalter mußte, nachdem er sich tausend Mal in den Tod gestürzt hatte, den Rückzug anordnen, und zum zweiten Male sah sich der Eroberer der neuen Welt besiegt und in die Flucht geschlagen, in seinen prunkhaften Hof einziehen. Das Blut von tausend Peruanern floß, um den Sieg zu besiegeln, aber dreihundert spanische Leichen bedeckten ebenfalls den Kampfplatz. Schmerz und Trauer verbreitete sich in Cuzco unter den Eindringlingen, als sie den Statthalter, von Neuem in die Flucht geschlagen, einziehen sahen; zitternd seufzten Alle, nur Pizarro nicht, der allein groß war in Gefahren und darin mehr Ruhe zeigte als beim Wohlergehen. Luque sah mit Entsetzen zu, daß der Gott der Schlachten den Sieg den Ketzern überlassen haben würde; er muthmaßte dort in seinem Gewissen, daß es eine Strafe für die Sünden der Christen wäre; in den Tempeln aber und auf den Straßen verkündete er die hohen Rathschlüsse des Herrn, seine unaussprechliche Mildthätigkeit, die Prophezeihung der im Evangelium geschriebenen Ausbreitung des Christenthums durch die ganze Erde, und hielt so die Begeisterung aufrecht, und bereitete die Besiegten zum Tode vor. Inzwischen dachte der tapfere Pizarro nur an den Krieg, und entfaltete eine außerordentliche Thätigkeit und Geschicklichkeit. Er durfte nicht an einen neuen Ausfall gegen den Feind denken, aber er bereitete sich vor, irgend welchem Angriffe oder Kampf, wozu sie ihn herausforderten, zu widerstehen, um Verstärkungen von der Metropole zu empfangen; von Ocollo, von sich selbst vergessen, sehnte er sich nur nach Rache und nach dem Sieg, und niemals standen der Statthalter und der Verweser in engeren Beziehungen, noch handelten sie einmüthiger. Almagro seinerseits hielt mit unermüdlicher Thätigkeit den Muth und die Disziplin in seinen Bataillonen aufrecht: Kaltblütig berechnete er die Wahrscheinlichkeiten, welche ihm zum Siege und zur Eroberung Perus verhalfen, und bereitete sich vor, die Hauptstadt des Reiches zu stürmen. Der stets tapfere und großmüthige, von Almagro geschulte Huascar war bereits ein herzhafter europäischer Feldherr, der sich, obwohl er sich seinen Soldaten in Herrlichkeit zeigte, der Pracht und der Gebräuche der Inkas entkleidend, sich nicht mehr mit dem Gedanken als erhabene Gottheit und Nachfolger der Sonne trug. Tapfer, aber ohne Stolz, geschickt, aber ohne Anmaßung, erkannte er die Ueberlegenheit Almagros, und machte ihm das Commando niemals streitig, noch widersprach er dem geringsten seiner Befehle. Vor Liebe zu ihrem herzhaften Ritter berauscht, fand Coya ihre Lust nicht mehr an dem Hochmuth der Waffen, dem Willen Almagros nachgebend, setzte sie, obschon sie die Pfeile und den Bogen handhabte und die Begeisterung der Peruaner beseelte, ihr kostbares Leben nicht in der Hitze der Kämpfe aus. Las-Casas, der täglich das Opfer der Messe feierte, die reinste Moral predigte, die allerheiligsten Tugenden ausübte, breitete das Christenthum im ganzen Heere aus, und die Sonnenanbeter fielen vor dem hölzernen Kreuze nieder. Mit der Schnelligkeit eines Lauffeuers theilte sich das Gerücht von den beiden durch Almagro erlangten Siegen, und von der Bekehrung Huascars und des ganzen Heeres, den Provinzen mit; sowie der Sittenreinheit und der Menschlichkeit des christlichen Priesters, des ehrwürdigen Las-Casas. Trotz des harten Joches der Eroberer, und des Blutbades und der Niederlage, womit sie das geringste Anzeichen der Empörung bestraften, gährte es in den Provinzen, gleichwie das Feuer in den Höhlen der Erde, und schon donnerte der Tag des entsetzlichen Ausbruches. Die Freiheitsapostel durchzogen, das Feuer schürend, geschäftig die Provinzen: Viele wurden entdeckt und zur Sühne ihres Verbrechens niedergemacht, aber die freien Männer entstehen wieder unter dem Beile des Henkers, und jedes Opfer war durch hundert andere ersetzt, die sich auf das Märtyrerthum vorbereiteten. Die Eindringlinge und die Peruaner arbeiteten, ein Jeder unermüdlich, bald um die Gewaltherrschaft und die Tyrannei aufrecht zu halten, bald um die Freiheit und die Unabhängigkeit zu erlangen. In jenem Jahrhundert besaß man die Kunst zu tyrannisiren noch nicht, wohl aber die Begeisterung, die Unabhängigkeit ausrufend, unerschrocken in den Tod zu gehen. Eine entsetzliche Thätigkeit fuhr in den Mauern und auf den Fluren von Cuzco fort; die Belagerer bereiteten sich zum Sturme vor, und die Belagerten, sie zurückzuschlagen. Die Garnison der Reichshauptstadt zählte, nachdem sie eine zweimalige Ersteigung ausgehalten hatte, sehr geringe Streitkräfte, und die Bataillone Almagros gingen über zwanzigtausend Mann. In einer ruhigen Nacht war es, der Mond brach kaum verschleiert hinter Wolken hervor, und eine Grabesstille herrschte auf den Fluren, als Almagro unter dem Schutze der Schatten eine große Anzahl Strickleitern anlegte und das Zeichen zum Sturme gab. Pizarro schlief nicht, den Liebkosungen Ocollos hingegeben; tapfer fing er auf den Mauern an, Tod und Verderben zu verbreiten, und der Kampf wurde mit dem ganzen Schrecken der Erbitterung geführt. Die Peruaner, nach Freiheit rufend, hauchten unter der Wucht der Waffen der Eindringlinge die Seele aus, aber die Sterblichkeit schwächte die Begeisterung nicht, sodaß sich die Stärke des Ansturms verdoppelte. Von wilder Heftigkeit hingerissen, hielt der Statthalter, der Erste im Kampfe und in Gefahren, den Muth und die Unerschrockenheit der Belagerten aufrecht; aber bald erlahmte die Rechte, müde zu tödten, und die Mauern von Cuzco bedeckten sich mit losgelösten Feinden, welche ihre Feinde ebenfalls niederhieben, als Luque, ein Crucifix in der Hand, den Zorn der Fanatiker entflammte und ihren Muth neu belebte. Eine übermenschliche Kraft trieb Hände und Herzen an; Pizarro beherrschte schon die Seinen, und die Peruaner wurden, als sie den Sieg sicher glaubten, von den Mauern herabgestürzt. Das Feld war mit Leichen bedeckt, und das Blut überfloß auf der Erde, aber die Belagerten erlitten ebenfalls einen furchtbaren Verlust, und ihre geringe Kriegsmacht konnte keinen zweiten Ansturm mehr aushalten. Gar bald säumte die Sonne mit ihrem Purpur den Osten, und die auf dem Schlachtfelde hingestreckten Krieger schliefen wie in einem lethargischen Schlafe unter den Leichen. Der Statthalter und der Verweser wachten inzwischen, und kaltblütig die Niederlage betrachtend, dachten sie über das Mißliche ihrer Umstände nach; aber ihre anmaßenden Seelen fanden immer noch Zuflucht in der Verzweiflung, und ihr Muth entsank nicht. Tausend verschiedene Pläne bedrückten ihr Gehirn. Sie fanden es schwierig, die Hauptstadt zu behaupten, und eben so schwierig, einen Rückzug, auf dem sie nicht vollständig in die Flucht geschlagen würden, und ungeduldig erwarteten sie, trotz der schwachen Garnisonen, die in ihnen die Ruhe sicherten, kraft der Agenten, welche sie wegen ihres allzugroßen Hochmuthes, obschon verspätet, an alle geschickt hatten, Verstärkungen aus den Provinzen. Die größten Besorgnisse des Statthalters waren, daß in der Nacht der Kampf sich wiederholte, weil er mit sehr wenig Soldaten, und vor Müdigkeit übermannt war. Ocollo, in Hoffnungen und Befürchtungen versunken, befand sich in einem Zustande unerklärlicher Verwirrung. Ist der Sieg Almagro, so fallen die Tyrannen, sagte ihr ihr Herz, inzwischen aber seufzte sie, eine Gefangene in seinem Palaste, in der Gewalt des Statthalters; sie konnte seine brennenden Begierden nicht für länger unterhalten, und die Verzweiflung riß ihn zur Gewaltthätigkeit hin. Der Palast des Statthalters war ein prächtiges, mit Unglücklichen bevölkertes Gebäude. Etwa fünfhundert Sklaven warteten auf seine Stimme, um ihn zu bedienen, und bildeten seine Größe; fünfhundert Sklaven, welche die Fesseln der Schmach schleppten, und welche unter der härtesten Tyrannei seufzten. Ocollo, die Gattin des unglücklichen Atahulpas, voller Liebenswürdigkeit und Reize, dazu geweiht, ihre Mühen zu erleichtern, war der Abgott jener Unglücklichen, und auf sie konnte sie entfernte Hoffnungen gründen. Das peruanische Lager bot die tiefste Ruhe dar, und der Statthalter, der sah, daß keinerlei Gefahr drohte, fühlte in seiner Brust die Liebe neu erstehen, und voller Verzweiflung zog er sich, von seinen feurigen Begierden hingerissen, von der Mauer zurück. Kaum war er bei seinem Zimmer angelangt, ließ er anmaßenden Geheißes Ocollo rufen. »Peruanerin«, sagte er zu ihr, »bald ist es Zeit, daß meine Liebe Trost in deinen Armen finde: In dieser Nacht, in dieser selben Nacht....« »Die Unruhe des Krieges, Pizarro,« entgegnete sie ihm.... »In dieser Nacht vielleicht wiederholt der Feind den Ansturm.« »Nein, er wird nicht so verwegen sein, ich schwöre es dir, er wird seinen Hochmuth nicht von Neuem gedemüthigt sehen wollen; sollte er es aber anmaßend wagen, so sind die Mauern nahe, beim ersten Schrei schüttle ich die Liebe ab, und fliege zum Kampf: Die Gefahren sind mir köstlicher als die Liebkosungen.« Vergebens mochte Ocollo die Hülfsquellen erschöpfen, welche ihr ihre furchtbare Einbildungskraft anbot, die Verzweiflung hatte sich der Seele Pizarros bemächtigt, seine Liebe war ein schwarzes Ungewitter, vielleicht wußte er um seine Leidenschaft, und wollte den glücklichen Augenblick, nach dem er so viele Male geseufzt hatte, nicht unter seinen Händen entwischen lassen. Schnell flog der Statthalter nach der Stadt, und an die Mauern, und mit seiner Gegenwart belebte er die Soldaten, und gab allen militärischen Anordnungen Kraft. In Thränen versunken, sah Ocollo den Augenblick, den sie auf eine wunderbare Art so sehr verzögert hatte, unvermeidlich herankommen. Zu entfliehen wäre unmöglich: Ihr Tod war sicher, und sie wollte das großartige Schauspiel der Befreiung Perus genießen. Ihre starke, in den Stürmen große Seele bewahrte Ruhe genug, um die Gefahr zu erwarten; und durch den Schatten Atahulpas und durch die Liebe beseelt, die noch in ihrem Busen brannte, dachte sie nur an ihre Rache. Da die Garnison von Cuzco auf fünfhundert Mann beschränkt und Pizarro bis zum Verkennen der Gefahren unerschrocken war, setzte er seine Wache auf eine geringe Anzahl von Soldaten herab, aber seine unendlichen Sklaven, von dessen Wildheit gewitzigt, zitterten bei seiner Stimme. Weltklug genug, spiegelte Ocollo niemals eine Vereinigung mit jenen Unglücklichen vor; manchmal behandelte sie dieselben ebenfalls mit Anmaßung, und der Statthalter nahm sie mit seinen Interessen verschmolzen an, weil er in seinem Liebestaumel der Gegenstand zu sein glaubte, den sie verehrte! Aber Ocollo seufzte um die unglücklichen Sklaven, und in das Geheimniß der Verstellung eingeweiht, entsprachen sie ihrer Zärtlichkeit. Einige flößten ihr, bald wegen ihres Muthes, bald wegen ihren Talenten, größeres Vertrauen ein und sie waren ihre Hauptagenten für die Mittheilungen mit dem Lager Huascars; und auf sie gründete sie ihre Hoffnungen und vertraute ihnen einige ihrer Geheimnisse an. An jenem Tage ermunterte sie ihre Seelen, indem sie ihnen versicherte, daß in der Nacht die Unabhängigkeit Perus ausgerufen würde, daß aber ihre Anstrengung unerläßlich war. Die wehrlosen Peruaner konnten kaum mehr, als großmüthig dem Tode ihre Brust aussetzen, aber stets vorsehend, wollte Ocollo glückliche Augenblicke benutzen. Die geringe Wache, welche die Sicherheit des Palastes des Statthalters verbürgte, bestand aus Soldaten, die die Nacht auf den Mauern tödtend zugebracht hatten, die sich zur Feier des Sieges ebenfalls der Schwelgerei und den geistigen Getränken überlassen hatten, und denen die Müdigkeit und die Dünste ihre Glieder lähmen, und ein tiefer Schlaf ihre Augenlider schließen und ihre Köpfe umnebeln würde. Jene Nacht war die von Pizarro bezeichnete, um seine unkeuschen Begierden zu sättigen, und die gleichfalls von dem Schicksal bezeichnete, um die Freiheit Perus auszurufen, und Ocollo kannte ihre Lage, und in ihrer Brust glühte die Liebe zu ihrem Vaterlande und ihre Rache. Obwohl zu den Ketten der Knechtschaft herabgewürdigt, bewahrten die Peruaner die Seelenstärke eines Volkes, das die Wonne der Freiheit gefühlt hat, und bei dem Ruf der Freiheit flögen sie in den Tod, und Ocollo gab ihren Lieblingen die erforderlichen Anweisungen, damit sie die Menge vorbereiteten. Nach so vielem Bemühen gab Pizarro der Müdigkeit schon nach; wiewohl seine Glieder stahlhart waren, giebt auch der Stahl nach. Nachdem alle militärischen Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, zog er sich bereits beim ersten Sturmgeschrei nach seinem Palaste zurück, um einen Augenblick der Ruhe zu haben, aber die Liebe verzehrte sein Innerstes, und eine trostlose Unruhe beunruhigte seine Brust. Ausdrucksvoller denn je, ging Ocollo, ihm tausend verstellte Liebkosungen erweisend, ihm entgegen, und bei dem Anblick der Schönen erwarb die Seele Pizarros Kraft und Leben, seine Liebe brannte heftig, und sich entsinnend, daß jene Nacht die letzte der Verstellung wäre, hielt er den glücklichen Augenblick für gekommen. Ocollo jedoch, welche Pizarros erregte Leidenschaften bereits kannte, nahm ein strenges Aussehen an und begann seinen Liebkosungen auszuweichen. Da wurde der Statthalter wieder stolz, und erinnerte sie an das Geheiß: »In dieser Nacht, Ocollo, in dieser selben Nacht; es ist Alles umsonst....« »Hoffe es nicht, Unmensch,« versetzte die Peruanerin, »niemals wird Ocollo der Stimme des Mörders Atahulpas nachgeben.« »Ah! Treulose, und du wagtest.... In dieser Nacht, in dieser selben Nacht ... umsonst wirst du versuchen, deine Hand loszumachen, in meinen nervigen Armen wirst du dein Verbrechen sühnen....« Wie ein schwaches Rohr riß Pizarro das Opfer mit sich fort; bleich, in ihrer Ruhe, schien Ocollo von einer göttlichen Macht beseelt; schon betastete der Statthalter mit seinem schwarzen Munde die purpurnen Wangen, als Ocollo muthig einen Dolch in seine Brust stieß und ihn mitten durchbohrte. Pizarro fiel, sich in einem Strom von Blut wälzend, und Ocollo rannte tapfer mit dem rauchenden, im Blute des Eroberers gerötheten Dolche davon, gab den Ruf der Freiheit, und die Sklaven flogen in Schaaren herbei. Alle Vorsichtsmaßregeln waren genommen; die Peruaner bemächtigten sich der Waffen der Wache, welche träge einen lethargischen Schlaf abschüttelten, um mordend unter dem Getöse der Sklavenketten zu sterben; die ganze Wache wurde, wiewohl zu theurem Preise, niedergemacht, und die Aufrührerischen flogen nach einem Thore der Stadt, um es ihren Gefährten zu öffnen. Die Spanier, welche die Mauern besetzten, hielten den Tumult für eine Ueberraschung des Feindes, der Statthalter fehlte ihnen an ihrer Spitze, und sie geriethen in Unordnung. Zu spät ja erkannten sie, was die Bewegung und den Tod Pizarros verursachte, man hatte die Thore gesprengt, und das peruanische Heer rückte eilfertig heran; es entspann sich jedoch, bei der Dunkelheit der Nacht, ein lebhafter Kampf in den Straßen, und die Spanier hätten den Sieg angestimmt, aber wie ein starkes Donnerwetter brach Almagro herein und entschied den Triumph. Das peruanische Heer weidete sich mit Entsetzen an den Besiegten; vergebens mochte Almagro in jenen Augenblicken die Macht der Disziplin anrufen: Ein jeder Soldat hatte tausend Opfer seiner Familie zu rächen, er mußte seine Schmach in dem Blute seiner Unterdrücker waschen, und man hörte nur furchtsames Todes-, Freiheits- und Rachegeschrei. [Illustration] [Illustration] Kapitel 25. Schluß. Die Stadt war in ihrem ganzen Umkreise ein Schlachtfeld, und die peruanischen Abtheilungen rückten, Tod und Verderben hinter sich her reißend, überall siegreich vor. Ohne sich von der Spitze der Bataillone zu entfernen, siegte Almagro, jedoch die Truppe zügelnd und die Mannszucht bewahrend, und er warf durchdringende Blicke rings umher, den Statthalter, seinen Gegner zu entdecken, um mit ihm Körper an Körper die Waffen zu messen, und Coya, stets an seiner Seite, entflammte die Tapferkeit der Peruaner, und flößte ihnen Muth und Todesverachtung ein, um Siegeslieder und Freiheitsgesänge anzustimmen. Obschon den Befehlen Almagros gehorsam, obschon von edler großmüthiger Seele, führte, eine Division von verschiedenen Flanken anführend, Huascar hinter seinen Fußstapfen das Verderben nach, und ließ genugsam erkennen, daß er künftighin den Krieg bis auf den Tod führen würde; und in Mitten so vielen Greuels nahm die Nacht ihren schwarzen Schleier zusammen, das Licht des neuen Tages begann den Horizont zu erhellen und glänzend brach die Morgenröthe der Freiheit Perus an. Gar bald aber gelangte die Nachricht von der Ermordung Pizarros, den er unter den Kämpfenden glaubte, an Almagro, und da zeigte der junge Kriegsheld seinen ganzen Seelenadel: Er beweinte den Tod seines Feindes, und schwermüthig warf er den Degen weg, den seine Rechte schwang. Huascar, inzwischen siegreich vorrückend, bemächtigte sich des Palastes des Statthalters, der früheren Wohnstätte der Inkas, und in starrer Betäubung betrachtete er den Leichnam des kühnen und ruhmvollen Spaniers, der das kolossale Reich in Staub versenkt hatte, als auch Almagro herzutrat; und Ocollo ermüdet, und mit schwerem und ängstlichem Athem in tiefer Ohnmacht dalag. »Inka«, sagte der Spanier zu ihm, »bereits bewohnst du die Stätte deiner Vorfahren; hier hast du meinen Degen; ich werde nicht mehr an deiner Seite kämpfen; ich habe keinen Feind mehr zu besiegen; dieser kalte Leichnam hat meine Rechte entwaffnet.« »Wie, tapferer Almagro, ich konnte dich beleidigen!« »Nein, Huascar, nein, du bist edel und großmüthig, aber mein tadel- und fleckenloser Name wird mit Schmach bedeckt werden, wenn ich fortfahre, gegen meine Brüder zu kämpfen. Pizarros Stolz und Luques Fanatismus, die Unduldsamkeit und die Gewaltherrschaft der beiden, brachten mich in dein Lager, und die persönlichen Beleidigungen des Statthalters forderten einzig meine Rache heraus. Die entfernten Geschlechter werden vielleicht glauben, daß aus dem Blute Pizarros die Freiheit Perus hervorquoll, weil seine Ermordung uns den Sieg verliehen hätte; die peruanischen Waffen würden sich, den Eroberer überwindend, mit Ruhm bedeckt haben, nun aber sind sie befleckt, und ich muß mich, von dem Schauplatz des Krieges abtretend, vor der Schmach retten.« »Ocollo rächte den Schatten Atahulpas; sieh, wie sie zuckend in tiefer Ohnmacht versunken ist.« Da fing Ocollo an, ihre Schlafsucht abzuschütteln, und sich von den Armen der sie umstehenden Peruaner losmachend, wollte sie erschreckt entfliehen, und schrie krampfhaft: »Nein, Unmensch, niemals, der Schatten Atahulpas.« Mit großer Mühe konnten sie sie in ein gesondertes, ruhiges Zimmer bringen, wo sie, nachdem man ihr die eifrigste Sorgfalt angedeihen ließ, bald wieder stille wurde und in ihrem Geiste entsetzliche Erinnerungen vorüberziehen sah. »Nein, Huascar,« wiederholte Almagro, »ich beschuldige Ocollo nicht; ihre Rache und ihre Ehre erforderten ihre Tollkühnheit, doch Pizarro ist todt, und es ist bereits meine Pflicht, die Waffen abzulegen. Ich habe dich schon zum Siege vorbereitet, Benalcazar und andere berühmte Kapitäne verstärken deine Reihen; du hast bereits gelernt, die europäischen Waffen nicht zu fürchten; das Reich jauchzt dir als seinem Herrscher zu, und du bemeisterst den Sieg schon. Lebe wohl, großmüthiger Huascar; lebe wohl, Heer der Peruaner, lebe wohl. -- Im Osten geboren, kam ich, um euer Glück zu stören; der barmherzige Gott wollte mich mit weniger Ehrgeiz, oder mit mehr Empfindsamkeit, als meine Gefährten ausstatten, und ich trachtete, in eurem gemeinsamen Unglück eure Stütze und euer Trost zu sein. Die Undankbarkeit und der Stolz Pizarros, die Liebe Coyas, die Einflüsterungen meines Herzens brachten mich in euer Lager; ich kämpfte für eure Freiheit, und habe euch vielleicht zum Siege verholfen. Wenn ihr mir etwas schuldet, wenn ich würdig wäre, nach eurer Erkenntlichkeit zu trachten, so verzeiht die Verbrechen meiner Gefährten, flucht ihrem Andenken nicht.... Ihre Verbrechen sind Verbrechen ihres Jahrhunderts gewesen.« Reichliche Thränen vergossen die einfachen Gemüther; eine tiefe Stille herrschte unter den berühmten Personen, und die Blut- und Greuelscenen, welche die neue Welt entsetzten, fingen an, sich in Scenen der Rührung und der Freude zu verwandeln. Coya, die an den Blicken Almagros ihr reines Herz entflammte, hing immerwährend an seinen Lippen; der Wille, die Launen ihres Geliebten waren für die Schöne heilige und unverletzliche Gebote, und wenn sie an der Seite ihres Almagros stand, hielt sie ihre ganze glückliche Zukunft und ihre goldenen Träume verwirklicht. Huascar, welcher in dem herzhaften jungen Manne keinen Nebenbuhler, sondern einen Freund, eine unüberwindliche Stütze sah, erschöpfte alle möglichen Hülfsquellen, damit er nicht die Waffen ablegte, doch der herzhafte Spanier konnte nicht einem Feldzuge folgen, worin sein mächtiger Nebenbuhler ermordet worden war. Es war alles umsonst; Almagro hatte unwiderruflich seinen Entschluß gefaßt, und er wandte sich endlich an Huascar: »Du weißt es,« sagte er zu ihm, »Sklave der Schönheit und der Reize Coyas, ist die ganze Glückseligkeit, nach der ich mich sehne, sie als Gattin zu besitzen, da ich schon vor so langer Zeit ihr Herz besitze. Gewähre mir, als Herrscher von Peru, als Oberhaupt der Familie der Inkas, diese Gabe, und meine geringen Dienste für die Sache des Reiches, werden höchlich belohnt sein.« Huascars größte Ehre war, Almagro unter die Familie der Inkas zu zählen, und bald vermählte sie, indeß in dem ganzen ausgedehnten Reiche die Vermählung unter Lustbarkeiten und herrlichem Gepränge gefeiert wurde, der ehrwürdige Priester Las-Casas, mit allen kirchlichen Bräuchen, im Tempel von Cuzco; und nach den gleichzeitigen Chroniken lebten die beiden Gatten noch lange Jahre froh und glücklich in dem prächtigen Palaste Coyas, den unsere Leser bereits kennen. Der tugendhafte Las-Casas blieb als Oberhaupt und Generalverweser der christlichen Priester des Reiches ebenfalls in Cuzco und predigte unermüdlich von der Zärtlichkeit und dem balsamischen Troste der hehren Religion des Gekreuzigten; er ertheilte den neuen Priestern die heiligen Befehle, er war der Schutzengel der Unglücklichen, und er ließ in seinen Tugenden das wahrhaftige Bildniß eines allmächtigen und anbetungswürdigen Gottes wiederstrahlen. Ocollo, die Tugenden des frommen Dieners bewundernd, und durch die Bekehrung Huascars angespornt, haßte die Christen nicht; sie hätte vielleicht sogar bereitwillig das Wasser der Taufe empfangen, aber die Liebe Atahulpas lebte unauslöschlich in ihrer Brust, und niemals wollte sie den Glauben ihres angebeteten Inkas aufgeben, und in stiller Einsamkeit sah sie ihr von herrlichen Erinnerungen kontrastirtes Leben dahinziehen; und bald stellte sich der blutige Schatten Atahulpas ihrer beunruhigten Einbildungskraft vor, bald ließ ein rächender in eine anmaßende Brust gestoßener Dolch ihre Seele lächeln. Wie irrende Kometen gingen die Helden Perus dem Ende ihrer Laufbahn und ihrem Untergange entgegen; doch knüpfen wir, um ihre Seiten abzuschließen, wieder an die Erzählung unserer Geschichte an. Trotz des vollständigen Sieges der Peruaner konnten doch noch einige Spanier aus Cuzco und dem Tode entrinnen, welche auf die Befehle des Kapitäns Soto eiligst nach Cajamalca flohen. Die Beharrlichkeit und die Tapferkeit waren bereits vergebens, die Revolution Perus war bereits ausgebrochen, um nicht wieder zurückzugehen; die Peruaner hatten bereits mörderische Waffen, sie waren tugendhaft und kämpften für ihre Freiheit, das ist es, was die Völker zum Siege führt, und schwächere und ohnmächtigere Streitkräfte würden sich dem reißenden Strome widersetzen können. Der fanatische und blutdürstige Luque rettete sich ebenfalls vor dem Gemetzel von Cuzco, und floh, wenngleich er nicht mehr auf jene zauberhafte und unwiderstehliche Gewalt rechnete, die ihm der Aberglaube in den ersten Augenblicken verlieh, weil sein düsterer Fanatismus sogar die Fanatiker ermüdet hatte, mit den Ueberresten des besiegten Heeres. Der herzhafte Huascar schlief nicht unter den Lorbeeren seiner ersten Triumphe ein, und Sieger über die Mauern von Cuzco, war er noch immer nicht Sieger über das Reich der Inkas. Die Eindringlinge beherrschten viele Provinzen, und sie mußten sich von Neuem vorbereiten, zu kämpfen und zu siegen. Die Kundschafter Huascars und der Freiheit durchzogen das Land nach allen Theilen, das Mangels an Garnisonen nur aus einer eingebildeten Furcht seinen Hals der Gewaltherrschaft bog, und mit Leichtigkeit erhoben sich die Provinzen und gaben, auf den geringen Schutz, den ihnen eine Division Huascars anbot, den Ruf der Freiheit und Unabhängigkeit. Einzig von Cajamalca nach San Mateo breitete die Herrschaft ihren Schrecken aus, weil es der Punkt war, wo die geringe feindliche Macht, welche immer noch die neue Welt besetzte, zusammengezogen war. Jeden Tag rief eine Provinz ihre Freiheit und Unabhängigkeit aus; im ganzen Reiche brannte ein heftiges, unterirdisches Feuer der Revolution; mit bewunderungswürdiger Thätigkeit war Huascar allerorts zugegen; die Eindringlinge waren, schon auf einen kurzen Raum beschränkt, und zu Tausenden strömten die Peruaner nach Cuzco, das Heer der Freiheit zu vergrößern. Huascar konnte nicht mehr länger dulden, daß Cajamalca und San Mateo unter fremder Herrschaft fortfuhren, und an der Spitze eines mächtigen und wohlorganisirten Heeres brach er auf, jenen köstlichen Gegenden die Freiheit zu geben, und der Thron von Madrid und der Vatikan erbebten bei den Schritten des Befreiers der neuen Welt. Auch in dieser Provinz loderte das Feuer des Aufruhrs; vergebens strengten sich die Eindringlinge an, um es zu ersticken, und Huascar zog eilig daher, und sie mußten sich zum Kampfe vorbereiten. Eine kurze, entmuthigte, besiegte, von der Metropole verlassene Division, konnte ohne Hülfsquellen, und auf dem Boden, den sie betrat, mit Wuth befeindet, nicht gut dem Siege trauen; aber Soto und seine Soldaten waren tapfer und kriegerisch, sie konnten nicht einmal den Schimpf ertragen, besiegt zu werden, und sie würden nicht vom Platze weichen, ohne mit Anstrengung die Waffen zu messen. Gleichwie ein reichhaltiger Strom, der seine Dämme durchbrechend sich dahin stürzt und sich majestätisch über die Fluren ergießt, so dehnte und breitete Huascar seine Kriegsmacht auf den Feldern von Cajamalca aus, und schickte sich an, der Anmaßung der Eindringlinge den Todesstoß zu versetzen. Soto hatte seine Kriegsmacht ebenfalls zusammengezogen, und rüstete sich kühnen Muthes zur Schlacht, und die alte und neue Welt erwarteten mit Begierde den Schlag, der ihre moralische und politische Zukunft so sehr beeinflussen sollte. Wie wir schon angezeigt haben, erfreute sich Luque weder einer so großen Macht, noch eines so großen Ansehens; sein Fanatismus beherrschte nicht mehr ausschließlich die Gewissen, und es fing an, eine Umgebung von Vorurtheilslosigkeit zu herrschen, welche den Seelen eine ziemlich deutliche Stimmung verlieh. In jenen Gegenden waren ebenfalls die beiden Culte vorherrschend, das Christenthum und die Sonnenanbetung, welche in vielen Peruanerherzen geweihte Tempel hatte; die Glaubensunduldsamkeit und die militärische Gewaltherrschaft fuhren fort, mit mehr oder weniger Rohheit ihre Schrecken zu verbreiten, und die Peruaner würden einen ruhmvollen Tod vorziehen, als die Fesseln der Sklaverei weiter schleppen. Die Nachrichten von der Annäherung Huascars entflammten die Gemüther, und in Cajamalca heulte ebenfalls eine fürchterliche Revolution. Aufbrausend und anmaßend zog Soto bei den Neuigkeiten von der Ankunft Huascars hinaus auf’s Feld, und von seiner tollen Heißblütigkeit getrieben, schickte er sich an, einen verwegenen Zusammenstoß zu wagen. Luque konnte nicht begreifen, wie der Gott der Schlachten, die Waffen der Nazarener verlassend, den Sieg einem von ihm mit dem Kirchenbann belegten Heere verlieh, und in seinem barbarischen Fanatismus sah er die Kehrseiten ihres Lagers als eine sichtbare Strafe der Sünder und als einen schwierigen Beweis dessen an, wozu der gerechte Gott die Christen aussetzte, und inbrünstig eröffnete er öffentliche Bußpredigten, belegte das Reichsheer und die abtrünnigen Christen, welche ihm nachfolgten, von Neuem mit dem Kirchenbann, und feierte, so den Muth der Besiegten in etwas aufrecht haltend, tägliche Gebete. Huascar verdankte Almagro eine kluge Tapferkeit und eine strenge Mannszucht, und er zweifelte nicht daran, den Kampf, wozu ihn Soto herausforderte, anzunehmen, weil er kaltblütig seine gewaltigen Vortheile erwog und überdachte. Gar bald entspann sich angesichts Cajamalcas der hartnäckige Kampf; der so muthige und todesverachtende Soto hatte nicht das Ansehen wie Pizarro, noch dessen Takt und militärische Kenntnisse; die kriegerischsten Soldaten und die erfahrensten Anführer waren in den Anden und in Cuzco umgekommen, und bald sahen sich die Eindringlinge umzingelt und in die Flucht geschlagen, und sie mußten den Rückzug antreten. Unglücklicherweise hatte sich in Cajamalca zugetragen, was Soto hätte voraussehen sollen. In dem Augenblick, in welchem er seine ganze Kriegsmacht auf das Feld hinausnahm, um Huascar eine Schlacht zu liefern, platzte in der Stadt der Vulkan los, der im Verborgenen glühte; die geknechteten Bewohner liefen mit viel früher ausgedachter Absicht zu den Waffen; bemächtigten sich der Mauern und der wichtigsten Punkte, überraschten und hieben die geringe Wache nieder, womit man die Ruhe gesichert glaubte, und nicht ein einziger Eindringling konnte sich von dem Tode befreien. Die Sklaven tödteten mit äußerster Erbitterung, aber sie sehnten sich darnach, ihre ganze Wuth an dem barbarischen Luque auszulassen. Pizarro’s Verweser hatte einen unauslöschlichen Haß auf sein Haupt zugezogen, weil er, so sehr der Fanatismus seines Jahrhunderts seine Grausamkeit und seine Mordthaten für die kommenden Geschlechter bedeckt, wie wir gesehen haben, in Mitten eines See’s von Blut gelebt hatte. Umsonst suchte ihn wüthend das empörte Volk durch die Stadt und an den verborgensten Orten, da Luque sich angesichts der Gefahr in den Tempel flüchtete, den er für eine unverletzliche Freistätte hielt und sich in inbrünstigem Gebete vor dem Altare niederwarf; aber die Aufrührer hatten es bald erfahren, und sie fielen über den Tempel her, sprengten dessen Thüren ein, warfen sich wie hungrige Wölfe über den Fanatiker her und zerfleischten ihn wüthend an demselben Altare, an welchem er betete. Ihre Wuth war noch immer nicht gesättigt; sie schleiften seine zuckenden Glieder durch die Stadt, und verbrannten sie endlich unter Jubel und Freudengeschrei auf einem fürchterlichen Scheiterhaufen. Luque starb, wie er so viele Unglückliche hatte sterben lassen, die neue Welt verweigerte ihm sogar einige Fuß Erde, wo dessen sterbliche Ueberreste ausruhten, seine Asche wurde in den Wind gestreut, wie er diejenige Atahulpas und tausend anderer Märtyrer seines barbarischen und blutgierigen Fanatismus gestreut hatte. Inzwischen veranstaltete Almagro im Gegentheil für den unsterblichen Eroberer des Inkareiches ein prächtiges und königliches Leichenbegängniß. Zwar besiegt und in die Flucht geschlagen, erfuhr Soto die Empörung und die Schrecknisse von Cajamalca; ohnmächtige Verzweiflung war seine Qual, aber der Strom war bereits durchaus unwiderstehlich. Ohne Hülfsquellen irgend welcher Art, von der Metropole, wo sie sich umsonst auf Verstärkungen und Beistand beriefen, verlassen, konnten die Eindringlinge dem Andrange eines mächtigen, siegreichen Heeres, nicht gut die Stirne bieten, da es ihnen sogar an befestigten Punkten, um sich darin zu wehren, fehlte. Unter tausend heldenmüthigen Anstrengungen erreichte Soto, die Eindringlinge auf San Mateo zurückzuwerfen, wo es ebenso wenig möglich war, daß er bestünde, und sie mußten sich an Bord schwacher und zerstörter spanischer Schiffe flüchten, welche die Bucht durchfuhren. Die spanischen Priester verschwanden ebenfalls in dem rasenden Strudel, aber die christliche Religion blieb gesichert und triumphirend an den Gestaden des südlichen Meeres, und die süße Moral des Evangeliums verbreitete in dem Reiche der Inkas die Sanftmuth und den Trost, welche die göttlichen Lippen des Gekreuzigten auf der Erde kosteten. Der ehrwürdige Las-Casas war das Oberhaupt der Kirche jener entlegenen Gestade; unter seinem wohlthätigen Schatten erwuchs dem Lande ein menschenfreundliches Priesterthum, und voller Zärtlichkeit, und kaum konnten die entfernten Geschlechter nachher begreifen, daß auch Luque sich ein Priester des Christenthums genannt hatte. Peru athmete frei auf von seinen Bedrückern, die Unterthanen der Inkas warfen die Söhne vom Osten wieder über die Meere zurück, und wenn auch bei den hartnäckigen Kriegen die Kampfplätze des Reiches mit Blut bespritzt wurden, lernten die Peruaner doch das Vorhandensein anderer Gestade, anderer Festländer und anderer Welten kennen, welche sich ihnen in Zukunft beim Handel und Verkehr eröffnen würden. Sie schüttelten ihre Vorurtheile, ihre Inkas wie Götter anzusehen, ab; dieses göttliche Recht verschwand noch früher aus jenen Gestaden, als aus der alten Welt, und sie erreichten es, den Baum ihrer Freiheit aufzupflanzen, obschon sie ihn, wie in allen Ländern, mit Blut begießen mußten. Von der allersüßesten Wehmuth der nazarenischen Religion begeistert, begriffen ihre Gemüther endlich, daß sie ihren Cultus einem Theile der Schöpfung, dieser strahlenden Leuchte des Tages zollten, die so prächtig und erhaben sie über den Welten thront, der kräftige Verstand des Menschen bis zu ihren empirischen Regionen gelangt ist, ihr in ihrem Laufe gefolgt ist und ihre Natur erkannt hat, indem er sie wohl, wie alle Mittelpunkte der Planetensysteme, für eines der großen Werke des höchsten Schöpfers hielt, ihr aber den Vorrang der Welten versagte, welchen Manco Capac ihr gewährt haben würde. Das Reich der Inkas wurde mit Blut geröthet, aber es verdankte den Spaniern seine politische Bedeutung in der Zukunft der Welt. Der Hof von Castilien inzwischen zerfiel schmachtend in seiner eigenen Größe; als Rückfracht der Schätze der neuen Welt schickte er seine mit spanischem Blute beladenen Galeeren, das fruchtlos an den neuen Gestaden vergossen wurde. Das spanische Volk war es, das dieses Blut hergab, die Schätze aber, wofür es sich verkaufte, waren nur für Philipp und Karl und deren Höflinge, für die römische Curie und deren Abgeordnete in Europa. Um Ströme Blutes des spanischen Volkes wurden mit den Schätzen von den Gestaden des südlichen Meeres diese hoffärtigen Festungsschlösser der Könige von Castilien, diese üppigen Gärten, diese Porphyr- und Marmorobelisken, diese riesigen Kirchthürme, diese dem Gotte Luques geweihten orientalischen Tempel errichtet; und das spanische Volk zerfiel, und die Enkel Karls V. bluteten sich zwischen unfruchtbaren Bergen von Gold verächtlich zu Tode. Niemals hätten die berühmte Isabella I. und der kühne Columbus ein so trauriges Vermächtniß der spanischen Nation erdacht: Der Fanatismus und die Dummheit des sechszehnten Jahrhunderts tauschten den größten Erfolg der Zeiten, und worauf sich die Glückseligkeit beider Welten erheben sollte, in eine öffentliche Calamität um. Das Schicksal aber des Bösen, welches der Erde vorzustehen, und sie zu beherrschen scheint, bedeckte den unsterblichen Augenblick, in dem eine Welt die andere kennen lernte, mit Blut und Trauer; den Augenblick, in dem der kühne Mann, diese ungeheuren Meereseinöden beherrschend, diese unübersteigliche Vormauer übersprang, womit die Natur die einen von den andern Brüdern trennte; den Augenblick, in welchem die Natur den Anstrengungen des Menschen nachzugeben schien, und sich besiegt vor dessen Füße niederwarf. Das war die Geschichte der Inkas und der Söhne vom Osten im sechszehnten Jahrhundert, gemäß den glaubwürdigsten Quipos und peruanischen Handschriften, welche uns vor Augen gelegen und deren Uebertragung wir sorgfältig durch die genaueste Wiedergabe angestrebt haben. Glücklicherweise begrub die Zeit das sechszehnte Jahrhundert, und mit ihm die Erinnerungen und den Groll der ursprünglichen Zeiten der Eroberung von Peru und der übrigen Festländer der neuen Welt in ihren unergründlichen Abgrund; und nach großen Ereignissen und großen Trübsalen ist bereits der ersehnte Augenblick gekommen, in dem wir, die damals kämpfenden Völker, Brüder seien, und unter ihnen die Brüderlichkeit und die Liebe regierte, welche niemals getrübt werden durfte. Wir vermachen ihnen unsere Religion, unsere Sprache, unsere Sitten und Gebräuche; es sind unsere Söhne, es sind unsere Brüder, und wenn die blutigen Schicksale, welche den Nationen vorzustehen scheinen, für jetzt die neue Welt dazu verdammen, ihr Blut in den Kämpfen und in den Bürgerkriegen zu vergießen, wie auch wir Unglückliche es vergießen, so wird ein Tag leuchten, da der Genius des Guten der Welt vorsteht, und alsdann werden die Spanier von diesseits und jenseits der Meere freudig ihre Arme ausbreiten, werden einander Brüder nennen und werden den Schatten Columbus segnen. Ende. [Illustration] Verlag von Eduard Moos, Zürich, Erfurt, Leipzig. Vom Zürichsee! Gedichte von Robert Speich. In der knappen, ansprechenden Form und im einfachen Ausdruck ist der junge schweizer Dichter ganz Realist, in seinen Gedanken und Gefühlen aber begeisterter Idealist. Da duftet uns wirklich frisches Leben entgegen gegenüber den matten, herbstlichen Gefilden der zu Ende gehenden naturalistischen Schule. Die Wahrheit siegt über die Lüge, -- Freunde der Litteratur werden in dem Bändchen eine eigenartige Neuheit begrüßen. Eleganter Einband mit Goldschnitt Mark 2.--, brochirt Mark 1.50. Unterhaltungen eines Gefangenen. Roman von *** Aus dem Französischen übersetzt von Adolf Knabenhans. Es ist dem Autor gelungen, die eigenartige Sprache des Originals voll und ganz wiederzugeben, sodaß denen, welche nicht der französischen Sprache mächtig sind, Gelegenheit wird, die Eleganz des französischen Ausdrucks zugleich mit dem Genuß eines spannend geschriebenen Romans kennen zu lernen. In elegantem Calico-Einband Mark 2.50 Us Thüringen! Schnurren un Schtimmen in Poesie und Prosa von Hermann Töppe, Hauptlehrer. Die Presse beurtheilte das Buch sehr günstig; u. a. schreibt das »Deutsche Tagebl.« darüber: »Die köstlich anschauliche und naive Weise, in welcher der Verfasser uns mit seinen Landsleuten bekannt macht, läßt in ihm ein außergewöhnliches Talent erkennen. Die Fülle herzerfrischenden, urwüchsigen Humors, gepaart mit einem Zuge gemüthvollen Ernstes, den der Dichter im rechten Augenblick walten läßt, wird dem ›wilden Thüringer Röslein‹ im Rosengarten der deutschen Dichteraue gewiß ein Plätzchen zu verschaffen im Stande sein. Besonders auch der außerhalb seiner Heimath lebende Thüringer wird das Büchlein mit seinen lebendigen Bildern gewiß mit Freuden als einen guten Kameraden begrüßen.« Band 1 und 2 in hochelegantem Geschenkband mit Goldschnitt à Mark 3.--, brochirt Mark 2.25. Erste Veilchen. Gedichte von Franz Litterscheid. In eleganter Form werden von dem Autor Stimmungen und philosophische Gedanken producirt, welche, an sich originell, weit über das Maß des alltäglichen hinausragen. Die edle dezente Sprache wie die Art des Inhalts empfehlen das elegant ausgestattete Buch als Geschenk für jedes Alter. Eleganter Einband mit Goldschnitt Mark 2.50, brochirt Mark 1.75. Anmerkungen des Bearbeiters Alte Schreibweisen von Wörtern (vor der deutschen Rechtschreibreform) werden in ihrer gedruckten Form belassen und nicht auf die moderne deutsche Rechtschreibung aktualisiert. Die Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht. Im Originaltext fehlten einige Anführungszeichen. Dort, wo der Kontext es deutlich machte, wurden diese wiederhergestellt. Verschachtelte Anführungszeichen wurden von zwei Paaren doppelter Anführungszeichen in ein einfaches Anführungszeichen geändert. In Antiqua gedruckte Wörter wurden in Kursivschrift geändert oder mit »_text_« gekennzeichnet. Gesperrter Text ist mit *text* gekennzeichnet. Seite 3 »Córtes« wurde korrigiert zu »Cortés«: Die gesetzgebende Gewalt lag in den Cortés... 44 »nnterstützten« wurde korrigiert zu »unterstützten«: ...wohlthätigen Einfluß unterstützten, die Huldigung der Peruaner. 50 »Angen« korrigiert zu »Augen«: ...des sechszehnten Jahrhunderts so vor den Augen ihres Gottes... 50 »Blnt« korrigiert zu »Blut«: ...deren Schweiß und Blut Karls V. mächtiger Thron... 58 »hohlen« korrigiert zu »hohen«: ...das dumpfe Getöse des zwischen den hohen Klippen der Anden... 61 »Leiches« korrigiert zu »Leichtes«: Es wäre Pizarro ein Leichtes gewesen, von dem Inka den Eintritt... 80 »Geberden« korrigiert zu »Gebärden«: Obwohl unter sanften Vorstellungen und Gebärden,... 84 »Gleichgiltigkeit« korrigiert zu »Gleichgültigkeit«: Pizarro sah die Schönheit und Reize Ocollos nicht mit Gleichgültigkeit;... ↩ 87 »Lebensmiteln« korrigiert zu »Lebensmitteln«: ...daß das Lager Pizarros mit Lebensmitteln zu versehen war... 87 »Guito« korrigiert zu »Quito«: ...Boten nach Cuzco, Quito, Tititaka und andern... 87 »Tititaca« korrigiert zu »Tititaka«: ...Boten nach Cuzco, Quito, Tititaka und andern... 99 »Gleichgiltigkeit« korrigiert zu »Gleichgültigkeit«: Pizarro sah die Schönheit und Reize Ocollos nicht mit Gleichgültigkeit;... ↩ 115 »seit« korrigiert zu »seid«: ...sagte sie zu ihm, seid Söhne des Verbrechens. 122 »Ruchlosigleit« korrigiert zu »Ruchlosigkeit«: ...eine feierliche Messe, um die Früchte der Ruchlosigkeit zu verheilen. 163 »nnglückliche« korrigiert zu »unglückliche«: Viertausend unglückliche Sklaven... 209 »mitznwirken« korrigiert zu »mitzuwirken«: ...bei der Zerstörung der neuen Welt mitzuwirken,... 282 »Isabelle« korrigiert zu »Isabella«: Niemals hätte die berühmte Isabelle I. und der Kühne Columbus... Fußnote 2: Fehlendes »=« Zeichen, hinzugefügter: Peso (Piaster) = 5 Frcs. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 74920 ***